Sein Werkmeister, Chefmonteur und Pilot war Karl Illner, ebenfalls aus Ostböhmen stammend, genauer gesagt aus Schatzlar, der schon bald Probeflüge mit dem Monoplan Etrich-II „Taube“ durchführen konnte. Die beiden kannten sich bereits aus früheren Tagen in Böhmen. Mit diesem Flugzeug flog Karl Illner am 17.Mai 1910 von Wiener Neustadt in 32 Minuten nach Wien, wo er nach der Landung auf der Simmeringer Heide großes Aufsehen erregte.
Um einen verlässlichen österreichischen Motor zu erhalten, wurde mit dem Austro-Daimler Werk in Wiener Neustadt Kontakt aufgenommen, dessen technischer Direktor damals Ferdinand Porsche war, der später als Schöpfer des VW-Käfer noch weltberühmt werden sollte.
Dieser neue Motor wurde ab dem Flugzeugmodell Etrich-IV-Taube verwendet und kam auch beim Flug von Wien nach Horn zum Einsatz.
Preisgeld von 20.000 Kronen für einen erfolgreichen 80 Kilometer-Flug
Der Wiener Gemeinderat hatte beschlossen, für die Bewältigung der etwa 80 km weiten Strecke von Wien nach Horn und retour innerhalb 24 Stunden, einen Preis von 20.000 Kronen auszusetzen. Dass der Bewerb mit dem Ziel Horn ausgeschrieben wurde, ist dem ehemaligen Horner Gymnasialdirektor und Reichsratsabgeordneten Wilhelm Miklas, dem späteren österreichischen Bundespräsidenten, zu verdanken.
Der erste Versuch - Notlandung bei Krems
Illner wagte bereits am 3.10.1910 einen ersten Start. Bedingt durch dichten Bodennebel verfehlte er jedoch bei Stockerau die Route und musste schließlich bei Krems notlanden, wobei des Flugzeug stark beschädigt wurde, der Pilot aber unverletzt blieb. Nach 3-tägiger Reparatur konnte er schließlich nach Wien zurückfliegen und sich erneut zum Flug anmelden.
Der zweite Versuch
Am Montag 10.10.1910 riskierte er erneut den 80-Kilometer-Flug, zu dem er um 9 Uhr 14 Minuten abhob. Später beschrieb er den historischen Flug in der „Allgemeinen Automobil-Zeitung“ folgendermaßen:
„Sowohl beim Hinflug als auch beim Rückflug suchte ich möglichst hoch zu kommen, weil ich bei einem eventuellen Versagen des Motors und erzwungenem Gleitflug imstande bin, mir einen Landeplatz in weiterem Umkreis auszusuchen. Auch war ich durch das Terrain gezwungen, hoch zu fliegen, denn der Manhartsberg ist über 500 Meter hoch. Bei diesem Flug habe ich eine Höhe von mindestens 1000 Meter erreicht. So hoch bin ich bisher noch nicht geflogen und habe damit den bestehenden österreichischen Rekord auf des Doppelte hinaufgetrieben. Der Flug selbst war nicht sehr anstrengend, denn der Apparat fliegt selbst bei windigem Wetter ziemlich stabil. Das ist eine Folge der konstruktiven Bauweise der Flügel und zum Teil auch des nicht unbeträchtlichen Gewichtes. Der Apparat wiegt nämlich über 400 Kilogramm. Trotzdem hatte ich in Horn ein wenig das Gefühl der Abspannung, das vielleicht durch die Höhendifferenz hervorgerufen war."
Und weiter:
„Mein Flug ging wie der erste von der Simmeringer Heide über die Donau und dann ein Stück entlang des Stromes. Ich passierte Floridsdorf in einer Höhe von 350 Meter und hatte einen tadellosen Ausblick. So flog ich bis Stockerau, immer darauf achtend, den Apparat höher zu bringen. Ich erkannte unschwer die Punkte, die ich mir letzthin auf einer Automobilfahrt gemerkt hatte: ein weiß-blaues Plakat an einer Scheune bei Ziersdorf, den Turm der Kirche von Wolfpassing, die Türme von Schloß Maissau und die hochgelegene Kirche von Dreieichen. Von dort bis Horn ist es nur ein Sprung. Den Manhartsberg überflog ich in einer Höhe von etwa 300 Metern. Von dem Bergzug merkte ich freilich wenig, denn aus der Höhe eines Aeroplans ist die Erde einfach flach. Als ich Horn unter mir hatte, befand ich mich noch in beträchtlicher Höhe. Ich ging in Schleifen zu Boden und erkannte leicht das Landungsfeld an dem dreieckigen Tuch, das in der Mitte der Wiese ausgespannt war. Die Landung war infolge der weichen Beschaffenheit der Wiese sehr sanft. Doch zeigte sich eine fatale Nebenerscheinung. Die Räder sanken beim Auslauf in den Wiesenboden ein und mein Apparat drohte sich aufzustellen. Ich legte mich mit dem Oberkörper stark nach rückwärts, wodurch ich das Gleichgewicht wieder herstellte.“
Begeisterter Empfang für den "Helden der Lüfte"
Als Karl Illner um 10 Uhr 28 Minuten in Horn landete, brach Jubel unter der zahlreich versammelten Bevölkerung aus.
