Zwar lag der operative Verlust im Jahr 2010 noch bei 64,7 Millionen Euro, das angepeilte Konzernziel - ein positives operatives Ergebnis - konnte jedoch bei weitem nicht erreicht werden. Und auch die Verkehrszahlen lassen wohl keinen Grund zur Freude aufkommen: obgleich die Airline das Angebot an Sitzkilometern 2011 um 5,9 Prozent erhöht hatte, stiegen die tatsächlich ausgelasteten Passagierkilometer um magere 1,7 Prozent. Bei AUA schreibt man dies dem "Einbruch des Kerngebiets Nahost" mit Hinblick auf den Japan-Tsunami vor einen Jahr zu, wie CFO Peter Malanik betonte. Auch die Überschwemmungen in Bangkok und das Ölpreis-Hoch sollen ihr Übriges getan haben, sagt CEO Jaan Albrecht: "Die Krisen im vergangenen Jahr haben schonungslos unsere strukturellen Defizite aufgezeigt."
Jetzt werde "Kapital für eine Runderneuerung" investiert, wie der Airline-Vorstand in seiner heutigen Pressekonferenz betonte.
"Wir wollen in die schwarzen Zahlen fliegen. Unser Arbeitsprogramm dient der Restrukturierung der Austrian Airlines", zeigt sich das Vorstandsgremium zuversichtlich. Die Kapitalerhöhung dazu ist genehmigt. So besteht das 200-Millionen-Euro-Paket aus einem Drittel Erlösen und zwei Drittel Kosten.
Nach außen soll die Marke AUA unverändert bleiben. Intern wird jedoch umgekrempelt: Der Vorstand spricht bei dem Übergang in den Tyrolean-KV von einem "neuen, modernen Kollektivvertrag für das Bordpersonal". Was die Personalvertreter naturgemäß anders sehen. Sie befürchten massive Gehaltseinbußen für das fliegende Personal, ohne nachhaltige Wirkung bei der Unternehmenssanierung.
Dem hält der zweite AUA-Vorstand, Peter Malanik, entgegen, dass es jetzt "zwei Marken, die AUA und Austrian Arrows", sowie "zwei Kollektivverträge" für das fliegende Personal gebe. Man strebe jedoch "eine Marke und einen KV für Piloten und Flugbegleiter" an.
Man habe auch nie vorgehabt, die Gewerkschaft durch die Ankündigung des Betriebsüberganges "unter Druck" zu setzen.
Lufthansa bringt dringend benötigtes Kapital
Gekoppelt an die Umsetzung des vom AUA-Vorstand ausgearbeiteten Arbeitsprogramms hat Mutterkonzern Lufthansa eine 140 Millionen Euro Kapitalerhöhung genehmigt. Und AUA wird investieren - 200 Millionen Euro sollen es in diesem und dem kommenden Jahr insgesamt sein: Die Mittelstreckenflotte soll umstrukturiert, bis zu sieben Airbus A320 geleast werden. Für die Langstreckenkabine gibt es ein neues Inflight Entertainment-System sowie neue Sitze. Jaan Albrecht: "Unsere Langstreckenflieger werden ab September komplett umgestaltet."
Ein dringend notwendiger Schritt, denn besonders die Innenausstattung der in die Jahre gekommenen Boeing 767, die mit der maroden Lauda Air übernommen wurde, gerät häufig in die Kritik von Fluggästen.
Gemeinsam mit der Flughafen Wien AG soll das Drehkreuz Schwechat ausgebaut werden. Die Infrastruktur im Skylink soll sich entsprechend attraktiv für die Kunden präsentieren. Auch die "Kompetenz Osteuropa", mit Fokus auf Transferpassagiere, soll damit gestärkt werden.
AUA-Vorstand Peter Malanik erklärte angesichts eines 10,5prozentigen Passagierzuwachses im Februar, davon plus 22 Prozent bei den Transferpassagieren, dass dies "Indikatioren dafür sind, dass unser Fokus auf Transfer und Osteuropa zurückkommt".
Malanik: Trendwende gefragt
Malanik weiter: "2011 war ein außerordentlich schwieriges Jahr - ganz besonders für uns, da zielgenau alle externen Ereignisse dort zugeschlagen haben, wo wir unsere strategischen Schwerpunkte gesetzt haben. Es ist jedoch unabdingbar notwendig, dass man sich im Rahmen eines sehr gezielten Arbeitsprogramms mit der Restrukturierungs des Unternehmens befasst. Die Entwicklung der letzten Jahre kann so nicht fortgesetzt werden. Wir müssen in die schwarzen Zahlen kommen."
Auf das im Januar vorgestellte Arbeitsprogramm angesprochen, erklärte CEO Jaan Albrecht, dass die Zahlen "die Not der AUA belegen". Es müsse gehandelt werden.
