Punktlandung

Zur Sicherheit der Dash 8-400

In den letzten Jahren kam ein Regionalflugzeug immer wieder in die Schlagzeilen - die Dash 8-400, mittlerweile auch als Bombardier Q 400 bezeichnet. Die Massenmedien fabulierten vom „Unglücksflieger“ und verliehen der Maschine allerlei wenig schmeichelhafte Attribute, zuletzt nach dem Absturz eines Flugzeugs dieses Typs in Buffalo, bei dem 50 Menschen starben. Doch wie sicher oder unsicher ist dieses Regionalflugzeug tatsächlich? Eine Analyse.

Die Dash 8-400 wird vom kanadischen Hersteller Bombardier Aerospace (bis 1992 „de Havilland Canada“) produziert und ist das jüngste Kind der Dash 8 Flotte.

Die Entwicklung der Versionen -100 bis - 300

Die erste Version war die Dash 8-100, die 1983 ihren Erstflug hatte und ab Dezember 1984 an die Airlines ausgeliefert wurde. Sie bot bis zu 40 Passagieren Platz und konnte von Flugplätzen mit einer Pistenlänge von nur rund 1.000 Metern aus operieren. Sie wurde von rund 50 Betreibern, unter anderem von Air Inuit, Air Canada Jazz, Island Air und Wideroe, eingesetzt und stellte ihre Tauglichkeit, in unwirtlichen Gegenden zu operieren, tagtäglich unter Beweis. Spätere Versionen waren die Dash 8-200 mit stärkeren Triebwerken und die Dash 8-300, die noch einmal leistungsstärkere Triebwerke erhielt und für bis zu 50 Passagiere ausgelegt war.

Unfälle der Versionen -100 bis -300

Seit Indienstststellung der ersten Dash 8-100 im Jahr 1984 haben sich lediglich zwei tödliche Unfälle mit diesem Muster ereignet, bei denen insgesamt 42 starben. In beiden Fällen war menschliches Versagen die Unglücksursache. Die Serie - 200 blieb von tödlichen Abstürzen gänzlich verschont, mit der Dash 8-300 gab es einen Absturz im Jahr 1993 bei dem 4 der 23 Insassen ums Leben kamen. Auch hier war die Ursache ein Pilotenfehler.

Stellt man diesen - zweifelsohne tragischen - Unfällen die hohe Anzahl an Flügen, die jeden Tag von diesen Mustern unfallfrei durchgeführt werden, gegenüber, so ergibt sich ein ausgezeichneter Sicherheitswert für die Serien -100 bis -300.

Die Dash 8-400

Der Roll-out der Dash 8-400 fand am 21. November 1997 statt, der Erstflug am 31. Januar 1998. Die Version -400 weist gegenüber den Vorgängermodellen wesentliche Änderungen, wie einen verlängerten Rumpf für bis zu 78 Passagiere auf, verfügt über stärkere Triebwerke und über ein hochmodernes EFIS Cockpit.

Auch dieses Modell wurde ein voller Verkaufserfolg und wird gegenwärtig von zahlreichen namhaften Airlines, darunter Air Berlin, Croatia Airlines, Malev, Flybaboo und Wideroe eingesetzt.

Im dritten Quartal 2009 plant Bombardier die Auslieferung der „Q400 NextGen“, einer nochmals modernisierten Variante.

Die Medien und ihr Umgang mit der Dash 8-400

Seit Aufnahme des Linienbetriebes der Dash 8-400 / Bombardier Q400 ereignete sich ein tödlicher Flugunfall mit 50 Todesopfern. Auf diesen wird an anderer Stelle noch genauer eingegangen werden.

Die Frage ist, weshalb die Dash 8-400 trotz guter Verkaufszahlen, die das Vertrauen der Betreiber in dieses Mustern eindrucksvoll belegen, und einer guten Unfallstatistik, immer wieder negativ in die Schlagzeilen geraten konnte.

Bei jedem neuen Flugzeugmuster treten am Beginn des Linieneinsatzes gewisse Kinderkrankheiten auf. So auch bei der Dash 8-400. Dies führte dazu, dass Fluglinien, für die Sicherheit als oberstes Gebot eine Selbstverständlichkeit darstellt (was leider nicht in allen Teilen der Welt der Fall ist), in der ersten Phase nach der Einflottung dieses Typs mehrere Flüge streichen mussten. Grund war allerdings in den seltensten Fällen ein tatsächlicher sicherheitsrelevanter Defekt an der Maschine, sondern lediglich eine fehlerhafte Anzeige.

Dennoch wurde dieses Flugzeug in diversen Massenmedien regelrecht „zerrissen“, Passagiere weigerten sich - verhetzt durch die Berichterstattung des Boulevard - in „die Dash“ einzusteigen und differenzierten dabei gar nicht mehr zwischen der Baureihe -400 und anderen Modellen.

