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DLR Luftfahrtvorstand tritt in den Ruhestand

Am 6. Oktober 2010 verabschiedete das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) seinen Luftfahrtvorstand Prof. Dr.-Ing. Joachim Szodruch. Nach Stationen bei der NASA, Messerschmitt-Bölkow-Blohm (heute EADS), Airbus und DaimlerChrysler Aerospace Airbus war Szodruch seit August 2002 zuständig für die DLR-Luftfahrtforschung. Prof. Szodruch tritt mit 65 Jahren seinen Ruhestand an. Er blickt auf viele Meilensteine in der Luftfahrt nicht nur in seiner Zeit beim DLR zurück. Maßgeblich beteiligt war er an der Anschaffung des DLR-Forschungsflugzeugs ATRA (Advanced Technologies Research Aircraft) und dessen Integrierung in die DLR-Forschungsflotte sowie dem Aufbau des Zentrums für Leichtbauproduktionstechnik (ZLP) und der Einrichtung Lufttransportsysteme.

Früher Kontakt mit dem DLR

Durch seine Tätigkeit bei Airbus im Bereich Aerodynamik hatte Szodruch schon früh Kontakt mit dem DLR: "Schon 1983 bestanden Beziehungen von Airbus zum damaligen DLR-Institut für Aerodynamik in Braunschweig und Göttingen. Diese haben sich später noch intensiviert: Ab 1995 fanden regelmäßig Besprechungen mit den DLR-Institutsleitern und den Center-of-Competence-Leitern von Airbus statt", erklärt Szodruch. Als DLR-Luftfahrtvorstand konnte Szodruch viele seiner Erfahrungen aus der Industrie einbringen – vor allem war es ihm ein Anliegen, das DLR international verstärkt zu vernetzen und die Forschung noch mehr auf industrielle Anwendungen auszurichten. Dieses Vorhaben übernahm er von seinem Vorgänger Prof. Volker von Tein und führte es in seiner Amtszeit konsequent weiter. Zahlreiche Vereinbarungen, so genannte Memoranda of Understanding, und Verträge wurden mit industriellen Einrichtungen unter seiner Leitung unterzeichnet.

Einer der Höhepunkte in Szodruchs Laufbahn beim DLR war die Schaffung der DLR-Einrichtung Lufttransportsysteme 2007 (damals "Lufttransportkonzepte und Technologiebewertung"). Diese Gruppe widmet sich der Betrachtung des gesamten Lufttransportsystems: Flugzeug, Flughafenmanagement und Flugführung. Mit der Vereinigung der drei Themenbereiche innerhalb einer Gruppe bündelte er die DLR-Kompetenzen auf dem Gebiet der Luftfahrt. "Eine multidisziplinäre Herangehensweise in der Forschung ist mir ein großes Anliegen gewesen. Viele Forschungsfelder können auch gar nicht alleine bewältigt werden, das geht nur über enge Zusammenarbeit der Institute. Die Gruppe erstellt Konzepte für das Gesamtsystem Luftfahrt der Zukunft und bezieht alle relevanten Bereiche mit ein", erläutert Szodruch seinen Schritt. In der Forschergruppe kommen Virtuelle Integrationsplattformen (VIPs) zum Einsatz: Diese Plattformen stellen, immer im gesamten System Luftfahrt, jeweils ein Zukunftskonzept dar und zeigen damit auch die Auswirkungen von Veränderungen - die Wissenschaftler können also jederzeit sehen, wie sich das gesamte System verhält und welche Sensitivitäten auftreten. Vier VIPs befinden sich in Arbeit: Kurzstreckenverkehr, Langstreckenverkehr, Businessjets und Helikopter. 2012 wollen die Wissenschaftler erste Ergebnisse präsentieren.

