Erwähnenswert scheint an dieser Stelle auch, dass es sich heute bei dem Kennzeichen „D-AQUI“ nicht um das amtliche, sondern lediglich um ein sog. „Traditionskennzeichen“ handelt – die amtliche Registrierung der Ju 52/3m „Berlin Tempelhof“ lautet „D-CDLH“.
Was für ein Profil ...
Die Maschine, die 1936 das Junkers Werk in Dessau mit der Werksnummer 5489 verließ, wurde ursprünglich auf den Namen "Fritz Simon" getauft und am 10.4.1936 bei der Lufthansa in Dienst gestellt. Im Juli 1936 wurde die Maschine dann nach Norwegen überstellt, mit Schwimmern ausgestattet und erhielt das Kennzeichen „LN-DAH“ und den Namen "Falken".
Sie diente dort als Ersatz für eine zu Bruch gegangene Maschine der norwegischen Fluggesellschaft DNL und wurde vorwiegend zur Versorgung der Küstenregionen Norwegens eingesetzt.
Anfang 1940 erbeutete die deutsche Wehrmacht die Maschine und im Herbst desselben Jahres kam sie wieder zurück zur Lufthansa und versah dort ihren Dienst unter dem ursprünglichen Kennzeichen und dem Namen "Kurt Wintgens". Fünf Jahre später, 1945, führte sie ihr Weg wieder zurück nach Norwegen, wo sie fortan das Kennzeichen „LN-KAF“ und den Namen "Askeladden" trug.
Im Rahmen einer großen Überholung im Jahre 1947 wurden schwere Korrosionsschäden an der Maschine festgestellt. Mangels an Ersatzteilen wurde kurzerhand eine ehemalige Ju 52/3m der Luftwaffe „ausgeweidet“ und die Maschine nahm im Februar 1948 ihren Luftverkehrsdienst wieder auf – zwar mit der „alten“ Kennung „LN-KAF“, jedoch mit der Werksnummer der ehemaligen Luftwaffen Ju 52/3m, 130714.
Lange Jahre beflog diese „Tante Ju“, wie sie liebevoll genannt wird, die Luftstrecken Norwegens, doch 1956 schien das Ende dieses Flugzeuges endgültig besiegelt - es wurde außer Dienst gestellt und nicht einmal das „Norwegische Museum“ in Oslo wollte die Maschine haben, da sie ihm zu groß war!
Ein Jahr später, 1957, führte sie ihr Weg nach Ecuador, wo sie unter dem Kennzeichen „HC-ABS“ und dem Namen "Amazonas" Passagiere und Fracht über die Urwälder flog.
Nach insgesamt nur 8000 Flugstunden, drohte das Flugzeug 1963 förmlich in seine Einzelteile zu zerfallen und so verrottete die „Tante Ju“ nun 6 Jahre lang am Rande des Flughafens von Quito, Ecuador.
Im Jahre 1969 entdeckte sie dort der frühere Militärpilot Lester Weaver, kaufte sie und ließ die Maschine wieder in einen flugtüchtigen Zustand versetzen.
Sie erhielt das amerikanische Kennzeichen „N130LW“, war jedoch nur als „Experimental-Flugzeug“ zugelassen.
Der Amerikaner Martin Caidin kaufte schließlich 1975 das Flugzeug und flog mit der, liebevoll „Iron Annie“ genannten, Ju 52/3m von einer Luftfahrschau zur Nächsten. Die Maschine hatte mittlerweile das standesgemäße Kennzeichen „N52JU“ erhalten.
1 Jahr später, 1976, wurde die Maschine generalüberholt. Bei dieser Gelegenheit fand die Umrüstung auf Pratt & Whitney „R 1340 Wasp“ Motoren statt, und auch sonst wurde das Flugzeug auf den neuesten Stand der Technik gebracht.
Die Tante Ju kehrt nach Deutschland zurück
Einige Jahre später sollte sich der Kreis für dieses historische Flugzeug wieder schließen – die „Iron Annie“ wurde erneut von der Lufthansa erworben und landete am 28.12.1984 nach einem bewegten Fliegerleben bei zahlreichen Gesellschaften in aller Herren Länder, in ihrer alten Heimat Deutschland.
Tradition verpflichtet - vor jedem Start wird die Flagge gehisst
Bevor die Maschine jedoch wieder für den Passagierdienst bzw. für Rund- und Sonderflüge eingesetzt werden konnte, bedurfte es einer gründlichen Überholung des gesamten Flugzeuges.
Bei der Tante Ju bekommt der Begriff "Glascockpit" eine ganz neue Bedeutung
Diese fand in der Lufthansa Werft in Hamburg statt - nach über einem Jahr harter Arbeit durch die Techniker konnte die Ju 52/3m dann endlich wieder unter ihrem historischen Kennzeichen „D-AQUI“ und dem Namen „Berlin-Tempelhof“ im April 1986 zu ihrem „zweiten Erstflug“ in ihren neuen (und wohl endgültig letzten) Lebensabschnitt unter den Fittichen der „Deutschen Lufthansa Berlin-Stiftung“ abheben und wird seitdem für Passagier- Rund- und Sonderflüge eingesetzt.
Die Besatzung ihres "zweiten Erstfluges bei der Deutschen Lufthansa" bestand aus den Flugkapitänen Heinz-Dieter Bonsmann, Kurt Matzak und Brian Wallace von der südafrikanischen Fluglinie SAA, deren Traditionsflugsektion ebenfalls eine "Tante Ju" für Nostalgieflüge betreibt.
Obwohl moderne Technik ins Cockpit Einzug gehalten hat, der Charme der Ju, die über ein mächtiges Holzsteuerhorn geflogen wird, blieb erhalten
Die Deutsche Lufthansa Berlin Stiftung plant übrigens, ihre Ju 52 mindestens bis zu ihrem 100. Geburtstag, also bis zum Jahr 2036, für Rundflüge einzusetzen.
Die Besatzung an Bord trägt historische Uniformen
Und wer kann, sollte die Gelegenheit, sich mit dieser Legende der Lüfte auf Zeitreise zu begeben, jedenfalls wahrnehmen.
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Deutsche Lufthansa Berlin Stiftung
Text & Fotos: CvD