Reportagen

Duxford Airshow – Geburtstagsparty für ein historisches Jagdflugzeug

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Spitfire! Wer sich halbwegs gut in der Luftfahrthistorie auskennt, weiß, was mit diesem Namen assoziiert wird. Für die einen ist er Synonym für eines der schönsten, wenn nicht sogar das formschönste Flugzeug, das je gebaut worden ist. Für die anderen ist sie der große Gegenspieler einer anderen Legende der Luftfahrt, der Messerschmitt Me-109. Diese zwei Typen waren es, die sich im Sommer 1940 am Himmel über England duellierten, als es darum ging, die geplante deutsche Invasion in Großbritannien durch die Erringung der Luftherrschaft vorzubereiten, bzw. zu verhindern.

Welchen Verlauf die weitere Geschichte genommen hat, ist zu unser aller Glück bekannt. Durch den Sieg in der Luftschlacht um England erwarb sich die Spitfire aber bereits legendärem Ruhm und genießt seither in England so etwas wie nationalen Kultstatus. Zumindest ein Exemplar darf auf keiner Flugshow in Großbritannien fehlen und auch auf dem europäischen Kontinent sind die wenigen erhaltenen Exemplare gern gesehene Gäste.

Was aber, wenn diese Ikone nun selbst Geburtstag feiert? Wie bereitet man einem legendären Flugzeug eine würdige Geburtstagsparty? Und wo soll diese steigen? Die Antwort auf diese Fragen wollen wir in der folgenden Fotoreportage liefern.

Spitfire - Foto: Phil Weber
Spitfire - Foto: Phil Weber

September 2011. Ein kleiner Ort in der Nähe vom Cambridge, nördlich von London.

Duxford ist seit mehr als 20 Jahren das Mekka für Fans historischer Flugzeuge. Die dort befindlichen Museen und vor allem die auf dem Flugfeld stattfindenden Airshows gehören zum Besten, was auf diesem Sektor in Europa zu finden ist. Dass Duxford aber auch eng mit der Geschichte der Spitfire vor, während, und nach dem Zweiten Weltkrieg verbunden ist, ist vielleicht weniger bekannt.

Es war in Duxford, wo die 19. Squadron (dt. "Staffel") der Royal Air Force am 4. August 1938 ihre erste Spitfire geliefert bekam, von niemand geringerem als dem ebenfalls legendären Testpiloten Jeffrey Quill. Das Flugfeld blieb dann auch viele Jahre Heimat für Einheiten, die mit Spitfires ausgerüstet waren. Von hier aus starteten mehrere unterschiedliche Squadrons zu ihren Einsätzen im Sommer 1940 und auch nach dem Ende der Luftschlacht um England war Duxford ein viel genutztes Flugfeld.

Nach dem Krieg war es aber dann die technische Entwicklung neuer Flugzeugtypen die den Nutzen von Duxford immer geringer werden ließen. Das Flugfeld war zu klein, und eine Modernisierung schien zu teuer. So gab es Ende der 60er Jahre Pläne, das Gelände umzuwidmen.

Wäre dann nicht die Verfilmung des größten Moments in der Geschichte der Spitfire dazwischen gekommen, wer weiß ob es das Imperial War Museum, das heute in Duxford residiert, überhaupt in dieser Form geben würde. Der Film "The Battle of Britain" (deutscher Titel "Die Luftschlacht um England") stellte nicht nur so etwas, wie die Geburtsstunde für das Sammeln und In-Betrieb-Halten historischer Flugzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg in Europa dar, er verlieh auch Duxford selbst neues Leben.

Heute gehört das Gelände dem Imperial War Museum, das darauf mehrere Museen betreibt. Das Flugfeld selbst ist aber auch für die private Fliegerei geöffnet. Am besten bekannt ist Duxford aber für die alljährlich dort veranstalteten Airshows, die immer wieder unter verschiedenen Themata stattfinden. Somit ist also klar, warum Duxford als spirituelle „Geburtsstätte“, zumindest für den Einsatz der Spitfire bei der Royal Air Force die perfekte Location für eine grandiose Geburtstagsparty in Form einer Flugshow darstellt.

Wie aber bereitet man einem Flugzeug eine gelungene Feier?
Um diese Frage zu beantworten, lassen wir einfach Bilder für sich sprechen.

