Stockholm, 27. December 1991. Auf dem Flughafen Arlanda bereitet sich die Crew des Scandinavian Airlines Service Fluges 751 auf den Abflug vor. Die Route soll die McDonnell Douglas MD-81 mit einem Zwischenstopp in Kopenhagen in die polnische Hauptstadt Warschau führen. Als Kapitän ist der Däne Stefan G. Rasmussen eingeteilt, ihm zur Seite sitzt der Schwede Ulf Cedermark als First Officer. An Bord befinden sich neben den beiden Piloten noch vier Flugbegleiterinnen sowie 123 Passagiere, insgesamt also 129 Menschen. Aufgrund der vorherrschenden Wetterbedingungen hatte sich der geplante Abflug um 08.30 Uhr Lokalzeit etwas verzögert, um 08.47 Uhr schob Kapitän Rasmussen die Schubhebel nach vorne, beschleunigte die MD-81 auf der Startbahn 08 von Arlanda und startete schließlich Richtung Kopenhagen.
Bisher war der Flug routinemäßig verlaufen. Doch 4 Minuten 7 Sekunden nachdem Kapitän Rasmussen an den Start gerollt war, musste Flug 751 jedoch auf einem Feld unweit des Flughafens Arlanda notlanden, nachdem kurz nach dem Start beide Triebwerke ausgefallen waren. Wenig verwunderlich entstand am Flugzeug selbst Totalschaden, was jedoch an ein Wunder grenzte war die Tatsache, dass alle 129 Menschen an Bord den Unfall überlebt hatten. Vielmehr noch, es waren lediglich 84 Leichtverletzte und 8 Schwerverletzte zu beklagen. Die anderen Insassen hatten vollkommen unverletzt überlebt. Schnell war vom Wunder von Stockholm die Rede und lange bevor ein isländischer Vulkan namens Eyjafjallajökull zweifelhafte Berühmtheit im internationalen Flugverkehr erlangte, bahnte sich ein anderes, für uns schwer aussprechliches Wort seinen Weg in die Luftfahrtgeschichte - Gottrörakraschen – der Absturz in Göttröra.
Wie es jedoch dazu kommen konnte, dass ein ausgezeichnet gewartetes Flugzeug einer der renommiertesten Fluggesellschaften der Welt, geflogen von einer sehr gut ausgebildeten Crew, überhaupt unmittelbar nach dem Abflug mit einem gravierenden technischen Problem notlanden musste, das mussten nun die Unfallermittler, die mit der Klärung dieses Unfalls betraut wurden, klären. Was sie herausfinden sollten, welche daraus resultierenden Empfehlungen ausgesprochen wurden und welche Lehren man heute noch immer aus diesem Unfall ziehen kann, davon handelt dieser Bericht.
Die Unfalluntersuchung
Lediglich 20 Minuten nach dem Absturz wurde bereits eine Flugunfallkommission einberufen, die sich auf dem Weg zur Absturzstelle machte und sofort mit ihren Ermittlungen begann. Da alle Passagiere und Besatzungsmitglieder überlebt hatten und das Wrack zwar in drei Teile zerbrochen, sonst jedoch weitgehend intakt und vor allem nicht ausgebrannt war, konnten die erfahrenen Ermittler auf alle notwendigen Puzzlesteine zurückgreifen, die notwendig waren, die Ursachen des Unglücks restlos aufzuklären.
Als Erstes galt es, die Rahmenbedingungen abzuklären, unter denen der Flug stattgefunden hatte. Dabei rücken die atmosphärischen Bedingungen zum Zeitpunkt des Abflugs, der Zustand des Flugzeugs sowie der Ausbildungsstand der Besatzung in den Mittelpunkt der Untersuchung.
Das Flugzeug
Von Anfang an war klar, dass es zunächst einmal zu klären galt, wie es zu dem Ausfall beider Triebwerke so kurz nach dem Start kommen konnte. Der fragliche Jet mit der Registrierung OY-KHO war erst 1991 gebaut worden, er trug die Seriennummer 53 003. Angetrieben wurde die MD-81, die auf den Namen „Dana Viking“ getauft worden war von zwei Pratt & Whitney JT8D-217C Triebwerken, einer abgespeckten Version des JT8D-219 Triebwerks. Die beiden Triebwerke hatten lediglich 1.608 Betriebsstunden abgeleistet, das Flugzeug selbst kam erst vor 19 Stunden aus einem wöchentlichen Check, die letzte A3-Inspektion lag 159 Stunden zurück.
Die Besatzung
Betrachtet man die meisterliche Notlandung, sowie die fliegerische Leistung, die dieser Notlandung vorausgegangen war, konnte man eigentlich nicht davon ausgehen, dass der Crew einer oder gar mehrere Fehler unterlaufen waren.
Kapitän Stefan Rasmussen war zum Zeitpunkt des Unfalls 44 Jahre alt. Zwar hatte er seine Ausbildung auf der MD-81 erst etwas mehr als ein Jahr zuvor abgeschlossen, sein letztes periodisches Flugtraining im DC-9-80 Simulator lag jedoch weniger als drei Monate zurück.