Vaterschaft von ATRA

Szodruch bei der Taufe von ATRA Ein weiterer Meilenstein von Szodruch war der Kauf des Forschungsflugzeugs ATRA "Otto Lilienthal", ein modifizierter A320 und größtes Mitglied der DLR-Forschungsflotte. ATRA ist seit 2008 für das DLR im Einsatz und setzt nicht nur größenmäßig einen neuen Maßstab für fliegende Versuchsträger. "Bei ATRA habe ich sozusagen die Vaterschaft. Es war eine günstige Situation zwischen dem Erkennen der Notwendigkeit für ein neues Flugzeug, der Verfügbarkeit und den nötigen Finanzen. Der A320 entspricht all unseren Anforderungen", sagt Szodruch.

Ein wichtiges Ziel in der Luftfahrt ist es, die so genannte Vision 2020 zu erfüllen: Auf Initiative und unter Führung Deutschlands haben sich Partner aus 17 Ländern zu einem der größten Koordinierungsnetzwerke zusammengeschlossen. Die Ziele dieser Vision sind ambitioniert: Die CO2-Emissionen sollen um 50 Prozent und die Stickoxid-Emissionen sogar um 80 Prozent gesenkt werden. Neue Werkstoffe sind hier ein wichtiges Thema - das DLR ist mit den Instituten für Faserverbundtechnik sowie Bauweisen und Konstruktionsforschung gut aufgestellt. Das neue Zentrum für Leichtbauproduktionstechnik (ZLP) in Augsburg erweitert die Kompetenzen des DLR und wird voraussichtlich 2013 voll arbeitsfähig sein. Hier sollen Fertigungstechnologien für neue Werkstoffe, speziell Faserverbundmaterialien, erarbeitet werden. "Die Frage war: Wie produziere ich in kürzerer Zeit aus neuen Werkstoffen am Schluss qualitativ hochwertige Flugzeugteile?", erklärt Szodruch. "Dieser Frage gehen wir in den nächsten Jahren mit dem ZLP nach. Schließlich sollen die Flugzeuge der Zukunft nicht nur leichter und umweltfreundlicher, sondern auch billiger sein."

Die Zukunft der Luftfahrt

Neben seinen Aufgaben beim DLR ist Szodruch in viele internationale Kooperationen eingebunden, wie zum Beispiel ACARE (Advisory Council for Aeronautics Research in Europe), einem Netzwerk für Forschungsstrategie in der Luftfahrt und im Luftverkehr. Das Netzwerk hat die Aufgabe, die Bedürfnisse der Gesellschaft optimal zu erfüllen und die europäische Wettbewerbsfähigkeit auszubauen. Seit 2005 leitet Szodruch als Co-Chairman gemeinsam mit seinem französischen Kollegen François Quentin die Gruppe. ACARE wurde 2001 ins Leben gerufen und sollte auf der Basis von der Vision 2020 eine Strategie für Europa zusammenstellen. ACARE erstellte verschiedene europäisch anerkannte Forschungspapiere und definiert augenblicklich Ziele der Luftfahrt für die nächsten 20 bis 30 Jahre.

Szodruch hat sein gesamtes Berufsleben der Luftfahrt gewidmet und sich Gedanken über das Flugzeug der Zukunft gemacht. Aber wie sieht das überhaupt aus? "Ich frage mich als erstes: Was muss das Flugzeug können? Und wenn wir das beantwortet haben, dann erst kann ich bestimmen, wie es aussieht", sagt Szodruch. "In der Zukunft wird ein Luftfahrtsystem nötig sein, das bei einem Wachstum von beispielsweise jährlich 5 Prozent global den Treibstoffverbrauch und damit den CO2-Ausstoß für die nächsten Jahrzehnte konstant hält. Wir müssen also den Treibstoffverbrauch noch mal ganz erheblich senken. Vielleicht gibt es ganz neue Flugzeugformen, eventuell betanken wir die Flugzeuge zukünftig in der Luft oder wir bauen Plattformen in den Wolken, auf denen die Menschen umsteigen können. Aber das ist jetzt sehr futuristisch."

(red / DLR)