Österreich

Austrian Wings Interview mit KLU-Geschäftsführer Maximilian Wildt: "Wir arbeiten am neuen Image"

Flughafen-Geschäftsführer Maximilian Wildt - Fotos: Michael Jentner

Seit Juli 2023 ist der gebürtige Niederösterreicher Maximilian Wildt (33) neuer Geschäftsführer (GF) am Flughafen Klagenfurt. Er hat nach dem Rückkauf der Flughafenanteile durch das Land Kärnten (80 Prozent Anteile) und der Stadt Klagenfurt (20 Prozent Anteile) die schwierige Aufgabe, den Flughafen aus den negativen Schlagzeilen zu bringen, Gewinne statt Verluste zu schreiben sowie neue Maßstäbe an der Flughafeninfrastruktur (Passagiere,Terminals, Immobilien)) zu setzen. Ein Interview von Franz Zussner mit Fotos von Michael Jentner für Austrian Wings.

Austrian Wings (AW): Der Flughafen stand seit der Mehrheitsübernahme (74,9 Prozent) durch die Lilihill-Group 2018 in starker Kritik trotz guter Ideen für eine aufstrebende Entwicklung des Flughafens zu einem Alpe-Adria-Hub im Rahmen eines Masterplans 2030. War der Rückkauf, die sogenannte „Call-Option“ durch Land Kärnten und Stadt Klagenfurt daher nicht doch ein Fehler?

Maximilian Wildt (MW): Aus meiner Sicht nein. Lilihill hatte zwar ein herzeigbares Konzept den Flughafen voranzubringen, aber gefühlt wurde zu viel Wert auf Immobilien Projekte gelegt und weniger auf die Akquirierung von neuen Airlines und somit den Airport mit interessanten Destinationen attraktiver zu gestalten.

AW: Aber das hatte Lilihill ja vor ...

MW: Die Pläne Airport-City, eine Million Passagiere bis 2030, Investitionen über eine Milliarde Euro in den neuen Masterplan haben viel Substanz gekostet und ich wiederhole mich, es gab viele große Immobilienprojekte, grundsätzlich richtig und gut, aber das was Kärnten benötigte, den Flughafen mit attraktiven Destinationen mehr auszulasten, sprich: nachhaltigen Verkehr zu generieren war zwar im Lilihill-Masterplan verankert, aber es kam halt nicht dazu und ja, auch die Corona Pandemie hat ihres dazu beigetragen.

AW: Also war der Rückkauf richtig?

MW: Ja, absolut. Ich war ja selbst von Februar 2021 bis Juli 2022 unter Lilihill als „Head of Arline Marketing“ hier am Flughafen tätig, konnte mich aber schlußendlich mit meinen Ideen und Vorschlägen nicht durchsetzen, aber vor allem die Konzentration seitens LIlihill auf die Immobilienentwickung am Flughafen war für mich sozusagen der Anstoß, meinen Abschied aus KLU zu nehmen.

AW: Wohin in der Airline Branche hat es Sie dann gezogen?

MW: Ich habe bei Do & Co angeheuert. Bevor ich nach Klagenfurt (KLU) im Februar 2021 gekommen bin, war ich nach meinem BWL- und Masterstudium bereits einige Jahre im Airline-Business tätig. Tätigkeiten bei der Flughafen Wien AG, Austrian-Airlines, aber ganz besonders als Netzwerkplaner bei Laudamotion (Ryanair) erweiterten meinen Horizont in der Airline-Branche.

AW: Was hat der Rückkauf insgesamt gekostet?

MW: Das Land Kärnten und die Stadt Klagenfurt habe insgesamt rund 4,1 Mio. Euro dafür bezahlt, die Kapitalerhöhung noch nicht eingerechnet. Dies würde dann nochmals rund zwei Mio. Euro mehr kosten. Anm.: Lilihill hat 2018 für 74,9 Prozent der Anteile rund 8,1 Mio. Euro bezahlt

AW: Gibt es nach wie vor einen Rechtsstreit zwischen Lilihill und der Kärntner Beteiligungsverwaltung (K-BV) betreffend den Rückkauf?

MW: Ja, den gibt es, aber ich befasse mich nicht mehr damit. Die KBV hat vertragskonform gehandelt, hat alle Schriftstücke ausgehändigt und es sollte keine Probleme in dieser Hinsicht mehr geben. (Anm.: K-BV obliegt das Verwalten und Veräußern von Beteiligungen, die durch das Land Kärnten übertragen wurden, 80 Prozent der Flughafenanteile)

AW: Die Situation des Flughafens ist gefühlsmäßig wieder so, als hätte die Privatisierung nie stattgefunden ...

