Die Anfänge
Ihre Gründung erfolgte im Juli 1978 als Air Berlin Inc. durch Kim Lundgren und John McDonald. Da es seit dem Zweiten Weltkrieg deutschen Fluggesellschaften nicht erlaubt war West-Berlin anzufliegen, wurde die Airline kurzerhand in Oregon aus der Taufe gehoben.
Es folgte eine neunmonatige Trainingsphase, um Piloten und Techniker für die Boeing 707 auszubilden. Bedingt durch die in den späten 70ern herrschende Ölkrise war es notwendig, stillgelegte Flugzeuge zu „melken“ – das bedeutete, den verbliebenen Treibstoff umzupumpen um Kosten für den Einkauf von Kerosin zu sparen.
Die 707 war der erste Typ den Air Berlin einsetzte; diese Maschine war ursprünglich an die inzwischen untergegangene TWA ausgeliefert worden - Foto: Udo K. Haafke
Schließlich war es dann am 28.04.1979 soweit, und der erste Flieger, eine Boeing 707, konnte von Berlin aus nach Palma de Mallorca starten. In weiterer Folge machte sich Air Berlin als Charterfluggesellschaft mit vornehmlich am Mittelmeer liegenden Zielen einen Namen.
Diese 707-123 flog ursprünglich für American Airlines, wie auf diesem Foto auch gut an der Bemalung zu erkennen ist - Foto: Ralf Manteufel
Die Wende
Die große Wende der Fluggesellschaft kam mit der noch größeren politischen Wende in Ostdeutschland. Durch den Fall der Berliner Mauer und die damit verbundene Wiedervereinigung Deutschlands fiel auch die Lufthoheit der alliierten Mächte und so war es deutschen Fluggesellschaften wieder erlaubt Berlin anzufliegen. Um weiter operieren zu können musste Lundgren entweder die Air Berlin Inc. schließen oder sich einen deutschen Mehrheitsgesellschafter suchen.
Im Jahr 1981 besuchte diese 707 den Salzburger Flughafen - Foto: Markus Buttinger
Die schon in den 1980er Jahren veralteten 707 wurden nach und nach durch 737 ersetzt, wobei mitunter auch Maschinen angemietet wurden - Foto: Ralf Manteufel
Diesen fand er schließlich in Joachim Hunold, der 82,5% der Airline übernahm. Am 16.04.1991 folgte die Umfirmierung der Air Berlin Inc. zur Air Berlin GmbH. & Co Luftverkehr KG. Sowohl Lundgren als auch McDonald blieben „ihrer“ Airline treu, denn sie flogen noch lange Zeit im aktiven Dienst als Piloten der frisch umfirmierten Airline weiter.
Doch vom Durchstarten war man noch weit entfernt, denn für den Verkehrsbetrieb notwendige Betriebslizenzen fehlten. Besonders prekär an der Situation war, dass sämtliche Sitzplätze bereits an diverse Reiseveranstalter verkauft waren.
Gerade noch rechtzeitig erhielt Air Berlin am 16.03.92 die lang ersehnte und für den Flugbetrieb unerlässliche Betriebsgenehmigung und so stand dem kometenhaften Aufstieg dieser Airline nichts mehr im Weg. Man operierte zunächst noch mit 2 Flugzeugen und 150 Mitarbeiter, welche gut ausgelastet waren, da besonders die Mittelmeerdestinationen im Sommerflugplan sehr gut gebucht waren. Das Hauptreiseziel war damals schon Palma de Mallorca.
Auf Expansionskurs
Es folgte ein stetiges Wachstum, ein größer werdendes Netz an Destinationen und die schrittweise Anschaffung neuer Fluggeräte.
1998 entschloss man sich dazu, Sitzplätze nicht nur im Paket an Reiseveranstalter zu verkaufen, sondern diese auch als Einzelplätze anzubieten, da man deren Potential erkannte. Mehr als 16.000 Reisebüros konnten dadurch als Vertriebspartner gewonnen werden und führten zu einer Festigung des Drehkreuzes Palma de Mallorca, welches im Sommer 2008 über 380 mal die Woche angeflogen wurde.
