Reportagen

Im Herz der Metropole - der London City Airport

Die meisten Menschen, die mit dem Flugzeug nach London reisen, kommen auf einem der beiden großen internationalen Airports, Heathrow oder Gatwick an. Diverse Charter- und Billigfluglinien operieren auch von bzw. nach Luton oder Stansted. Allen genannten Flughäfen ist gemein, dass sie relativ weit von der Londoner Innenstadt, vom Banken- und Finanzzentrum entfernt sind. Die Weiterreise dorthin dauert, je nach Verkehrsaufkommen und gewähltem Transportmittel, zwischen 60 und 130 Minuten. Doch es gibt noch eine weitere Möglichkeit mit dem Flugzeug in die Hauptstadt des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland zu gelangen. Als eine der wenigen Großstädte der Welt ist London in der glücklichen Lage, auch über einen zentral gelegenen Airport, von dem aus nicht nur das Geschäfts- und Bankenviertel in wenigen Minuten, sondern auch die Innenstadt innerhalb kürzester Zeit erreichbar ist – London City Airport.

Die Ursprünge

Die ersten Überlegungen, einen Flughafen in unmittelbarer Nähe des Wirtschafts- und Bankenviertels von London, wie es ihn in Berlin mit „Tempelhof“, der Ende 2008 geschlossen wird, schon seit 1923 gibt, zu errichten, kamen im Jahr 1981 auf. Reg Ward, damals Chief Executive der London Docklands Developtment Corporation, suchte nach einer Möglichkeit, die brachliegenden Docks wirtschaftlich zu nutzen. Von ihm stammt die ursprüngliche Idee eines „Stadtflughafens“, eines, wie er es damals formulierte, STOLport. Philip Beck, dem Vorstandsvorsitzenden von John Mowlem & Co gefiel diese Idee, der er als Pilot einiges abgewinnen konnte. Beck brachte Reg Ward und Bill Bryce zusammen. Bill Bryce war Mitbegründer der Brymon Airways, einer kleinen Fluglinie, die von Plymouth aus operierte und kurz vor der Auslieferung der STOL-fähigen Dash 7 stand.

Noch vor Weihnachten 1981 wurde das Vorhaben konkretisiert und als möglicher Standort ein ungenutzter Kai zwischen dem Royal Albert und dem King George V Dock in Newham eruiert.

Die Demonstration

Ein knappes halbes Jahr später, im Juni 1982 demonstrierte Brymon Airways Chefpilot Kapitän Harry Gee, dass Starts und Landungen von einer kurzen Piste innerhalb des Stadtgebietes möglich waren, indem er mit einer Dash 7 am Heron Kai auf d. Isle of Dogs landete. Damit war der Weg zum geplanten STOLport prinzipiell frei.

Im Jahr 1983 stellte Mowlems Engineering konkrete Pläne für den neuen Flughafen vor, welche 4 Monate lang in einer öffentlichen Anhörung penibel geprüft wurde. So wurden unter anderem die voraussichtlichen Lärmemissionen und Fragen der Flugsicherheit beim Betrieb eines Airports auf engstem Raum zwischen Hochhäusern eruiert und die möglichen Risken einer kritischen Bewertung unterzogen.

Nach positivem Abschluss des Bauverfahrens erteilte das britische Umwelt- und Bauministerium im Jahr 1984 schließlich die Baugenehmigung für den Flughafen unter folgenden Auflagen:

  • der Flugbetrieb darf ausschließlich mit Dash 7 erfolgen (eine Ausnahmegenehmigung für d. Twin Otter wurde erteilt)
  • die maximale Anzahl von Flugbewegungen darf 120 pro Tag nicht überschreiten
  • kein Hubschrauberflugbetrieb
  • Nachflugverbot

Die Grundsteinlegung

Am 29. März 1986 wurde durch den britischen Thronfolger Prinz Charles der Grundstein des London City Airport gelegt, 15 Monate später, im Mai 1987 wurde die zunächst 762 Meter lange Piste mit der Ausrichtung 10/28 fertig gestellt. Am 31. Mai landete Kapitän Gee die erste Maschine auf dem offiziell noch nicht eröffneten Flughafen.

