Das Verhindern von Übermüdung ist bereits durch die bestehenden Regelungen nicht gewährleistet. Durch die Harmonisierung der Flugdienstzeit-Regelungen auf EU-Ebene soll nun aber das Sicherheitsniveau auf einer noch niedrigeren Stufe festgeschrieben werden. So wird es mit der Einführung der neuen Vorschriften einzelnen Ländern in Europa unmöglich gemacht, wie bisher national strengere Regeln zu erlassen, während es aber weiterhin Ausnahmen zur Lockerung der Vorschriften geben soll.
Die Ergebnisse einer Bandbreite wissenschaftlicher Untersuchungen und selbst die Erkenntnisse der von der EU selbst beauftragten Moebus-Studie werden im neuen Gesetzesentwurf ignoriert.
So lassen Wachzeiten von mehr als elf Stunden die Fehleranzahl dramatisch ansteigen. Flugdienstzeiten von bis zu 14 Stunden bedeuten bis zum Dienstende Wachzeiten von bis zu 16 Stunden. Danach steht für die Crew noch die Heimfahrt mit dem Auto nach Hause an.
Die im neuen Gesetzesentwurf vorgesehene Möglichkeit einer Verkürzung der Ruhezeit auf bis zu 7,5 Stunden bedeutet in der Praxis eine Schlafzeit von maximal vier bis fünf Stunden. Dies führt unweigerlich dazu, dass ein Pilot den nächsten Dienst nicht ausgeschlafen antreten kann. Laut einer australischen Studie ist ein Schlafentzug von vier Stunden vergleichbar mit 0,4 Promille Alkohol im Blut. Eine durchwachte Nacht entspricht einem Blutalkoholwert von ca. 0,8 Promille.
Während Arbeitnehmer, die unter das deutsche Arbeitszeitgesetz fallen, nach einer achtstündigen Schicht bis zum nächsten Dienstbeginn normalerweise 16 Stunden Ruhezeit pro Tag haben, müsste ein Pilot laut Logik der EASA 16 Stunden arbeiten, bevor er Anspruch auf 16 Stunden Ruhezeit hat.
"Wenn der Gesetzesentwurf der EASA nicht deutlich überarbeitet wird, dann wird Fliegen in Europa erheblich unsicherer und wir werden weit hinter das Sicherheitsniveau Amerikas zurückfallen", so Jörg Handwerg, Pressesprecher der Vereinigung Cockpit. "Natürlich geht es immer um Kompromisse zwischen dem perfekten wissenschaftlichen Modell und der Wirtschaftlichkeit. Aber der derzeitige Vorschlag ignoriert auf Kosten der Gesundheit der Besatzungen und letztlich der Sicherheit der Passagiere sträflich die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die menschliche Leistungsfähigkeit. Es gibt gerade auf der Kurzstrecke keine Notwendigkeit für solche langen Dienstzeiten."
(red CP / Vereinigung Cockpit)