Nach und nach wurde Aspern gewissermaßen zum "Nabel der Fliegerei" Europas, was jedoch 1914 ein jähes Ende fand, als während des dritten internationalen Flugmeetings die Nachricht von der Ermordung des österreichischen Thronfolgers in Sarajewo in Wien eintraf.
Mit dem ersten Weltkrieg endete der zivile Flugbetrieb, stattdessen dominierten feldgraue Uniformen das Bild. Aspern wurde zur Pilotenschmiede der österreichischen k.u.k. Luftstreitkräfte, darüber erfolgte auch das "Einfliegen" neuer Maschinen, die in der Esslinger Flugzeugmanufaktur "Aviatik" gebaut wurden. Bekannt wurde deren Chefpilot Fritz Wirbel, der in der Zeit zwischen 1914 und 1918 alleine 300 Maschinen eingeflogen hat.
Vergegenwärtigt man sich, dass die Luftfahrt damals in den Kinderschuhen steckte und monatlich 2-3 Piloten ihr Leben bei Flugunfällen verloren, muss man Fritz Wirbel nicht nur großes fliegerisches Können, sondern auch eine Riesenportion Glück zu Gute halten.
Im gleichen Jahr wurde von Aspern aus die erste Luftpostverbindung nach Kiev und Odessa bedient.
Nach Kriegsende 1918 verboten die Siegermächte jeglichen Flugverkehr - ob zivil oder militärisch - und der Flugplatz Aspern versank, ebenso wie die nahegelegenen Esslinger Flugzeugwerke, in einen Dornröschenschlaf, der bis ca. 1920 anhielt.
Ab diesem Zeitpunkt erfolgte der (Wieder-) Ausbau des Flugfeldes, das spätestens ab Mitte der 1920er Jahre zu recht als Flughafen bezeichnet werden konnte.
Luftaufnahme aus den frühen Tagen von Aspern
Am 27. April 1925 fand der erste Linienflug zwischen Wien und Polen mit einer Junkers F 13 der polnischen Fluglinie LOT statt. Siebzig Jahre später enthüllten Vertreter der Airline eine Plakette zur Erinnerung an diese aviatische Pionierleistung beim Gedenkstein an der ehemaligen Zufahrtsstraße.
Heute erinnert eine Gedenkplakette an den ersten Linienflug zwischen Wien und Polen - Foto: Austrian Wings Media Crew
Die ehemalige Zufahrtsstraße und der Gedenkstein (rechts im Bild) aus der Luft gesehen - Austrian Wings Media Crew
Am 12. Juli 1931 besuchte das Luftschiff LZ 127 "Graf Zeppelin" Aspern - ein Spektakel sondergleichen, das nicht nur zigtausende Schaulustige, sondern auch Prominenz aus Politik und Wirtschaft anlockte.
Wenige Jahre später, 1937, demonstrierten österreichische Militärpiloten auf einem Flugtag, der große Scharen von Besuchern anzog, ihr Können der Öffentlichkeit.
Doch nur ein Jahr später erlosch der zivile Flugbetrieb erneut, als am 12. März 1938 hunderte Maschinen der Deutschen Luftwaffe in Wien Aspern landeten. Der Platz wurde mit Bunkeranlagen, Splitterschutzwällen, Flakstellungen und Hangars intensiv ausgebaut und diente bis Kriegsende der Luftwaffe als Stützpunkt, auf dem unter anderem die Blindflugschulung angehender Flugzeugführer erfolgte.
Zahlreiche Reste von Bunkern, Stacheldrahtverhauen und Sockeln der ehemaligen Flakstellungen in der näheren Umgebung des ehemaligen Flugplatzes, zeugen noch heute von dieser Zeit. Glücklicherweise blieb der Ortskern von Aspern von den Bombenangriffen der Alliierten im 2. Weltkrieg, deren Hauptziele der Luftwaffenstützpunkt auf dem Flughafen sowie die Raffinerie in der Lobau waren, weitgehend verschont.
