Noel hatte auf dem rechten Sitz Platz genommen und sollte Maget beim Anflug auf Funchal, der als ein extrem anspruchsvoller Flughafen gilt, einweisen, wofür er als Check-Kapitän die Berechtigung besaß.
Insgesamt befanden sich 57 Personen an Bord des Flugzeuges mit der Registrierung HB-ICK und der Flugnummer VS 730.
Um 16:26 Uhr UTC verließ die Caravelle Genf und erreichte den Kontrollbereich Madeira um 19:38 Uhr. Der Sinkflug wurde eingeleitet, und um 19:57 UTC erhielt die Besatzung die Information, dass Piste 06 in Betrieb war, sowie die Freigabe, auf 3.500 Fuß zu sinken.
Während des schwierigen Anfluges bei Dunkelheit verloren die Piloten die lediglich 1.600 Meter lange Piste aus den Augen und sanken unter die vorgeschriebene Mindesthöhe von 720 Fuß.
Kurz darauf schlug die Caravelle mit ausgefahrenem Fahrwerk und Landeklappen in 20 Grad-Position auf dem Wasser auf und versank innerhalb weniger Minuten.
36 Todesopfer, 21 Überlebende
36 Menschen, darunter eine Flugbegleiterin, starben, 21 überlebten. Viele der Passagiere, die damals ums Leben kamen, konnten ihre Sitzgurte nicht rechtzeitig öffnen und ertranken deshalb. Wie die "NZZ" berichtet, hätten sich damals einige der Gurte verklemmt, wodurch die Passagiere in ihren Sitzen gefangen waren. Deshalb seien die Gurtschlösser als Konsequenz des Unfalls geändert worden.
Menschliches Versagen, Piloten verurteilt
Unter den Überlebenden befanden sich auch die beiden Piloten. Obwohl die Flugschreiber nie geborgen wurden, stellten die Ermittler später mangelnde Koordination im Cockpit, also menschliches Versagen, als Unglücksursache fest. Außerdem waren die beiden Flugzeugführer gar nicht zur Nachtlandung auf Madeira berechtigt gewesen.
Noel wurde später von einem Gericht in Genf wegen fahrlässiger Tötung zu zwei Jahren Haft verurteilt, Maget zu anderthalb Jahren.
16 Opfer niemals geborgen
Von den 36 Toten wurden 15 Passagiere und die Flugbegleiterin niemals geborgen.
Überlebende erinnern sich
Nach dem Fund des Wracks äußerten sich auch Opfer von damals gegenüber den Medien.
Eine der überlebenden Flugbegleiterinnen, die damals 25-jährige Claire-Lise Etter, erklärte in einem Gespräch mit der "NZZ", dass sie noch versucht habe, vier ältere Passagiere aus ihren Sitzen zu retten. Doch dies sei ihr aufgrund der verklemmten Gurte nicht gelungen. Als ihr dann die Luft ausging, schwamm sie durch das rettende Loch im Rumpf an die Wasseroberfläche und kämpfte in dunkler Nacht im hohen Wellengang um das eigene Überleben.
"Diese zwei oder drei Stunden hilfloses Treiben und das Warten auf die Boote mit den Rettern waren das Allerschlimmste", schildert sie im Interview.
Der heute 72-jährige Gilbert Noel war einer der beiden Piloten des Unglücks-Jets. Im Gespräch mit der Schweizer Zeitung "Blick" erklärte er:
"Seit 34 Jahren beschäftigt mich der Absturz der Caravelle. Kein Tag vergeht, an dem ich nicht an den verhängnisvollen Flug denke. Vor allem die Schuldzuweisungen quälen mich. Bereits wenige Tage nach dem Unglück habe ich persönlich die Konsequenzen gezogen und seit 1977 nie wieder einen Fuß ins Cockpit eines Passagierflugzeugs gesetzt."
Die Nachricht vom Wrack-Fund wühle ihn auf, sagte der ehemalige Pilot.
"Wir trieben mit unserem Sitz aufs Meer"
Auch das Ehepaar Lucy und Jean-Pirre Pult überlebte das Unglück. Im Gespräch mit der "Blick" erzählten sie: "Wir waren auf Hochzeitsreise, der Flug war unruhig. Dann schlug das Flugzeug auf einmal hart auf, es rumpelte und dann war auf einmal überall Wasser. Wir umklammerten uns instinktiv und versuchten, die Gurte zu lösen. Doch es gelang uns nicht."
