Reportagen

Flughafen Sofia - Gewinner in der Krise?

Während andere Flughäfen in ganz Europa mit sinkenden Passagierzahlen zu kämpfen haben, kann man sich in Sofia freuen! Im ersten Halbjahr 2009 flogen 1.532.000 Passagiere ab dem Flughafen, was den Vorjahresergebnissen entsprach.

Hemus Air ist mit BAe 146 in Sofia vertreten

Dementsprechend optimistisch sieht der Flughafen der allgemeinen Krise entgegen. Sofia könnte sich zu einem Gewinner in der Krise entwickeln. Die Gründe für diesen Erfolg sind vielfältig, ganz bestimmt aber haben sich die Investitionen in die Infrastruktur des Flughafens der letzten Jahre mehr als bezahlt gemacht.

Bulgarien boomt!

Die vielen internationalen Investitionen im Land haben gezeigt, dass es durchaus Lohnenswert sein kann, in Osteuropa zu investieren.

Besonders Österreichische Unternehmen haben in der Vergangenheit ihre Unternehmen im Land angesiedelt. Wer heute durch Sofia läuft wird verwundert sein, wie viele Österreichische Unternehmen in der Hauptstadt, Flagge zeigen.

Parallel dazu hat sich auch die Luftfahrt im Land positiv entwickelt, nachdem im Jahre 2002 der ehemalige Stolz Bulgariens, die Balkan Bulgarian Airlines, den Betrieb einstellte.

Seit dem Jahr 2004 hat sich die Zahl der abgefertigten Passagiere in Sofia von 1,6 Millionen auf 3,2 Millionen verdoppelt.

Die Zahlen der vergangenen Jahre sprechen für sich, im Jahr 2007 stieg der Verkehr in Sofia um unglaubliche +27% an.

Auch im darauf folgenden Jahr hielt der Zuwachs an, 2008 wurden wieder um 18% mehr Passagiere abgefertigt als noch im Jahr zuvor.

In den letzten sechs Jahren wurde in die Infrastruktur des Flughafens von Sofia massiv investiert.
Zählt man alleine die Projekte der letzten drei Jahre auf, könnte man meinen ein neuer Flughafen sei entstanden!

Keine Spur mehr von "Ostblockfeeling"

Mit dem Bau des neuen Terminal 2 im Jahr 2006, wurde der Grundstein für die positive Entwicklung des heutigen Flughafens gelegt.

Der Terminal 2 bietet auf 56.500m2 verbauter Fläche, 42 Check-In Schalter, sieben Fluggastbrücken welche den direkten Zugang zum Flugzeug ermöglichen und weitere fünf Busgates.

Neben der Möglichkeit größere Büros, Duty Free Zonen, sowie Gastronomie Bereiche zu nutzen, wurde eine unterirdische Parkgarage mit 850 Stellplätzen geschaffen.

Zwei Business Loungen, ausgerüstet mit Internetzugang, stehen den abfliegenden Passagieren zusätzlich, zur Verfügung.

Der neue Terminal ist auf eine Kapazität von 2,6 Millionen Passagiere pro Jahr konzipiert, 20 Flugbewegungen oder 2000 Passagiere können damit pro Stunde, abgefertigt werden. Auch bei diesem Projekt war ein österreichisches Unternehmen federführend!

Den Bauauftrag zur Errichtung des neuen Terminals 2, erhielt Ende 2002 das österreichische Unternehmen Strabag International GmbH.

Der Bau begann 2003 mit einer Förderung der EU/ISPA (strukturpolitisches Instrument zur Vorbereitung auf den EU Beitritt) in der Höhe von € 45 Mio, was etwa 37% der Gesamtkosten entsprach. Für das Gebäude wurde Gesamtkosten von € 145Mio. veranschlagt, der verbleibende Rest der Baukosten, wurde durch ein Darlehen der Europäischen Investitionsbank (€ 60Mio.) und Mitteln des Bulgarischen Staates finanziert.
Am 27.Dezember 2006, übergab der Bulgarische Premierminister Sergei Stansishev, das Gebäude seiner Bestimmung.

Das erste Flugzeug welches am Terminal 2 andockte, war eine Air Bulgaria Boeing 737, nach einer Landung aus Brüssel. Das bisherige Zentralgebäude des Flughafens wurde nach einer gründlichen Überholung zum Terminal 1 umfunktioniert und fertigt heute den gesamten Low Cost Verkehr ab.

Waren bis vor einigen Jahren noch keine Low Cost Airlines am Flughafen vertreten, so wurde im vergangenen Jahr bereits 25% des gesamten Verkehrs mit Billigfliegern geflogen. Die Zahlen dieser Entwicklung sprechen für sich!

Im Jahr 2006 wurde der Terminal 1 mit nur 93.000 abgefertigten Passagieren noch wenig genutzt, im vergangenen Jahr wurden im selben Terminal bereits 622.000 Passagiere gezählt. Im vergangenen Jahr wurde die erste Bulgarische Low Cost Fluggesellschaft gegründet, die Wizzair Bulgaria mit Sitz in Sofia.

Gediegen präsentiert sich der Flughafen Sofia seinen Besuchern

Dem Unternehmen gelang es mit niedrigsten Einstiegspreisen (€ 10,- OW), noch mehr Bulgaren zur Benutzung des Flugzeuges als Reisemittel zu bewegen.

Heute bedient Wizzair Bulgaria bereits 14 Strecken ab dem Flughafen Sofia, darunter auch ein Low Cost Inlandsflug nach Varna.

Bis zur Aufnahme dieser Strecke durch den Billigflieger, wurde diese Verbindung nur halbherzig von Bulgaria/Hemus Air beflogen.

