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Jaan Albrecht: "Es geht um einen Strukturwandel der AUA"

AUA-CEO Jaan Albrecht - Foto: U. Lehner / Austrian Wings
AUA-CEO Jaan Albrecht - Foto: U. Lehner / Austrian Wings

CEO Jaan Albrecht wollte die "Schonfrist von 100 Tagen" nicht abwarten - der neue AUA-Vorstand trat also schon 70 Tage nach Albrechts Amtsantritt vor die Presse. Zusammen mit Andreas Bierwirth (CCO) und Peter Malanik (COO) wurde das "Arbeitsprogramm für eine erfolgreiche Zukunft", wie Austrian die Veranstaltung betitelte, vorgestellt.

Albrecht leitete seine Ausführungen mit persönlichen Statements ein: "Ich kenne die AUA seit Kindheitstagen. Auch in meiner Tätigkeit für die Star Alliance habe ich die AUA näher betrachtet. Allerdings hätte ich nie gedacht, einmal im operativen Geschäft für die AUA tätig zu sein, bin jedoch sehr glücklich darüber", so der neue CEO. Er habe seit Aufnahme dieser Tätigkeit "sehr konzentriert zugehört und zugeschaut". Die Welt und die Airlinebranche verändern sich: "So muss sich auch die AUA verändern", stellt Albrecht gleich eingangs fest.

Die Konjunktureintrübung verläuft mit hoher Geschwindigkeit - die Prognosen zeigen, abhängig von den jeweiligen Analysten, jedenfalls starke Downwards-Trends auf. "Schneller Handlungsbedarf für die AUA" sei also gefragt, wie Albrecht erkennt. Auch die Wirtschaftserwartung der Industriekunden zeigten sich in den vergangenen 15 Jahren sehr niedrig - "Es gibt viele Fragezeichen im Markt. Das hat auf eine Airline große Auswirkungen." Ebenso negativ sind die Erwartungen von Privatkunden. Dadurch entstehe für die AUA ein "überproportionaler Nebeneffekt".

Albrecht verwies zudem auf die aktuellen IATA-Prognosen, die Europas Fluglinien für das heurige Jahr tiefrote Zahlen voraussagen. Für die AUA soll der zu erwartende operative Verlust in etwa auf dem gleichen Level liegen wie auch 2011.

Um die Airline wettbewerbsfähig zu machen, müsse man nun Strukturanpassungen vornehmen, stellt Jaan Albrecht in Aussicht. Die Produktionskosten von Austrian seien aktuell um 20 bis 25 Prozent höher als jene des unmittelbaren Konkurrenten Air Berlin. Vor allem die Gebührenbelastung (Flughafen, AustroControl, Steuern,...), die im Verhältnis zu den operativen Gesamterlösen 27 Prozent ausmacht, liegt der AUA schwer im Magen: 2011 ist die Ticketsteuer hinzugekommen, 2012 winkt der Emissionshandel. Für das Jahr 2011 sagen die Hochrechnungen auf diesem Sektor Belastungen von 305 Millionen Euro voraus, für 2012 erwartet man bereits 338 Millionen.

Auch die Treibstoffpreise tun ihr Übriges zur wirtschaftlichen Situation: seit 2006 habe sich der Kerosinpreis verdoppelt, während im selben Zeitraum die Ticketpreise jedoch halbiert wurden. Daran ist auch das starke Aufkommen der Low-Cost-Airlines "schuld": Lag deren Anteil im Jahr 2000 noch bei zirka 12 Prozent, steigt heute bereits jeder zweite Fluggast mit seinem Ticket in einen "Billigflieger". Dennoch lobt Albrecht: "Die AUA hat seit 2008 gute Arbeit geleistet - wir haben das Wachstum der Low-Cost-Carrier verringen können, indem wir mit spezifischen Preisstrukturen und Maßnahmen im Markt reagiert haben."

Kein Personalabbau bei Austrian

Wenn es ums Einsparen von Kosten geht, sind meist auch Einschnitte im Personalbereich zu erwarten. Hier verspricht der AUA-Vorstand jedoch unisono: es soll keine Personal- oder Gehaltskürzungen geben. Jedoch liegen die Personalkosten aktuell auf dem Niveau von 2009, obwohl die Airline seither um 1.500 Mitarbeiter weniger zählt.

Das Arbeitsprogramm des Vorstands sieht vor, dass die nötigen Einsparungen zu zwei Drittel aus Kostensenkungen sowie einem Drittel Erlössteigerungen, sowohl auf Fracht- wie auch Passagierflugseite, erreicht werden. Der entsprechende mehrstufige Arbeitsplan soll dem Aufsichtsrat zeitnah präsentiert werden. Es geht um Kapazitätsanpassungen vor der Umflottung, den Standort Wien im Allgemeinen, die Kostenschiene, Personalbelange und schließlich die durchzuführende Umflottung selbst. Was den Kostenpunkt anbelangt, müsse man "mit dem Flughafen Wien, der AustroControl und der Politik nochmals sprechen", so Jaan Albrecht. "Wenn wir Wien konkurrenzfähig machen wollen, müssen wir effizienter gemeinsam produzieren."