Mehr noch, er hatte in der dänischen Luftwaffe fliegen gelernt, wo er zunächst eines der am schwierigsten zu fliegenden Kampfflugzeuge seiner Zeit, die F-104 Starfighter flog, bevor er auf das wohl legendärste Flugzeug aller Zeiten, die DC-3 umgeschult wurde. 1979 kam er schließlich zu SAS, wo der von 1979 bis 1989 die Vorgängerin der MD-81, die DC-9 flog bevor er wieder auf einen andern Flugzeugtyp umschulte, die Fokker F-27. Diesen Typ flog er schließlich bis 1990 bevor er als Kapitän auf der MD-81 bestätigt wurde. Am 27. Dezember 1991 hatte er insgesamt 590 Stunden auf der MD-81 absolviert.
Auch sein First Officer, Ulf Cedermark, 34 Jahre alt, konnte auf eine militärische Ausbildung zurückblicken. In der schwedischen Luftwaffe hatte er deren damals modernstes Kampfflugzeug, die Saab AJ-37 Viggen geflogen, bevor er 1987 Pilot bei SAS wurde. Der Abschluss seines Trainings auf der MD-81 lag nur etwas mehr als ein Monat zurück, er konnte jedoch auf vier Jahre Erfahrung auf dem großen Bruder der DC-9, der DC-10 zurückblicken, drei davon als System-Instrukteur. Er hatte 76 Stunden auf MD-81 im Flugbuch stehen.
Die Flugbegleiterinnen hatten alle mehr als tausend Stunden auf der DC-9/MD-81 Erfahrung, die Purserette sogar über 6.000. Diese kollektive Erfahrung sollte sich später noch als sehr nützlich erweisen, ja sogar wesentlich zum glimpflichen Ausgang für die Passagiere beitragen.
Die atmosphärischen Bedingungen
Das Wetter an diesem Freitag entsprach der Jahreszeit und der geographischen Region. Ein 11 Knoten starker (oder schwacher) Wind aus Norden, leichter Schneefall, angenehme 0° Celsius, Sichtweiten größer als 10 km sowie eine Wolkenuntergrenze von 600 Fuß und 2/8 Bewölkung sollten keinen Verkehrspiloten vor allzu große Herausforderungen stellen. Auch die Bedingungen auf der Runway waren keineswegs abnormal. Die Startbahn war zwar nass und es gab vereinzelt Eis und Schnee, die Bremswirkung wurde aber als gut eingestuft.
Was aber war genau passiert?
Die Ermittlungen der Kommission stützten sich hauptsächlich auf Zeugenaussagen sowie die Aufzeichnungen des Flugdatenschreibers und des Cockpit Voice Recorders. Schnell kam man dabei auf die Hauptursache, die zum Crash von Flug 751 geführt hatte.
Auf den Aufzeichnungen des Cockpit Voice Recorders (CVR) ist zum Zeitpunkt des Abhebens ein tiefes, pfeifendes Geräusch wahrnehmbar, das jedoch weder vom Kapitän, noch vom First Officer (FO) zugeordnet werden konnte. Die Passagiere sagten später aus, dass sie zum Zeitpunkt des Abhebens sahen, wie sich Eis von den Tragflächen löste. ATS, das Auto-Throttle-System war zum Zeitpunkt des Starts aktiviert. Der Steigflug begann zunächst ohne Besonderheiten, schnell war die MD-81 von Wolken eingeschlossen. 25 Sekunden nach dem Abheben kam es dann im rechten Triebwerk zu einem sogenannten Surge. Stark vereinfacht ausgedrückt kommt es zu so einem Surge, wenn der Luftstrom innerhalt eines Triebwerks unterbrochen wird und so nicht mehr genug Luft durch die Verdichterstufen strömen kann. Die Strömung an den Verdichterschaufelblättern reißt ab, es kommt zu einem sogenannten Compressor Stall. Da die Druckverhältnisse in einem modernen Jet-Triebwerk jedoch fein ausbalanciert sind, kommt es bei einem Surge nun zu einem Rückstrom von Luft durch die einzelnen Verdichterstufen nach vorne, der im schlimmsten Fall das Triebwerk komplett zerstören kann.
