Die Akteure - Bücker „Jungmann“, „Jungmeister“ & „Bestmann“
Am 27. April 1934, vor 75 Jahren also, startete vom historischen Flugplatz Berlin Johannistal die erste Bücker BÜ 131 Jungmann, ein leichtes, einmotoriges Schulflugzeug mit zwei Plätzen, das kunstflugtauglich war. Die Serienproduktion dieses leichten Doppeldeckers fand bis 1935 auch in Johannistal statt, ehe in Berlin Rangsdorf am örtlichen „Reichssportflughafen“ die Fabrik von Bücker Flugzeugbau eröffnet wurde, wo die Produktion bis 1942 lief. Zusätzlich wurde die „Jungmann“ in Spanien (als CASA 1.131), in der Tschechoslowakei (als Tatra T131 bzw. Aero C104), in Japan (als K9W-1 sowie KI-86) sowie in der Schweiz (als Do/Bü 131) gefertigt.
Insgesamt verließen etwa 5.000 Bücker „Jungmann“ die Werkshallen, davon etwa 3.000 in Rangsdorf, von denen zahlreiche in insgesamt 23 Länder exportiert wurden.
Tausende von Piloten erlernten auf der „Jungmann“ das Fliegen, auch die neu gegründete deutsche Luftwaffe nutzte sie intensiv zur Ausbildung ihrer Flugzeugführer. Auch eine Ikone der Erotikindustrie und leidenschaftliche Fliegerin bis ins Hohe Alter lernte auf einer Bücker fliegen - Beate Köstlin, die ihren Fluglehrer Hans Uhse ehelichte und in den 1930er Jahren für die Firma Bücker Flugzeugbau als Werkspiloten tätig war.
Das einsitzige Pendant der „Jungmann“ war die Bücker Bü 133 „Jungmeister“, ein Doppeldecker mit einem bulligen 160 PS Bramo Sternmotor, die von 1935 bis 1941 gefertigt und in 13 Länder exportiert wurde. Inklusive der schweizer und spanischen Lizenzbauten wurden rund 250 Maschinen produziert.
Die „Jungmeister“ galt jahrelang aufgrund ihrer enormen Wendigkeit als „bestes Kunstflugzeug“ der Welt, auf dem ihre Piloten bei Wettbewerben reihenweise Preise gewannen. Noch wenige Monate vor Kriegsausbruch 1939 baute Hauptmann Trübenbach eine Kunstflugstaffel der deutschen Luftwaffe auf, die mit der Bü 133 „Jungmeister“ ausgestattet war. Ihren einzigen und letzten internationalen Auftritt hatte diese Staffel in Brüssel, wo am 09. Juli 1939, französische, britische, italienische, schweizer und deutsche Militärpiloten ihr Können zeigten.
Von 1939 bis 1945 wurde in Rangsdorf ein einmotoriger Tiefdecker, der bereits über eine geschlossene Kabine verfügte und ebenfalls kunstflugtauglich war, produziert – die Bü 181 „Bestmann“, welche sukzessive die Bü 131 als Schulflugzeug der Luftwaffe ersetzte. Inklusive diverser Lizenzbauten, die bis 1949 produziert wurden, gehen Experten von 4.000 bis 5.000 hergestellten „Bestmann“ aus.
Neben den bislang erwähnten Typen existierten noch weitere Bücker-Modelle, die jedoch über das Prototypen bzw. Versuchsstadium nicht hinauskamen und in der Geschichte der Bücker-Flugzeugbau GmbH deshalb keine Rolle spielten.
Flugplatz Wels / Weisse Möwe Wels
Die Wurzeln des Flugplatzes Wels reichen bis ins Jahr 1910 zurück, als auf dem Gelände die „1. Österreichische Flugwoche Wels“ abgehalten wurde. Ab 1938 übernahm die deutsche Luftwaffe den Platz und baute ihn zum Fliegerhorst aus. Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges erlosch aufgrund des von den Alliierten erlassenen Flugverbotes auch der Betrieb in Wels. Erst ab 1949 durfte wieder geflogen werden, anfangs allerdings nur im Segelflug. Die Halterschaft über den Platz übernahm der am 29. April gegründete Verein „Weisse Möwe Wels“, der in den Folgejahren für eine stetige Erweiterung des Flugplatzgeländes sorgte und einen Pachtvertrag bis ins Jahr 2027 hat.