Seit der Aufnahme der Wizzair Flüge nach Varna, hat sich diese Verbindung zum Renner entwickelt, alleine auf dieser Strecke konnte man innerhalb eines Jahres einen Passagierzuwachs von +30% verzeichnen. Dementsprechend positiv fällt auch die Entwicklung der Marktanteile der Airlines in Sofia aus.

Unangefochtene Nummer eins in Sofia ist Bulgaria Air mit 32% Marktanteil, Lufthansa folgt mit 12% Marktanteil während Wizzair Bulgaria es innerhalb eines Jahres schaffte, drittstärkste Airline in Sofia zu werden.

Austrian Airlines hält derzeit noch bei Platz vier mit 6% des gesamten Verkehrs, die Fluggesellschaften Easyjet & Germanwings sind aber bereits knapp dahinter platziert und könnten bald Anteile dazu gewinnen. Mit Skyeurope Airlines verlor der Flughafen im heurigen Jahr leider einen seiner größten Kunden. Die Airline hielt zuletzt bei 4,1% Marktanteil mit ihren täglichen Flügen nach Wien.

Während des heurigen Sommers flogen 26 Fluggesellschaften mit durchschnittlich 360 Flügen pro Woche nach Sofia. Die Fluggesellschaften DHL, TNT und UPS verbinden die Bulgarische Hauptstadt täglich mit ihren Frachtflügen in die internationalen Verteilerzentren in ganz Europa.

Nach einem positiven Zuwachs in den vergangenen Jahren (+14% -2007, +7% ,- 2008), muss man leider im heurigen Jahr mit einer wenig positiven Entwicklung rechnen. Anders dagegen die Entwicklung in der Geschäftsfliegerei.

Viele kleine bulgarische Business Jet Betreiber haben in den letzten Jahren ihre Unternehmen in der Hauptstadt angesiedelt. Einer der größten Betreiber ist Air Lazur, welche mehrere Candair Jets unterhält.

Noch bevor jedoch der neue Terminal seiner Bestimmung übergeben wurde, eröffnete man am 31.August 2006 die neue Landebahn am Flughafen.

Die neue 3600 Meter lange Piste, welche parallel zur bestehenden Piste errichtet wurde, ist auf 20 Flugbewegungen pro Stunde ausgelegt und verfügt über zwei Taxiways.

Im Jahr 2006 wurde eine neue Landebahn gebaut

Lange Zeit hindurch machte das schlechte Herbst/Winter Wetter in Sofia, dem Flughafen zu schaffen. Ausweichlandungen nach Plovdiv waren oft unumgänglich. Mit der Installation eines Landessystems nach CAT III A, konnte dieses Problem behoben werden.

Neue Betriebe angesiedelt - Umweltschutzprojekte
Für große Freude am Flughafen sorgte die Betriebsansiedlung von Lufthansa Technik mit einem eigenen Wartungsbetrieb.

Im Spätsommer 2007 wurde ein Joint-Venture zwischen Lufthansa Technik Sofia (80%) und der Bulgarian Aviation Group (20%) besiegelt.

Bereits am 28.Oktober 2008 wurde die neue Einrichtung feierlich seiner Bestimmung übergeben. Aus einem ehemaligen Balkan Bulgarien Hangar wurde innerhalb von nur weniger Monate ein funktioneller Lufthansa Technik Wartungsbetrieb.

Dem Rechnung tragend hat der Flughafen von Sofia im heurigen Jahr einen Triebwerk Teststand (Ground Run-up Engine Bay) eröffnet.

Nach einer öffentlichen Ausschreibung des Projektes wurde am 12. April 2008 ein Vertrag zwischen dem Bulgarisch-Amerikanischen Konsortium BDI-ACOM und dem Flughafen Sofia unterzeichnet. Am 22.April 2009 wurde das drei Millionen Euro teure Projekt seiner Bestimmung übergeben. Lufthansa Technik Sofia als erster Kunde dieser Anlage, sorgt für eine gewisse Grundauslastung, was dem Flughafen zugute kommt.

Auf der 867m2 großen Anlage können Flugzeuge bis zu einer Größe einer Boeing 767 ihre Motorentestläufe absolvieren, ohne dass Flughafenanrainer durch die entstehende Lärmentwicklung gestört werden. Es scheint überhaupt, dass sich der Flughafen um den Umweltschutz bemüht.

Ein weiteres Umweltprojekt des Flughafens, war im heurigen Jahr der Bau eines Landschaftsparks unmittelbar neben dem Terminal 2 gelegen.

Passagiere, Mitarbeiter aber auch die Bevölkerung der Hauptstadt sind eingeladen, den idyllisch an einem kleinen See gelegenen Park zu nutzen.

Sie haben ausgedient - Flugzeuge aus der Sowjetära

Wer heute noch nach Zeichen der vergangenen Jahrzehnte am Flughafen sucht, wird lange suchen müssen. Die Zeichen stehen auf Umbruch und nur noch wenige alte Russische Flugzeuge warten als Zeitzeugen auf ihre endgültige Verwertung durch den Schrotthändler.

Lange Jahre auch in Wien zu Gast - Tupolev Tu 134 der untergegangenen "Balkan Bulgarian Airlines"; sie wartet auf die Verschrottung

Für den Flughafen Sofia begann vor einigen Jahren ein neuer Abschnitt in seiner Geschichte, eine Geschichte als Gewinner in der Krise!

Text & Fotos: Martin Dichler

Der Autor ist ein profunder Kenner der österreichischen und osteuropäischen Luftfahrt sowie Obmann der Flughafenfreunde Wien.