Reportagen

Zu Besuch bei den Skydivern in LOXN

Diese farbenprächtige Dornier Do 28 dient dem Paraclub als Absetzflugzeug
Diese farbenprächtige Dornier Do 28 dient dem Paraclub als Absetzflugzeug

Wiener Neustadt – eine Stadt mit einer mehr als 100 Jahre alten Luftfahrttradition. Dort gibt es nicht nur einen, sondern gleich zwei Flugplätze, auf denen dem Segel- und Motorflug sowie dem Fallschirmspringen gefrönt wird. Am Westplatz, ICAO Code LOXN, betreibt der Paraclub mit seiner bis weit über die Grenzen des Landes bekannten knallbunten Dornier Do 28 das nach eigenen Angaben "schnellste Absetzflugzeug" Europas. Austrian Wings hat die Springer dieses Vereins, der heuer gleich zwei Jubiläen feiert, besucht.

Was sind das eigentlich für Menschen, die sich einen Fallschirm auf den Rücken schnallen, in ein Flugzeug klettern und in mehreren tausend Metern Höhe aus diesem wieder hinaus springen, fragt man sich unweigerlich. Denn die meisten Leute kämen wohl nie im Leben auf die Idee, ein funktionsfähiges und fliegendes Flugzeug mitten in der Luft auf diese Art und Weise wieder zu verlassen. Die Antwort auf diese Frage gibt Sascha van der Werf, beim Paraclub für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig: "Unsere Mitglieder sind ganz normale Menschen, so wie Du und ich auch. Wir haben vom Arbeiter bis zum Akademiker alle Berufssparten vertreten."

Jeder Springer packt seinen Schirm selbst
Jeder Springer packt seinen Schirm selbst.

Es sei, so van der Werf, ein Ausgleich zum Alltag, verbunden mit unbeschreiblicher (Flieger-) Kameradschaft, Fallschirmspringer, oder wie es auf "Neudeutsch" heißt, "Skydiver", zu sein.

"Es ist einfach ein unbeschreibliches Gefühl, dieses Kribbeln im Bauch, wenn man auf 4.000 Meter Höhe steigt und sieht wie die Welt da unten immer kleiner wird. Und dann macht man diesen einen bedeutsamen Schritt in die Tiefe, fällt hinunter, erreicht an die 200 Stundenkilometer, über einem der strahlend blaue Himmel, unter einem die Erde mit all ihren Farbfacetten. Man fühlt sich frei, einfach unbeschreiblich frei", kommt Sascha aus dem Schwärmen nicht mehr heraus.

Nach rund 60 Sekunden Fallzeit öffnet der Springer dann seinen Schirm und gleitet kontrolliert zur Erde zurück, wo er sanft aufsetzt. "Anders als früher bei den Rundkappenschirmen, wo man mit einer relativ hohen Sinkrate am Boden ankam und den Flugverlauf nicht wirklich steuern konnte, sind unsere modernen Flächenfallschirme Hightech-Geräte, mit denen wir fast auf den Millimeter genau landen können." Und dass sie das tatsächlich beherrschen, haben die Skydiver des Paraclubs im vergangenen September bewiesen, als sie über dem Flughafen Wien Schwechat ein einzigartiges Nachtspringen zugunsten der St. Anna Kinderkrebsforschung veranstalteten.

Nacht-Fallschirmsprünge zugunsten der St. Anna Kinderkrebsforschung in Wien-Schwechat - Video: Austrian Wings Media Crew

Nachwuchs-Springer kann man bereits mit 15 Jahren werden, unter 18 benötigt man allerdings die Einverständniserklärung des Erziehungsberechtigten. "Wir bilden bei uns am Platz nach der AFF Methode aus. Das steht für Accelerated Free Fall und bedeutet, dass man bereits vom ersten Ausbildungssprung an mit dem eigenen Fallschirm abspringen kann."

Warten auf das Boarding
Warten auf das Boarding.

Und das geht schneller als man glaubt. "Meistens kann der Schüler schon nach eineinhalb Tagen Theorie in die Luft gehen und selbst springen. Nach circa 28 Fallschirmsprüngen kann man dann zur Prüfung antreten."

Wenig komfortabel geht es auf Absprunghöhe
Wenig komfortabel geht es auf Absprunghöhe

Wenn das Wetter mitspielt, was in unseren Breiten bekanntlich nicht immer der Fall ist, lässt sich die Lizenz so schon in etwa zwei Wochen erwerben. "Das ist möglich, aber natürlich kein Muss. Manche lassen sich auch ein halbes Jahr Zeit. Es soll ja Spaß machen und kein Zwang sein."

In 4.000 Metern Höhe wird die Türe geöffnet und die Springer stürzen sich in die Tiefe ...
In 4.000 Metern Höhe wird die große Türe der Dornier geöffnet und die Springer stürzen sich in die Tiefe ...

Der Paraclub bietet Schülern ein so genanntes "All Inclusive" Ausbildungspaket um 2.349 Euro (Angaben ohne Gewähr) an. "Da ist vom ersten Schulungstag bis zur Prüfung alles inkludiert."

Wer grundsätzlich Interesse am Fallschirmspringen hat, sich aber (noch) nicht sicher ist, ob das wirklich die richtige Freizeitbeschäftigung für ihn ist, der hat auch die Möglichkeit, einen Tandemsprung zu absolvieren. Quasi zum "Schnuppern". Dabei wird man an einen erfahrenen "Tandemmaster" geschnallt und springt mit diesem gemeinsam ab. "Sehr viele Tandempassagiere haben danach schon ihre eigene Lizenz erworben oder sind zumindest regelmäßige Gäste geworden", "warnt" Sascha vor dem "Suchtpotential" dieser Sportart.

Auch für den Tandempassagier gibt es kein zurück mehr ...
Auch für den Tandempassagier gibt es kein zurück mehr ...

Für einen Tandemsprung muss man rund 220 Euro einkalkulieren, fertigt ein weiterer Springer ein Video davon an, kommen zusätzliche Kosten hinzu. "Das machen wir uns individuell aus, ganz nach den Wünschen des Passagiers."

Dass Fallschirmspringen sicher ist, beweisen auch die zahlreichen lebenden "Urgesteine" des Paraclubs wie Günter Freyer und Erich Häberele, der sich durch eine Atlantiküberquerung mit seiner einmotorigen Glasair Sportsman erst kürzlich den Spitznamen "Lindy" (in Anlehnung an Charles Lindbergh) verdient hat und der Umstand, dass der Verein heuer gleich zwei runde Jubiläen feiert.

Sichere Landung in LOXN; "Oben gelieben ist noch keiner", scherzen die Springer gerne
Sichere Landung in LOXN; "Oben geblieben ist noch keiner", scherzen die Springer gerne.

Sascha: "Der Paraclub selbst wird 40 Jahre alt und auch unser Absetzflugzeug, die markante Dornier Do 28, wurde 1972 gebaut."

Dieses Doppeljubiläum ist für die Skydiver Grund genug, ausgiebig zu feiern. "Am 4. August veranstalten wir hier in LOXN eine große Party und laden alle Freunde und am Fallschirmsport Interessierte herzlich ein mit uns zu feiern."

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Text: Oliver Neubauer
Fotos: Austrian Wings Media Crew