Offizieller Bericht: Bombe brachte die DC-9 zum Absturz
Nach Darstellung der für die Ermittlungen zuständigen tschechoslowakischen Staatssicherheit, kurz StB, gab es an Bord der DC-9 circa 40 Minuten nach dem Start in Kopenhagen eine Explosion, ausgelöst durch eine Bombe im vorderen Cargohold der Maschine. Dadurch sei das Flugzeug "auf Reiseflughöhe, in 10.050 Metern, innerhalb von 3 bis 20 Sekunden zerrissen" worden und anschließend zu Boden gestürzt. Die Behörden der Volksrepublik Jugoslawien beschuldigten später kroatische Extremisten des Anschlags und nannten als Beleg dafür einen Bekenneranruf bei der Malmöer Zeitung Kvällsposten. Doch auch das US-amerikanische FBI teilte die Einschätzung, dass kroatische Extremisten hinter dem Anschlag steckten.
Das unglaubliche Überleben der Flugbegleiterin Vesna Vulovic wurde damit erklärt, dass sie sich zum Unglückszeitpunkt im Heck der Maschine befunden habe, welches "in einer spiralförmigen Flugbahn aus etwa 10 Kilometern Richtung Erdboden gefallen und dort auf einen schneebedeckten Hang gestürzt und so abgebremst worden" sei (Wikipedia).
Laut ihren eigenen Angaben saß die damals 22-Jährige jedoch "in der Mitte der nur mit wenigen Passagieren besetzten Maschine – in der Reihe hinter dem letzten Fluggast, so wie es die Vorschriften der Fluggesellschaft JAT vorsahen" (Wikipedia).
Allerdings gab Vesna Vulovic selbst auch an, keine Erinnerung an den Unfall zu haben - das Letzte, woran sie sich erinnern könne, sei das Boarding in Kopenhagen.
Gefunden wurde sie angeblich von einem Mann, der während des Zweiten Weltkrieges Sanitäter gewesen war. Er habe sich bis zum Eintreffen der Retter und ihrem Abtransport ins Krankenhaus so gut wie möglich um die Schwerverletzte gekümmert.
Wurde das Flugzeug abgeschossen?
Am 8. Januar 2009 veröffentlichte das Portal tagesschau.de einen Bericht des ARD-Hörfunks in Prag, in dem ARD-Korrespondent Peter Hornung-Andersen und der internationale Luftfahrtexperte Tim van Beveren Zweifel an der Version vom Bombenanschlag äußerten.
Ihren Recherchen zufolge gebe es zahlreiche Indizien dafür, dass die Maschine "in nur wenigen hundert Metern Höhe zerbrach, abgeschossen durch die tschechoslowakische Luftwaffe".
Hornung-Andersen gegenüber Austrian Wings: "Wir haben nie behauptet, dass wir wissen, was wirklich passiert ist. Insofern war dieser Teil der Geschichte - dass die Maschine möglicherweise irrtümlich beschossen worden war - zwar Spekulation, aber eine begründete."
"Das ist ein richtiger Krimi. Entscheidende Dokumente wurden vernichtet. Die Wundergeschichte wurde verbreitet, um den Abschuss zu vertuschen. Die Geschichte war so gut und so schön, dass keiner mehr Fragen gestellt hat", zitierte die angesehene "TAZ" die beiden Journalisten.
Peter Hornung-Andersen weiter (zitiert aus der "TAZ"): "Die Maschine war in einer Notlage. Sie kam vom Kurs ab, ging in den Sinkflug und flog über militärisch sensibles Gebiet". Ein Atomwaffenlager lag angeblich nur zwei Minuten von der Position der DC-9 entfernt. Womöglich hätten die Verantwortlichen aber auch Erich Honecker und möglicherweise Leonid Breschnew in Gefahr gesehen, die sich ebenfalls in der Luft und Nähe befanden, mutmaßt die "TAZ". "Es gibt einen Zeugen, der zwei Flugzeuge gehört hat. Eins Richtung Deutschland und die Passagiermaschine Richtung tschechoslowakisches Inland", so Hornung-Andersen.