MW: Richtig, so ist es und nun bin ich am Zug, den Flughafen vorwärts zu bringen und ihm ein neues, positives Image zu verpassen.

AW: Was hat Sie gereizt, nach „Lilihill“ wieder in KLU anzuheuern?

MW: Nach den ganzen Querelen, wie Immobilienentwicklung, mehr Verkehr, Airport-City, Passagieraufkommen usw. sowie dann die vielen Diskussionen im Land um den Rückkauf und die Übernahme des Flughafens wieder in die öffentliche Hand wurde nach einem neuen Geschäftsführer gesucht, dazu gab es eine Ausschreibung und ich habe mich darum beworben. Die Stimmung in Land und Stadt, vom Eigentümer des Flughafens, der K-BV und vom Aufsichtsrat war mir gegenüber recht positiv – man kannte mich ja von meiner vorherigen Tätigkeit in KLU - so ist dann die Wahl nach dem Hearing auf mich gefallen.

AW: Gefällt es Ihnen in Klagenfurt und in Kärnten generell?

MW Ja, sehr. Klagenfurt und natürlich das ganze Bundesland Kärnten bieten eine hervorragende Lebensqualität zu allen Jahreszeiten und ich freue mich, nunmehr meine Erfahrungen für den Flughafen Klagenfurt einbringen zu können.

AW: Was wird aus der von Lilihill geplanten Airport-City?

MW: Diese kann und wird so nicht umgesetzt werden. Größe und Kosten entsprechen nicht den Möglichkeiten unseres Regionalflughafens, aber so manche Projekte, wie ein Hotel, Betriebsansiedlungen usw. wären aber doch sehr interessant.

AW: Was soll am Standort errichtet werden?

MW: Wir haben 45 Hektar freie, also nicht betriebsnotwendige Flächen. Diese sollen über mehrere Jahre step by step entwickelt werden vor allem für Firmen, für die der Standort Flughafen sehr entgegenkommt. Jede Firma ist willkommen und bei guter Entwicklung könnte ich mir Pachteinnahmen um die zwei Mio. Euro jährlich vorstellen. In Zusammenarbeit mit Stadt und Land soll dann, wenn möglich, noch dieses Jahr mit den Ausschreibungen begonnen werden.

AW: Cargo-Hub, Innovationszentren, Messezentrum wie schaut`s damit aus?

MW: Wie schon erwähnt haben wir 45ha nicht betriebsnotwendige Flächen zu vermieten und wenn sich innovative Firmen hier ansiedeln möchten, sehr gerne. Die Messe Klagenfurt ist aus heutiger Sicht noch nicht am Standort Flughafen interessiert, aber das kann sich schnell ändern. Obwohl die Firma Schenker in unmittelbarer Nachbarschaft zum Flughafen angesiedelt ist, denkt man dort nicht an einen Luftfracht-Hub in KLU, ja, sehr schade. Ein zertifiziertes Maintenance Zentrum würde ich aber sehr willkommen heißen.

AW: Photovoltaik Anlagen um CO2 neutral zu werden waren unter Lilihill angedacht, gibt’s Pläne?

MW: Ja, die gibt es. Aber vorerst nicht auf den freien Flächen, sondern auf unseren Dächern sollen die ersten PV Anlagen errichtet werden. Sukzessive werden die Vorfeldfahrzeuge, wie GPU (ground power units), Flugzeugschlepper, Gepäckschlepper usw. je nach Service- und Reparaturintervallen, voll elektrisch bzw. hybrid usgerüstet werden.

AW: Welche Um- und Neubauten sind erforderlich?

MW: Viele. Terminal-Umbau und zwar so, dass neben Abfertigungsanlagen auch eine Eventfläche errichtet wird. Darin können dann Events aller Art stattfinden. Ein neues GAC mit VIP Flächen wird im Nordosten entstehen. Vorbild ist das GAC am Flughafen Wien, aber klar in wesentlich kleinerer Dimension. Das ehemalige Hotel im Terminal wird zu Büroflächen umgebaut. Generell wäre ein neues Hotel am Airport wünschenswert. Auch ein Parkhaus würde gut ins Konzept passen. Es gibt also viel zu tun. Die Gastronomie ist natürlich ein Sorgenkind, aber so nach und nach wird wieder mehr Gastlichkeit Einzug halten. Ein Bistro wurde bereits eröffnet, die Terrasse wird umgebaut und dann hoffe ich, dass sich auch ein Restaurant-Pächter finden wird.

AW: Bleiben die Hubschrauberstützpunkte von BM.I und Bundesheer erhalten?