Hinsichtlich der Personalkosten werden Verhandlungen mit den Belegschaftsvertretern zu führen sein. Es sollen etwa Kollektivverträge adaptiert werden. So sieht Albrecht etwa "Altlasten der AUA", welche vom Tisch zu schaffen seien, etwa die vorgesehenen Biennalsprünge. Zudem habe die AUA "Handschellen, mit denen wir fliegen", bezieht der Geschäftsführer sich auf Punkte wie Dienst- und Ruhezeiten, welche das Unternehmen gegenüber der Konkurrenz schlechter stellen. Denn laut EASA-Vorgaben dürfte ein Pilot wesentlich mehr Stunden fliegen, als es der aktuelle Austrian-Kollektivertrag vorsieht. Die tatsächliche Flugzeit der Kapitäne liege sogar nochmals unter der vertraglichen Vereinbarung. Der AUA-Vorstand sieht hier noch ausreichend Spielraum für die Umgestaltung der Verträge.

Apropos Adaptierungen: Nicht eliminiert wird die Marke "Lauda Air", welche jedoch eine komplette Integration in die AUA-Strukturen erfahren soll.

AUA-Vorstände Bierwirth, Albrecht und Malanik - Foto: U. Lehner / Austrian Wings
AUA-Vorstände Bierwirth, Albrecht und Malanik - Foto: U. Lehner / Austrian Wings

AUA bestätigt die B737-Ausflottung

Wie auf Austrian Wings bereits vergangene Woche berichtet, wird die Boeing 737-Flotte (11 Maschinen) der AUA verkauft. Man erwartet sich dadurch vor allem Einsparungen bei den Wartungskosten. Als Ersatz sind bis zu sieben Airbus A319/320 vorgesehen. "Wir haben zu viele Flieger im 200-Sitze-Segment", stellt Jaan Albrecht fest. Zu Personaleinsparungen soll es im Zuge der Ausflottung jedoch nicht kommen - Techniker und Piloten würden entsprechend umgeschult.

Schon seit zwei bis drei Jahren war diese Flottenbereinigung ein Thema innerhalb der AUA, so Andreas Bierwirth. Die Größenordnung sei jedoch ausschlaggebend dafür gewesen, diesen Schritt nicht früher gesetzt zu haben: "Flottenharmonisierung muss man sich leisten können. Ohne Unterstützung des Eigentümers ist dies nicht möglich", so Malanik gegenüber Austrian Wings. Die Maschinen werden nun sukzessive, Stück für Stück, aus der Flotte genommen.

Welche Interessenten es konkret für die auszuflottenden Maschinen gibt, wollte der Vorstand nicht nennen. SunExpress sei aber einer davon.

Fokus Langstrecke

Im Langstreckenbereich ortet Albrecht Potenzial. Deshalb sollen 2013 und 2014 auch jeweils zwei Boeing 777 neu angeschafft werden. Dies allerdings nur, wenn das die Pläne des Vorstandes bis dahin Wirkung zeigen: "Wenn die AUA das Sanierungskonzept umsetzen kann, wird Eigentümer Lufthansa dieses Konzept auch unterstützen. Wir müssen zuerst unsere Hausaufgaben machen", so Albrecht.

Was außerdem fehlt, ist ein Langstreckenpartner innerhalb der Star Alliance. Emirates bringe keine (Umsteige-)Kunden ins AUA-Netz. Und letztlich ziele man auch darauf ab, mehr Firmenkunden in ein AUA-Flugzeug zu bringen. Der Zugang dafür soll über den Eigentümer Lufthansa erfolgen. So ist Jaan Albrecht überzeugt: "AUA will und wird wachsen, wenn wir unsere Kostenstruktur bereinigt haben. Die Ausgangsposition, unsere Kostenstruktur, muss verbessert werden. Flughafen, AustroControl und Politik müssen aber mitspielen." Vorstandskollege Peter Malanik ergänzt: "Die Standort- und Rahmenbedingungen sind nicht effizient, darum werden wir das immer wieder bringen müssen."

Unterm Strich

Laut Andreas Bierwirth ist die für das Jahr 2011 angekündigte Kostensenkung von 100 Millionen Euro "am Ende auch angekommen". Das nunmehr vorgestellte Programm soll binnen drei Jahren insgesamt 260 Millionen Euro an Verbesserung bringen, 200 Millionen davon schon 2012. Die Erlöse aus dem B737-Verkauf sind darin jedoch nicht berücksichtigt.

Was passiert, wenn die AUA-Restrukturierungspläne scheitern? "Der Plan ist Wachstum. Es gibt keinen 'Plan B'", gibt Jaan Albrecht sich zuversichtlich. Doch welche Konsequenzen könnten drohen, wenn zu Ende des Jahres die Airline erneut nicht das erwartete Ergebnis einfliegt? "Das wird der Aufsichtsrat entscheiden", so Albrecht abschließend.

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(red Aig / UL)