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Eröffnet wurde die Show mit Besuch aus Frankreich - ein Alpha Jet der französischen Luftwaffe erinnerte daran, daß während des Zweiten Weltkriegs viele Franzosen auf Seiten der Royal Air Force kämpften, sehr oft in mit Spitfires ausgerüsteten Staffeln.

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Duxford verbindet zwar Vieles mit der Spitfire, aber auch an der Ablösung des Propellerantriebs durch den Düsenantrieb hatte Duxford einen gewissen Anteil. Sir Frank Whittle, der britische Erfinder des Strahlantriebs studierte 1936, dem Jahr des Erstflugs der Spitfire an der Universität von Cambridge und flog auch im Rahmen des Cambridge University Air Squadron vom Flugfeld Duxford aus. Daran erinnerten die direkten Nachfolger der Spitfire, zwei deHavilland Vampires, die extra aus Norwegen angereist waren, um ihrer Vorgängerin zu gratulieren.

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Die große Gegenspielerin der Spitfire, die Me-109 war zwar nur durch einen spanischen Nachbau, eine "Buchon" vertreten, diese bot jedoch ein sehr dynamisches Display, das erahnen ließ, welche Duelle sich von 1939 bis 1945 zwischen diesen beiden Typen am Himmel Europas und Afrikas abgespielt haben müssen.

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Den zur Spitfire parallelen Stand der Jagdflugzeugenwicklung auf amerikanischer Seite verdeutlichten drei Curtiss Jagdflugzeuge der Typen P-36, P-40B und P-40M.

Ebenfalls sehr dynamisch vorgeführt fehlt den doch bulligeren Amerikanern allerdings die Grazie und Eleganz der Spitfire.

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Die zweite Stütze der Royal Air Force 1940 neben der Spitfire war dafür ausgiebiger zu bewundern - die Hawker Hurricane.

Angetrieben vom selben Motor, dem Rolls Royce Merlin, stellte sie eine Weiterentwicklung des Doppeldeckers Hawker Fury dar, von dem sie einige Konstruktionsmerkmale übernahm. Leistungsmäßig blieb sie deshalb auch etwas hinter der Spitfire zurück, die eine wesentlich modernere Konstruktion aufwies.

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Aber auch andere Stammgäste in Duxford, die Aerostars mit ihren sechs Yak-50 wussten zu begeistern und zauberten ein beeindruckendes Display in den Himmel. Sie zeigten, dass es nicht immer mehr als 1.000 PS sein müssen, um präzise Manöver mit tollem Motorsound zu kombinieren.

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Ein weiteres Highlight der Duxford Air Show hätte die Vorführung der "Red Arrows“ werden sollen, die jedoch wegen des tragischen Unfalls, bei dem ein paar Wochen zuvor FltLt. Egging getötet worden war (Austrian Wings berichtete), abgesagt wurde.

So blieben von "offizieller" Seite der Royal Air Force eine Beechcraft King Air des "Royal Air Force College Cranwell", der "Battle of Britain Memorial Flight", sowie ein "Search and Rescue" Sikorsky Sea King als Gratulanten übrig, die aber allesamt beeindruckende Vorführungen darboten.

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Prinz William leistet seinen Militärdienst übrigens auf einem derartigen Helikopter.

Das Army Air Corps führte eingedenk der Rolle, welche die Spitfire bei der Unterstützung von Bodentruppen während unzähliger Kämpfe gespielt hatte ebenfalls einen Helikopter im Flug vor, den beeindruckenden AH-64D "Longbow Apache". Der Apache demonstrierte, wie weit die technische Entwicklung auf dem Gebiet der Luftnahunterstützung für Bodentruppen seit den Tagen der Spitfire vorangeschritten ist.

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Die Royal Navy, die ebenfalls eine maritime Version der Spitfire, genannt Seafire im Einsatz hatte, entsandte eine Zeitgenossen der Seafire auf ihren Trägerdecks, eine Fairey Swordfish des "Royal Navy Historic Flight".

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Zwei Hawker Osprey Doppeldecker entführten die Zuschauer in die Zeit der frühen 30er Jahre und machten deutlich, welchen Quantensprung die Spitfire im Vergleich zu den Doppeldecker-Jagdflugzeugen, die sie ablöste, darstellte.