MW: Ja, klar. Für das BMI werden wir einen Hubschrauberstützpunkt (Hangar) errichten. Ich rechne mit Kosten von rund 4,5 Mio. Euro, die aber durch die Pachtkosten wieder hereinkommen werden. Das Bundesheer hat schon viele Jahrzehnte einen Hubschrauberstützpunkt am Flughafen und ich würde mich natürlich sehr freuen, wenn Das Bundesheer diesen nicht nur verwenden, sondern auch aufrüsten würde. Der ÖAMTC-Rettungsstützpunkt „Christophorus 11“ ist ja auch bei uns in KLU angesiedelt. Die Hubschrauber gehen uns somit nicht aus.

AW: Doch nun zum wichtigsten Thema des Flughafens, dem Verkehr. AUA und Ryanair sind neben ein paar Charterflügen derzeit die wichtigsten Airlines in KLU. Bleibt es dabei?

MW: Austrian verbindet KLU mit dem Hub Wien und fliegt seit dem Sommerflugplan mit ATR 72-600 im Wet-Lease von der schwedischen „Braathens-Regional“ bis zu dreizehn Verbindungen wöchentlich in die Bundeshauptstadt. Die ATR 72 ist mit 72 Sitzplätzen für KLU besser geeignet als die größere E-195 mit ihren 120 Sitzplätzen. Somit ist der Prop für die AUA wesentlich kostengünstiger und wir sind auch glücklich damit. Ferner konnten wir die AUA schon im vorigen Winter für eine Samstagsrotation (13.01. bis 02.03.24) aus Hamburg gewinnen, ein interessanter Markt für Kärnten. Die E-195 war sehr gut ausgelastet und daher wird diese Verbindung auch 2025 angeboten und vom 21. Dez. 2024 bis 22. März 2025 sogar noch etwas länger.

AW: Es gab aber auch immer wieder Beschwerden von Passagieren über plötzliche Ausfälle von Flügen der AUA von und nach Wien?

MW: Ja, das ist richtig. Aber dies lag nicht bei der AUA, sondern an den argen Witterungsverhältnissen, die zum Zeitpunkt einer geplanten Landung geherrscht haben und aus Sicherheitsgründen müssen Flugzeuge wieder nach Wien zurückkehren. Sicherheit geht vor.

AW: Wie geht es mit Ryanair weiter?

MW: Ryanair (Lauda) ist ein sehr wichtiger Partner für den Flughafen Klagenfurt und wir sind im guten Einvernehmen. Mit Lauda Chef Andreas Gruber bin ich viel in Kontakt und er versteht auch die Situation eines kleinen Regional-Flughafens sehr gut. Ryanair fliegt aktuell nach London-Stansted, Alicante und Palma/Mallorca und ich bin natürlich im ständigen Austausch mit der Airline, Frequenzen aufzustocken bzw. neue Destinationen zu evaluieren. Sie wissen aber, dass Ryanair, wenn der Erfolg ausbleibt, sofort wieder weg ist, deshalb ist eine gute Planung Voraussetzung, um neue Destinationen zu eröffnen.

AW: Eurowings war ein guter Partner des Flughafens und Köln/Bonn war eine beliebte Destination, warum hat sich die Airline aus KLU zurückgezogen?

MW: Ja stimmt, Eurowings war ein guter Partner und wird es hoffentlich bald wieder sein. Die Nachfrage nach Köln/Bonn war sehr schwankend und letztendlich nicht zufriedenstellend für Eurowings, so dass sie mit März 2023 den Flugbetrieb nach KLU eingestellt hat. Auch die damalige Situation in Klagenfurt war nicht sonderlich zufriedenstellend für Eurowings. Ich arbeite aber daran, KLU für EW wieder schmackhaft zu machen, aber wie erwähnt, es muß sich für die Airline finanziell rechnen und die Verbindung auch nachhaltig sein. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass die Destination Köln/Bonn gewinnbringend zu betreiben ist.

AW: Eurowings hat am Flughafen Graz im Vorjahr einen Jet stationiert, ein zweiter könnte folgen, ein kleiner EW-Hub sozusagen, wäre es da nicht vermessen, weiter auf EW zu setzen?

MW: Keineswegs. Jeder Regionalflughafen kämpft um seine Verbindungen und Passagiere. Warum soll EW ab KLU nicht auch erfolgreich sein. EW fliegt ab Graz nach Düsseldorf, Berlin und Hamburg und nicht nach Köln/Bonn, das ab KLU sehr beliebt war und hoffentlich wieder sein wird.