"Offizielle Darstellung kann nicht stimmen."
Gegenüber Austrian Wings sagte Hornung-Andersen: "Meine Kollegen und ich hatten damals in den amtlichen Unterlagen nicht nur Indizien für einen anderen Hergang des Absturzes gefunden, sondern Beweise. Die drei wichtigsten waren: die Karte mit den Trümmerfunden - die drei Hauptteile lagen in einem Dreieck von jeweils 900 Seitenlänge - die Untersuchungsberichte und Fotos der Opfer - die in einem Zustand waren, wie er nur möglich ist, wenn sie aus geringer Höhe abgestürzt sind - und die Aussagen von Zeugen damals und heute - mehrere Personen haben noch die Maschine in den letzten Sekunden vor dem Aufschlag im Flug gesehen, die geschlossene Wolkenuntergrenze lag damals bei 600-900 Metern. Die DC-9 kann also nicht so havariert sein, wie es im offiziellen Bericht behauptet wurde."
Überlebende wurde von Geheimdiensten überwacht
Laut Hornung-Andersen sei auch Vesna Vulovic, die einzige Überlebende des Absturzes, später von den Geheimdiensten überwacht worden, obwohl sie keinerlei Erinnerung an das Unglück hatte: "Sie berichtet, wie eine Gefangene behandelt worden zu sein. Man hatte Angst, dass sie etwas Falsches sagt."
In der Führungsebene der tschechischen Luftfahrtbehörde sitze heute ein ehemaliger Mitarbeiter der Abteilung der Staatssicherheit, die sich 1972 "die ganze Geschichte ausgedacht" habe. "Ein Schelm, der Böses dabei denkt", sagt Hornung-Andersen, in Hinblick darauf, dass er und van Beveren die Dokumente zum Unfall nur sehr zögerlich von den tschechischen Behörden erhalten hätten.
Aber auch in Serbien bliebe "mancher Zeuge stumm", da die Angelegenheit hochpolitisch sei: "Der Gegensatz zwischen Serben und Kroaten ist noch aktuell. Eine Geschichte wie diese, wo böse Kroaten gute Serben getötet haben, ist noch heute brisant."
Am 27. Januar 1997, 25 Jahre nach dem Unglück, besuchte Vesna Vulovic die Absturzstelle und traf mit ihren Rettern aus dem Jahr 1972 zusammen.
Die heute 62-Jährige lebt in der serbischen Hauptstadt Belgrad und leidet noch immer an den Folgen ihrer Verletzungen, die sie sich beim Absturz 1972 zugezogen hat.
Ungeachtet der Spekulationen über die Ursache des Absturzes, darf Vesna Vulovic, die damals nach 27 Tagen im Koma und 16 Monaten Rehabilitation ihre Tätigkeit für JAT wieder aufnahm - allerdings beim Bodenpersonal, ihren Eintrag im Guiness Buch der Rekorde behalten.
Ganz so unmöglich scheint das Überleben eines Absturzes aus 10.000 Meter Höhe - zumindest rein theoretisch - indes nicht zu sein: Denn selbst im Fall von Lockerbie (Austrian Wings berichtete) wurde in der zertrümmerten Nase der Pan Am 747 eine Flugbegleiterin zunächst noch lebend gefunden. Sie allerdings verstarb, bevor professionelle Hilfe eintraf.
Und am 24. März 1944 überlebte der damals 21-jährige Flight Sergeant Nicholas Stephen Alkemade, Bordschütze in einem Lancaster Bomber der RAF, einen freien Fall aus 5.500 Metern Höhe, nachdem er ohne Fallschirm aus der brennenden Maschine gesprungen war, die zuvor von einem deutschen Nachtjäger abgeschossen worden war.
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(red OH)