Im Cockpit wurde dieses Surging als eine Reihe von ruckartigen Bewegungen wie bei einer harten Bremsung wahrgenommen. Schnell war nach Überprüfung der Anzeigen klar, dass die Probleme vom rechten Triebwerk ausgingen, worauf die Besatzung dieses leicht drosselte. Was die Besatzung jedoch nicht wusste war, dass ihre MD-81 mit einem sogenannten ATR-System ausgerüstet war. ATR (Automatic Thrust Restoration) sorgt dafür, dass die Triebwerksleistung mit steigender Flughöhe nachjustiert wird, um die Leistung zu halten und sorgte in diesem Fall dafür, dass, obwohl der Pilot das Triebwerk subjektiv leicht gedrosselt hatte, die Leistung objektiv mit steigender Flughöhe ebenfalls erhöht wurde, ein wesentlicher Faktor für das, was noch passieren sollte. Der Surge hörte somit mit der Drosselung der Leistung nicht auf, sondern führte 51 Sekunden später zum kompletten Verlust der Leistung dieses Triebwerks. Schlimmer noch, 65 Sekunden nach Abflug kam es auch im linken Triebwerk zu einem Surge. Dieser wurde zunächst von den Piloten nicht erkannt, weshalb sie auch keinen Versuch unternahmen, ihn zu korrigieren. 2 Sekunden nach Ausfall des rechten fiel schlussendlich auch das linke Triebwerk endgültig aus. Zu diesem Zeitpunkt hatte Flug 751 eine Flughöhe von 977 Metern erreicht, die Fluggeschwindigkeit betrug 196 Knoten, etwa 363 km/h. Erst jetzt bemerkte der FO nach eigener Aussage die Warnanzeige der Triebwerksüberwachung und sah, dass die Austrittstemperatur über 800° Celsius betrug. Als wäre der Ausfall von beiden Triebwerken noch nicht schlimm genug, kam es 13 Sekunden danach noch zu einer Feueranzeige für das linke Triebwerk, das jedoch durch Betätigen der Feuerlöschanlage schnell gelöscht werden konnte. Nach 26 Sekunden ging die Feueranzeige schließlich aus. Zu diesem Zeitpunkt musste Kapitän Rasmussen auch noch auf EFIS, das elektronische Fluginstrumentensystem verzichten, das kurz nach dem Ausfall beider Triebwerke ebenfalls ausgefallen war. Von nun an stand ihm nur mehr eine kleinere Backup-Anzeige zur Verfügung um die wesentlichen Informationen zu seiner Fluglage- und Geschwindigkeit zu erhalten. Die Crew hatte auch versucht, den Autopilot zu aktivieren, was ihr jedoch nicht gelang. Auch der entsprechende Warnton war nun zu hören, dieser wurde jedoch von der Crew bis zur Notlandung nicht mehr abgeschaltet.
Der Surge beider Triebwerke wurde jedoch auch von einem zufällig mitfliegenden SAS-Kapitän, Per Homberg bemerkt. Dieser verständigte die Cabin-Crew, die diese Information unverzüglich an das Cockpit weiterleitete. Schlussendlich entschied sich dieser Captain, ins Cockpit zu eilen um seine Hilfe anzubieten. Er bekam daraufhin die Notfall-Checkliste vom FO und wurde von Kapitän Rasmussen angewiesen, die Auxiliary Power Unit zu starten. Der CVR registrierte die Stimme dieses Helfers, als er Kapitän Rasmussen mehrmals mit bestimmten Tonfall anwies, nach vorne zu schauen.
Nun war klar, dass man das Flugzeug, die Passagiere und sich selbst auf eine Notlandung vorbereiten musste. Der Erste Offizier Ulf Cedermark verständigte Stockholm, dass man mit Triebwerksproblemen zu kämpfen habe, worauf die Verkehrskontrolle von Stockholm die Piloten anwies, in einer leichten Rechtskurve Kurs auf Runway 01 zu nehmen. Rasmussen hatte zu diesem Zeitpunkt die Nase der MD-81 bereits abgesenkt, um Fluggeschwindigkeit zu bewahren und setzte nun den Gleitflug so gut es ging in nördlicher Richtung fort. Er wies die Purserette an, die Passagiere über den vorliegenden Notfall und die zu setzenden Maßnahmen aufzuklären. Vor allem die genauen Anweisungen der Cabin-Crew an die Passagiere, die spezielle Sitzhaltung für Notlandungen einzunehmen, wurde später als wesentlich dafür erachtet, dass nur acht der 129 Insassen bei dem Crash schwer verletzt wurden.
Während dessen „flog“ Kapitän Rasmussen nunmehr auch ohne EFIS in den Wolken und hielt den nördlichen Kurs. In ca. 420 Metern Flughöhe, noch immer in den Wolken fuhr der FO die Klappen aus. 340 Meter über Grund fragte Rasmussen, ob die Klappen ausgefahren seien und erhielt von dem assistierenden Kapitän die Bestätigung, dass die Klappen nun mehr vollständig ausgefahren seien.
Jetzt ging alles sehr schnell. In ca. 300 Metern Höhe durchstieß die „Dana Viking“ schließlich die Wolkendecke und Rasmussen merkte, dass er ein großes Feld zu seiner Rechten nicht mehr erreichen würde. Er wählte daraufhin ein kleineres Feld das mehr oder weniger in Flugrichtung lag und korrigierte seine Flugbahn noch etwa 25° nach rechts, um einigen Häusern auszuweichen. Auch das Fahrwerk wurde ausgefahren, nachdem der noch immer im Cockpit befindliche zweite Kapitän dazu auf Fragen des First Officer die entsprechende Anweisung gegeben hatte. Acht Sekunden später informierte der FO Stockholm über den kurz bevorstehenden Crash, sieben weitere Sekunden später zeichnete der CVR Kollisionsgeräusche mit Bäumen auf. Zu diesem Zeitpunkt war das Fahrwerk vollständig ausgefahren, die Fluggeschwindigkeit betrug 121 Knoten. Die rechte Tragfläche wurde fast vollständig abgerissen, der Rumpf drehte dabei nach rechts. Die letzte Aufzeichnung im Flug zeigt eine Fluggeschwindigkeit von 107 Knoten und einen Neigungswinkel nach rechts von 19,7°.
