Geboren wurde Ralll am 10. März 1918 in Gaggenau, seine Schulzeit verbrachte er in Stuttgart und Backnang, eher er im Dezember 1936 als Offiziersanwärter in das Infanterieregiment 13 bei Ludwigsburg einrückte.
Nach seiner Versetzung zur Luftwaffe erfolgte ab Sommer 1938 seine Ausbildung zum Flugzeugführer. Zu Beginn des Krieges flog er beim JG 52 und wurde zur Sicherung der deutsch-französischen Grenze eingesetzt, wobei Verletzungen des französischen Luftraumes den deutschen Piloten ausdrücklich untersagt waren.
Später nahm er als Jagdflieger am Frankreichfeldzug teil, wo er am 18. Mai 1940 seinen ersten Luftsieg errang. Im Spätsommer 1940 kämpfte er in der verlustreichen „Luftschlacht um England“.
Der weitere Verlauf des Krieges führte Rall nach Kreta, Rumänien und auf die russische Halbinsel Krim. Dort hatte er auch eine zweifelhafte Begegnung mit einem nationalsozialistischen Feldrichter. Seine spätere Frau, die Ärztin Hertha Schön, hatte jüdischen Freunden zur Flucht verholfen. Rall wurde deswegen verhört. Aufgrund seines Status als „Fliegerheld“ konnte er es sich jedoch erlauben, den Feldrichter mit den Worten "Haben Sie keine anderen Sorgen? Mitten in diesen Kämpfen beschäftigen Sie sich mit solchem Scheiß?" verdutzt am Flugplatz stehen zu lassen. Weder für ihn noch für seine Frau hatte dies weitere Konsquenzen.
Am 28. 11. 1941 stürzte Rall nach einem Luftkampf ab, war in der brennenden Maschine mit gebrochenen Beinen und zerschmettertem Rückgrat eingeklemmt, konnte jedoch gerettet werden. Der Fliegerarzt verbot ihm das Fliegen. Doch der ehrgeizige Rall wollte wieder fliegen, und nach neun langen Monaten, in denen er auch seine zukünftige Frau, eine Wiener Ärztin, kennen lernte, saß er wieder im Cockpit.
Am 3. September 1942 wurde ihm nach 52 bestätigten Luftangriffen, 72 Tiefangriffen und 300 Feindflügen das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes, die höchste deutsche Tapferkeitsauszeichnung während des Zweiten Weltkrieges, verliehen, am 26. Oktober folgten die Schwerter zum Eichenlaub.
Am Ende dieses mörderischen Krieges war Günther Rall Kommodore des JG 300 und hatte in mehr als 800 Einsätzen 600 Luftkämpfe er- und vor allen Dingen überlebt und 275 bestätigte Luftsiege errungen. Es gab kaum ein Flugzeug, das er nicht geflogen hatte - Me 109, FW 190, Me 262 ebenso wie alliierte Beutemaschinen der Typen P 47, P 38 Lightning und Spitfire.
Insgesamt wurde er im Verlauf des Krieges selbst fünfmal abgeschossen und dreimal verwundet.
Über den Krieg sagte Rall später einmal:
„Sie wissen nicht, was es für ein ganzes Menschenleben bedeutet, dass man in jungen Jahren töten musste, um selbst nicht getötet zu werden. Sie kennen die Scham und die Trauer des Überlebenden nicht. Der Krieg ist nicht die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, sondern eine Schande; er ist der völlige Bankrott politischen Handelns...".
Rall kam in us-amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er jedoch bald entlassen wurde. Zunächst arbeitete er als Leiter des Sekretariats der Internatsschule Schloss Salem am Bodensee und trat schließlich am 01. Januar 1956 in die neu gegründete deutsche Bundeswehr ein.
In den USA erfolgte die Umschulung auf die F 104, den berühmt-berüchtigten Starfighter, der aufgrund seiner hohen Unfallrate den zweifelhaften Beinamen „Witwenmacher“ erhalten sollte.
Rall stieg die Karriereleiter weiter rasch nach oben und war schließlich ab 1. April 1971 für die militärische Führung und Ausbildung der gesamten Bundesluftwaffe verantwortlich, ehe er auf den Tag genau drei Jahre später als ständiger Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in den NATO Militärausschuss berufen wurde.
Nach dem Tod des deutschen Kanzlers Konrad Adenauers hielt Rall die Ehrenwache an dessen Sarg.
Für seine Verdienste um den Aufbau der Luftstreitkräfte der Bundeswehr und um Versöhnung zwischen den ehemaligen Kriegsgegnern führte 1973 zur Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes mit Stern an Günther Rall.
Im Jahr 1975 schied er im Alter von 57 Jahren aus der Bundeswehr aus und war in der Privatwirtschaft tätig. Seine geliebte Frau starb am 04. Juli 1985.
Noch im hohen Alter pflegte er freundschaftliche Kontakte auch zu den ehemaligen Gegnern und betrieb aktive Versöhnung. So war er unter anderem Träger des amerikanischen „Legion of Merrit“ Ordens.
Vortragsreisen, in denen er der Jugend aus seinem bewegten Leben erzählte, führten ihn quer durch Europa und Anfang 2009 auch nach Salzburg zum First Austrian Dakota Club.
Günther Rall war Pilot mit Leib und Seele. Er liebte sein Vaterland, nahm sich jedoch während der Nazizeit auch kein Blatt vor den Mund, und nur seine Popularität bewahrte ihn und seine Familie damals womöglich vor Konsequenzen. Als überzeugter Demokrat war für ihn der Aufbau der Streitkräfte des demokratischen Deutschland, der Bundesrepublik, eine Herzensangelegenheit. Ewiggestrigen erteilte er eine klare Absage.
Nun hat der Flieger und Mensch Günther Rall nach einem harten aber erfüllten Leben seinen allerletzten Flug angetreten. Möge ihn dieser an einem besseren Ort wieder mit seiner Hertha zusammenführen.
Links:
Interview mit Günther Rall in der „Süddeutschen“
Ausführliche Biographie von Rall bei „Waffen HQ“
„Mein Flugbuch“ - Die Erinnerungen von Günther Rall
Text: R. P.
Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.