2004 beteiligte man sich mit 24% an der österreichischen Niki Luftfahrt GmbH. und holte sich damit einen Kooperationspartner ins Haus, der das Air Berlin eigene Streckennetz gleichzeitig unterstützen und besonders ex Österreich erweitern sollte.
Am 01.01.2006 kam es zu einer erneuten Änderung der Unternehmensform. Aus der GmbH. & CoKG wurde als Vorbereitung zum geplanten Börsegang, welcher am 10.05.2006 stattfand, eine PLC & CoKG.
In weiterer Folge waren genug liquide Mittel vorhanden um weiter expandieren zu können. So wurde im August 2006 die Übernahme der deutschen Fluggesellschaft dba bekannt gegeben, dessen eigenständiger Auftritt bis April 2007 verschwunden war.
Im März 2007 folgte eine 49%ige Beteiligung an der Schweizer Belair, welche sukzessive an die Corporate Identity der Air Berlin angepasst wurde.
Seit 2007 verschwindet die Belair Bemalung von den Flughäfen dieser Welt - Foto: Michaela Pfeifer
Nach langatmigen kartellamtlichen Prüfungen wurde am 08.08.2007 die Traditionsairline LTU übernommen, die zuvor in finanziellen Schwierigkeiten steckte und dringend nach neuen Investoren suchte. Das Kurz- und Mittelstreckennetz der LTU ging vollständig in der Air Berlin auf, die Langstrecke fliegt bis dato unter dem Namen LTU weiter.
Die Konsolidierung der Luftfahrtbranche brachte es mit sich, dass das Traditionsunternehmen LTU in Air Berlin aufgegangen ist - Foto: Michaela Pfeifer
Auch Richtung der deutschen Charterflieger Condor streckte Air Berlin ihre Fühler aus. Auch dieser Fusionswunsch wurde eingehend vom Bundeskartellamt geprüft. Trotz Freigabe durch das Kartellamt kam es nie zu einem Zusammenschluss, denn im Juli 2008 zogen beide Unternehmen ihren Antrag auf Genehmigung der Fusion wieder zurück.
Neben dem Aufkaufen von Konkurrenzgesellschaften versteht es Air Berlin aber auch hervorragend mit anderen Airlines zu kooperieren. Nicht zuletzt durch die positiven Erfahrungen die man mit NIKI machte, entschloss man sich zu einer Überkreuzbeteiligung an der TUIfly und zu Code-Share Flügen mit der deutschen LGW, der russischen S7 sowie der chinesischen Hainan Airlines.
Probleme und Chancen
Solch ein radikaler Expansionskurs bringt aber nicht nur Positives sondern naturgemäß auch Probleme und Kosten mit sich. Dies beginnt bei der Vereinheitlichung der Angestelltenverträge, geht über Flottenvereinheitlichungen die Fluggeräte betreffend bis hin zu einem einheitlichen Erscheinungsbild der Crews und der Fluggeräte.
So kam es, dass Air Berlin immer wieder mit interessanten, teils kuriosen Flugzeugbemalungen unterwegs war.
Zwei Beispiele für "Mischbemalungen" bei Air Berlin - beide Fotos: Michaela Pfeifer
Aber auch den Managern war klar, dass eine Corporate Identity für ein Unternehmen unerlässlich ist und so präsentierte man am 07.01.2008 das neue Air Berlin Logo der Öffentlichkeit, welches zukünftig und sukzessive auch alle Flugzeuge der Airline zieren soll. Um auch dem fliegenden Personal eine einheitliche Ausbildung angedeihen zu lassen wurde im Jahr 2007 eine hauseigene Flugschule, die Air Berlin Flightschool gegründet. Im Jänner 2009 konnten die ersten Absolventen diese Schule bereits verlassen.
Ab den 1990er Jahren durchlief Air Berlin mehrere "Corporate Idendities" - Foto: Michaela Pfeifer
Neben einem hervorragend ausgebauten Streckennetz und günstigen Ticketpreisen kann die Airline mit zahlreichen Auszeichnungen beeindrucken: im Dezember 2008 wurde Air Berlin mit dem „World Travel Award“ zur „World’s Leading Budget Airline“ gekürt und konnte sich gegen ebenso bekannte Gesellschaften wie Easy Jet aus Groß Britannien oder JetBlue Airways aus den USA durchsetzen. Zweimal in Folge wurde sie von den Nutzern der Seite www.TravelChannel.de zur besten Low-Cost-Airline gewählt, Stiftung Warentest ist ebenfalls sehr angetan von dieser Airline.