Der Flug endete nach 4 Minuten und 7 Sekunden auf einem Feld
247 Sekunden nach dem Abheben schlug Flug 751 schließlich mit dem Heck zuerst auf dem leicht abfallenden Gelände auf. Der Neigungswinkel hatte sich dabei auf 40,1° erhöht. Der Rumpf schlitterte nach dem Aufprall noch 110 Meter weiter und zerbrach dabei in drei Teile. Feuer brach keines aus, ebenfalls ein entscheidender Faktor dafür, dass niemand ums Leben kam. Bis auf die Schwerverletzten konnten alle Passagiere das Wrack selbständig verlassen.
Was passiert war, war nun klar. Wie aber konnte es zum Surging und in weiterer Folge zum Ausfall beider Triebwerke kommen? Die Aussagen mehrerer Passagiere, dass sich beim Abheben Eis von den Tragflächen gelöst hatte, lieferten dafür den entscheidenden Anhaltspunkt.
"Ich hörte mehrere laute Knalle"
Einer der Reisenden war die damals 21-jährige Jessica Jedenby, die sich für Austrian Wings an die wohl dramatischsten Momente ihres Lebens zurück erinnert:
"Am 27. Dezember 1991 wollte ich von Stockholm nach Hannover fliegen um dort Neujahr zu feiern. Hintergrund war, dass ich einige Jahre zuvor dort als Au Pair gearbeitet hatte. Nun wollte ich meine Gastfamilie und meine Freunde von damals wiedersehen. Ursprünglich wäre ich für den 28. gebucht gewesen, aber durch einen vermeintlich glücklichen Zufall wurde doch noch ein Platz auf der Maschine am 27. frei.
Nachdem ich auf meinem Sitz in der 8. Reihe Platz genommen hatte, beobachtet ich, wie die Tragflächen enteist wurden. Ich erinnere mich, dass ich dabei eine Kassette hörte, die ich am Flughafen direkt gekauft hatte.
Als die Maschine schließlich abhob, hatte ich die Musik in den Ohren, doch plötzlich hörte ich mehrere laute Knalle hintereinander. Die Kabinenbesatzung sah sich besorgt an und durch die offene Cockpittüre konnte ich eine Computerstimme hören, die Warnungen an die Piloten aussprach. Das war ein ziemlich beunruhigendes, unangenehmes Gefühl.
Dann ging alles ganz schnell - eine Flugbegleiterin gab das Kommando, dass wir uns auf eine Notlandung vorbereiten sollten. Ich war sicher, dass ich sterben würde.
Doch nachdem wir mit einem lauten Knall auf dem Boden aufgeschlagen waren, brach das Flugzeug unmittelbar in der Nähe meines Sitzplatzes auseinander. Ich konnte es kaum glauben, aber tatsächlich, ich lebte. Durch das Loch im Flugzeugrumpf stieg ich ins Freie. Einige Passagiere lachten, andere machten Witze.
Später kam der Kapitän, der aus einer Wunde am Kopf blutete zu uns und sagte uns, dass es alle geschafft hätten. Niemand sei bei dem Absturz gestorben."
Jessica flog schon einen Tag später wieder
Bereits am nächsten Tag saß Jessica Jedenby dann im Flieger nach Hannover um Neujahr mit ihren Freunden in Deutschland zu feiern. Die Besatzung auf diesen und den nachfolgenden Flügen habe sich sehr um sie bemüht.
Zwei Jahre lang seien sie von der Fluglinie hervorragend betreut worden, hätten einen Ansprechpartner gehabt - anders als die Hinterbliebenen der Opfer des Lauda Air Absturzes 1991, die an der nicht vorhandenen Betreuung scharfe Kritik geübt hatten.
Danach habe SAS die Unterstützung und Betreuung allerdings eingestellt, “warum, weiß ich nicht”, erklärte Jedenby gegenüber Austrian Wings.
Heute, 20 Jahre nach dem Unglück nutzt sie das Flugzeug weiterhin als Verkehrsmittel. “Nur bei Turbulenzen werde ich nervös.”
Eis – die kalte Gefahr
Seitdem sich die ersten Menschen in selbst gebauten Maschinen in die Lüfte zu erheben begannen, stellten Kälte und Eis zwei der größten Gefahren dar, sowohl für Mensch als auch für Maschine. Eisablagerungen konnten nicht nur gefährliches Zusatzgewicht für die Flugapparate bilden, sie konnten auch die Aerodynamik eines Flugzeugs oder einer Tragfläche und in weiterer Folge die Steuerflächen derart behindern, dass kontrolliertes Fliegen nicht mehr möglich war. Besonders gefährlich waren auch Eisbrocken, die sich während des Fluges lösen konnten und dann wie Geschosse Außenhäute, Triebwerke, Propeller oder Steuerseile beschädigten oder aber Besatzungsmitglieder und Passagiere verletzen konnten. Auch der Mensch war durch die Kälte gefährdet. Das Fliegen in offenen Cockpits machte umfangreiche Schutzkleidung und später sogar elektrisch beheizte Spezialunterwäsche erforderlich, um den tiefen Temperaturen in großer Höhe oder in der kalten Jahreszeit zu trotzen. Ging man gegen Eis in der Anfangszeit noch brachial vor – während des historischen Transatlantikfluges von Alcock und Brown in ihrer Vickers Vimy 1919 kletterte immer einer von Beiden abwechselnd auf die Tragflächen, um große Eisflächen mit einer ordinären Hacke vorsichtig aufzuhacken und somit zu lösen – wurden die Enteisungsmaßnahmen über die Jahre verfeinert und um ein ganzes Arsenal an mechanischen, chemischen und elektrischen Technologien erweitert.
