Erster Stopp auf dem Weg nach Skandinavien war Bornholm (Dänemark), von wo es am nächsten Tag direkt nach Stockholm weiterging. Da die DA40 „Tundra“, wie alle DA40 NGs mit dem 170 PS starken AE300 Dieselmotor ausgerüstet ist, konnte bereits ab hier vom preisgünstigen JET-Fuel profitiert werden.
Nach drei Tagen Aufenthalt in der Hauptstadt Schwedens ging es VFR weiter ins Landesinnere, wo nach mehrtägigem regenreichen Wetter der Boden entsprechend aufgeweicht war - ideale Bedingungen also, um das Spezialfahrwerk zu testen. Die erste Zwischenlandung wurde konsequenterweise auf einem direkt am Wasser gelegenen Flugfeld (Nähe Arbrå) durchgeführt. Erwartungsgemäß wären die Bedingungen hier für herkömmliche Flugzeuge dieser Bauart wohl eher schon grenzwertig gewesen, vor allem was die verfügbare Bahnlänge in Kombination mit dem leicht sumpfigen Untergrund anging
Wie sich zeigte, konnten nun die Vorteile der großen Niederdruckräder voll ausgespielt und der Flug problemlos und sicher nach Nordwesten fortgesetzt werden. Über die von Seen und Flüssen durchzogenen endlosen Wälder Mittelschwedens führte der Weg über einige mehr oder weniger als solche erkennbare Flugplätze nach Östersund, wo die mit Long-Range Tanks versehene Maschine wieder vollgetankt wurde.
Am selben Tag noch ging es weiter nach Tromsø in Norwegen. Da die Wettervorhersage mit einer stationären Front über dem Gebirge inklusive eingelagerter Gewitter weiter im Norden einen VFR-Flug (Sichtflug) unmöglich machte, wurde kurzerhand ein IFR-Flugplan (Instrumentenflug) aufgegeben, um kurze Zeit später in Richtung norwegische Küste auf FL130 zu steigen. Die DA40 „Tundra“ wurde somit vom robusten Expeditionsflugzeug unmittelbar zur komfortablen Reisemaschine.
Das voll integrierte Avioniksystem G1000 plus Garmin GFC700 Autopilot, welches über alle Annehmlichkeiten eines modernen Glas-Cockpits nach neuestem Stand der Technik (Synthetic Vision, Stormscope uvm.) verfügt ließen den ca. 600nm langen Flug entsprechend entspannt verlaufen. Wiederholtes Anpassen der Flughöhe (FL 90 – FL 150) ermöglichte ein Durchfliegen der Front ohne nennenswerte Beeinträchtigungen, nur leider war von der beeindruckenden Küste Norwegens nur hin- und wieder etwas zu sehen. Nach ca. 4,5h Flugzeit war Tromsø erreicht, wo wieder bessere Wetter- und um diese Jahreszeit rund um die Uhr Tagesbedingungen herrschten. Der Gesamtverbrauch für diesen Flugabschnitt betrug gerade einmal 89l Diesel, der Tank war damit erst knapp zwei Drittel leer geflogen. Trotzdem wurde wieder voll getankt, da als nächstes das Nordkap und die Durchquerung Finnlands ohne weiteren Tankstop auf dem Programm standen.
Der Weiterflug entlang der von zerklüfteten Fjorden durchzogenen Nordküste via Hammerfest wurde nach einem Tag Aufenthalt in Angriff genommen. Da diesmal die Zeit etwas drängte, wurde durchgehend mit 85% Leistung geflogen und so eine durchschnittliche Geschwindigkeit von 134 KTAS erreicht - angesichts der großen unverkleideten 21“-Räder in ca. 4.000 ft immer noch ein sehr brauchbarer Wert. Dadurch konnte eine bürokratiebedingte Verspätung beim Abflug ohne Probleme wieder aufgeholt werden.
