Einmal im Cockpit eines Flugzeuges zu sitzen ist wohl der Traum vieler „Luftfahrtenthusiasten“ und ein solches zu fliegen wahrscheinlich noch mehr. In meinem früheren Berufsleben als Flugbegleiter hatte ich zwar schon oft die Möglichkeit, Zeit in einem Cockpit zu verbringen, auch bei Starts und Landungen, doch selbst einmal einen Airbus zu fliegen wurde mir nun endlich einmal ermöglicht.
Auch viele Freizeitpiloten wollen einmal in einem "richtigen" Cockpit sitzen
Zwar durfte ich kein reales Flugzeug steuern, doch auch der Airbus A320 Full Flight Simulator der Lufthansa Flight Training vermittelt ein wahrlich atemberaubendes und reales Flugerlebnis. Nach der Ankunft im Simulatorzentrum am Austrian Aviation Campus am Flugahfen Wien-Schwechat wird gleich mit einem kurzen so genannten Preflight Briefing begonnen. Dabei wird einem einfach und anschaulich erklärt, warum und vor allem wie ein Flugzeug fliegt.
Das Simulatorzentrum der LFT Vienna am Vienna Aviation Campus - Foto: Stefan Jahnel
Gut aufpassen - ohne Flugvorbereitung läuft auch beim Simulatorflug gar nichts - Foto: P. Radosta / Austrian Wings
Die Wichtigsten Instrumente für unseren kurzen Flug werden erläutert und unsere spätere Aufgabe im Simulator durchgegangen. Neben Höhenmesser, Fahrtenmesser und künstlichem Horizont werden wir geschult, wie man mittels Pedalen und Sidestick das Flugzeug unter seiner Kontrolle hält.
Zwar weiß ich meiner Meinung nach sehr viel über einzelne Instrumente, Knöpfe und Hebel, doch erfahre ich auch ziemlich viel Neues. Der Sidestick beispielsweise reagiert vollkommen anders als der klassische Joystick am heimischen PC. Jeder der schon mal selbst zuhause mit einem herkömmlichen Computerjoystick geflogen ist weiß, dass wenn man sein Fluggerät mittels diesem nach links lenkt und sobald man den Stick wieder in neutrale Position bringt wird auch das Flugzeug selbst wieder bald geradeaus fliegen. Anders ist das im realen Leben. Der Airbus bleibt solange in der Fluglage in die man ihn gebracht hat, bis man ihm einen anderen Steuerbefehl (Input) gibt.
Doch wie schon erwähnt, auch für etwas erfahrenere Teilnehmer ist das Briefing höchst interessant und lehrreich. Nach dieser ausführlichen Einführung geht’s auch schon ab in den Simulator.
Kein UFO sondern ein millionenschweres Trainingsgerät für Piloten: der Airbus Full Flight Simulator der LFT Vienna - Foto: P. Radosta / Austrian Wings
Neben mir sind noch zwei andere Teilnehmer dabei und wir teilen uns auf die verschiedenen Positionen auf.
Ich nehme am Sitz des Kapitäns platz, die beiden anderen am Kopiloten- und Beobachtersitz (Jump Seat). Links zu sitzen war mir anfangs gar nicht so recht, weil ich mir nur schwer vorstellen konnte als Rechtshänder den Sidestick mit der linken Hand zu bedienen. Doch es sollte sich gleich herausstellen, dass dies gar nicht so schwer ist wie ich befürchtet hatte.
Nachdem ich meinen Sitz nun optimal ausgerichtet habe um Pedale, Schubhebel und Sidestick bedienen zu können,geht’s auch schon los. Wir stehen am Flughafen Wien-Schwecht vor der Piste 29. Langsam führe ich die beiden Schubhebel etwas nach vorne und der „virtuelle“ 55,5 Tonnen schwere Airbus setzt sich schwerfällig in Bewegung. Um die 90° Kurve auf die Startbahn zu schaffen, muss ich mit dem Handrad lenken denn mittels Pedale hat das Bugrad nur einen Einschlag von etwa 6°. Das Flugzeug nun auf die Bahnmitte ausgerichtet und hochkonzentriert schiebe ich die Schubhebel voll nach vorne.