Heute besteht die Flotte aus Maschinen der Boeing 737 sowie A 320 Familie, ergänzt durch einige Bombardier Q400 - Foto: Michaela Pfeifer
Aber auch an dieser erfolgsverwöhnten Fluggesellschaft geht die aktuelle Wirtschaftskrise nicht spurlos vorüber. So verzeichnete Air Berlin in den letzten Monaten Passagierrückgänge von bis zu 5%, was aber durch Kapazitätskürzungen wieder kompensiert werden konnte und die Auslastung der Flugzeuge sogar erhöhte. Dennoch überlegt man bei Air Berlin, als Teil eines radikalen Sparprogramms, sich wieder von der LTU zu trennen, wie erst kürzlich in einem Bericht der deutschen Wirtschaftswoche unter Berufung auf ein „internes Schreiben“ bekannt gegeben wurde.
Auch die Mitarbeiterpolitik der Fluggesellschaft sorgt immer wieder für Verstimmungen, da dem Personal ein Betriebsrat fehlt, was für ein Unternehmen dieser Größe unüblich ist. Erst vor kurzem konnten sich die Gewerkschaften Vereinigung Cockpit und ver.di mit der Führung von Air Berlin auf einen einheitlichen Tarifvertrag einigen.
Interessantes
Nichts desto trotz machen die rund 8.311 Mitarbeiter jeden Flug zum Erlebnis. So ist es zum Beispiel seit 2002 möglich, sich direkt am Dortmunder Flughafen das „Ja“-Wort zu geben um anschließend zu einem romantischen Rundflug aufzubrechen. Immerhin 80 Paare gaben sich seither das Ja-Wort am Flughafen. Auch Pilotinnen sind nicht vor Hochzeiten gefeit und so geschah es, dass eine Pilotin im Anschluss an Ihre Hochzeit ins Flugzeug stieg um es selbst zu steuern und das noch IM Brautkleid!
Auch für Rekorde kann Air Berlin sorgen: so gelang es im Zuge der Auslieferung der Boeing 737-800 mit der Kennung D-ABBC im November 2001 die Rekordstrecke von 8.345 km von Seattle nach Berlin in 9:10 Stunden nonstop zurück zu legen.
Epilog
Und auch wenn die aktuelle Krise diese Fluggesellschaft vielleicht ein wenig schwächen möge, so wird Air Berlin aufgrund ihres bestechenden Konzeptes, ihrem hervorragenden Service und dem sehr gut ausgebauten Streckennetz sicher noch viele erfolgreiche Jahre im Dienste der Passagiere stehen.
Air Berlin ist gegenwärtig die bedeutendste Billigfluglinie in Österreich - Foto: Michaela Pfeifer
Flugzeugtyp | Anzahl | Sitzplätze | Reichweite |
Airbus A319-112/-132 | 18 | 150/144 | 5.560km |
Airbus A320-200 | 32 | 174 | 5.500km |
Airbus A321-200 | 6 | 210 | 5.700km |
Airbus A330-200/-300 | 13 | 303/387 | 12.300km/8.800km |
Boeing 737-700 | 16 | 144 | 6.110km |
Boeing 737-800 | 35 | 186 | 5.420km |
Boeing 757-200 | 2 | 209 | 5.800km |
Boeing 767-300ER | 1 | 252 | 11.393km |
Bombardier Dash Q400 | 2 | 76 | 2.522km |
Umsatz 2008: | ~ 3,4 Milliarden Euro | ||
Fluggäste 2008: | ~ 28,6 Millionen | ||
Mitarbeiter: | 8.311 | ||
Mitarbeiter im Cockpit: | 860, davon 58 Frauen | ||
Sitzladefaktor: | 78,36% | ||
Destinationen: | 126, weltweit | ||
Stand 31.12.2008, Quelle www.airberlin.com |
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Text: Michaela Pfeifer