Moderne Enteisungsverfahren
Heutzutage werden Passagierjets bereits vor dem Start mit chemischen Mitteln enteist, entweder noch an den Gates oder Parkpositionen, oder aber in speziellen Stationen kurz vor dem Start. Die dafür gebräuchlichen Flüssigkeiten werden in Typ I bis IV unterteilt und unterscheiden sich hauptsächlich in ihrer Zusammensetzung und ihrer Wirkungsdauer.
Bevor man jedoch einen Passagierjet enteisen lässt, stellt sich die Frage, ob dies überhaupt notwendig ist, da der Enteisungsvorgang zeitaufwendig sein kann und geplante Abflugszeiten somit nach hinten schieben kann und natürlich auch mit Kosten verbunden ist.
Die „Dana Viking“ war am Vorabend aus Zürich gekommen und wurde für die Nacht im Freien abgestellt. Während des Fluges aus Zürich war sie Temperaturen von -53° Celsius bis -62° Celsius ausgesetzt und hatte nach der Landung noch ca. 2,5 t Treibstoff in jedem der beiden Tragflächentanks. Während der Nacht wurde die Maschine gründlich von einem Techniker überprüft, der unter anderem feststellte, dass sich Klareis auf der Tragflächenoberseite gebildet hatte, als er die Inspektion bereits beendet hatte. Zu diesem Zeitpunkt betrug die gemessene Außentemperatur +1° Celsius. Die Kommission sollte später feststellen, dass die atmosphärischen Bedingungen nahezu optimal für die Bildung von Klareis waren.
Klareis - die unterschätzte Gefahr
Auch der Mechaniker, der in der Früh dafür verantwortlich war, den Jet noch einmal zu überprüfen und ihn dann an die Crew zu übergeben, hatte Eisbildung festgestellt, diesmal an der Unterseite der Tragfläche. Er kletterte deshalb auf eine Leiter, um auch die Oberseite zu prüfen. Dazu strich er mit der Hand an der Vorderkante der Tragfläche entlang, konnte jedoch nur Schneematsch ertasten, kein Eis. Er nahm deshalb an, dass der Rest der Tragfläche eisfrei sei, ein fataler Irrtum. Während er die Maschine überprüfte, fiel die Außentemperatur auf 0° Celsius.
Nun begann das Verhängnis, seinen Lauf zu nehmen. Der Frühmechaniker beriet sich nach seinem Eischeck mit dem Kapitän über das weitere Vorgehen, und es wurde beschlossen, nicht nur die Tragflächenoberseite, sondern auch die Unterseite zu enteisen. Die Oberseite wurde hauptsächlich deshalb enteist, um den Schneematsch von den Tragflächen zu entfernen, der als potentielle Gefahr angesehen wurde. An Klareisbildung weiter hinten auf den Tragflächenoberseiten dachte niemand.
Enteisungsflüssigkeiten gibt es in vier Typen, Typ I bis IV; sie unterscheiden sich hauptsächlich in ihrer chemikalischen Zusammensetzung bzw. ihrem Mischverhältnis, ihrer Viskosität und ihrer Wirkungsdauer, auch „holdover time" oder kurz HOT genannt, und sind unterschiedlich gefärbt, um sie leicht unterscheiden zu können. Typ I ist die am kürzesten wirksame Flüssigkeit und dient hauptsächlich dazu, Flugzeuge von bereits auf dem Flugzeug haftenden Eis und Schneematsch zu befreien und die gereinigten Oberflächen für ca. 15 – 25 Minuten Matsch- und Eisfrei zu halten. Verzögert sich der Start nach dem Enteisen über diese Zeitspanne hinaus, kann eine weitere Enteisung notwendig werden, oder die Flugzeugoberflächen sind nicht mehr ausreichend gegen Vereisen geschützt.
Flug SK751 wurde vor dem Start mit 1,4 t zusätzlichem Treibstoff betankt und war schließlich um 08.30 Uhr, der geplanten Startzeit fertig, um enteist zu werden. Wie bereits erwähnt wurde dazu Typ I Flüssigkeit verwendet.
Klareis bekanntes Problem bei der MD-81
Auf Grund bereits gemachter Erfahrungen mit Klareisbildung bei diesem Flugzeugtyp hatte der Hersteller, McDonnell Douglas auf jüngeren Exemplaren der MD-81 Produktion ein einfaches, aber wirkungsvolles Mittel installiert, um zu überprüfen, ob die Oberflächen der Tragfläche vereist waren oder nicht. An für die Klareisbildung neuralgischen Stellen waren kleine Warndreiecke mit sogenannten „Tufts“ angebracht, Stoffbausch-ähnliche Vorrichtungen, die durch ihre Bewegung (oder Nichtbewegung) anzeigen konnten, ob sie vereist waren oder nicht.