Nachdem auch der Konstrukteur des Flugmotors, Ferdinand Porsche mit seinem Austro-Daimler, auf dem Flugfeld eingetroffen war, wurden einige Fotos mit ihm und Illner vor der Etrich-IV gemacht. Um 13 Uhr 50 Minuten hob die Etrich-Taube zum Retourflug nach Wien ab, wobei Illner Mühe hatte, das Flugzeug wegen des weichen Bodens und des relativ kurzen Anlaufs über die Baumkronen zu fliegen.
In Richtung Maissau sah er schwere Gewitterwolken und kehrte nochmals nach Horn um. So kamen viele Horner in den Genuss, eine weitere Landung beobachten zu können. Erst um 16 Uhr 6 Minuten erfolgte der Start zum endgültigen Flug zurück nach Wien, welchen Illner so beschrieb:
„Der Rückflug ging das zweitemal ebenso glatt vonstatten wie der Flug nach Horn. Ich ging nach dem Abflug auf 1000 Meter Höhe, um glatt über den Manhartsberg zu kommen. Als ich diesen überflog, sah ich meine Begleitautomobile. Stockerau sah ich, als ich Maissau passierte, und den Leopoldsberg erkannte ich ebenso wie die Burg Kreuzenstein, lange bevor ich dort war. Ich ließ den Apparat langsam abfallen, je mehr ich mich Wien näherte. Und dann lag Wien vor mir, von grauen Nebel überzogen. Es begann schon Abend zu werden und ich sah die ersten Lichter aufflammen. Meine nächsten Bemühungen waren darauf ausgerichtet, das Gebäude des Gaswerkes zu sichten, denn das war mein Orientierungspunkt. Nach einigen Schwierigkeiten gelang es, ich näherte mich der Simmeringer Heide und ging langsam in einigen Schleifen zu Boden. Es war 5 Uhr 16 Minuten, als ich landete.“
Eine begeisterte Menschenansammlung empfing Illner mit Hochrufen und belagerte das Flugzeug. Der Pilot Karl Illner erhielt einen Lorbeerkranz mit der Aufschrift „Für den ersten großen Überlandflug Wien-Horn-Wien, 10.Oktober 1910“.
Ausstellung und Gedenkfeier in Horn
Anlässlich des Jubiläums wurde auch ein Katalog zur Ausstellung gedruckt, der sich auf etwa 100 Seiten mit dem Thema Fliegen, mit seinen positiven, aber auch mit negativen Aspekten wie dem Krieg in der Luft befasst. Er berührt Themen rund ums Fliegen und auch künstlerische Aspekte. Im Zentrum steht natürlich der historische Flug von Karl Illner aus dem Jahre 1910 mit zahlreichen Fotos, Daten, Fakten und Geschichten.
Am 10.Oktober 2010 um 10:28 Uhr – dem genauen Zeitpunkt der Landung wird eine Feier beim Illner-Denkmal nahe des Festgeländes abgehalten.
Die Union Fliegergruppe Waldviertel aus Dobersberg wird mit Sportflugzeugen mitwirken. Vorführungen des 1. Horner Modellsportvereines am Trainingsplatz des SV-Horn, dem ehemaligen Landeplatz der Etrich-Taube. Eintritt frei ! Ein Buffet am SV-Platz sorgt für Speis und Trank.
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Horn - Sonderausstellung im Gedenken an Flugpionier Karl Illner
Links:
Sonderausstellung Illner, Museen der Stadt Horn
Text und Fotos: Martin Zahrl
Bildmaterial teilweise mit freundlicher Genehmigung durch Herrn Karlheinz Hulka vom Museumsverein Horn aus dem Ausstellungskatalog entnommen
Illner hatte es 1906 zum Betriebsleiter der Maschinenfabrik Bräunlich in der Bergstadt Freiheit gebracht und war für sein Können bekannt. In seiner Freizeit half er Vater und Sohn Etrich und ihrem Angestellten Franz Wels bei ihren Flugexperimenten (Gleitflug). Mit 1.4.1908 wurde Karl Illner als Werkmeister und Flugzeugbauer bei den Etrichs in Oberaltstadt bei Trautenau angestellt und übersiedelte dann im Februar 1909 das "Flugtechnische Atelier" nach Wien.