Welster Flugtage & Bückertreffen 2009
Bereits Monate zuvor wurde die Veranstaltung angekündigt - Foto: P. Radosta / Austrian Wings (für eine größere Darstellung klicken Sie bitte auf das Bild)
Der Flugplatz Wels ist bereits im Alltagsbetrieb die Heimat zahlreicher Bücker Flugzeuge, und auch Flugkapitän Josef Ecker, ein international anerkannter Bücker Spezialist und Besitzer mehrerer Bücker Flugzeuge, hat dort seine fliegerische Heimat gefunden.
Bereits mehrfach war er in der Vergangenheit für die Ausrichtung diverser Flugveranstaltungen (zB der VGC) verantwortlich, und so war es naheliegend, dass er das diesjährige Bückertreffen in Wels ausrichten würde.
Wie Wolfgang Ruzicka, Presseverantwortlicher der Weissen Möwe Wels gegenüber Austrian Wings betonte, war ursprünglich ein reines Bückertreffen in Wels geplant. Nachdem jedoch in den Medien, darunter auch die Oberösterreich Krone, derart ausführlich darüber berichtet wurde, nutzte man die Gelegenheit und kombinierte „75 Jahre Bücker“ mit „60 Jahre Weisse Möwe Wels“.
Die Vorbereitungen für so ein Ereignis sind aufwendig, und meistens verfliegt die Zeit viel zu schnell. Sponsoren und Teilnehmer müssen gewonnen, Konzepte erarbeitet und umgesetzt werden.
Das, was am Ende dabei herauskam, konnte sich sehen lassen - mehr als 50 Bücker Jungmann und Jungmeister der verschiedensten Baujahre fielen wie Hornissenschwärme von 10. bis 12. Juli 2009 in Wels ein und versetzten den Platz, dessen Wurzeln immerhin fast 100 Jahre zurückreichen, in die gute alte Zeit der Fliegerei. Die Teilnehmer kamen nicht nur aus Österreich, Deutschland und der Schweiz, sondern reisten aus vielen Ländern Europas in ihren offenen Maschinen nach Oberösterreich an.
Formationsflug - besonders bei unruhiger Luft - erfordert von den Flugzeugführern höchste Konzentration - Foto: P. Radosta / Austrian Wings (für eine größere Darstellung klicken Sie bitte auf das Bild)
Doch nicht nur die klassischen Doppeldecker bevölkerten LOLW, so der amtliche ICAO Code an diesem Wochenende. Die Flying Bulls, nicht mehr wegzudenken bei Luftfahrtveranstaltungen in Österreich, waren am Freitag mit ihrer F4U-4 Corsair, OE-EAS, geflogen von Raimund Rieman und am Samstag mit der B 25J Mitchell würdig vertreten.
Interessierten Besuchern wurde die Möglichkeit von Rundflügen in der legendären Tante Ju (HB-HOT) der „Ju Air“ geboten, der Fieseler Storch OE-AKA von Sepp Michelfeit demonstrierte seine beeindruckende Kurzstart- und Landeeigenschaften. Vater und Sohn Eichhorn flogen ihr Display mit den beiden bekannten AT 6 Texan Trainingsmaschinen.
Der Fieseler Storch ist ein zwei- bis dreisitziges Verbindungsflugzeug aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges; seine niedrigste Fluggeschwindigkeit liegt bei etwa 50 km/h! Die hier abgebildete Maschine gehörte ursprünglich einem ehemaligen Ju 88 Piloten und war lange Jahre in Wiener Neustadt Ost stationiert (für eine größere Darstellung klicken Sie bitte auf das Bild)
Abgerundet wurde das Programm durch Flugvorführungen moderner Kunstflugzeuge wie der Extra 300LP, der Pitts Special des Austrian Aerobaticteam sowie der Christen Eagle der Weissen Möwe Wels.
Ankunft der Pitts des Austrian Aerobatic Teams (für eine größere Darstellung klicken Sie bitte auf das Bild)
Apropos Kunstflug - dieser war bedauerlicherweise nur eingeschränkt möglich, da angeblich aufgrund politischer Intervention während der Veranstaltung Kunstflug verboten wurde.
Der Höhepunkt für Freunde historischer Luftfahrzeuge war zweifelsohne die Messerschmitt Me 109 „Rote Sieben“, die nicht nur am Boden sondern auch im Flug bewundert werden konnte.
Die Me 109, im Zweiten Weltkrieg der Standardjäger der deutschen Luftwaffe, war mit rund 35.000 produzierten Exemplaren das meistgebaute Jadgflugzeug aller Zeiten und gilt als besonders anspruchsvoll zu fliegen. Heute existieren weltweit nur noch eine Handvoll dieser Maschinen, die meisten davon in Museen, einige wenige sind flugfähig, so wie die D-FWME, die von EADS betrieben wird. Diese Maschine ist nicht nur ein Filmstar (sie spielte im Film „Luftschlacht um England“ mit), sondern hat selbst bereits mehrere Bruchlandungen hinter sich.
