Er ist wahrscheinlich von klein auf mit AVGAS aufgezogen worden und hat sicher schon einen Großteil dessen erlebt, wovon die meisten Piloten ein Leben lang nur träumen. Beispielsweise ein Treffen mit Bob Hoover, einer der Legenden in der internationalen Luftfahrt (wirklich sehenswertes Video).
Auch flog er durchs damals noch wilde Rhodesien und durchlebte eine höchst abenteuerliche Reise von Johannesburg - quer durch Afrika und knapp am Kilimandscharo vorbei – bis zu seinem Ziel in Klagenfurt (um rechtzeitig zur Airpower09 anzukommen). Das alles nur mit einem Bündel ungenauer alter Landkarten unterm Arm und einer verlässlich monoton surrenden Twin Commance.
Ebenfalls am Brakpan Airfield stationiert - die Piaggio P.166 der SKYAFRICA für luxuriöse Safaris
Karl unterwies uns auch eingehend in die „Do's and Dont's“ für unseren Aufenthalt, zeigte uns nette Restaurants und Kneipen, wo es angeblich den besten Irish Coffee weltweit gibt. Ihm ist es auch zu verdanken, dass wir beim Mittersiller Fleischermeister Schorsch, in der Schwaben Butchery, neben anderen Köstlichkeiten auch Steaks so groß wie halbe Klodeckel kauften. Diese haben wir oft abends am Flughafen gemeinsam gegrillt und dabei den dick aufgetragenen Geschichten von Karl Aufmerksamkeit geschenkt.
In fliegerischer Hinsicht wichtiger, und darum soll es ja in diesem Bericht vorwiegend gehen, wurden wir in die Besonderheiten der Fliegerei in Südafrika eingewiesen.
Unsere Basis, Brakpan Airfield, ICAO-Code FABB, verfügt über eine 1440m lange Bahn. Nicht knausrig dachte ich mir. Bedenkt man aber, dass der Platz auf 5300ft liegt, und sich durch die vorherrschenden metrologischen Bedingungen im Sommer eine Dichtehöhe von 6000-8000ft einstellt, wird einem schnell klar, dass die Kolbenmotoren Höchstleistung geben müssen um die Cessnas rechtzeitig vor den Stacheldrahtzaun in die Höhe zu bringen.
Dazu wird der Motor gleich am Holdingpoint im Zuge des Runup´s geleant. Die Pistenbeleuchtung lässt sich durch „sieben klicks“ auf 122,7MHz für 15 Minuten einschalten. Tolles System.
Fluginformationsdienst ist nicht vorhanden. Piloten unterhalten sich untereinander über eine bestimmte Frequenz. Sie geben hier Positionsmeldungen durch und was sie vorhaben. Diese simple Methode funktioniert unwahrscheinlich gut, es kommt so gut wie nie zu Problemen.
In der Platzrunde heißt es aufpassen, da man sonst dem Localizer von „am O R Tambo International Airport“ gefährlich nahe kommt. Beeindruckt hat mich auch die magnetische Variation von 18°W in dieser Gegend.
Ebenfalls wird uns die so genannte Bibel nähergebracht. Ohne die Bibel geht nichts. Die Bibel ist ein farbiges Buch, in dem sämtliche Flugplätze (sowohl privat Landing strips als auch Flughäfen) aufgezeichnet sind. Teilweise mit Skizze und Information, teils lediglich mit dem Hinweis „Landebahn wegen gespannten Weidezäunen meiden“ versehen.
Alle Flugzeuge sind nach europäischen Standard gewartet, mit ELT ausgestattet und es wird auch SAR (Search and Rescue) zur Verfügung gestellt. Allerdings hatten wir immer ausreichend Wasser und eine Notration zu Essen mit an Bord. Sicher ist sicher.
Südafrika - bürokratische Hürden
Ausländische Piloten müssen ihre Lizenz in Südafrika validieren lassen. Schon vorab schickten wir deshalb unsere Unterlagen an die südafrikanische Zivilluftfahrtbehörde. Nach 2 Checkflügen mit einem ehemaligen Air-Force-Piloten (der kein geringeres Muster als die Mirage geflogen hatte!) und einem Dutzend ausgeprägter Stalls sowie einem schriftlichen Skilltest, bekommen wir die Lizenz sofort ausgestellt.
Alles in allem halb so wild und gut organisiert. Froh waren wir auch über die „Low Flight“ Einweisung. Ein Erlebnis der besonderen Art und bei uns unvorstellbar.
