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Interview: Flughafen Bratislava - Auf der Suche nach neuen Partnern

Keine 45 Autominuten vom Flughafen Wien entfernt, führt der Flughafen von Bratislava seit Einstellung der Privatisierungsbemühungen im Jahr 2006 ein Schattendasein. Nach dem Zusammenbruch der lokalen Airlines im Jahre 2009 sanken die Passagierzahlen kontinuierlich auf zuletzt 1,6 Millionen (2010) ab. Ein bedeutendes Infrastrukturprojekt, der Neubau des Abfertigungsterminals, wurde im Juni des vergangenen Jahres seiner Bestimmung übergeben. Weitere Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur sind geplant. Um dies zu finanzieren, sucht der Flughafen derzeit nach neuen Partnern. Dabei soll der Flughafen jedoch nicht verkauft werden, wie im Jahre 2006 noch angedacht. Der neue Flughafenbetreiber soll vielmehr nicht nur investieren, sondern auch neue Ideen einbringen. Martin Dichler (MD) sprach mit dem Maros Jancula (Vorstandsdirektor Flughafen Bratislava) über die Veränderungen in seinem Unternehmen.

"Meiner Meinung nach würde eine Kooperation mit dem Wiener Flughafen durchaus eine Zukunft haben. Zwei Flughäfen, die so nahe beieinander liegen wie Wien und Bratislava, sollten sinnvollerweise zusammenarbeiten".

 

Maros Jancula, Direktor des Flughafens Bratislava

Maroš Janèula

Flughafendirektor Maros Jancula

 

MD: Von 29.April bis 15.Mai 2011 wurden in der Slowakei die Eishockey-Weltmeisterschaften abgehalten. Konnte der Flughafen Bratislava davon profitieren?

Maros Jancula: Wir konnten eine leichte Steigerung von ca. 5.000 zusätzlichen Passagieren in diesem Zeitraum verzeichnen. Sie müssen aber wissen, dass die Zuschauerkapazitäten bei Eishockey Spielen wesentlich geringer ist, als bei Spielen in Fußballstadien. Es war also absehbar, dass keine großen zusätzlichen Passagierströme zu den Spielen nach Bratislava mit dem Flugzeug kommen würden.

MD: Im Juni des vergangenen Jahres wurde der erste Teil des neuen Terminalgebäudes in Bratislava eröffnet, wie zufrieden sind Sie mit der neuen Infrastruktur, gab es Anlaufschwierigkeiten im Betrieb?

Flughafen Bratislava Pressburg Terminal+neu2

Maros Jancula: Wir sind mit dem neuen Gebäude sehr zufrieden, viele neue technische Einrichtungen haben dazu beigetragen, Abläufe des täglichen Flugbetriebes zu vereinfachen. Am meisten aber haben sich unsere Passagiere über den neuen Terminal gefreut! Natürlich gab es auch kleinere Anlaufschwierigkeiten wie bei fast allen neuen Terminals, diese konnten aber rasch behoben werden!

MD: Derzeit wird ja fleißig am zweiten Teil des Terminal Projekts gearbeitet. Wann soll dieser eröffnet werden und wie hoch wird die Kapazität in Bratislava dann sein?

Flughafen Pressburg Bratislava Terminal+innen+2

Innenansicht des neuen Terminals

Maros Jancula: Das neue Flughafenterminal musste in zwei Bauphasen errichtet werden um den Flugbetrieb im vollen Umfang garantieren zu können. Derzeit sind wir dabei das Fundament des zweiten Bauteils zu errichten. Bis Juni 2012 wird das Gebäude fertig gestellt werden und dann über eine Kapazität von 5,5 Millionen Passagieren verfügen.

MD: Wenn ich mir erlauben darf die Verkehrszahlen von 2010 zu vergleichen (Wien +8,7%, Budapest +1,2%, Prag -0,74%, Bratislava -3%) so fällt auf, dass fast überall Passagierzuwächse lukriert werden konnten. Warum verzeichnete Bratislava einen Passagierrückgang von -3% und mit wie viel Passagieren rechnen Sie im Jahr 2011?

Maros Jancula: Wie Sie wissen, gab es im vergangenen Jahr den Vulkanausbruch in Island, welcher uns betroffen hat. Zusätzlich gab es auch viele Streiks in Europa und gegen Ende des Jahres kam es zu großen Problemen mit den Enteisungsmitteln. Die allgemeine Wirtschaftskrise hat unseren kleinen Flughafen, der kein Hub einer großen Airline ist wie z.b Wien, München oder Prag, dazu auch noch mit einer gewissen Verspätung getroffen. Zusätzlich mussten einige slowakische Airlines im Jahr davor ihren Betrieb einstellen. All das zusammen hat meiner Meinung dazu geführt, dass die Zahl der abgefertigten Passagiere zurück ging. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir im heurigen Jahr mehr Passagiere abfertigen als im Jahr 2010.

