Mit der Comet gemeinsam hatte die Caravelle die Nase und Teile der Druckkabine, die der Einfachheit halber übernommen worden waren.
Der Prototyp mit der Registrierung F-WHHH hob am 27. Mai 1955 zu seinem 41 Minuten dauernden Erstflug ab.
Damit hatte das nach der britischen Comet (1949) und der amerikanischen Boeing 707 (1954) weltweit dritte strahlgetriebene Passagierflugzeug seine Flugtauglichkeit unter Beweis gestellt. Darüber hinaus war sie das erste Düsenverkehrsflugzeug, das speziell für Kurz- und Mittelstrecken konstruiert worden war.
Revolutionär waren die Hecktriebwerke und die im Heck integrierte Treppe, welche die Caravelle bei der Fluggastabfertigung weitgehend unabhängig von Bodeneinrichtungen machte.
Erstkunde war erwartungsgemäß die staatliche Air France mit einem Auftrag über 12 Maschinen, gefolgt von der skandinavischen SAS - diese beiden Fluglinien waren mit 46 bzw. 21 Caravelle die größten Betreiber dieses Typs.
Insgesamt stand die elegante Französin bei über 100 Fluglinien im Einsatz darunter Alitalia, United Airlines, Sterling Airways, Iberia, Air Inter, Finnair, Aero Lloyd, Air Charter, Hispania, TAE, LTU, SAT Flug, Sultan Air, TAP, Transwede und Tunisair.
Und natürlich setzte auch die AUA auf den Zweistrahler - von 1963 bis 1972 flogen fünf Caravelle VI-R mit jeweils 80 Sitzplätzen, die gleiche Anzahl Sitze befindet sich übrigens heute in den Fokker 70 der Airline, im europäischen Streckennetz der österreichischen Fluglinie, ehe sie ab 1971 durch Maschinen der Baureihe DC 9-32 ersetzt wurden.
Eine weitere Austrian Caravelle, die OE-LCO, aufgenommen im Oktober 1966 auf ihrem Heimatflughafen Wien; deutlich sind die ausklappbare Treppe im Heck sowie die charakteristischen Fenster zu erkennen - Foto: Bill Armstrong
Am längsten war die Caravelle im Chartereinsatz und in Ländern der Dritten Welt anzutreffen. Sterling und Istanbul Airlines beispielsweise setzten ihre Caravelle noch in den 1990er Jahren ein.
Ein ehemaliger Istanbul Airlines Pilot schwärmte im Gespräch mit dem Autor über "seine" Caravelle:
"Zu fliegen war sie ein Traum. Wie ein Segler. Es war fast unmoeglich eine harte Landuing hin zu legen. Der Arbeitsaufwand im Cockpit war jedoch sehr hoch da alles manuell war. Kein FMS (Flight Management System, Anm. d. Verfassers) natürlich, und Du musstest alles im Kopf rechnen … Der Autopilot war für Climb, Descend und Enroute ok. Aber sonst flogen wir alles manuell, vor allem die Approaches. Autothrottle gabs auch nicht ..."
Die ersten Caravelle wurden noch von 2 Piloten und einem Flugingenieur geflogen, spätere Versionen verzichteten auf den dritten Mann im Cockpit.
Der vermutlich letzte Betreiber der Caravelle war Gabon Airlines aus Gabun, die zumindest bis 2003 eine Maschine dieses Typs im Passagierverkehr einsetze.
Die Caravelle wurde in insgesamt sieben verschiedenen Ausführungen produziert, die in den Versionen I, IA, III, VI-N, VI-R, und 10R bis zu 80, in der Version 10B bis zu 99, in der Version 11R bis zu 105 und in der Baureihe 12R bis zu 140 Passagieren Platz bot.
Auch die Reichweite wurde kontinuierlich erhöht - betrug sie beim ersten Modell, der Caravelle I noch rund 1.500 Kilometer, so lag sie bei der Caravelle 12R schon bei rund 2.600 Kilometern.
Heute, 55 Jahre nach ihrem Erstflug, fliegt weltweit keine einzige von 282 (inkl. zweier Protoypen) zwischen 1958 und 1972 produzierten Caravelle mehr im Passagiereinsatz, gleichwohl gibt es in Schweden Bestrebungen, eine Caravelle in flughäfigen Zustand zu versetzen. Dieser Aufgabe hat sich der „Caravelle Club“ verschrieben, der eine Caravelle liebevoll restauriert hat und regelmäßig Triebwerkstestläufe durchführt.
Die Hoffnung stirbt bekanntlich zurück und vielleicht wird sich die elegante Französin ja anlässlich ihres 60. Geburtstags in Gestalt der Maschine des „Caravelle Clubs“ wieder in die Lüfte erheben.
Fotoimpressionen der "eleganten Französin"
Vor der Dash 8, der Fokker 70/100, dem CRJ (inwzischen ebenfalls Geschichte), und der DC 9, flogt die AUA mit ihren Caravelle auch nach Stockholm Arlanda, wie hier im Jahr 1964; die OE-LCE hörte auf den Namen "Tyrol" - Foto: Lars Söderström
Alitalia nutzte die Caravelle ebenfalls auf ihrem europäischen Streckennetz, hier ein Foto aus dem Jahr 1967 - Foto: Lars Söderström
Das Musee Delta Athis Paray in Frankreich hat diese Caravelle restauriert, die Thomas Posch im Jahr 2007 am Flughafen Paris Orly fotografiert hat
Die Caravelle der Iberia verbanden die iberische Halbinsel unter anderem mit dem schwedischen Stockholm; Lars Söderström fotografierte die hier abgebildete EC-AYD im Jahr 1966
Ein weiteres Beispiel für den Einsatz des Bremsschirms, aufgenommen 1969 in Stockholm-Arlanda; die hier abgebildete SE-DAH flog zu diesem Zeitpunkt für SAS, wurde jedoch kurz danach an den Hersteller zurückverkauft - Foto: Lars Söderström
Die OE-LCI um 1970, aufgenommen in Wien - Foto: Manfred Groihs
Die OY-KRA, c/n 006 "Vagn Viking" der SAS beim Start in Stockholm, 1966 - Foto: Lars Söderström
Die OE-LCE der AUA im Reiseflug - Foto: Austrian Airlines
Das Ende: Cockpitsektion einer Caravelle auf einem Schrottplatz - Foto: Bernhard Hilpert
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Links:
World Air Routes DVD über die Caravelle der Gabon Express
(red CvD)