SkyEurope fuhr, oder besser gesagt flog, auf dieser Geiz ist geil Schiene und ist nun damit abgestürzt. Freilich, die im September 2001, kurz nach den tragischen Ereignissen in New York , von Christian Mandl und Alain Skowronek gegründete Fluglinie, die nach eigenen Angaben die „größte Low Cost Fluggesellschaft Mittel- und Osteuropas“ war, konnte niemals aus den roten Zahlen fliegen.
Anfang 2002 nahm man mit einer Embraer 120 den Flugbetrieb auf der Strecke Pressburg (Bratislava) - Kaschau (Kosice) auf, weitere Embraer erfolgten. Im Jahr 2003 kam die erste Boeing 737-500 zur Flotte. In diesem Jahr wurden 171.400 Passagiere befördert, der Umsatz betrug 13 Millionen Euro. Ein Jahr später, 2004, waren es bereits 956.000 Passagiere, die 63 Millionen Umsatz brachten, 2005 - in diesem Jahr ging SkyEurope in Wien und Warschau an die Börse - 1,9 Millionen, 2006 2,74 Millionen und 2006/07 sogar 3,31 Millionen.
Mit Embraer 120 fing die Geschichte von SkyEurope an, die zunächst eine Erfolgsgeschichte zu werden schien - Foto: Martin Dichler
Der Heimatflughafen war das slowakische Pressburg, daneben eröffnete man auch Basen in Warschau, Krakau, Budapest Prag und zuletzt Wien.
Proportional zu den Passagierzahlen wuchs auch die Flotte: die 737-500 wurden nach und nach durch moderne 737-700 ersetzt, von denen die Airline insgesamt über 30 Stück bestellt hatte.
Dennoch konnte SkyEurope über all die Jahre keinen Gewinn erwirtschaften sondern schrieb stets rote Zahlen. Zunächst wurden Warschau und Budapest als Basen wieder geschlossen, Flugverbindungen unvermittelt geändert oder gestrichen, wie beispielsweise die für Geschäftsreisende interessante Route Wien - Innsbruck, was zu einer Verägerung und Abwanderung wichtiger Kundenströme führte.
Die rasche Aufgabe der groß angekündigten und für Geschäftsreisende interessanten Strecke Wien - Innsbruck führte zu großem Unmut bei den Kunden - Foto: Martin Dichler
Die Tickets, teilweise verschenkt, wurden über all die Jahre „viel zu billig“ verkauft wie SkyEurope selbst noch vor einigen Tagen eingestehen musste.
Die Passagierzahlen purzelten geradezu ins Bodenlose, im Jänner 2009 legte der Leasinggeber GECAS sechs SkyEurope Maschinen an die Kette, wodurch die Airline gezwungen war, kurzfristig und teuer Ersatz anzumieten. Dass die Fluglinie nicht schon damals ihren Betrieb einstellen musste, verdankt sie in erster Linie dem Engagement der Mitarbeiter, die an dieses Unternehmen trotz aller Managementfehler geglaubt hatten und teilweise mit reduziertem Gehalt Dienst versahen. Sie verdienen allerhöchste Anerkennung.
Die Mitarbeiter von SkyEurope und Swissport (der Handling Agent der Airline in Wien, Anm.) leisteten bis zuletzt Übermenschliches, obwohl keiner von ihnen wusste, ob er am nächsten Tag noch einen Job haben würde - Foto: Austrian Wings
Doch das Vertrauen der Passagiere war dahin: trotz mörderisch günstiger Tickets und Aktionen sanken die Passagierzahlen weiterhin, dazu kamen teils stundenlange Verspätungen. Immer mehr Beschwerden über die Nichterbringung von ihnen zustehenden Leistungen, zB bei Verspätung oder Flugausfall, gingen bei Arbeitkammer und Konsumentenschutz ein und wurden auch öffentlich in Internetforen diskutiert.
Im ersten Halbjahr 2009 wurden nur 1,25 Millionen Passagiere befördert, der Jahresabschluss für das vorangegangene Geschäftsjahr musste immer wieder verschoben werden.
Im Mai dieses Jahres riet die Arbeiterkammer bereits öffentlich zur „Vorsicht“ bei Buchungen, da „im Zweifelsfall von Buchungen bei insolvenzgefährdeten Gesellschaften“ abzuraten sei.
In Paris Orly wurde erstmals eine Maschine wegen unbezahlter Rechnungen festgehalten, und mit 14. August 2009, 00:00 Uhr stellte der Flughafen Wien stellte auch der Flughafen Wien - nach mehrmaligen Mahnungen - die Abfertigung von SkyEurope Flügen ein.
Die letzten zwei Wochen ihres Bestehens operierte SkyEurope nur noch von Pressburg, Kaschau und Prag aus. Fast alle Maschinen waren zu diesem Zeitpunkt bereits angemietet, nur noch 2 standen im Eigentum der Airline.
Unter anderem waren mehrere Air Slovakia Maschinen für SkyEurope im Einsatz; hier eines der letzten Bilder aus Wien, aufgenommen am 14. 08. 2009 - Foto: P. Radosta / Austrian Wings
Noch in dieser Zeit verzichteten die Mitarbeiter auf ihr Gehalt um das „Überleben“ der Fluglinie zu sichern, doch es war die ganze Zeit über zu spät. Managementfehler, zu großes Wachstum, zu teure Basen, mangelnde Flugplankontinuität und zu günstige Tickets von Anfang an brachen SkyEurope schließlich das Genick. Laut Sprecher Ronald Schranz seien zumindest die gestundeten Juli Gehälter aber noch ausbezahlt worden.
Die Pleite wird womöglich auch Auswirkungen auf die Arbeitsplätze in Pressburg, Kaschau, Prag und Wien haben. Am Wiener Flughafen beispielsweise musste die Firma Swissport, der bisherige Handling Agent von SkyEurope, bereits das Lost and Found schließen, ob, bzw. wie viele Mitarbeiter nun ihren Arbeitsplatz verlieren ist ungewiss.
Tausende Passagiere die Opfer ihrer Geiz ist Geil Mentalität geworden sind, sitzen nun im Ausland fest. Die AUA, die man nicht gebucht hat, weil sie ja zu teuer war, soll's nun richten und springt tatsächlich in die Bresche. Um 150 Euro werden SkyEurope Passagiere zurückgeholt. Der Lerneffekt? Bislang leider gleich Null, wie Gespräche mit Betroffenen ergeben haben: „I wüi im Urlaub fliagn, mit wos is ma wurscht ...“, „Ich werde auch weiterhin im Internet nach dem günstigsten Angebot suchen ...“ waren nur einige der Aussagen, die ich in den letzten Tagen von SkyEurope Passagieren am Flughafen Wien zu hören bekam.
Das Ende von "Geiz ist geil!"- gestrandeter Passagier am Ticketschalter von SkyEurope / Swissport in Wien - Foto: Austrian Wings
So tragisch der Konkurs von SkyEurope und der damit einhergehende Verlust von Arbeitsplätzen auch ist, vielleicht hat er auch etwas Positives. Unter Umständen öffnet er zumindest dem einen oder anderen Reisenden doch endlich einmal die Augen dafür, dass Geiz nicht geil sondern schlichtweg dumm ist, und Fliegen nicht billiger als Bahnfahren sein kann. Teurer wird das Fliegen zukünftig auf jeden Fall wieder, glaubt man dem Luftfahrtjournalisten Kurt Hofmann. Ich hoffe, dass er recht behält.
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Text: M. W.
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