Mitte der siebziger Jahre suchte das DLR einen eigenen, leistungsfähigen Flugversuchsträger für die Atmosphärenforschung. Besonders wichtig war bei der Auswahl die Flughöhe, da in großer Höhe die besten meteorologischen Beobachtungs- und Messergebnisse zu bekommen sind. Die Falcon erreicht eine maximale Flughöhe von 12.800 Metern und fliegt damit höher als die meisten Verkehrsflugzeuge. Zusätzlich sprach für den Jet, dass er äußerst robust und wendig ist - Flüge in der Nähe von Gewittern oder durch Wirbelschleppen sind kein Problem. Nach intensiven Umbauarbeiten traf der Jet am 16. Juli 1976 am DLR-Standort Oberpfaffenhofen ein. "Die Falcon ist für Ihre wissenschaftlichen Aufgaben auch heute noch hervorragend geeignet", erklärt Dr. Monika Krautstrunk, Leiterin der DLR-Forschungsflugabteilung in Oberpfaffenhofen. "1995 hat das Flugzeug leistungsstärkere und umweltfreundlichere Triebwerke bekommen. Damit erreicht es eine Reichweite von bis zu 3700 Kilometern." Entfernte Einsatzgebiete wie Nordschweden sind so ohne Zwischenlandung zu erreichen.
Bevor die Falcon aber ihren ersten Einsatz als Forschungsflugzeug fliegen konnte, wurde sie umfassend umgerüstet: Unter anderem befinden sich drei Spezialfenster im Dach und Boden des Flugzeugrumpfs. Hierdurch können zum Beispiel Messungen mit dem so genannten LIDAR (Light Detection and Ranging) durchgeführt werden. Ein LIDAR sendet einen Laserimpuls aus und empfängt das von der Atmosphäre zurück gestreute Signal. Daraus lassen sich Konzentrationsprofile von Wasserdampf, Ozon oder Aerosolpartikeln oberhalb oder unterhalb der Flughöhe ableiten. Die auffälligste Veränderung ist aber wohl der so genannte Nasenmast: An dessen Spitze befindet sich eine Fünf-Loch-Sonde, mit deren Hilfe die Wissenschaftler hochgenaue Erkenntnisse über beispielsweise den statischen und dynamischen Druck in der Atmosphäre erhalten.
Von der Hitze in den Schnee
Die Messkampagnen ASTAR (Arctic Study of Tropospheric Aerosol, Clouds and Radiation) und POLARCAT (Polar Study using Aircraft, Remote Sensing, Surface Measurements and Models, of Climate, Chemistry, Aerosols, and Transport) führten die Falcon und ihre Besatzung 2007 und 2009 in die Arktis. Die Forscher untersuchten hier den Ferntransport von Emissionen aus Nordamerika und Eurasien in die Polarregion. Bei Untersuchungen in den Tropen bei TROCCINOX (Tropical Convection, Cirrus and Nitrogen Oxides Experiment) und SCOUT (Stratospheric-Climate Links with Emphasis on the Upper Troposphere and Lower Stratosphere) konnte das Flugzeug wieder einmal seine Robustheit unter Beweis stellen: Gegenstand der Untersuchungen waren Gebiete nahe mächtiger Gewittertürme, die Spurengase von bodennahen Schichten in wenigen Stunden in große Höhen transportieren können und in denen Blitze Stickoxide bilden. Die wohl bekanntesten Flüge führte das DLR im April 2010 durch, als der Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjalla große Teile des Luftverkehr über Europa zum Erliegen brachte. In Rekordzeit wurde die Falcon umgerüstet und für den Einsatz über Island, England und Deutschland zugelassen. Als einziges Flugzeug am Himmel machte sich die Falcon zu mehreren Messflügen auf.
"Auch in Zukunft ist die Falcon für Einsätze bei internationalen Projekten gefragt", bekräftigt Dr. Hans Schlager vom Institut für Physik der Atmosphäre, der schon viele Falcon-Kampagnen geleitet hat. "So werden wir beispielsweise im November 2011 nach Malaysia fliegen um dort den Einfluss biogener Halogenverbindungen auf die Ozonverteilung zu untersuchen".
Die Falcon war und ist nicht nur für DLR-Experten in der Atmosphärenforschung im Einsatz, an den Missionen sind oftmals auch Universitäten und andere wissenschaftliche Einrichtungen aus dem In- und Ausland beteiligt. Darüber hinaus gehört das Flugzeug zu dem von der EU geförderten Netzwerk European Fleet for Atmospheric Research (EUFAR), in welchem heute 46 Flugversuchsträger aus 15 Ländern zusammengefasst sind. Die Falcon war in diesem Programm das bis 2009 am häufigsten angeforderte Forschungsflugzeug der gesamten EUFAR-Flotte.
(red / DLR)