AW: Stichwort Graz: fFürchten Sie eigentlich die Konkurrenten Laibach, Triest, Graz und es gab ja auch schon Gerüchte, den Klagenfurter Flughafen zu schließen

MW: Nein, keine Furcht. Jeder Flughafen kämpft für sich und ist somit eine wirtschaftliche Einheit und für den Standort wichtig. Dass es kleinere Regionalflughäfen nicht leicht haben gebe ich zu, aber jeder Airport muss seine Nische finden. Ab Graz gibt es keine Verbindung nach London oder Alicante, von Laibach kommt man auch nicht überall hin und mit Ryanair stehen uns zukünftig noch einige Destinationen offen. Eine Schließung ist keine Option.

AW: Trauern Sie eigentlich dem Lilihill-Projekt „Liliair“ nach? Diese Fluglinie wäre ja ein idealer Home-Carrier für Klagenfurt geworden.

MW: Ja und nein. Ich habe kurz versucht mit den Verantwortlichen dort in Kontakt zu kommen weil es interessante Destinationen in Deutschland und Italien gegeben hätte, aber es gab kein Feedback und somit war die Sache erledigt, außerdem hätte es sehr viel Geld gekostet.

AW: Wenig Verkehr somit wenige Passagiere, was erwarten Sie am Passagiersektor für die kommenden Jahre?

MW: Grundsätzlich rede ich nicht sehr gerne über die reinen Passagierzahlen. Ja, sie sind wichtig und die braucht der Flughafen auch. Wenn man das „Richtige“ tut, dann kommen die Passagiere auch. Für das Gesamtjahr 2024 rechne ich mit rund 200.000 Passagieren. Meine langfristige Zielsetzung wären rund 400.000 Passagiere jährlich mit Tendenz nach oben. Hier müssen aber Tourismus und Wirtschaft stark zusammenarbeiten.

AW: Glücksfall Sturm Graz ...

MW: Ja absolut. Dass der Fußballclub Sturm Graz seine Heimspiele in der Championsleague in Klagenfurt austragen muß ist wirklich super für den Airport und die Stadt Klagenfurt. Alle Clubs und somit viele Fans werden mit dem Flugzeug anreisen, in Klagenfurt auch übernachten usw., also mehr Verkehr, mehr Passagiere ja, das ist ein Glücksfall.

AW: Die Anbindung des Flughafens an den öffentlichen Verkehr ist noch nicht berauschend. Nicht jeder städtische Bus fährt vom Hauptbahnhof zum Flughafen und die Bahnstation, die auf „Annabichl“ lautet ist doch einige Gehminuten vom Terminal entfernt und man ist dabei Wien- und Wetter ausgesetzt. Eine Umbenennung der Bahnstation auf „Flughafen Klagenfurt-Annabichl“ wäre schön längst überfällig, oder?

MW: Na ja, die Anbindung ist aus derzeitiger Sicht nicht so schlecht. Es fahren schon einige städtische Autobusse vermehrt vom Hauptbahnhof zum Flughafen, Luft nach oben gibt es aber nach wie vor. Die Bahnstation in „Flughafen Klagenfurt – Annabichl“ um zu benennen wäre aus meiner Sicht auch wünschenswert, aber aus unerfindlichen Gründen ist die ÖBB dagegen, noch. Eine Teilüberdachung des Fußweges, wie es am Flughafen Graz der Fall ist, wäre wünschenswert, aber hat noch nicht zwingend oberste Priorität.

AW: Klimawandel, Tunneleröffnungen und somit Einstellung der Binnenflüge nach Wien, wie stehen Sie dazu?

MW: Rechtlich wäre es so angedacht. Wenn Züge innerhalb von drei Stunden den Flughafen Wien erreichen können, dann sollen die Flugverbindungen eingestellt werden. Ich gebe aber zu bedenken, dass rund 97 Prozent aller Flüge nach Wien Umsteigepassagiere sind, die ab Wien in europäische- und weltweite Anschlussflüge umsteigen. Sollten diese nicht mehr nach Wien fliegen können, dann werden sie andere Mittel und Wege finden über andere Flughäfen zu fliegen und auch mit dem Auto zu anderen Flughäfen fahren. Sie schaden damit dem Flughafen Wien. Ob damit mehr CO2 gespart werden wird, wage ich zu bezweifeln. Hier wird wohl noch nicht das letzte Wort gesprochen sein.

AW: Wie ist es um die finanzielle Situation bestellt?

MW: Der Finanzbedarf für 2024 beträgt rund 13 Mio. Euro. Dieses Geld kommt vom Eigentümer, also der öffentlichen Hand. Damit sind noch „Altlasten“ abzudecken, aber vor allem Investitionen in die Zukunft, wie z. B.: die Errichtung des Hubschrauberstützpunkts für das BM.I u.v.m. Ende 2024 rechne ich mit einem negativen Ergebnis von knapp über vier Mio. Euro. Spätestens 2028 sollte sich aber eine schwarze Null ausgehen.

Interview: Franz Zussner, Fotos: Michael Jentner