In den letzten Kriegstagen 1945 wurden die Räumlichkeiten des Flughafens für die Zivilbevölkerung zur Plünderung freigegeben, bevor sie von deutschen Einheiten gesprengt wurden um sie nicht intakt in die Hände des Feindes fallen zu lassen.
Nach fast 6 Jahren Krieg wurde Aspern im April 1945 von der Roten Armee besetzt und schon bald darauf herrschte in Aspern wieder militärischer Flugverkehr. Tagtäglich erschütterte das Donnern der startenden und landenden sowjetischen MiG-15 Flugzeuge Aspern. Als einige Jahre später, 1955, die Besatzungsmächte Österreich verlassen hatten, wurde der Flugplatz Aspern vom Österreichischen Aero Club übernommen. Luftfahrt aller Sparten, wie Pilotenausbildung, Fallschirmspringen und Segelflug, wurde fortan betrieben.
Auch gab es wieder Flugtage, und gelegentlich wurden die Rollbahnen abermals für Autorennen verwendet. Solche Veranstaltungen zogen das Publikum immer an.
Die Flugplatzrennen in Aspern erfreuten sich stets großer Beliebtheit
Die dichter werdende Besiedelung, die Erweiterung der Stadt Wien im Osten und letztendlich der Neubau der Piste 16/34 am internationalen Flughafen Wien-Schwechat, versetzten dieser historischen Stätte der österreichischen Luftfahrt letztendlich den Todesstoss.
Die letzte Maschine verließ LOWA, so die amtliche Kennung der ICAO, am 30. April 1977. Zum Zeichen der Trauer über die Auflassung des Flugplatzes schleppte sie eine schwarze Fahne hinter sich her.
Kurz vor der Schließung im Jahr 1977 fand noch einmal ein Flugplatzfest statt
Die Asperner Vereine siedelten nach Wien, Bad Vöslau und Wiener Neustadt um, und dem vor einiger Zeit bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen, langjährigen Mitglied des Österr. Aero Clubs, Dr. Lenz, ist es zu verdanken, dass die Asperner Vereine damals nicht leer ausgingen.
Bis 1980 war das Gelände ungenutzt, bis mit dem Bau des General-Motors-Werkes (heute: Opel Austria) begonnen wurde. Das Werk wurde auf einem Teil des ehemaligen Flughafengeländes gebaut und 1982 in Betrieb genommen.
Dort, wo sich heute das Opel Werk befindet, standen einst der Kontrollturm und das Flugplatzgebäude; unser Bild zeigt den alten Rollweg - Foto: Austrian Wings Media Crew
Der Bereich der Pisten wurde vom Autombilklub ARBÖ bis ins Jahr 2008 als Verkehrsübungsplatz genutzt.
Bis 2008 dienten die ehemaligen Pisten als Verkehrsübungsplatz; auf dem ersten Foto ist noch die 1997 für den Jubiläumsflugtag erneuerte Pistenmarkierung für die Landebahn 18 zu erkennen - Fotos: Austrian Wings Media Crew
Es schien, als sei die Zeit der Fliegerei in Aspern für immer vorüber, doch 20 Jahre nach der Schließung landeten in Aspern noch einmal die Flugzeuge, dröhnten noch einmal die Triebwerke der Flugzeuge, und es wurden Erinnerungen an längst vergangene Zeiten wach.
Im Rahmen eines von der MFU-Klosterneuburg veranstalteten Jubiläumsflugtages, fanden sich zahlreiche Flächenflugzeuge, Hubschrauber und Ultralights auf dem ehemaligen Flughafen ein. Unter Federführung von Gustav Holdosi, einem Asperner Fliegerveteran und Obmann der Motorflugunion Klosterneuburg, wurde die ehemalige Piste 18/36 wieder in einen brauchbaren Zustand versetzt. Im Rahmen dieses Jubiläumsflugtages, fanden in Aspern sogar wieder offizielle Schulungsflüge statt.