Nach Landung in Honningsvåg am Nordkap (N71° 00.6’) und Besuch des nördlichsten Punktes Europas ging es am Nachmittag wieder IFR (Instrumental Flight Rules) in Richtung Süden weiter. Zunächst über die beeindruckenden Fjorde der Barent-See und diesmal mit sparsamen 60%, was einem Verbrauch von ca. 20 l/hr entspricht und eine sichere Reichweite von bis zu 850 nm gewährleistet. Somit war es kein Problem, am selben Tag noch Luleå, die wichtigste Stadt Nordschwedens an der bewaldeten Küste zu erreichen. Beim Flug durch den Norden Finnlands wurde auch zum wiederholten Male eine ausgeprägte Luftmassengrenze durchflogen, was sich mit Temperaturen über 30°C am Boden und hoher Luftfeuchte bemerkbar machte.
Von hier aus wurde dann die Expedition wieder ins äußerst dünn besiedelte Landesinnere Lapplands fortgesetzt mit Zwischenstopps auf unterschiedlichst präparierten Landefeldern.
Schnell wurde klar, dass das Tundra-Fahrwerk kaum an seine Belastungsgrenzen zu bringen war und auch tiefere Unebenheiten und Löcher problemlos in Kauf nahm, ohne das dabei seine dämpfende Wirkung merklich beeinträchtigt war. Auch die für diesen Einsatzzweck eher ungewöhnliche Tiefdeckeranordnung stellte sich unter keiner der getesteten Bedingungen als merklicher Nachteil heraus. In Härnösands, nahe Sundsvall, wurde eine mit ungleichmäßigem „gravel“ notdürftig als Piste markierte Oberfläche ebenfalls als geeignet eingestuft. Keiner der angeflogenen Plätze war besetzt, sofern überhaupt mit Infrastruktur versehen. Dies war nicht weiter nachteilig, jedoch stellte sich nach und nach heraus, dass am Sonntag in Schweden die allermeisten (auch internationale) Flughäfen geschlossen sind und folglich kein Kraftstoff erhältlich ist. So musste nochmals in Bromma (Stockholms City-Airport) getankt werden, bevor weiter in Richtung Vätternsee geflogen werden konnte. In dessen Mitte befindet sich eine malerische Insel (Vissingsö), an deren nördlichen Ufer zur Landung angesetzt wurde. Nach dem dritten tiefen Überflug war der riesige Schwarm Seevögel vertrieben und die Maschine wurde nach der Landung direkt am Strand abgestellt. Das idyllische Umfeld war wie dafür geschaffen, die Expeditionstauglichkeit der „Tundra“ zu simulieren und so wurde beschlossen, das mitgeführte Zelt direkt am Strand aufzubauen und die Nacht am Flieger zu verbringen.
Dies war mit abendlichem Bad im glasklaren Wasser und Lagerfeuer der perfekte Ausklang einer erlebnisreichen Tour durch die verschiedenen Klima- und Landschaftszonen Skandinaviens mit dem wie dafür geschaffenem Fluggerät, dessen Vielseitigkeit es problemlos möglich machte den Flugweg der aktuellen Wetterlage anzupassen. So war es trotz eher bescheidener Großwetterlage möglich, zum richtigen Zeitpunkt im aktuellen Schönwetterfenster zu bleiben und dieses auszunutzen. Von Vissingsö führte der Flugweg dann wieder über die Ostsee nach Heringsdorf und von dort über Friedrichshafen zurück nach Wiener Neustadt. Für die Gesamtflugzeit von rund 28h wurden etwa 590l Jet-A1 gebraucht. Dies entspricht gerade einmal vier Tankfüllungen. Dabei konnte das Gepäck für 10 Tage, sowie eine komplette Camping-Ausrüstung problemlos untergebracht werden.
Fazit: Die DA40 „Tundra“ ist die perfekte Synthese zweier Einsatzbereiche, die man sonst in dieser Kategorie Flugzeug nirgends in dieser Kombination findet – einem robusten und alltagstauglichem Arbeitsgerät für fast beliebig raue Umgebungsbedingungen und einem voll IFR tauglichen 4-sitzigen Reiseflugzeug, welches sich aufgrund seiner Effizienz und komfortablen Reichweite, sowie seiner Dieseltauglichkeit weltweit zuverlässig einsetzen lässt. Insofern hat sich der Slogan „Go, wherever you want“ voll bestätigt!
(Diamond Aircraft)