Klar zum Start - Foto: P. Radosta / Austrian Wings
Das Gefühl der Beschleunigung wird überraschenderweise perfekt simuliert. Auch die Geräusche würden nicht daran zweifeln lassen, dass man sich in einem echten Flugzeug befindet. Mein Kopilot steht mir zur Seite und ruft mir die Geschwindigkeit zu: 80 Knoten. Ich kontrolliere auf meinem Geschwindigkeitsmesser und bestätige. Kurz darauf haben wir schon 120 Knoten (V1, die Entscheidungsgeschwindigkeit) erreicht. Nun gibt es kein zurück mehr, für einen Startabbruch wäre es zu spät. 140 Knoten, Rotieren. Langsam ziehe ich den Sidestick nach hinten und der Airbus beginnt sich vom Boden zu heben. Sobald der Höhenmesser beginnt sich zu bewegen wird das Fahrwek auf das Kommando „Gear up“ eingefahren. Ich ziehe bis ich einen Steigwinkel von 15° erreicht habe, und wie es bei einem Start in Wien auf der 29 üblich ist leite ich eine leichte Linkskurve ein. Es ist ein atemberaubendes Gefühl, alles wirkt so unglaublich real. Bei einer Höhe von 2500 Fuss werden von meinem Kopiloten die Klappen eingefahren und ich senke die Nase etwas ab um mit einem Winkel von 10° meinen Steigflug fortzusetzen.
Im Steigflug - Foto: P. Radosta / Austrian Wings
Die Schubhebel nehme ich um 2 Stufen zurück, anschließend wird die automatische Schubkontrolle aktiviert.
Nun ist es an der Zeit den Airbus fliegerisch ein bisschen auszutesten. Es geht mal nach links, dann wieder nach rechts, ein wenig hinauf, etwas runter, einfach mal die Gegend um Wien etwas erkunden. Ich versuche, die Donau entlang zu fliegen. Plötzlich ertönt eine Stimme. „Traffic“! In meinem „Rausch“ habe ich ein Flugzeug übersehen das direkt auf uns zusteuert. Doch das TCAS (Traffic Alert and Collision Avoidance System) hat mich davor gewarnt. Mein Instruktor sagt nun ich solle doch weiterhin Kurs auf das andere Flugzeug halten um zu sehen was passiert. Kurz darauf hören wir schön ein lautes und eindringliches „Traffic, Descend“! Als visuelle Hilfe zeigt das Variometer einen roten Balken an um den idealen Sinkflug einzuleiten.
Egal, ob Links- oder Rechtskurve, das Fluggefühl ist unglaublich realistisch - Foto: Stefan Jahnel
Also reagiere ich schnell und drücke die Nase des Airbus nach unten und so schnell wie alles angefangen hat ist es auch schon wieder vorbei. Nach einem kurzen „Clear of Conflict“ kann ich meinen Flug fortsetzen. Um nun den anderen Teilnehmern auch die Chance zu geben ihre Flugkünste unter Beweis zu stellen, wird gelandet.
Um dies für mich einfacher zu gestalten wird der Simulator mitten im Flug gestoppt und 10 nautische Meilen vor die Landebahn 29 in Wien gesetzt. Wie praktisch. Um den Anflug und die anschließende Landung etwas zu erleichtern wird die automatische Schubkontrolle (Autothrottle) aktiviert. Fahrwerk und Landeklappen sind voll ausgefahren, es herrscht hervorragende Sicht mit null Wind. Die Landung wird rein auf Sicht durchgeführt. Um nicht ständige die Instrumente im Auge behalten zu müssen, wurde uns im Briefing auch noch der PAPI (Precision Approach Path Indicator) erklärt. Dies ist eine visuelle Anflughilfe, bestehend aus 4 nebeneinander angeordneten Lichtern, die den Flugzeugführern hilft, den richtigen Gleitwinkel einzuhalten. Die Lichter wechseln in den Farben rot und weiß. Zwei weiße und zwei rote Lichter bedeutet idealer Anflug. Mehr weiß als rot ist zu hoch und umgekehrt zu niedrig.