Im Vergleich zu London Heathrow ist London City übersichtlich und familiär - Foto: London City Airport

Wohl einzigartig auf der Welt ist, dass bereits bei der Entwicklung und beim Bau die Anrainer mit eingebunden sowie strenge Betriebsgrenzen und Lärmschutzvorschriften festgelegt wurden. Von Montag bis Freitag ist London City deshalb von 06:30 bis 22 Uhr Lokalzeit, an Samstagen von 06:30 bis 12:30 und an Sonntagen von 12:30 bis 22 Uhr geöffnet.

Die Fassade des London City Airport heute - Foto: London City Airport

Der Eröffnung

Der erste kommerzielle Linienflug fand am 26. Oktober 1987 statt. Sämtliche Piloten mussten aufgrund des steilen Anfluges (7,5 Grad anstelle der üblichen 3 Grad) zwischen den Hochhäusern von London eine spezielle Schulung durchlaufen.

Am 09. November 1987 wurde London City Airport offiziell von der britischen Königin Elisabeht II., feierlich eröffnet. Obwohl Brymon Airways maßgeblich für Planung Entwicklung von EGLC (so der amtliche 4stellige IACO Code) verantwortlich zeichnete, wurde von der britischen Luftfahrtbehörde auch der British Midland Tochter Eurocity Express eine Betriebsgenehmigung für den neuen Airport erteilt. Die Flugziele in diesem ersten Betriebsjahr hießen Paris, Amsterdam (ab Sommer 1988) und Brüssel. Brymon Airways betrieb auch eine Inlandsflugverbindung nach Plymouth, die jedoch bald eingestellt wurde.

Heute zählen BAe 146 und Fokker 50 zu den häufigsten Gästen am London City Airport

Obwohl die Resonanz der Kunden auf diese neue Reisemöglichkeit durchwegs positiv ausfiel, blieb die Entwicklung der Passagierzahlen hinter den Erwartungen zurück. Prognostizierte man für das erste Jahr 350.000 Fluggäste, so waren es tatsächlich 1988 lediglich 133.000. Bis Mitte der 1990er Jahre waren 1,5 Millionen Fluggäste angepeilt. Auch diese Erwartungen erfüllten sich nicht - 1990 wurden 230.000 Passagiere abgefertigt, nach Ausbruch des ersten Golfkrieges brachen die Zahlen dramatisch ein.

Ein Hauptmanko von London City Airport seit der Eröffnung war die für einen internationalen Verkehrsflughafen sehr kurze Piste, die den Betrieb größerer Flugzeugtypen mit entsprechend höherer Reichweite und Passagierkapazität unmöglich machte. Deshalb wurde bereits relativ bald nach der Aufnahme des Flugbetriebs über eine Verlängerung der Piste nachgedacht. Vor allen Dingen wurde der Betrieb der BAe 146 in Erwägung gezogen, 1988 landete zu Demonstrationszwecken eine Maschine dieses Typs in London City. Von dem Umstand abgesehen, dass 762 Meter Pistenlänge für die BAe 146 im kommerziellen Flugbetrieb mit Passagieren nicht ausreichend waren, gab es ein weiteres Problem. Der extrem steile Anflugwinkel von 7,5 Grad konnte von diesem Flugzeugtyp voll beladen nicht eingehalten werden.

Dieses Video aus der Cockpitperspektive zeigt deutlich, welch hohe Anforderungen an die PIloten beim Anflug auf LCY gestellt werden

Die Pistenverlängerung

Im Jahr 1990 fand eine weitere Bauverhandlung statt, die sich mit der Frage der Verlängerung der Piste befasste. Zwar wurde darin festgestellt, dass die Lärmbelastung für die Anrainer steigen würde, angesichts der Tatsache, dass der Flugbetrieb auch mit größerem Fluggerät sicher abgewickelt werden könne und die zu erwartende Entwicklung für das Wirtschaftswachstum der Region positiv bewertet wurde, erteilte das Umwelt- und Bauministerium 1991 die Genehmigung zur Verlängerung der vorhandene Piste auf insgesamt 1508 Meter, wovon effektiv 1208 Meter für Starts und Landungen zur Verfügung stehen. Damit einhergehend konnte auch der Anflugwinkel von bislang 7,5 Grad auf 5,5 Grad reduziert werden, was den Einsatz jedes Flugzeuges ermöglicht, das in der Lage ist, diesen Gleitwinkel einzuhalten und auch den sonstigen flug- und sicherheitsrelevanten Besonderheiten von London City Rechnung zu tragen. Eine dieser Besonderheiten ist, dass Kompass- und Navigationseinrichtungen der Luftfahrzeuge am Boden mitunter durch die Unmengen von Eisen und Stahl, die in den Docks verbaut wurden, beeinträchtigt sein können. Ein entsprechender Hinweis findet sich daher auf allen Jeppesen Karten, und die Piloten richten bei ihren Checks besonderes Augenmerk auf das Funktionieren der Funknavigationsanzeigen- und Instrumente.

