Sechs Gesellschaften dominieren den Low Cost Carrier-Markt in Deutschland
Mit 2361 Starts in einer Juliwoche 2011hat das Low Cost Segment von Air Berlin mit Abstand das größte Low Cost Angebot in Deutschland, weit abgeschlagen folgt Germanwings mit 957 Starts im gleichen Zeitraum. Diese Position ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass Air Berlin Ende 2009 zahlreiche Strecken von TUIfly übernommen hat. Diverse hoch frequentierte innerdeutsche Verbindungen sind schon zu einem früheren Zeitpunkt durch die Übernahme der Fluggesellschaft dba (2006) in das Netz von Air Berlin integriert worden. Allerdings sind verschiedene Strecken davon mittlerweile wieder eingestellt worden, so dass auch bei Air Berlin im Sommer 2011 ein Rückgang von rund 12 Prozent (von 230 im Juli 2010 auf 201 Strecken im Juli 2011) bei den Strecken im Low Cost Segment festzustellen ist. Im Vergleich zum Vorjahr gab es daneben besonders bei Ryanair (von 174 auf 161 Strecken) und Germanwings (von 160 auf 149) mit jeweils rund zehn Strecken eine große Abnahme in diesem Bereich. Zusätzlich kommt besonders bei Ryanair eine Reduzierung der Starts auf den noch bestehenden Strecken hinzu. Auch die meisten anderen Fluggesellschaften reduzierten ihr Streckenangebot. Lediglich Easyjet erhöhte das Angebot in nennenswertem Umfang (von 357 auf 383 Starts). Insgesamt vereinen die sechs größten Low Cost Carrier Air Berlin, Germanwings, Ryanair, Easyjet, Intersky und flybe in diesem Spätsommer 95 Prozent des LCC Marktes auf sich. Während sich einige Gesellschaften in Zeiten der Wirtschaftskrise vom deutschen Markt zurückgezogen haben, entdecken andere kleinere Low Cost Carrier neue Nischen im Verkehr mit Deutschland: Außereuropäische Low Cost Gesellschaften wie Air Arabia Maroc bedienen nun auch den deutschen Markt. Allerdings gab es auch Airlines, die in den vergangenen Monaten vollständig aus dem Low Cost Markt ausgestiegen sind oder Insolvenz anmelden mussten, wie beispielsweise Sky Express aus Rußland. Zudem verschmelzen die Geschäftsmodelle einiger Gesellschaften durch Annäherung von Low Cost- und traditionellen Linienfluggesellschaften und erschweren somit eine eindeutige Zuordnung. So fliegt zum Beispiel der österreichische Low Cost Carrier Niki seit der Übernahme durch Air Berlin verstärkt touristische Ziele an.
Rückgang bei den Strecken auf Stand von 2008/2009
Insgesamt wurden im Sommer dieses Jahres 635 unterschiedliche Strecken im innerdeutschen und grenzüberschreitenden Verkehr bedient. Dies sind 40 Strecken (minus 5,9 Prozent) weniger als im Sommer 2010 und ungefähr so viel wie in den Jahren 2008/2009. Es wurde mit dem Flughafen Magdeburg-Cochstedt ein weiterer deutscher Flughäfen in das Netz der Low Cost Carrier integriert, dafür wurde jedoch Altenburg-Nobitz (in der Nähe von Leipzig) aufgegeben. Neue Ziele wurden besonders in Süd- und Osteuropa angeflogen, aber auch die Grenze in den Nahen Osten und nach Nordafrika, wie beispielsweise nach Marokko, wird immer mehr überschritten. Starke Rückgänge gab es unter anderem an den Flughäfen Hahn und Niederrhein, aber auch in Köln und Berlin-Schönefeld sind zahlreiche Flüge weggefallen.
Starke Variation bei den Preisen
Die Durchschnittspreise der bedeutendsten Low Cost Anbieter auf dem deutschen Markt variieren untereinander und in Abhängigkeit vom Vorausbuchungszeitraum. Zu den veröffentlichten Nettopreisen kommen jeweils deutliche Zuschläge in Form von Steuern und Gebühren sowie bei einigen Fluggesellschaften auch noch Kerosinzuschlag oder Buchungsgebühren hinzu. So wurden in einer etwa zehnprozentigen Stichprobe aller Low Cost Strecken Deutschlands die Flugpreise für verschiedene Zeitpunkte ermittelt. Die auf diese Art bestimmten Durchschnittspreise für eine Strecke variieren im Spätsommer 2011 zwischen circa 40 und 80 Euro bei den Nettopreisen und zwischen 60 und 130 Euro bei den Endpreisen.
Marktanteil des Low Cost Carrier Markts in Deutschland sinkt um zwei Prozent
Im ersten Halbjahr 2011 nutzten auf den 26 internationalen und regionalen Verkehrsflughäfen über 30 Millionen Passagiere die Angebote von Low Cost Airlines für ihre Flugreisen. Bei einem lokalen Gesamtpassagieraufkommen von über 93 Millionen Passagieren auf den betrachteten Verkehrsflughäfen beträgt der Marktanteil des LCC Segments somit nur noch 33 Prozent gegenüber einem Wert von 35 Prozent im letzten Jahr. Insgesamt hatten die Berliner Flughäfen zusammen genommen mit über 6 Millionen Passagieren im Low Cost Verkehr das höchste Aufkommen aller Flughäfen in Deutschland.
Gesamtbetrachtung des europäischen Markts
Bei einer Betrachtung des gesamten europäischen Markts zeigt sich, dass Ryanair seine Marktführerschaft im Low Cost Carrier Sektor weiter ausgebaut hat. Mit über 10.700 Starts sowie rund 2300 Strecken verfügt diese Gesellschaft mit einem Marktanteil von rund 25 bis 30 Prozent über das größte Verkehrsangebot vor Easyjet (19 Prozent), dem Low Cost Segment von Air Berlin (9 Prozent) und Flybe (8 Prozent). Das Zielland Nummer eins bei den Low Cost Carriern bleibt Großbritannien, das mit 9928 Starts mit weitem Abstand die meisten Flüge aufweist. Auf den nächsten Plätzen folgen Spanien (7250 Starts), Italien (6038 Starts) und Deutschland (4815 Starts). Inzwischen ist London-Gatwick (1474 Starts) der Flughafen mit dem größten Angebot an Low Cost Flügen. Durch ein starkes Wachstum in Barcelona (1315 Starts) ist dieser Flughafen auf Platz zwei vorgerückt und hat damit London-Stansted (1261 Starts) auf den dritten und Dublin (1239 Starts) auf den vierten Platz verdrängt. Während bei den meisten europäischen Flughäfen ein Wachstum festzustellen ist, weisen die deutschen Flughäfen eher stagnierende Werte oder sogar deutliche Rückgänge auf: Der Flughafen Köln-Bonn ist im europäischen Vergleich von Rang 9 im Jahr 2010 auf Rang 18 abgerutscht. Auch alle anderen deutschen Flughäfen sind im europäischen Flughafenranking seit 2010 abgesunken. Im Europaverkehr hat der Low Cost Carrier Markt seinen Anteil von rund 27 Prozent im letzten Jahr bei den Flugangeboten sogar auf 28 Prozent steigern können. Inzwischen gibt es Low Cost Angebote in über 40 Ländern Europas, dabei werden auch die Grenzen nach Nordafrika und Asien immer mehr überschritten. Insgesamt ist auch hier ein deutliches Streckenwachstum bei einem etwas geringen Anstieg der Zahl der Flüge zu erkennen.
(red / DLR)