Nach insgesamt zweieinhalb Tagen, an denen man nicht das Gefühl hatte, im Jahr 2009 zu sein, sondern eher meinte, es seien die 1930er Jahre, ging am Sonntag, den 12. Juli 2009, eine Flugsportveranstaltung zu Ende, die trotz des teilweise widrigen Wetters als Erfolg bezeichnet werden kann - wo sonst in Österreich hat man schon die Gelegenheit, über 50 historische Luftfahrzeuge zu besichtigen, zu bestaunen, den Klang ihrer Motoren zu genießen, sie im Flug zu bewundern? Dieser Meinung waren auch die tausenden Besucher, die an diesen drei Tagen auf das Flugfeld strömten.
Die zahlreichen historischen Flugzeuge zogen tausende Besucher an (für eine größere Darstellung klicken Sie bitte auf das Bild)
2010 - "100 Jahre Luftfahrt in Wels"
Und wer von all dem - wie der Autor dieser Zeilen - nicht genug bekommen kann, der sollte sich auf jeden Fall den kommenden Sommer vormerken. Dann wird nämlich am Flugplatz Wels „100 Jahre Luftfahrt“ zelebriert, wie Wolfgang Ruzicka von der Weissen Möwe Austrian Wings verraten hat. Die diesjährige Festveranstaltung sei auch eine Art „Probelauf“ für besagte 100 Jahr Feier gewesen. Zu dieser rechnet Ruzicka mit 30.000 bis 40.000 Besuchern, das Bundesheer wird sich präsentieren, Walter und Toni Eichhorn werden ebenso erwartet wie die Flying Bulls und zahlreiche andere Leckerbissen. Der fliegerische Höhepunkt dieser Veranstaltung sei schon jetzt verraten: „Wir wollen die Me 109 und den Me 262 Nachbau nach Wels holen“.
Die Planungen für dieses Großereignis haben schon begonnen, und Austrian Wings - Österreichs Luftfahrtmagazin wird natürlich auch anlässlich „100 Jahre Luftfahrt in Wels“ ausführlich berichten.
Fotoimpressionen von den Welser Flugtagen 2009 (die Bilder können durch anlicken vergrößert werden)
Die Jüngsten konnten ihr fliegerisches Talent in einem beweglichen Segelflugsimulator testen
Bell 212 des Österreichischen Bundesheeres - dieser Hubschrauber kommt für Truppenverlegungen ebenso zum Einsatz wie beispielsweise für Feuerlöschmissionen
Auch, wenn sie so aussehen, diese Maschinen sind keine Bausätze aus dem Möbelhaus im Hintergrund ...
Zwei Weltkriegsveteranen: die F4U-4 Corsair (fliegend) wurde ausschließlich am asiatisch-pazifischen Kriegsschauplatz eingesetzt, die Me 109 (rechts unten) und die Corsair trafen deshalb während des gesamten Krieges niemals aufeinander; heute sind sie friedlich vereint die Stars auf europäischen Flugschauen
Die Extra 300LP zählte zu den wenigen modernen Flugzeugen während der Welser Flugtage
Von 1940 bis 1945 wurden in Wels zahlreiche Flugschüler ausgbildet; nur wenige der kaum 20 Jahre alten Männer kehrten von der Front zurück - ihnen ist dieser Gedenkstein am Flugplatz gewidmet
Ein Bild, das so genau auch vor 70 Jahren hätte entstehen können: Fieseler Fi 156 Storch und Junkers Ju 52/3m in trauter Zweisamkeit, die Besuchermassen begeisternd
Das Kennzeichen dieses "Storches" steht für "Akademische Fliegergruppe", kurz AKA
Lediglich das moderne "Follow Me" Fahrzeug vor der Ju 52/3m in Gestalt eines so genannten Quad verrät, dass diese Aufnahme 2009 und nicht 1935 enstanden ist
Ankunft der Ju 52 HB-HOT am Flugplatz Wels - die Besatzung wird durch Flugbetriebsleiter Oliver Hackenberg und Flugkapitän Josef Ecker begrüßt
Obwohl aus Sicherheitsgründen eine gewisse Modernisierung unumgänglich war, hat sich im Cockpit der Tante Ju der Charme aus den frühen Tagen der Luftfahrt weitgehend gehalten
Für die Bedienung der drei BMW-Motoren der Ju 52 sind sage und schreibe zwölf Hebel erforderlich; eine weitere Besonderheit ist, dass die Radbremsen der Ju mit den Gashebeln und nicht wie üblich mit den Seitenruderpedalen bedient werden