Heftiger Seitenwind ließ die Landung auf der ohnedies sehr kurzen Piste 36 beim Jubiläumsflugtag 1997 zur besonderen Herausforderung werden
Trotz schlechtesten Wetters, Wind und Regen, besuchten mehr als 5.000 Personen den Flugtag, welcher auch von der Klosterneuburger Feuerwehr, dem Bundesheer und Gewerbetreibenden mitgestaltet wurde.
Dieser Veranstaltung fand wegen des Schlechtwetters sogar an 2 Wochenenden hintereinander statt, ein wahrer Augenschmaus für Flugbegeisterte. Nach Beendigung dieser beiden Wochenenden jedoch schien es, als sei die Sonne für den Flugplatz Wien-Aspern endgültig untergegangen.
Doch mit der Übernahme der Flugrettung durch den ÖAMTC, 2001, musste für den Wiener Notarzthubschrauber ein neuer Standort gefunden werden. Opel Austria stellte dem ÖAMTC einen Standort auf seinem Gelände (nur ca. 30 Meter hinter der Schwelle einer der ehemaligen Pisten des Flughafens Wien-Aspern) zur Verfügung.
Seit 01. April 2001 startet der neue Wiener Notarzthubschrauber "Christophorus 9" vom ehemaligen Flugplatz Aspern aus zu seinen Rettungseinsätzen.
Drei Jahre später wurde eine Entscheidung über die Zukunft des Areals getroffen. Das rund 200ha große Gelände sei "das größte zusammenhängende und einzig mögliche Stadterweiterungsgebiet" für Wien, weshalb hier bis 2024 ein neuer Stadteil mit Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz und rund 5.000 Wohneinheiten entstehen soll.
Wo einst aviatische Pionierleistungen erbracht wurden, werden bald Menschen wohnen, arbeiten und schwimmen - Foto: Austrian Wings Media Crew
Im Mai 2005 erfolgte die Ausschreibung eine entsprechenden Ideenwettbewerbes, und es wurde bekannt gegeben, dass in dem neuen Stadteil nicht 5.000, sondern 8.000 Wohnungen, 7.500 produzierende Arbeitsplätze und 18.000 Bürojobs geschaffen werden sollen.
In den Jahren 2007 und 2008 fanden noch einmal Motorsportveranstaltungen als Reverenz an die legendären Asperner Flugplatzrennen statt, und, obwohl der ARBÖ das Gelände bereits geräumt hat, die ersten Baumaschinen bereits aufgefahren sind, wird daran gedacht, 2009 noch einmal ein "Asperner Flugplatzrennen" zu veranstalten.
Die Begeisterung für die Flugplatzrennen war auch 20 bzw. 21 Jahre nach der Schließung von Aspern ungebrochen - Foto: Austrian Wings Media Crew
Bedauerlich, dass sich die Stadt Wien nicht dazu entschließen konnte, diesen historische Ort - oder zumindest Teile davon - in ein Luftfahrtmuseum umzuwandeln.
Rechts neben der ehemaligen Zufahrtsstraße befindet sich ein vom Oesterreichischen Aeroclub errichteter Gedenkstein - Fotos: Austrian Wings Media Crew
In den kommenden 20 Jahren werden die letzten Überreste des einstigen Flughafens Stück für Stück abgetragen werden. Und mit Fertigstellung des neuen Stadteils, werden der Gedenkstein an der alten Zufahrtsstraße sowie einige Straßen in der Umgebung, die Namen wie Flugfeldstrasse, Pilotengasse oder Fliegerweg tragen, alles sein, was an den einst "internationalsten Flugplatz der Erde" erinnert.
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Die Luftaufnahmen des ehemaligen Flugplatzes entstanden mit freundlicher Unterstützung unseres Partners Inflight Luftbild und Videoproduktion GmbH.
Text: P. R.
Fotos, sofern nicht anders angegeben: Internet / unbekannt *
* Trotz intensiver Bemühungen war es dem Autor nicht möglich, die Urheber der verwendeten Bilder zu eruieren. Sollte jemand diesbezüglich Informationen liefern können, oder sein Urheberrecht verletzt sehen, bitten wir um Kontaktaufnahme. Selbstverständlich wird das betreffende Fotomaterial dann umgehend entfernt.