Dann habe sich die Doppelsitzbank gelöst und sei aus dem Rumpf getrieben, wo sich das junge Ehepaar von den Gurten befreien konnte. "Sekunden später gingen unsere Sitze unter, dann sahen wir, wie der Rest des Flugzeugs im Meer versank."
Gerettet wurden die beiden Eheleute "nach einer gefühlten Ewigkeit" von einem Boot der Küstenwache. Geflogen seien sie erst wieder "Jahre später".
Aus für SATA
Der Absturz bedeutete auch das Ende für die 1966 gegründete SATA - die Airline musste Insolvenz anmelden, und zudem wurde ihr am 23. August 1978 von den Schweizer Behörden die Betriebserlaubnis entzogen. Die Airline war einst - nach Swissair und Balair - die drittgrößte Schweizer Fluggesellschaft.
Anspruchsvoller Airport führte zu mehreren Unfällen
Der direkt an der Küste gelegene Flughafen von Funchal gilt auch heute noch - trotz verlängerte Piste - als besonders anspruchsvoll. Nur speziell eingewiesene Piloten dürfen ihn anfliegen.
Neben der SATA Caravelle verunglückten bisher noch 2 weitere Maschinen beim Anflug auf Madeira, eine davon nur rund 1 Monat vor dem Absturz der Caravelle: Am 19. November 1977 konnte eine Boeing 727-200 von TAP - Air Portugal auf der kurzen Piste nicht rechtzeitig anhalten und stürzte über einen Abhang am Ende der Landebahn. Von den 164 Menschen an Bord kamen 131 ums Leben.
Und bereits am 5. März 1973 war eine Caravelle der spanischen Aviaco während des Anfluges ins Meer gestürzt. Dabei starben alle 3 Besatzungsmitglieder an Bord. Das Wrack versank im 740 Meter tiefen Wasser und wurde nie geborgen.
Wrack entdeckt
Jetzt, fast 34 Jahre nach dem tragischen Unglück, entdeckten die portugiesischen Taucher José Marques und Armando Ribeiro das Wrack der 1977 verunglückten Caravelle der SATA, genauer gesagt das Heck der Maschine inklusive der Triebwerke und Tragflächen, rund 2,6 Kilometer vor der Küste Madeiras in 105 Metern Tiefe.
Das Wrack ist erstaunlich gut erhalten - in einem Interview sprachen die beiden Taucher davon, dass sie zwar großen Respekt gegenüber "diesem Grab" empfunden hätten, gleichzeitig aber auch ein "fantastisches Gefühl" darüber, die "ersten zu sein, die etwas sahen, was man für immer verloren glaubte".
"Es hingen noch immer Kleider über den Sitzen, wir sahen leere Schwimmwesten, von der Decke hängende Sauerstoffmasken. Wir stießen aber auch auf die nach vorne geklappten Sitze, einige von ihnen waren gelöst worden und herausgefallen. Die Flügel der Caravelle sind unversehrt, das Fahrwerk ausgefahren. Der Rumpf steckt über den Rädern im Sand", erläuterte Ribeiro während des Interviews. Menschliche Überreste hätten sie keine gesehen.
Cockpit fehlt - neue Suche geplant
Das entdeckte Wrack entspreche "rund zwei Dritteln" des Flugzeugs. Die beiden Männer wollen nun nach Madeira zurückkehren und auch das Cockpit finden.
Auf die Frage, was ihn genau an diesem Flugzeugwrack fasziniere, antwortete Ribeiro:
"Das sind verschiedene Dinge. Wir tauchen immer nach Wracks. Hier aber geht es um ein Flugzeug, was doch außergewöhnlich ist. Und nicht zuletzt geht es hier um ein Unglück, das immer noch etwas mysteriös ist. Zur Caravelle hinabzutauchen erlaubte es uns, die Geschichte nochmals zu erleben und zu verstehen, was da kurz vor Weihnachten 1977 passierte. Sicherlich ist uns dabei immer bewusst, dass es eine Tragödie war und wir respektieren das."
Folgende Artikel könnten Sie auch interessieren:
Vor 20 Jahren - die Tragödie von Lockerbie
Fotostrecke: 55 Jahre Caravelle
(red PR)