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“Flugzeugbauer müssen sich radikal ändern, um in Zukunft bestehen zu können!”

Mit diesen Worten lässt Tom Enders, Chef bei Airbus aufhorchen. Erst vor kurzem berichtete Austrian Wings über die Marktaussichten, die die beiden Branchenriesen Boeing und Airbus teilweise teilen, die sie teilweise aber auch unterschiedlich beurteilen.

Kernpunkt war dabei die Marktentwicklung für Narrow-Body Jets, ein Segment, in dem sowohl Boeing mit seiner B737 als auch Airbus mit dem A320 den Markt beherrschen. Die beiden neuesten Weiterentwicklungen aus diesen Serien, die diese Vormachtstellung weiter sichern sollen, existieren zwar vorerst nur als Computersimulationen und sind noch Jahre von ihrer Markteinführung entfernt, da lässt Enders jedoch durch seine Kritik aufhorchen, derartige Weiterentwicklungen in der derzeitigen Form überhaupt noch zu forcieren.

Seiner Meinung nach wäre es sinnvoller, anstatt Flugzeuge immer wieder komplett neu entwickeln zu müssen, eine Art „upgradable platform“ zu designen, um Weiterentwicklungen und Modernisierungen schnell und ohne große Komplikationen in das Modell integrieren zu können, ähnlich dem bereits seit Jahren in der Computerbranche bekannten „plug and play“ Prinzip.
Es wäre somit leichter, auf neue Anforderungen des Marktes zu reagieren. Auch könnten diese Anforderungen zielgerichteter und schneller erfüllt werden.

Während einer Rede, die Enders vergangene Woche bei der SAE Aerotech Konferenz in Toulouse gehalten hatte, stellte er die jahrelangen (innovationsfeindlichen) Entwicklungszyklen in der Luftfahrtindustrie den immer kürzer werdenden Innovationssprüngen in der Informationstechnologie gegenüber. „Wir leben in einer Zeit, in der iPads die Art, wie Piloten mit ihrem Flugzeug kommunizieren möchten, verändern, können diese Veränderungen aber nicht in den Cockpits umsetzen. Anstatt dessen müssen wir die Ersatzteilversorgung für Teile wie Mikroprozessoren Jahre und Jahrzehnte voraus planen. Diese Prozessoren werden aber bereits veraltet und außer Produktion sein bevor das Flugzeug die Hälfte seiner Lebensdauer erreicht hat.“

Weiter führe er aus: "Die Einflüsse, die moderne Technologien auf unser Leben haben, diktieren uns, was unsere Kunden von uns erwarten, das können wir nicht ignorieren.“ Auch hier zeige sich, dass die Luftfahrtindustrie langsam dabei ist, ihre Innovationskraft zu verlieren.
„Noch honorieren unsere Kunden und Investoren unseren Zugang, neue Modelle mit geringen Änderungen und damit verbundenem niedrigen Risiko zu entwickeln, aber das kann nicht ewig unsere Antwort auf die Anforderungen des Markts sein. Sollten wir weiter eher risikoscheu agieren, könnten uns neue Konkurrenten früher oder später überflügeln“, sagte Enders und spielte damit vor allem auf Länder in Asien an. Er fügte allerdings hinzu: „Allerdings dürfen wir auch nicht zu viel riskieren, denn dann wäre das Ergebnis wohl dasselbe! Nicht wir als einzelne Firmen müssen uns ändern, sondern die Industrie als Ganze muss das tun.“

Es komme auf den richtigen Mix aus Innovationsmanagement, technischem Know-How und effizienten Prozessen an, Entwicklungszyklen müssen kürzer werden, Kunden dürfen nicht mehr mindestens acht bis zehn Jahre auf neue Flugzeuge warten. Gleichzeitig darf aber auch in Zeiten von Krisen nicht ein Pool an Know-How und Fachkräften in den traditionellen Herstellerländern verloren gehen. Das Outsourcing der Produktion in andere Länder sieht Enders jedoch deshalb nicht negativ. „Wir müssen aufhören, neue Märkte als Bedrohung zu sehen oder als Möglichkeit, Dinge billig zu erledigen und produzieren zu lassen. Vielmehr müssen wir uns die intellektuellen produktiven Ressourcen dieser Länder zu Nutze machen und sie in unsern Kreis integrieren.“

Enders schloss seine Ausführungen mit einer wenig positiven Einschätzung der gegenwärtigen Lage: „Wir haben verlernt, unsere Ideen in die Realität umzusetzen, bevor sie veraltet sind.“

(red PW)