Die Ju 52 befindet sich im Endanflug, die Me 109 wartet auf Startfreigabe
Weltweit gibt es nur noch etwa 6 bis 7 flugfähige Ju 52; die Maschinen der "Ju Air" sind dabei jene, die am originalsten erhalten sind; sie verfügen beispielsweise noch über die BMW Motoren mit Zweiblattluftschrauben, während die D-AQUI der deutschen Lufthansa mit P & W Triebwerke mit Dreiblattverstellpropellern ausgestattet und damit vom technischen Standpunkt her deutlich moderner ist
ber 50 Bücker aus allen Teilen Europas waren dem Ruf nach Wels gefolgt
Im Vordergrund jede Menge Bücker, im Hintergrund fliegt eine Ju 52 an
Zwei Bücker Jungmann und eine Bücker Jungmeister auf einem Foto - so sah es auf den Flugplätzen der 1930er Jahre aus
Formationsflug von Flugzeugen des Gastgebers, der "Weissen Möwe Wels"
Ein solches "Trike" ist bereits zum Preis eines Kleinwagens zu haben
Das Bundesheer war mit Saab 105 vertreten
Auch das Cockpit spiegelt technisch den Stand der 1960er Jahre wider
Diese Bücker Jungmeister trägt die Farben der deutschen Luftwaffe aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges
Der Pilot des Fieseler Stroch OE-AKA wird bei seiner Ankunft von Josef Ecker begrüßt
Der Motor des Fi 156 "Fieseler Storch" OE-AKA
An diesem Juli Wochenende eindeutig in der Minderheit - moderne Kunstflugzeuge, wobei die Pitts eigentlich auch schon fast ein Oltimer ist, ein Klassiker auf jeden Fall
Walter & Toni Eichhorn sind in der Fliegerszene ein Begriff; Walter Eichhorn beispielsweise führte den ersten Flug der Me 109 "Rote Sieben" nach ihrer Restauration durch; zusammen boten sie mit ihren beiden AT 6 Texan ein beeindruckendes Flugprogramm
Die AT 6 Texan ist ein zweisitziger Trainer aus der Zeit des Zweiten Weltrkieges, der bis in die 1950er Jahre bei veschiedenen Luftwaffen genutzt wurde; in diversen Filmen (zB Tora, Tora, Tora!) und Fernsehserien (zB Pazifikgeschwader 214) wurden modifzierte "Texan" als Darsteller der japanischen "Zero" verwendet
Das Cockpit von Toni Eichhorns Texan
Boeing Stearman, OE-AMM, Baujahr 1943 der Flying Bulls
Der EADS Testpilot bereitet sich im engen Cockpit der Me 109 auf seine Flugvorführung vor
Von sicherheitsrelevanten Modernisierungen abgesehen, wurde das Cockpit der Me 109 weitgehend in den Originalzustand zurückversetzt
Ein Techniker überwacht den Anlassvorgang des Motors von außen - die beiden Hangars im Hintergrund stammen übrigens aus der Zeit von Wels als Militärflugplatz; der vordere wird heute von der Weissen Möwe Wels genutzt, der hintere vom Österreichischen Bundesheer als Lagerhalle
Die Me 109 gilt nicht nur im Flug als anspruchsvoll, aufgrund der schlechten Sicht nach vorne und des schmalen Fahrwerks ist sie auch am Boden äußerst "giftig" und erfordert die volle Konezntration ihres Piloten
Der Start ist eine der anspruchsvollsten Flugphasen - besonders bei wertvollen Oldtimern
Etwa 35.000 Me 109 wurden inklusive der Lizenzbauten in Deutschland, Österreich, Spanien und der Tschechoslowakei gefertigt - weltweit existieren nur noch wenige flugfähige Exemplare
Nach der geglückten Landung ...
... durfte sie sich die Me in der Abendsonne erholen und wurde vom Publikum bestaunt; der Pilot kam anschließend mit einem ehemaligen Me 109 Flugzeugführer ins Gespräch, der sich "sein" ehemaliges Fluggerät aus der Nähe ansehen durfte
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Links:
Reportage: "Die Königin der Flying Bulls"
The Bücker Pages (Englisch)
Text & Fotos: P.Radosta
Video: C.Meltzer / Austrian Aerobaticteam (herzlichen Dank!)