Keine Fotomontage, sondern Realität - Im Tief(st)flug durch die Steppe
Ein beklemmendes unbeschreibliches Gefühl macht sich in mir breit, als wir das erste Mal auf auf der Runway 18 in Brakpan landen. Der Queranflug und das Final führen überwiegend über ein großes und düster wirkendes Township, daneben schwarz rauchende Schwerindustrie.
Townships dienten während der Apartheid in Südafrika als Wohngegenden für die schwarze Bevölkerung. Beißender Geruch steigt auf, primitive Wellblechhütten soweit das Auge reicht, ständig lodert irgendwo ein kleiner Brand.
Dutzende Kinderaugen starren unserem Flugzeug entgegen. Sie spielen mit einem leeren Kanister Fußball. Das ist die andere Seite Südafrikas. Kommen wir von unseren Ausflügen später (kurz vor Sonnenuntergang) nach Hause, dann ist oft nur ein Teil der Runway sichtbar. Der Rest ist hinter einer dicken Rauchwolke. Der Rauch stammt aus den Townships. Hier wird abends gekocht und geheizt. Ausschließlich mit Kohle. Der Rauch beißt uns in den Augen und reizt die Atemwege. Unvorstellbar.
Die andere Seite Südafrikas - das Brakpan Airfield ist von Townships umgeben
Heile Welt mit dem Ende der Apartheid? Fehlanzeige!
Der Glaube, Schwarze und Weiße leben seit Abschaffung der Apartheid friedlich Tür an Tür, war eine zu blauäugige Einstellung meinerseits. Die Realität sieht anders aus. Brutaler.
Warum aber dennoch so viele Menschen von diesem Land dermaßen in den Bann gezogen sind und dorthin auswandern, wird uns bei unseren Ausflügen in das Umland von Johannesburg und den Busch schnell klar. Zum einen ist es die wunderschöne unbeschreibliche und vielfältige Natur. Zum anderen ein schier unendlicher Reichtum an Naturschätzen. Rohstoffe wie Kohle, Erze, Uran und Diamanten sind im Überfluss vorhanden und leicht abzubauen.
Das Goldgräberimage ist, darf man den Erzählungen Glauben schenken, aber schon längst massiv angekratzt. Weiße Spitzenarbeitskräfte, beispielsweise berühmte Herzchirurgen, wandern mit ihrem Know how scharenweise Richtung Australien aus.
Bleib zu bezweifeln, ob die Politik für die Zukunft und das Wohl der Menschen, respektive für die Sicherheit des weißen Bevölkerungsanteils, in ausreichendem Maße sorgen kann. Immerhin waren es die Weißen, die das Land aufgebaut und nicht - wie viele Leute glauben - lediglich ausgebeutet haben.
Es gibt viele ungelöste Probleme und die werden eher mehr als weniger. Es ist schon ein himmelhoher Unterschied mit welcher Hautfarbe man geboren ist und welche Schulbildung man hat. Trotz einer liberalen Einstellung ist nach kurzer Zeit erkennbar wer die Elite des Landes ist, und die sind leider nicht an der Regierung. Hier versinkt das Land langsam aber sicher im Chaos. Schade.
Das neue Stadion in Johannesburg ist schon fast bereit für die WM 2010 – ein netter Ausblick
Beim Überflug über die Stadt in Richtung Pretoria
Nach unseren täglichen Ausflügen gingen wir gerne aus. Ohne Mietwagen, das war in unserem Fall ein nagelneuer GOLF I mit frischen 3.000km, geht nicht sehr viel weil angeraten wird, dass man Taxis und Linienbusse meiden soll. Moment, ein "nagelneuer Golf I" ? Ja, richtig gelesen, denn in Südafrika wurde der legendäre Golf I unter der Bezeichnung "Citi Golf" bis ins Jahr 2009 hinein produziert, ehe er den auch in Südafrika immer strenger werdenden Umweltschutznormen zum Opfer gefallen ist.
In großen Shoppingmalls und Casinoanlagen fühlt man sich sehr sicher. Das liegt wohl an den dutzenden Sicherheitsleuten, die alles abriegeln. Man kann Spitzenküche zu günstigen Preisen (in etwa die Hälfte wie bei uns) genießen. Vollmundige Rotweine, sowie nach deutschem Reinheitsgebot gebraute Biere bereichern die Abende! Ebenfalls gibt es eine Vielzahl an Pubs und Clubs.