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Davon konnte man sich im Static Display auch näher überzeugen, war doch ein weiteres Highlight der Show nur dort zu sehen. Dieses besondere Schmankerl stellte die frisch restaurierte Spitfire Mk.I dar, die leider noch nicht im Flug zu sehen war, deren Erstflug aber zwischenzeitlich bereits erfolgt ist, und die nächstes Jahr sicher eines der Highlights in Duxford darstellen wird.

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Selbes gilt für die ebenfalls neu wieder aufgebaute P-47G Thunderbolt, die nur in einem der Hangars aufgebockt zu sehen war.

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Hoffentlich wird man nächstes Jahr eben besagte Thunderbolt an der Seite einer weiteren Duxford-Institution im Flug bewundern können, die auch dieses Jahr wieder einen Höhepunkt mit ihrer Vorführung bildete-die momentan einzige flugfähige B-17G in Europa – „Sally B“.

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Aber auch zivile Piloten führten auf Leichtflugzeugen perfekten Formations-Kunstflug vor und erinnerten daran, dass vor dem Krieg viele Piloten der Royal Air Force auch zivil herausragende Flieger waren und mit ihren Leichtflugzeugen viele Rekorde eingeflogen oder Siege bei Flugrennen errungen hatten.

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Für mich das Highlight der Show war kurioser Weise die Vorführung der F-15E des „Strike Eagle Demo Teams“. „Vapour Heaven“ sagt wohl alles!

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Sollte nun der eine oder andere Leser fragen, was eine F-15E Strike Eagle auf einer historischen Flugschau zu suchen hat, so sei ihm folgende kurze Geschichte erzählt. Die Strike Eagle wurde von einer Besatzung vorgeführt, die als "Strike Eagle Demo Team" normalerweise nur durch die Vereinigten Staaten tourt, heuer aber für einige Auftritte auch Europa besucht hat.

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Die Crews kommen ausnahmslos vom 4th Fighter Wing in Seymour Johnson. Die Geschichte des 4th Fighter Wing geht aber zurück auf die legendären "Eagle Squadrons", die bereits vor dem offiziellen Eintritt der USA in den zweiten Weltkrieg auf Seiten der Royal Air Force gekämpft hatten, und die später als 4th Fighter Group zusammengefasst wurden und auf amerikanischer Seite weiter Verwendung fanden. Die Vorführung der Strike Eagle war somit eine Hommage an die Wurzeln des 4th Fighter Wing und an die Erstausrüstung der Staffeln mit der legendären Spitfire.

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Alles in Allem war die heurige Duxford Air Show eine äußerst gelungene Angelegenheit, die bei fast perfektem Wetter am Samstag zeigte, dass man nicht immer dutzende Warbirds oder spektakuläre Neurestaurierungen braucht, um eine ansprechende, kurzweilige und interessante Flugshow in Szene zu setzen.

Nach dem unrühmlichen Ende der "Flying Legends" im Sommer, bei dem eine P-51D Mustang abgestürzt war - zum Glück konnte ihr Pilot rechtzeitig mit dem Fallschirm aussteigen - und eine Douglas AD Skyraider schwer beschädigt worden war, war die September-Show fast so etwas wie eine Anti-Klimax, die perfekt organisiert und abgewickelt wurde.

Und dass am Sonntag, bei strömendem Regen und äußerst widrigen Bedingungen trotzdem geflogen wurde, und zwar von allen Teilnehmern, spricht für die Professionalität aller Beteiligten.

Abgerundet wurden beide Tage durch ein tolles Ambiente und zahlreiche Verkaufszelte und Stände, in denen man von Modellen über Bücher bis hin zu passender Kleidung oder Ausrüstung alles kaufen konnte, was eines flugzeugbegeisterten Flugshowbesuchers Herz erfreut.

Wir haben uns an beiden Tagen äußerst wohl gefühlt und möchten uns an dieser Stelle beim Media-Team und allen Helfern bedanken.

So – Happy Birthday Spitfire and Goodbye Duxford! – We´ll meet again next year!

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Text: Philipp Weber
Fotos: Philipp Weber, Julia Wallner