Der für die Enteisung zuständige Techniker sagte im Rahmen der Untersuchung aus, daß er einen dieser Tufts während des Enteisens sich bewegen sah, von den anderen Dreien sagte er nichts. Ein Passagier, der durch seinen Sitzplatz weitere der Tufts sehen konnte, sagte aus, dass diese sich während des Enteisungsvorgangs nicht bewegt hatten, ein klares Indiz dafür, dass sie vereist waren.
Auch der Mechaniker, der die Enteisung angeordnet hatte, prüfte nach dem Enteisen nicht noch einmal nach, ob das Klareis an der Tragflächenoberseite beseitigt worden war. Er hatte ja auch bei seinem ersten Check keines entdeckt. Dem Kapitän gegenüber meldete er dass das Enteisen beendet sei und auf die Frage, ob die Tragflächenunterseiten nun eisfrei sein, dass sie nahezu „perfekt“ seien. Der Kapitän quittierte diese Meldung mit einem knappen „That sounds fine, then, thanks.“ Auch er fragte an dieser Stelle nicht nach, ob die Oberseiten ebenfalls auf Eis überprüft worden waren.
Das letzte Puzzleteil, das schließlich zu dem Unglück führte, lag in der Konstruktion der Maschine selbst begründet. Die MD-81 stellte eine vergrößerte Version der ursprünglichen DC-9 dar, die stärkere Triebwerke und eine größere Reichweite besaß. Letzteres wurde dadurch erreicht, daß man den Rumpftank in die Tragflächen hinaus erweiterte, wodurch vereinfacht beschrieben die Tragflächentanks nun an den Rumpftank direkt angrenzten. Die Wände beider Tanks bildeten ziemlich genau eine Linie mit der Längsachse der Triebwerke, die am Heck angebracht waren.
Kalter Treibstoff in den Flächentanks als Risiko
Durch das Treibstoff-Management-System an Bord der MD-81 verblieb jedoch der ungenutzte Treibstoff meistens in den Flächentanks, wo er bei niedrigen Temperaturen ebenfalls stark abkühlte und Klareis richtiggehend „anzog“. Dieses konnte sich bei nicht ausreichender oder überhaupt ausbleibender Enteisung lösen und in die Triebwerke gelangen. Wir erinnern uns, die „Dana Viking“ kam am Abend zuvor aus Zürich und hatte nach dem Abstellen noch fast 2,5 t Kerosin pro Tragflächentank geladen. Nachdem es bereits mehrere Fälle von leichten Beschädigungen im Triebwerksbereich durch Einsaugen von Fremdkörpern (vor allem Eis) gegeben hatte, geriet sich lösendes Eis 1981 in die Triebwerke einer Finnair DC-9-51 und beschädigte auch dieses Flugzeug. Daraufhin wurden alle verantwortlichen Behörden, der Hersteller sowie alle Betreiber über diese potentielle Gefahrenquelle informiert. Finnair ging sogar soweit, vom „most difficult systematic threat to flight safety today“ zu sprechen.
McDonnell Douglas installierte daraufhin ab 1989 die bereits beschriebenen Tufts, um das Erkennen von Klareis zu erleichtern und gab mehrere Bulletins, so genannte „All Operator Letters“ heraus, die diese Gefahr beschrieben und auch deren Erkennen sowie Beseitigen erleichtern sollten. Man vertraute seitens des Herstellers darauf, daß diese Bulletins in die Operationshandbücher der Airlines eingearbeitet werden würden. Weitere Modifikationen sahen Sensoren vor, die auf der Oberseite der Tragfläche angebracht waren und Piloten vor Eisbildung warnen sollten. Auch das Betankungs- und das Fuel Burn System wurden modifiziert , um einerseits sicherzustellen, daß schon während des Betankens wärmerer frischer Treibstoff mit „altem“ abgekühlten Treibstoff vermischt werden würde und daß während des Flugs durch alternative Verwendungsmethoden der Tanks eine Luftschicht zwischen Treibstoff und Oberseite der Tragflächentanks gebildet werden würde, die eine zusätzliche „Schutzschicht“ vor Vereisung bilden sollte. Diese Modifikationen für ältere Flugzeuge wurden den Betreibern nicht verpflichtend auferlegt, sondern nur empfohlen.
Ab Oktober 1991 wurden sie serienmäßig verbaut, bei SAS kamen sie jedoch mit Ausnahme eines Testflugzeugs nicht zur Verwendung, bevor die „Dana Viking“ ihren letzten Flug antrat.
Aber auch die jeweiligen nationalen Behörden und Betreiber blieben nicht untätig und machten sich ebenfalls Gedanken, wie man des Problems Herr werden könnte.