Gerade als die Betreiber - mit Unterstützung des Herstellers - diese Anfangsprobleme endlich in den Griff bekommen hatten, ereignete sich eine Pannenserie mit dem Fahrwerk der Dash 8-400, die zu mehreren Notlandungen innerhalb eines kurzen Zeitraumes führte, bei denen glücklicherweise keine Todesopfer zu beklagen waren.

Der obersten Prämisse der Luftfahrt folgend, empfahl der Hersteller selbst deshalb am 12. September 2007 ein Startverbot für Maschinen dieses Musters mit mehr als 10.000 Landungen und spezielle Inspektionen.

Dabei wurden zwei verschiedene Ursachen festgestellt - in einigen Fällen war Korrosion am Fahrwerk verantwortlich für die Fehlfunktion gewesen. Als Lösung wurden die Wartungsverfahren entsprechend modifiziert. Ein einem anderen Fall waren jedoch falsch durchgeführte Reparaturarbeiten des Betreibers die Ursache für das Versagen des Fahrwerkes.

Erneut griffen die Medien das Thema „Dash 8-400“ gierig auf und überschlugen sich in einer Art der Berichterstattung, die im Wesentlichen von Unsachlichkeit und Sensationsgeilheit getragen war und zu einer weiteren beziehungsweise erneuten Verunsicherung der Flugreisenden führte.

Die Wogen glätteten sich mit der Zeit wieder, die Presse wandte sich anderen Themen zu, und die Dash 8-400 bewährte sich als zuverlässiges Arbeitstier zahlreicher Airlines rund um den Globus auch in unwirtlichen Gegenden.

Der einzige tödliche Unfall

Am 14. Februar 2009 ereignete sich der erste tödliche Absturz einer Dash 8-400.

Kurs CO 3407 befand sich auf dem Weg von Newark nach Buffalo. Durchgeführt wurde der Flug von der Dash 8-400, N200WQ der Colgan Air. Während des gesamten Fluges herrschte schlechtes Wetter, die Enteisungssysteme waren eingeschaltet, das Flugzeug wurde mittels Autopilot gesteuert und stürzte nach heftigen Rollbewegungen unvermittelt 6.3 Meilen vor der Landebahn auf ein Haus. Niemand der 49 Menschen an Bord überlebte, auch ein Mensch am Boden starb.

Sofort gerieten das schlechte Wetter und eine mögliche Vereisung ins Visier der Ermittler. Tatsächlich scheint auch der Cockpit Voice Recorder diese Annahme zu bestätigen. Es herrschten Vereisungsbedingungen, und kurz vor dem Absturz unterhielt sich die Besatzung noch über „starke Eisbildung auf der Windschutzscheibe.“

Menschliches Versagen als Ursache?

Dem bisherigen Stand der Untersuchungen zufolge, hat jedoch Vereisung nur bedingt etwas mit dem Absturz zu tun. Eis verändert das Tragflächenprofil und erhöht die so genannte „Stallspeed“, das ist die langsamste Geschwindigkeit, bei der ein Luftfahrtzeug noch flugfähig ist. Das ist jedem Flugzeugführer bewusst. Es scheint fast so, als wäre die Crew von CO 3407 von diesem Umstand überrascht worden und für die vorherrschenden Wetterbedingungen zu langsam geflogen. Der eintretende Strömungsabriss kam für sie derart unerwartet, dass sie in geringer Höhe die Kontrolle über das Flugzeug nicht mehr zurück erlangten. Ob sich dieser Verdacht schlussendlich bestätigt, wird der abschließende Unfalluntersuchungsbericht zeigen.

Für die Medien war dieser Unfall dennoch ein gefundenes Fressen - schon wieder eine Dash 8-400, und diesmal gab es 50 Tote. Aus den Archiven wurde jeder noch so kleine Zwischenfall von früher hervor gekramt und der wissbegierigen, aber häufig auch ahnungslosen, Leserschaft serviert, sodass für den luftfahrttechnisch nicht bewanderten Passagier nahezu unweigerlich der Eindruck entstehen musste, dass die Dash 8-400 ein „unsicheres Flugzeug“ sei.

Die Dash 8-400 ist sicher!

Doch mitnichten. Das Gegenteil ist der Fall. Die Dash 8-400 ist ein Kurzstreckenflugzeug, was bedeutet, dass sie täglich eine hohe Anzahl an Start und Landungen (sog. „Cycles“) durchführt. Genau in dieser Phase des Fluges ist das Unfallrisiko jedoch am höchsten.

Bedenkt man, dass dieses Muster seit über 10 Jahren im Linienbetrieb Millionen von Passagieren unfallfrei und sicher transportiert hat, so muss der Dash 8-400 trotz der medial hochgespielten und immer wieder aufgewärmten Anfangsschwierigkeiten und des tragischen Absturzes von Buffalo, zum derzeitigen Zeitpunkt eine ausgezeichnete Sicherheitsstatistik bescheinigt werden. Kein Passagier braucht sich also vor einem Flug in einer gut gewarteten von einer namhaften Airline betriebenen Dash 8-400 zu fürchten.

Text: P. R.

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