Am Weg zur Piste 28 - unmittelbar neben dem Taxiway befindet sich die Themse; die geringe Entfernung zu den Häusern ist deutlich zu erkennen

Am 05. März 1992 wurde die verlängerte Runway durch die Prinzessin von Wales,
Lady Diana, feierlich eröffnet.

Doch nicht nur die eingesetzten Maschinen müssen entsprechende Voraussetzungen erfüllen, gleiches gilt auch für die Flugzeugführer. Eine spezielle Schulung ist vor dem Einsatz nach LCY obligatorisch. Zum einen ist die optische Wahrnehmung während des Anfluges aufgrund des Gleitwinkels von 5,5 Grad deutlich anders als üblich, darüber hinaus muss das Flugzeug spätestens 336 Meter nach überfliegen der Schwelle auf der Piste aufgesetzt haben. Diese Stelle ist durch in die Piste eingelassene Beleuchtungseinrichtungen deutlich markiert. Sollte es dem Piloten nicht gelingen, die Maschine rechtzeitig zu Boden zu bringen, muss – umgeben von Hochhäusern – ein äußerst schwieriges Durchstartmanöver geflogen werden. Dazu kommt noch, dass zwar beide Pisten über ein ILS verfügen, dieses jedoch nur entsprechend Kategorie 1 zertifiziert ist, was wiederum bedeutet, dass LCY bei schlechten Wetterverhältnissen nur bedingt angeflogen werden kann.

Diese Fotoserie zeigt einen Anflug auf die Piste 28 - sehr klar wird deutlich, dass der Anflug auf London City ein äußerst schwieriges Manöver darstellt

Der Ausbau der Landebahn sollte sich als wichtiger Meilenstein erweisen. Zahlreiche neue Flugverbindungen konnten aufgenommen werden, und 1993 wurden bereits wieder 245.000 Passagiere abgefertigt. Zwei Jahre später, 1995, waren es bereits 500.000. Im gleichen Jahr verkaufte die bisherige Betreibergesellschaft Mowlem den Flughafen an den irischen Geschäftsmann Dermot Desmond, welcher 1996 Richard Gooding als neuen Geschäftsführer einsetzte.

Die Architektur der Flughafengebäude ist typisch britisch

Positive Entwicklung

Die positive Entwicklung setzte sich fort – Mitte 1997 flogen 12 Fluglinien nach bzw. von London City zu 19 Destinationen, vornehmlich in Kontinentaleuropa. Im Milleniumjahr wurden 1,6 Millionen Passagiere gezählt und 52.000 Flüge von/nach LCY durchgeführt. Neben dem regulären Linienverkehr gewann auch die Geschäftsfliegerei zunehmend an Bedeutung. Diesem Umstand Rechnung tragend, wurden vom Management am westlichen Ende des Vorfeldes zusätzliche Parkpositionen errichtet und das Jet Center ins Leben gerufen.

Das Ambiente des Jet Centers orientiert sich an den Ansprüchen der gehobenen Klientel - Foto: London City Airport

Dieses offeriert dem zahlungskräftigen geschäftsreisenden Klientel die gesamte Palette der aviatischen Dienstleistung von Flugplanung, Slotkoordination, über Catering bis hin zum Transfer von VIP’s zu Geschäftsterminen in der Stadt. Im Jahr 2005 wurde die Anbindung an Londons Finanzzentrum durch die Eröffnung einer eigenen „London City Airport“ Bahnstation der Dockland Light Railway (DLR) weiter verbessert.