Erwähnt sei an dieser Stelle besonders das „Highflyerz“, das neben coolen Bands ein 747-Cockpit einer ehemaligen SAA-Maschine zum Besichtigen bietet. Beim Nachhauseweg in der stockdunklen Nacht, verzichten wir aus Sicherheitsgründen darauf, bei roten Ampeln stehen zu bleiben. Zu groß ist das Risiko, Überfallen zu werden. Eine der Schattenseiten von Südafrika ist, dass das Land eines der gefährlichten der Welt ist. Laut einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Focus" aus dem Jahr 2007 werden in Südafrika jeden Tag im Schnitt 50 Menschen ermordet und 150 vergewaltigt, wobei dies nur die offiziellen Zahlen sind, und die Dunkelziffer noch viel höher liegen dürfte.
Ständig lodert irgendwo ein Feuer
Ausflüge in das Umland von Johannesburg
Das Umland von Johannesburg, lässt man den Smog hinter sich, ist geprägt von Ackerbau und Viehzucht. Der Boden ist überdurchschnittlich fruchtbar. Wo Bewässerungsanlagen errichtet sind, wuchert es aus der Erde. Jede größere Range hat auch eine kleine Landebahn und - zusammen mit den Nachbarn – ein Flugzeug. Vorzugsweise Piper oder Cessna, stabil und langlebig eben. Generell ist ein Flugzeug als individuelles Verkehrsmittel viel verbreiteter als sonst wo in der Welt, mit Ausnahme von Australien vielleicht. Ortsnamen wie Heidelberg weisen uns darauf hin, dass neben Briten und Holländern auch deutsche Aussiedler das Land am Kap geprägt haben.
Wer bewässert, wird mit saftigem Grün belohnt
Der penetrante Geruch beim Überflug einer Rinder- oder Hühnerfarm macht sich oft im Cockpit breit. Noch nie habe ich so eine große Anzahl an Tieren gesehen. Bullen so weit das Auge reicht. Irgendwo muss Südafrika ja, gekrönt als das „Land des Steaks“ (und deswegen im Dauerstreit mit Argentinien), den immensen Bedarf an Fleisch produzieren.
Rinder so weit das Auge reicht
Eigenwillige Dimensionen so mancher Piste (zB. 5x1000m) machen auch Touch and Go´s wieder interessant. Das Wort Landegebühren ist hier ein Fremdwort ohne Übersetzung, dafür darf man auch nicht übermäßig überrascht sein, wenn plötzlich einmal ein paar Kühe auf/knapp neben der Piste stehen und keine Anstalten machen, sich wegzubewegen.
Desweiteren gibt es auch oft temporäre Weidezäune, mit denen der Propeller besser keine Bekanntschaft machen sollte.
Anytime ready for depature
Die in die Landschaft gesetzte Industrie liefert oft skurrile Perspektiven. Hier findet man viele Gold- und Diamantenminen, sowie eine Unzahl von Kohlekraftwerken. Die Kraftwerke wurden – um die Wege kurz zu halten – einfach auf oder unmittelbar neben den Kohleminen errichtet. Praktischer geht es wohl kaum.
Unmengen von Schlamm die durch das Goldschürfen entstehen sind oft hilfreich bei der terrestrischen Navigation
In dieser Diamantenmine wurde einst der größte Diamant Afrikas gefunden - Ein Teil davon ist in die Britischen Kronjuwelen eingearbeitet
Zurück in Österreich hab ich mir zur Sicherheit erst einmal wieder die Mindestflughöhen AGL in Erinnerung gerufen um nicht den Ärger der Flugsicherung auf mich zu ziehen. Sicher ist sicher.
Fliegen im Busch
Verlässt man das Hochplateau, auf dem Johannesburg liegt, dann liegt vor einem Steppe und wunderschöne Wildnis. Ab hier gibt es keine befestigten Pisten mehr, wohl aber Sprit, eine Menge Ausflugsziele und zahlreiche Nationalparks. Wunderschön diese „African Blue Skys“ und immer weiter und weiter geht es bis wir einen passenden Landeplatz für unsere C-182, die ZS-FIJ, finden.
Kunkuru, Mabalingwe, Madikwe, Mabula, Bonwa Phala und Thabazimbi sind nur einige der klingenden Ortsnamen, die eine Buschlandebahn bieten.
Kaum noch in der Stadt, schon weit weg von der Zivilisation
Trügerische African Blueskys – über den Gebirgshängen lauern oft heftige Böenwalzen die das Flugzeug wie durch Zauberhand heftig beuteln
Zwischen den dürren Bäumen und wenn man nicht zu schnell ist, lassen sich viele der „Big Five“ (Elefant, Nashorn, Büffel, Löwe und Leopard) erkennen. Hier eine Giraffe beim Mittagessen.