Techniker waren zu ungenau über Verfahren informiert
Im Rahmen eines „Line Maintenance Handbooks“ hatte SAS alle vorhandenen Informationen verarbeitet und die Techniker, Mechaniker und Piloten genau angewiesen, wie man Klareis erkennen und beseitigen könne, so dachte man zumindest. Auch wurden alle betroffenen Techniker jährlich vor Beginn der Wintersaison auf die jeweiligen Procedures nachgeschult, in denen auch das Erkennen und Beseitigen von Klareis eine große Rolle spielte. Bei den Flightcrews sah die Lage jedoch anders aus. SAS Piloten erhielten einen MD-80 Study Guide während ihres Trainings für diesen Flugzeugtyp. Darin wird das Klareisproblem jedoch nicht erwähnt, sondern auf Flight Operation Manuals und Airline Operation Manuals verwiesen. Diese jedoch waren im Fall von SAS nicht spezifisch genug. So sagte der First Officer im Rahmen der Untersuchung aus, dass ihm das ganze Ausmaß des Klareisproblems bei der MD-81 aus den Schulungsunterlagen heraus und im Training nicht bewußt geworden war.
Die beiden Techniker, in deren Händen die „Dana Viking“ vor dem Abflug war, hatten zwar beide Schulungen für den korrekten Winterbetrieb erhalten, auch ihnen war aber das Ausmaß der Gefahr nicht bewusst. Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Checklist, ein Auszug aus dem Line Maintenance Handbook, die als Plastikkarte an alle Techniker ging, und ihnen den Departure Check erleichtern sollte. Darin sind genau jene Stellen bezeichnet, die auf Klareis untersucht werden sollen. Allerdings sind darauf keinerlei klare Procedures vermerkt, wie dieser Check genau erfolgen soll und wie das Klareis entfernt werden soll. „Touch Check for CLEAR ICE“ und „In Ice Condition : Snow & Ice removed/reported“ stellen keine genauen Anweisungen dar, sollte die Untersuchungskommission in weiterer Folge feststellen.
So konnte es also dazu kommen, dass ein Problem, das bereits lange bekannt war, und dessen man sich auch bewusst war, eine Ereigniskette auslöste, die ein fast nagelneues Flugzeug, geflogen von einer gut ausgebildeten Besatzung zum Absturz gebracht hatte, wie durch ein Wunder ohne Todesopfer. Zu verdanken war dies in erster Linie der hervorragenden fliegerischen Leistung der beiden Piloten, auch wenn sie indirekt für den Ausfall beider Triebwerke mitverantwortlich waren. Auch die Cabin Crew hatte durch ihren professionellen Einsatz großen Anteil daran, daß nur acht schwer verletzte Personen zu beklagen waren.
Der Report der Kommission – Ursachen und Empfehlungen
Insgesamt listet der Abschlussbericht 27 so genannte Findings auf, die im Rahmen der Untersuchung ans Licht gekommen waren. Am bedeutsamsten für den Unfall waren das Nicht-Überprüfen und damit das Nicht-Entfernen des Klareises auf der Tragflächenoberseite. Dies wurde auf unklare und unzureichende Anweisungen und Procedures innerhalb SAS zurückgeführt.
Vorwürfe an SAS und Piloten
Nachdem das gelöste Eis die Triebwerke beschädigt hatte, waren es dann der nicht richtige Umgang mit dem Engine-Surging sowie das Nicht-Abschalten des ATR Systems, die beide in weiterer Folge zum Ausfall beider Triebwerke, führte, was eine Notlandung notwendig machte. Den beiden Piloten wurde vorgeworfen, mit dem Ausfall der beiden Triebwerke nicht richtig umgegangen zu sein und keine Notfallchecklisten verwendet und abgearbeitet zu haben.
Dass das ATR System innerhalb SAS nicht einmal bekannt war, wurde ebenfalls als zusätzlicher Unfallgrund angeführt.
In den Empfehlungen sprach sich die Unfalluntersuchungskommission unter anderem dafür aus, dass den Betreibern der MD-80 Serie Jets klare Anweisungen und Procedures für das Klareisproblem zur Verfügung gestellt werden sollen.
Ebenso sollten Möglichkeiten geschafft werden, ATR von vornherein zu deaktivieren.
Das Training für Piloten sollte auf den Umgang mit Engine-Surging erweitert werden und Piloten darauf gedrillt werden, entsprechende Checklisten auswendig anwenden zu können.
Auch sollten Checklisten für die richtigen Maßnahmen bei einer Notlandung mit zwei ausgefallenen Triebwerken eingeführt werden. (In diesem Punkt war der Hersteller in die Verantwortung zu nehmen, da eine derartige Checkliste vor dem Unfall von Flug SK751 nicht zur Verfügung stand.)
Was bleibt ...
Abgesehen von der herausragenden fliegerischen Leistung, zeigt die Notlandung von Flug SK751, wie schnell eine Verkettung von kleinen Verfehlungen zu einem großen Problem und in weiterer Folge zu einer Beinah-Katastrophe führen kann. Auch vergleichsweise milde Temperaturen können bereits umfangreiches Enteisen notwendig machen und der Preflight-Check auf Eis sollte deshalb umso genauer erfolgen. Ein simpler visueller Check oder ein sich Verlassen auf Andere reicht hier nicht aus.