Geschäftsreisende, die mit dem eigenen Businessjet anreisen, schätzen die kurzen Transferzeiten ins Finanzzentrum von London

Im darauf folgenden Jahr flogen 2,35 Millionen Passagiere von bzw. nach London City Airport, 2007 waren es bereits 2,9 Millionen, was einer Steigerung von 23 % entspricht.

Der Platz auf dem Vorfeld ist äußerst beschränkt - Quelle: Youtube

Im Mai 2006 begannen mit einem A 318 Flugerprobungen mit dem Ziel, die Zulassung für Flüge von und nach London City zu erhalten. Nach positiv absolviertem Testprogramm wurde diese 2007 von der Europäischen Flugsicherheitsagentur EASA erteilt. Der A 318 ist gegenwärtig das größte Flugzeug, welches für von/nach London City operieren darf.

BA001 & BA002 fliegen wieder

Seit 29. September 2009 fliegt British Airways mit zwei A 318, die über je 32 Sitze in reiner Business Class Konfiguration verfügen, von London City aus nach New York.

Begrüßung des ersten "all Business Class" A 318 am London City Airport durch die Flughafenfeuerwehr - Quelle: Youtube

Es ist dies die einzige Langstreckenverbindung von/nach London City Airport. Und das ist nicht die einzige Besonderheit, denn British Airways benutzt für diese Flüge die Flugnummern, die einst der Concorde vorbehalten waren - BA001 und BA002.

Werbevideo, das den A 318 von British Airways am London City Airport zeigt - Quelle: Youtube

Gegenwärtig werden von London City aus folgende 29 Destinationen von insgesamt 11 Fluglinien, darunter auch Lufthansa, SAS und Swiss, angeflogen:

  • Amsterdam AMS
  • Antwerp ANR
  • Barcelona BCN
  • Basel BSL
  • Billund BLL
  • Copenhagen CPH
  • Dublin DUB
  • Dundee DND
  • Dusseldorf DUS
  • Edinburgh EDI
  • Eindhoven EIN
  • Frankfurt FRA
  • Geneva GVA
  • Glasgow GLA
  • Isle of Man IOM
  • Jersey JER
  • Luxembourg LUX
  • Madrid MAD
  • Milan Linate LIN
  • München MUC
  • Nantes NTE
  • Newquay NQY
  • Nizza NCE
  • New York JFK
  • Paris Orly ORY
  • Plymouth PLH
  • Rotterdam RTM
  • Strassburg SXB
  • Zürich ZRH

Während das Jahr 2008 äußerst erfolgreich verlaufen ist, und die Passagierzahlen im Vergleich zu 2007 um 12 Prozent gesteigert werden konnten, sieht es für das laufende Jahr weniger rosig aus.

Einbruch durch die Krise

Wie die meisten Flughäfen, ist auch London City von der weltweiten Wirtschaftskrise betroffen - von Januar bis August 2009 wurden um 15,3 weniger Passagiere abgefertigt als noch im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Bedingt durch die große Beliebtheit bei Fluglinien und Passagieren sowie durch den Umstand, dass nur eine Piste zur Verfügung steht und der Platz am Vorfeld äußerst knapp bemessen ist, sind die Flugbewegungen von und nach LCY stark limitiert. Möchte eine Fluglinie LCY in ihr Flugprogramm aufnehmen oder eine vorhandene eine neue Destination ex London City anbieten, so kann die Wartezeit für die benötigten Slots mitunter sogar einige Jahre betragen.

Kurz nach dem Start vom London City Airport überfliegt man den Null Meridian

Aus der vor 28 Jahren geborenen Vision eines Managers und zweier Piloten, hat sich ein erfolgreicher urbaner Flughafen entwickelt, der den Anforderungen an den Flugverkehr des 21. Jahrhunderts trotz extrem beschränkter Platzverhältnisse durch eine optimale Ausnutzung derselben hervorragend entspricht.

Der wenige Platz am Vorfeld muss optimal ausgenutzt werden

Und nach Überwindung der Wirtschaftskrise ist auch wieder mit einem kontinuierlichen Wachstum am London City Airport zu rechnen.

Stichwort STOL:

STOL steht für Short Take-Off and Landing und beschreibt die Fähigkeit eines Flugzeuges mit einer äußerst geringen Start- und Landestrecke auszukommen.

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Links:

London City Airport

Text & Fotos (sofern nicht anders angegeben): R. P.