Da gehen wir runter, Zeit die gelernte „Field Inspection“ anzuwenden. Diese dient dazu, dass man 3 Runden über die Piste fliegt. Der Wind, wenn kein Windsack vorhanden, verraten uns Bäume, die monoton dieser Kraft der Natur ausgeliefert, die entsprechende Richtung anzeigen.
Inkwe, hier werden wir landen
Runde 1 in 500ft. Hier zählen wir die Sekunden wie lange wir über die Piste fliegen. In Bezug zu unserer Fluggeschwindigkeit können wir nun abschätzen ob die Länge überhaupt ausreichend ist Ebenfalls legen wir ein Augenmerk auf die Windsituation. Diese ist kritisch.
Doch als Landeverweigerer gehen wir nicht in die Geschichte ein. Unser Guide wird immer entspannter. Mein Herzfrequenz ist nicht mehr das, was ich einen Ruhepuls nennen würde.
Runde 2 in unter 100ft wird einerseits dazu verwendet, gröbere Hindernisse (große Steine und große Tiere wie Elefanten) zu erkennen, andererseits um sich einen sicheren, hindernisfreien Abflugweg im Falle des Durchstartens geistig zurechtzulegen.
Runde 3 dient dazu, die Oberflächenbeschaffenheit der Piste nochmals abzuchecken. Hier lassen sich hoffentlich Löcher, die beispielsweise durch Regen oder Tiere enstanden sind, noch rechtzeitg erkennen.
Ameisenhügel können sich auch wie aus dem Nichts zu meterhohen Erhebungen entwickeln. Eben erwähnte Löcher haben oft leicht die Dimension ein halbes Flugzeug zu verschlucken, zumindest aber das Fahrwerk abzureißen. Wildtiere hören ein Flugzeug oft nicht, weil sich das Flugzeug zur Landung gegen den vorherrschenden Wind bewegt. Gerade in letzter Sekunde werden sie dann durch das ächzende Knattern verscheucht.
Dann erfolgt die Landung. Ein langes Final ist gut angeraten um gegen den Seitenwind zu kämpfen, der am angeschwitzten, schon in die Jahre gekommenen Steuerhorn, kämpferisch einladend reißt.
Noch wenige Meter über Büsche, und dann setzen wir behutsam aber bedächtig auf der kurzen Sandpiste mit dem Hauptfahrwerk auf und bremsen vorsichtig. Hinter uns steigt roter Sand hinauf in den blauen Himmel. Geschafft, und ich dachte Plätze wie Ried oder Schärding seien kurz!
Auf den „Follow-Me“ wartet man hier vergeblich, dafür spürt man nach dem Öffnen der Kabinentüre die Freiheit. Ich nehme eine Hand voll Sand und lasse ihn zwischen meinen Finger wieder zu Boden rieseln. So klein und unbedeutend bin ich, so groß ist das Land das mich umgibt und so umwerfend die Natur. Das ist Afrika!
Die ZS-FIJ ist sicher gelandet. Der Wind reißt kräftig am Windsack der 90° zur Piste steht
Einfach einmal die Ruhe genießen und den Gedanken freien Lauf lassen
Epilog
Von der dortigen Fliegerei kann man sicher viel Positives mit nach Hause nehmen und auch anwenden. Menschlich gesehen kann ich nur sagen, dass unsere alltäglichen Probleme mit „wirklichen Problemen“, die man erst erkennt, wenn man nicht so friedliche Länder bereist, wie Österreich es glücklicherweise ist, nicht im entferntesten etwas zu tun haben.
Südafrika, das Land am Kap hat sicher ein Feuer in mir entfacht welches – wie es scheint – ich erst wieder durch weitere Besuche löschen kann. Immerhin ist die validierte Lizenz für 5 Jahre gültig. Beim nächsten Besuch werde ich mir mehr Zeit nehmen und von Johannesburg einen südwestlichen Kurs mit Ziel „Cape Town“ einschlagen. Einmal querab des Tafelbergs fliegen, dann das Kap der guten Hoffnung ansteuern. Da würde es dann wieder viele Fliegergeschichten zu erzählen geben ...
Text & Fotos und Videos: Gerhard Klammerberger
Der Autor ist angehender Berufspilot und besuchte Südafrika um seine fliegerischen Leistungen zu verbessern und Stunden zu sammeln.