Auch die grafische Darstellung lässt einen nach wenigen Minuten vergessen, dass man "nur" im Simulator "fliegt" - Foto: Stefan Jahnel
Unter Piloten gibt es da einen einfach Merksatz, der da lautet: „Vier mal weiß fliegst du in den Mais, vier mal rot fliegst du in den Tod“.
So wie in diesem Fall sollte der Endanflug tunlichst nicht aussehen - Foto: P. Radosta / Austrian Wings
Völlig auf Lichter und Landebahn konzentriert, setze ich meinen Landeanflug fort. Zwischendurch zeigt mir der Bordcomputer plötzlich eine (nicht beabsichtigte) Fehlermeldung an. Irgendwas mit dem Kabinendruck sei nicht in Ordnung. Ein kurzer Handgriff von unserem Instruktor und schon ist die Sache erledigt, jedoch hat mir dies eindrucksvoll gezeigt, wie konzentriert doch ein Pilot bei seiner Arbeit sein muss um jederzeit alles voll im Griff zu haben.
Hier an der so genannten "Instructors station" kann ein Fluglehrer jede nur erdenkliche Fehlersituation auftreten lassen - und per Knopfdruck auch wieder abstellen - Foto: Stefan Jahnel
Ich selbst musste mich nur auf ein paar Lichter und meinen Sidestick konzentrieren und allein das war schon anstrengend genug. Da lernt mal einmal mehr den Job unserer Piloten zu respektieren und in ihnen keinesfalls überbezahlte Zeitungsleser zu sehen.
Auf jeden Fall steuere ich nun meinen Airbus weiterhin auf die Landebahn zu, mal zu hoch, mal zu niedrig, im großen und ganzen ist es meiner Meinung nach aber ein gelungener Anflug. Als der Boden immer näher kommt höre ich schon die erlösende Stimme des Bordcomputers: „500“. Danach geht es ziemlich schnell. Als mir der Airbus nur mehr eine Höhe von 50 Fuss ansagt ziehe ich die Nase leicht nach oben und nehme die Schubhebel nach Aufforderung durch die Computerstimme („retard, retard“) auf Leerlauf zurück.
Überraschenderweise sanft berühren die Räder den Boden und da die Landebahn ja eigentlich sehr lang ist verzichte ich auf die Schubumkehr, senke die Nase nach um noch das Bugfahrwerk auf den Boden zu bringen und steige in die Pedale um die Radbremsen zu aktivieren. Gleichzeitig zu bremsen und den Airbus gerade auf der Spur zu halten ist gar nicht so einfach doch gelingt mir dies einigermaßen gut. Zum Abschluss darf ich auch noch zum Gate rollen was sich als schwieriger als gedacht herausstellt da ich die Restgeschwindigkeit unterschätzt habe. Wären Passagiere an Bord würden die anständige durchgeschüttelt werden. Nach einer kurzen Rollstrecke sehe ich am Pier Ost eine freie Parkposition (58) neben einem Airbus A340-600 der Thai Airways International.
Das Rollen und Andocken ist ebenfalls eine große Herausforderung - Foto: Stefan Jahnel
Zwar nicht wirklich ein oft gesehener Gast in Wien, aber wie gesagt, es ist ja nur eine Simulation; und dennoch, ein einmaliges Erlebnis und auf jeden Fall sein Geld wert.
Ab 275 Euro ist man live dabei, in Form eines Geschenkgutscheines eignet sich solch ein Simulatorflug auch ideal als Weihnachts- oder Geburtstagsüberraschung für den Flugfan.
Links:
Protoura (Veranstalter der Simulatorflüge)
Lufthansa Flight Training (Betreiber des Simulatorzentrums)
Text: Stefan Jahnel
Fotos: Stefan Jahnel & Austrian Wings Media Crew