Kritik von ehemaligem SAS-Kapitän
Kapitän Rasmussen stand uns für ein Interview leider nicht zur Verfügung, aber der ehemalige SAS Kapitän Oluf Husted, der eine sehr interessante Internet-Seite mit dem Namen „Whistleblowers.dk“ betreibt, hat sich bereit erklärt, mir einige Fragen zu diesem Themenkomplex zu beantworten.
Darauf gefragt, ob Unfälle wie der von Flug SK751 und die daraus folgenden Lehren das Fliegen allgemein sicherer gemacht haben, zieht er eine düstere Bilanz. Er meint, dass in vielen Fluggesellschaften Profit noch immer vor Sicherheit geht und Piloten potentielle Probleme oftmals aus Furcht, ihren Job zu verlieren, nicht melden. Auch Checks wie der auf Klareis, der die „Dana Viking“ wahrscheinlich gerettet hätte, werden oftmals nicht oder nur mangelhaft durchgeführt, um nicht weitere Verzögerungen in den oft sehr dicht gedrängten Flugplänen zu riskieren.
Aber auch die Ausbildung sieht Husted etwas vernachlässigt. Er sagt dass es wahrscheinlich das militärische Training von Kapitän Rasmussen war, das es ihm erlaubt hat, ein triebwerkloses Flugzeug ohne Primärinstrumente für nahezu 80 Sekunden knapp vor dem Strömungsabriss in einer Wolkenschicht unter Kontrolle zu halten und schlussendlich erfolgreich notlanden zu können. Piloten müssen für alle Situationen, in die sie geraten können, gut und umfangreich ausgebildet sein, sie müssen aber auch ein Bewusstsein für potentiell kritische Situationen vermittelt bekommen, und, sollten sie in solche Situationen gelangen, auch entsprechendes Vorgehen und/oder notwendige Checklisten geschult bekommen. Viele junge First Officer kommen aber mit zu wenig Stunden auf den Platz „vorne rechts“, was zur Gefahr werden kann, wenn der First Officer in Krisensituationen zusätzlich Verantwortung übernehmen muss und dann dem Ganzen nicht gewachsen ist.
Abschließend rät er allen Verantwortlichen, egal ob Flight Deck Crews, Technikern, Mechanikern oder anderen Personen, die in der Abfertigung von Flügen tätig sind, dies mit einem wachsamen Auge zu tun, und sich sofort an die jeweiligen Vorgesetzten, die Airlines, die beruflichen Interessensvertretungen oder in letzter Konsequenz die verantwortlichen Behörden zu wenden, wenn wesentliche Sicherheitsbestimmungen oder Regulatorien umgangen oder gänzlich ignoriert werden. Nur so kann der Luftverkehr sicherer gemacht werden.
Eis stellt noch immer ein großes Gefahrenpotential für die Luftfahrt dar. Flug SK751 fiel nur einer möglichen Erscheinungsform dieses Potentials zum Opfer.
Unfälle wie der von British Airways Flug 38 im November 2008 (der ebenso glimpflich ausgegangen ist) oder aber der von Air France Flug 447 im Juni 2009 zeigen, dass auch die modernsten Verkehrsjets der heutigen Zeit, geflogen von ebenso gut ausgebildeten Crews nicht davor gefeit sind, Unfällen zum Opfer zu fallen, die durch Eisbildung ausgelöst worden sind.
Auszeichnung für die Crew durch dänische Königin
Flug SK751 hatte schlussendlich Glück, in Kapitän Rasmussen und First Officer Cedermark zwei Männer im Cockpit zu haben, die trotz begangener Fehler durch ihre Ausbildung und ihre Umsicht (und durch die Unterstützung des zufällig an Bord befindlichen SAS Captains Per Holmberg, der ihnen hilfreich zur Seite stand) in der Lage waren, ihr Flugzeug erfolgreich notzulanden. Das Wunder von Stockholm ist in erster Linie der Leistung dieser Männer und ihrer Crew an diesem Tag zu verdanken. Rasmussen wurde unter anderem von Königin Margarethe II. von Dänemark für seine Leistung an diesem Tag ausgezeichnet.
Rasmussen beendete Karriere
Kapitän Rasmussen selbst sagte über diesen Tag das wohl wenige Piloten jemals einem derartigen Test ihrer Fähigkeiten ausgesetzt seien und er stolz darauf sei, wie seine Crew diese Herausforderung gemeistert habe, ohne Opfer beklagen zu müssen.
Dennoch beendete Rasmussen seine Karriere als Pilot nach diesem Vorfall. Er hatte "Angst davor, Angst zu haben", wenn er wieder in einem Flugzeug mit Fehlfunktion sitzen sollte, so ein Kollege.
Ulf Cedermark dagegen flog weiter, war von 1994 bis 1996 für Thai Airways tätig und ist gegenwärtig A320 Kapitän und Fluglehrer bei SAS.
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Links:
Seite von Kapitän a. D. Olaf Husted
Bildserie über die Bergung des Cockpits vom Schrottplatz
Seite von Flugkapitän a. D. Stefan Rasmussen
"Pilot betrayed" - Doku (Englisch) aus der Reihe "Air Crash Investigation" auf YouTube
Text: Philipp Weber
Mitarbeit / (Foto-) Recherche: Austrian Wings Media Crew