Während zwei Jahre nach dem Colgan Air-Unglück in den Vereinigten Staaten strengere Verordnungen zu den Flugdienst- und Ruhezeiten für Piloten durchgesetzt werden, ist in Europa das Gegenteil der Fall. Ein Entwurf für ein neues Regelwerk, das in ganz Europa einen einheitlichen gesetzlichen Rahmen schaffen soll, weitet die bisher in weiten Teilen Europas geltenden, unzureichenden Flugdienstzeiten sogar noch aus.
Wissenschaftler warnen seit Jahren vor dem Sicherheitsrisiko Erschöpfung („Fatigue“) im Luftverkehr. Aber die europäische Luftaufsichtsbehörde EASA ignoriert nach Protesten der Fluggesellschaften bei ihrem neuen Gesetzesentwurf zu Flugdienstzeiten sogar die Ergebnisse ihres eigenen Forschungsauftrags. Laut EASA sollen Piloten künftig tagsüber maximal 14 Stunden, nachts 12 Stunden Flugdienst haben. Selbst die nach zahlreichen Unfällen verschärften Lenkzeiten von Berufskraftfahrern sehen lediglich neun Stunden vor. Trotz allem vermutet man heute immer noch in 50 Prozent der Unfälle Erschöpfung als Unfallursache.
„In den letzten zehn Jahren hat sich die Flugsicherheit in Europa nicht verbessert, auch aufgrund der Tatsache, dass die bestehenden gesetzlichen Flugdienstzeitgrenzen immer weiter ausgereizt werden“, kommentiert Flugkapitän Jörg Handwerg, Pressesprecher der Vereinigung Cockpit, das Verhalten der EASA. „Wenn die neuen Flugdienstzeit-Regelungen so in Kraft treten, wie von der EASA vorgeschlagen, bedeutet dies den größten Sicherheitsrückschritt in der Geschichte der europäischen Luftfahrt.“
In über 20 Prozent aller Flugunfälle ist Übermüdung der Cockpitbesatzung im Spiel. 70 Prozent der Piloten sind einer NASA-Studie zufolge schon einmal im Cockpit unfreiwillig eingeschlafen. Das jüngste Beispiel dafür ist der Fall eines Fluges der skandinavischen Fluggesellschaft SAS, der für einige Zeit führerlos war, als der Copilot das Cockpit verlassen hatte und der Kapitän währenddessen fest eingeschlafen war.
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(red / Vereinigung Cockpit)