Österreich

Streit um neuen Rettungshubschrauber in Oberösterreich

Erneut gibt es Wirbel um einen neuen Flugrettungsanbieter in Oberösterreich. Nachdem im Oktober 2006 der Knaus-Helikopter aus Ebensee nach etwas mehr als zwei Jahren Flugbetriebs aus Gründen der Wirtschaftlichkeit abgezogen worden war, versucht sich nun die „FlyMed GmbH“ aus dem burgenländischen Oberpullendorf mit einem Rettungshelikopter des Typs MBB BO 105 CBS4 der Berger Air Flugdienst GmbH am Flughafen Gschwandt, Nähe Gmunden, zu etablieren.

Laut FlyMed-Chef Primarius Günther Schamp, ein Radiologe, habe man bereits zu Anfang des Jahres Erfolg versprechende Gespräche sowohl mit dem oberösterreichischen Rotkreuz-Präsidenten Leo Pallwein-Prettner, als auch mit Gesundheitslandesrätin Silvia Stöger geführt – doch die anfängliche Euphorie wurde mittlerweile gedämpft.

Den vierten Tag in Folge meldet sich nun der Hubschrauber mit dem Rufnamen „Airmed“ morgens einsatzbereit bei der Rotkreuz-Leitstelle, bekommt jedoch von dieser keine Einsatzaufträge – bedingt durch eine Weisung seitens Pallwein-Prettners, angeblich mangels einer aufrechten Außenlandegenehmigung, wie der Rotkreuz-Chef sich auf ein Gespräch mit Erich Haider von der SPÖ beruft.

„Flugrettung in Österreich permanent wirtschaftlich zu betreiben ist unter den momentanen Voraussetzungen ohnedies ein Ding der Unmöglichkeit“, weiß auch Austrian Wings-Redakteur Gerald Schneider und verweist auf zahlreiche Beispiele, die sich quer durch die heimische Rettungshubschrauber-Landschaft ziehen:

  • Selbst die etablierte ÖAMTC-Flugrettung steht auf wackeligen Beinen, die Verträge mit der Republik wurden per Dezember 2010 seitens des Automobilclubs gekündigt.
  • Der eigens gegründete Verein „Aerial Flugrettung“, welcher im Jahr 2005 einen von der „Schenk Air“ gecharterten Rettungshubschrauber vom Typ Agusta 109 im niederösterreichischen Marchfeld in Dienst gestellt hatte, geriet auf Grund nicht geklärter Finanzierung bereits nach kürzester Zeit in massive Finanznot – als Folge blieb der rot-gelbe Helikopter nach gut 200 Rettungsflügen wieder am Boden, während der Verein versuchte, die von den Krankenkassen nicht bezahlten Summen direkt von den Patienten einzufordern.
  • In den alpinen Regionen Österreichs sprießen die Rettungshelikopter zumeist ausschließlich während der Wintersaison aus dem Boden, so lange finanziell einträgliche Transporte nach Pistenunfällen geflogen werden können. Die meisten Patienten haben hierfür eigene Versicherungen, wie etwa über Kreditkartengesellschaften oder Autofahrerklubs. Außerhalb dieses „Geschäftsbereichs“, also in den Sommermonaten, dezimiert sich die Helikopteranzahl jedes Jahr drastisch.

„Selbst bei bestehenden Vertragsverhältnissen mit Kostenträgern bleiben Flugrettungsunternehmen oft auf Kostenlawinen sitzen“, so Schneider. Zahlreiche Rettungsflüge werden nicht bezahlt, weil etwa der Krankenkassen-Chefarzt bei nachträglicher Betrachtung den Einsatzgrund als nicht gerechtfertigt klassifiziert.

Auch bei Einsätzen, bei denen kein Patiententransport erfolgt – weil dieser beispielsweise nach Erstversorgung durch den Hubschrauberarzt an ein bodengebundenes Rettungsmittel übergeben wird – leistet die Krankenkasse nicht. Und bei jenem Anteil, der von der Krankenkasse bezahlt wird, erfolgt die Vergütung durch Pauschalsätze, die von den Flugrettungsanbietern als „absolut nicht kostendeckend“ bezeichnet werden.

„FlyMed“ ist bereits in Kärnten mit BO 105-Rettungshubschraubern am Nassfeld/Kärnten und in Bramberg (Oberpinzgau) – jeweils während der Wintersaison – aktiv. Für die Region Gmunden-Vöcklabruck scheint die Flugrettungszukunft indes ungewiss – woran, laut Insiderberichten, auch der ÖAMTC nicht ganz unschuldig sein soll, der angeblich befürchte, dass der geplante „Airmed“-Hubschrauber seiner eigenen Flotte Einsätze wegnehmen würde.

Gerald Schneider von Austrian Wings: „In jedem Fall muss vor Inbetriebnahme des oberösterreichischen 'Airmed'-Helikopters die Finanzierung geklärt sein. Ob sich mit einem Ganzjahres-Stützpunkt, noch dazu im Flachland, tatsächlich Geld verdienen lässt, erscheint mehr als fraglich. Dennoch darf dieses Faktum nicht auf dem Rücken von Patienten ausgetragen werden, indem diesen anschließend oft existenzbedrohend hohe Rechnungen zugestellt werden.“

Speziell die Politik ist hier gefordert, rasch zukunftssichere Lösungen zu finden. Interessant gestaltet sich auch die Wahl der von „FlyMed“ vorgehaltenen Helikopter – die BO 105 war ein über viele Jahre hinweg bewährter Rettungshelikopter in zahlreichen Ländern, wird jedoch bei den meisten Betreibern mittlerweile sukzessive ausgemustert und durch neue, leistungsstärkere Fluggeräte ersetzt, die zudem auch ein größeres Platzangebot in der Maschine aufweisen. Da die BO 105 außerdem nicht mehr den Vorschriften der JAR-OPS3 entspricht, darf sie ab kommendem Jahr für gewerbliche Zwecke nicht mehr eingesetzt werden; dadurch entfällt auch ihre Verwendungsmöglichkeit als Rettungshelikopter.

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