Per Mai 2009 nahm der private Betreiber "FlyMed GmbH", geleitet von Primarius Dr. Günther Schamp, den ganzjährigen Flugrettungsbetrieb im Salzkammergut auf. Eingesetzt wurde damals, wie am ebenfalls - allerdings nur während der Wintermonate - betriebenen Standort Nassfeld/Kärnten ein Fluggerät der Type MBB BO 105 CBS-4.
Auf Grund der per Anfang 2010 in Kraft getretenen neuen Luftfahrtverordnung (JAR-OPS3) durften diese Hubschrauber in der Flugrettung nicht weiter eingesetzt werden, woraufhin von FlyMed zwei Helikopter der Type BK 117 gechartert wurden. Auffällig bei der am oberösterreichischen Flugplatz Gschwandt stationierten Maschine: sie war eines der in der TV-Serie "Medicopter 117" eingesetzten Fluggeräte und trug auch während des Betriebs als "Airmed 2"-Notarzthubschrauber die gelb-rote Original-Lackierung aus der Fernsehserie. Selbst die Registrierung, D-HEOE, war nach wie vor ident mit jener des Filmhelikopters, der nach seiner Fernseh-Karriere bereits des öfteren von Flugrettungsbetreibern angemietet worden war, beispielsweise der deutschen IFA (Internationale Flug-Ambulanz).
Finanzierung blieb auf der Strecke
Per 4. Oktober 2010 stellt Primarius Schamp nun den Flugbetrieb von "Airmed 2" ein und begründet dies mit der untragbaren Situation der Finanzierung. Die von der Krankenkasse bezahlten Pauschalsätze seien weit zu gering, um auch nur annähernd kostendeckend arbeiten zu können, so der Betreiber. Unterbleibt ein Patiententransport, etwa weil der Hubschrauber bereits während des Anflugs storniert wird oder einem Patienten auch trotz umfangreicher Bemühungen der Crew nicht mehr geholfen werden kann, bezahlt der Sozialversicherungsträger keinen Cent. Schamp berichtet gegenüber Austrian Wings über einen von vielen beispielgebenden Fällen einer leider erfolglosen Reanimation: "Wir haben 2.000 Euro an Material aufgewendet, und die Krankenkassen zeigen uns die kalte Schulter". Doch selbst für Einsätze, für die der Sozialversicherungsträger einen Kostenbeitrag leistet, kämen Tarife zur Anwendung, die laut Schamp bereits seit zehn Jahren unverändert sind. "So kann man weder mit einer BO 105, noch einer BK 117 fliegen", resümiert der FlyMed-Chef. Zudem muss die FlyMed GmbH, um überhaupt alarmiert zu werden, monatlich 2.000 Euro an das Rote Kreuz bezahlen. "Airmed 2" flog somit unter diesen Umständen in ein sechsstelliges Defizit - eine konkrete Summe wollte Schamp jedoch nicht nennen.
"Die Rahmenbedingungen für die Flugrettung in Österreich sind grausam", bringt man es bei FlyMed auf den Punkt. Ein Umstand, den Austrian Wings bereits im Juni 2009 anlässlich der Indienststellung von "Airmed 2" zur Sprache gebracht und schon damals einen wirtschaftlichen Einsatzbetrieb dieser Maschine unter den gegebenen Rahmenbedingungen in Frage gestellt hatte (zum Artikel).
ÖAMTC ebenso in die Pflicht genommen?
Bei FlyMed spielt man indes den Ball auch zum größten österreichischen Flugrettungsbetreiber, dem ÖAMTC, weiter: "Bedauernswert ist, dass der ÖAMTC als führender Rettungshubschrauberbetreiber es in den letzten Jahren nicht zustande gebracht hat, hier im Einklang mit der Politik zusammen eine Tarifänderung hervorzurufen", wird in einer Aussendung der FlyMed GmbH verlautbart. Zudem erhalte der ÖAMTC von Land und Bund "EU-rechtswidrige und wettbewerbsverzerrende Förderungen", die privaten Betreibern nicht zukommen würden. Doch auch der ÖAMTC kündigte bereits vor einiger Zeit seinen Flugrettungsvertrag mit der Republik Österreich auf Grund der untragbaren Situation hinsichtlich der Finanzierung.
FlyMed kein Einzelschicksal
Das Aus für einen Notarzthubschrauber im Salzkammergut ist allerdings kein Einzelschicksal von "Airmed 2". Im Juni 2004 hatte die Firma Knaus einen Notarzthelikopter in Ebensee in Dienst gestellt. Nach einiger Zeit des Betriebs mit einer Ecureuil AS 355 N wurde auf ein moderneres Fluggerät vom Typ MD 902 Explorer umgestellt, ehe der Stützpunkt am 2. November 2006 wieder geschlossen werden musste. Auch für den Knaus-Helikopter hatten sich sehr rasch finanzielle Sorgen eingestellt: Gegenüber den "Oberösterreichischen Nachrichten" gab Firmenchef Roy Knaus damals an, seinen Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Roten Kreuz nur "schleppend nachkommen zu können", da die Einsätze mangels eines Direktverrechnungsvertrages nicht mit dem Sozialversicherungsträger, sondern den Patienten selbst abgerechnet werden müssten und Knaus demzufolge oft "sehr lange auf sein Geld warten" musste. Auch wurde für den Stützpunkt Ebensee die Außenlandegenehmigung nicht verlängert. Knaus war in den vergangenen Jahren zudem durch eine Häufung an Hubschrauberabstürzen sowie das Insolvenzverfahren über die Firma mehrfach in den Schlagzeilen.
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(red Aig)