"Wir haben in den letzten zwei Monaten verhandelt und haben viel erreicht. Vorgestern haben wir dem Aufsichtsrat über unsere bisherigen Leistungen berichtet. Gestern wurde im Lufthansa Aufsichtsrat die Kapitalerhöhung von 140 Millionen Euro für AUA bestätigt - das ist eine sehr wichtige Entscheidung für Austrian Airlines. Auch die Umflottung der Mittelstrecke - Leasingverträge für sieben A320 - wurde genehmigt."
VIE, Politik und AustroControl unterstützen AUA
Man habe bei der Kapazitätsanpassung "alles umsetzen" können, und auch beim Thema Standort haben wir mit dem Flughafen Wien, der Politik und AustroControl um bessere Rahmenbedingungen verhandelt. "Wir sind bei der Politik auf offene Ohren gestoßen. Auch die Austro Control möchte uns bei der Optimierung von Anflugszeiten und -linien unterstützen", sagt Albrecht. Durch diese Optimierung sollen jeweils einige Minuten Flugzeit und damit auch Treibstoff gespart werden. Jede Minute würde 2,5 Millionen Euro Kostensenkung bedeuten, rechnet Malanik vor. Und jeder gesparte Tropfen Treibstoff produziere weniger CO². "Auch mit dem Flughafen Wien haben wir sehr konstruktive Gespräche geführt, was eine produktive Zusammenarbeit betrifft. Der Flughafen wird eine Gebührenanpassung vornehmen, besonders was den Bereich der Transferpassagiere und unsere Skylink-Infrastruktur betrifft", berichtet Albrecht.
Ein wesentlicher Faktor seien die Kosten, so der AUA-CEO: "Wir haben mit unseren 60 wichtigsten Lieferanten verhandelt, unter anderem mit Do&Co. Dieser Vertrag wird über mehrere Jahre verlängert."
Aber auch im AUA Hauptquartier am Flughafen Wien sowie auf den Außenstationen müssten Kostensenkungen durchgeführt werden - "vom Büroartikel über Fuhrparkbereinigung bis zur Gebäudewartung", wie Albrecht betonte.
Möglicher Lizenzentzug ohne Lufthansa-Finanzhilfe?
Wie hoch die aktuelle Eigenkapitalquote sei, wollte der AUA-Vorstand nicht bekanntgeben und antwortete ausweichend. Die zugesagte Unterstützung der Lufthansa wandere jedenfalls "direkt in das Eigenkapital" der Airline. Auch die Frage, ob der AUA ohne das frische Geld der Konzernmutter womöglich sogar der Lizenzentzug gedroht hätte, ließen die beiden AUA-Vorstände trotz mehrmaliger Nachfrage unbeantwortet.
Personal
Im Hinblick auf die Personalsituation bei der Airline habe man "konstruktive, weitreichende Gespräche mit Gewerkschaft und Betriebsräten" geführt, berichtet der Vorstand. "Die Eckpfeiler sind fixiert. Auch mit dem Betriebsrat Bord haben wir konstruktive Gespräche geführt, jedoch kein Endziel erreicht. Dessen Angebote hätten uns leider nur Einmal-Effekte ermöglicht - das war uns nicht weitreichend genug", so Malanik.
Derzeit liegen die Personalkosten (inklusive Bodenpersonal) bei rund 400 Millionen Euro.
Erste 737 verlassen Flotte in Kürze
Durch den Verkauf der elf Boeing 737 und die geplante Einflottung von bis zu sieben A320 werde man "die Effizienz bei Personaldienstzeiten und in der Technik steigern", ist der Vorstand sicher.
Vier Maschinen seien schon aus der Flotte genommen worden. Die Boeing 737 hätten einen "guten Marktwert" und werden zum Teil bereits für die Abgabe vorbereitet.
Nach Austrian Wings vorliegenden Informationen dürfte etwa die OE-LNM Anfang April Wien in Richtung England verlassen.
Wenn die Airline schließlich einmal die Gewinnzone erreicht habe, "sind auch die Grundsteine gelegt, dass die AUA an ein Wachstum und die Integration neuer Langstreckenflugzeuge denken kann".
Und diese Gewinnzone will man noch heuer anfliegen. "Wir haben Ziele für 2012, die wir aber heute noch nicht bestätigen können. Es gibt zu viele unbekannte Faktoren wie Treibstoffpreissteigerungen und den Zeitpunkt einer Umsetzung unseres Gesamtmaßnahmenpakets - vor allem der Tyrolean-Betriebsübergang wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen", relativiert Jaan Albrecht allerdings zu ehrgeizige Erwartungen.
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(red Aig, MK, CvD; Fotos: JK)