MD: Wie wichtig wäre daher ein eigener starker Homecarrier für ihren Flughafen?

Maros Jancula: Keine Frage, eine starke Airline wäre wichtig für uns! Wir hoffen, dass sich in naher Zukunft wieder ein starker Partner in Bratislava ansiedeln wird. Wie Sie vielleicht schon gehört haben, wird CSA (Czech Airlines) ab 23.Juni sechs europäische Destinationen direkt ab Bratislava anfliegen. Dies könnte uns an die 60.000 zusätzlichen Passagiere im Heurigen Jahr bringen und die ersten Buchungen sind laut CSA, viel versprechend.

MD: Einerseits kündigten Sie in den letzten Wochen die Aufnahme von neuen Linienflügen an (UT air/ Moskau, Belle Air/ Tirana, CSA), gleichzeitig verlassen aber große Airlines wie Aeroflot oder Lot ihren Flughafen. Gibt es in Bratislava den genügend Nachfrage nach Direktflügen?

Stärkster+BTS+Kunde-Ryanair

Ryanair ist der wichtigste Kunde am Flughafen Bratislava (zu deutsch Pressburg)

Maros Jancula: Lassen Sie uns etwas geschichtlich zurück blicken. Durch die Entwicklung der Skyeurope Airline ist es uns im Jahr 2008 gelungen, mehr als zwei Millionen Passagiere in Bratislava abzufertigen. Das Potential dieser Region ist zweifelsfrei vorhanden! Wir müssen mit alternativen Produkten punkten. UTair bietet ein solch alternatives Produkt im Vergleich zu Wien. Die neuen Linienflüge (seit 1.Juni) der UTair landen am Flughafen von Moskau/Vnukovo. Der Flughafen Vnukovo ist Heimatbasis der Gesellschaft und verfügt über ein umfangreiches Angebot an Innerrussischen Linienflügen. Dies könnte im Vergleich zu den wenig erfolgreichen Aeroflot Flügen nach Sheremetyevo für unsere Kunden durchaus attraktiv sein. Die Entscheidung der LOT, Bratislava zu verlassen, dürfte eher technischer Art gewesen sein. Nachdem alle LOT ATR 42/72 Flugzeuge durch größere Embrear Jets ausgewechselt werden, wäre es nicht länger ökonomisch sinnvoll gewesen, mit dem größeren Fluggerät nach Bratislava zu fliegen.

MD: Welche Zukunftsstrategien gibt es für ihren Flughafen, nachdem im Jahr 2006 die Anti-Monopol Kommission die Privatisierung Verhandlungen mit Wien abbrach?

Maros Jancula: Voraussichtlich bis Juni 2012 werden wir eine Partnerschaft mit einen privaten Flughafen Konzessionier (Betreiber) eingehen. Wir erwarten uns einen sehr starken zukünftigen Partner und suchen derzeit zusammen mit unseren Aktionären, das Gespräch.

MD: Würde der Wiener Flughafen Interesse an einer Zusammenarbeit zeigen, käme dieses Unternehmen für Sie auch als zukünftiger Partner /Betreiber in Frage?

Maros Jancula: Meiner Meinung nach würde eine Kooperation mit dem Wiener Flughafen durchaus eine Zukunft haben. Zwei Flughäfen, die so nahe beieinander liegen wie Wien und Bratislava, sollten sinnvollerweise zusammen arbeiten.

MD: Wie wichtig ist die Fracht für Sie, große Mengen der nach Wien gebrachten Fracht geht Schluss endlich in die Slowakei! Könnte die Fracht der Schlüssel zum Erfolg sein?

Maros Jancula: Frachtflüge sind nur eine Option von vielen Luftfahrtaktivitäten auf unseren Flughafen. Ich bevorzuge nicht das Frachtgeschäft. Natürlich ist die Luftfracht auch interessant für uns, dieses Geschäft benötigt aber viel logistische Infrastruktur, die erst im großen Stil errichtet werden müsste. Zusätzlich wird dieses Geschäft durchwegs in den Nachtstunden betrieben. Bratislava ist ein 24/7 Flughafen ohne Nachtflugbeschränkungen, gleichzeitig aber auch ein stadtnaher Flughafen, und dieser Verkehr würde zu verstärkten Lärm führen. Vieles wird aber auch von den Entscheidungen unserer zukünftigen Investoren abhängen.

MD: Abschließend noch die Frage an Sie als Flughafendirektor, wo sehen Sie den Flughafen Bratislava in einigen Jahren, wie sieht ihr persönlicher Masterplan aus?

Maros Jancula: Wir werden niemals so ein großer Flughafen wie Wien werden und über ein so umfangreiches Angebot verfügen. Wenn das Angebot ab Bratislava (z.b Charter oder Low Cost Flüge) aber stimmt, wären fünf Millionen Passagiere durchaus realistisch! Wir sind offen für Gespräche mit neuen Airlines und dem Wiener Flughafen!

Text & Fotos:Martin Dichler