Demnach befand sich der A330, Reg. D-AIKL, noch am Boden als nach dem Anlassen der beiden Rolls-Royce Trent 972 Triebwerke plötzlich "starker Ölgeruch" in der Kabine auftrat. Trotzdem entschied sich die Besatzung zum Start und trat den Flug nach Deutschland an. Bereits 30 Minuten nach dem Abheben hätten "mehrere Besatzungsmitglieder" über Kopfschmerzen, Herzrasen sowie weitere gesundheitliche Beschwerden geklagt.
Ungeachtet dessen setzten die Piloten den rund acht Stunden dauernden Flug nach Düsseldorf fort, wo sich schließlich acht Besatzungsmitglieder in ärztliche Behandlung begeben mussten. Die BFU untersucht diesen Vorfall derzeit.
Passagiere nicht über mögliche Risiken informiert?
Unbeantwortet bleibt, ob die Passagiere von Lufthansa über die potentiellen gesundheitlichen Risiken einer möglichen Inhalation von Triebwerksöldämpfen aufgeklärt wurden und ob ihnen seitens der Fluglinie eine medizinische Untersuchung angeboten wurde. Lufthansa antwortete auf eine diesbezügliche Austrian Wings Anfrage ausweichend und erklärte lapidar: "Zur Gesundheitsgefährdung bei Menschen liegen bislang weltweit (...) keine wissenschaftlich fundierten Ergebnisse vor. Internationale Studien der vergangenen zehn Jahre haben keine Erkenntnisse geliefert, die eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch TCP in Flugzeugkabinen belegen. Zudem ist unklar, worin Symptome des sogenannten Aerotoxischen Syndroms bestehen sollen."
Selbst auf wiederholte Nachfrage weigerte sich Lufthansa, konkret darüber Auskunft zu geben, ob die Passagiere des betroffenen Fluges über mögliche Gesundheitsrisiken informiert wurden, beziehungsweise ob ihnen die Möglichkeit einer medizinischen Untersuchung angeboten wurde.
Expertenkritik an solchem Vorgehen
Ein von Austrian Wings konsultierter Experte für Toxikologie bezeichnete die Vorgehensweise, einen (Transatlantik-) Flug nach einem möglichen Auftreten von Öldämpfen in der Kabine noch bis nach Deutschland fortzusetzen anstatt umgehend zu landen, bereits anlässlich eines ähnlichen Vorfalls an Bord einer Air Berlin Maschine im Oktober 2011, aus seiner Sicht als “unverantwortlich und unverständlich”. Es wäre wünschenswert gewesen, bei Anhaltspunkten zu kontaminierter Kabinenluft die Flugzeit nicht auf einen Langstreckenflug auszudehnen, sondern eher zu landen, um das Problem genau zu evaluieren.
Tim van Beveren, Luftfahrtexperte und selbst Pilot, der seit vielen Jahren mit dem Thema “Aerotoxisches Syndrom” befasst ist, erklärte damals: “Grob fahrlässig!” Und er wurde noch deutlicher: “Hier sollte sich ein Staatsanwalt damit beschäftigen. Die Checkliste ist eindeutig.”
Die AUA-Konzernmutter Lufthansa sieht in der Fortsetzung des Fluges bis nach Deutschland überhaupt keine Probleme. Gegenüber Austrian Wings erklärte Lufthansa-Sprecher Michael Lamberty, dass "überhaupt nicht erkennbar" sei, "warum die Crew sich hätte anders verhalten sollen."
Schließlich existierten "keine wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse wie hoch während eines Smoke Incidents die Schadstoffkonzentration in der Kabinenluft ist, welche Substanzen vorkommen und ob es einen kausalen Zusammenhang zwischen Dämpfen und Erkrankungen gibt."
Vollkommen anders schätzten offenbar die Piloten einerCondor 767 nur eine Woche nach dem Lufthansa-Zwischenfall ihre eigene und die potentielle Gefährdung ihrer Fluggäste ein: Sie landeten nämlich 25 Minuten nach dem Start sicherheitshalber wieder mit angelegten Sauerstoffmasken, nachdem sie Ölgeruch wahrgenommen hatten, wie der "Aviation Herald" berichtet.
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Sämtliche Austrian Wings Meldungen zum Thema
Links:
"Der Gestank alter Socken" (Artikel im "Spiegel", PDF)
Tim van Beveren (der international anerkannte Luftfahrtexperte und Pilot hat sich ausführlich mit dem Problem des "Aerotoxischen Syndroms" befasst und nimmt Meldungen von Verdachtsfällen betroffener Passagiere und Besatzungsmitglieder entgegen)
Welcome Aboard Toxic Airlines (DVD des ehemaligen Piloten Tristan Loraine)
Wissenschaftliche Studien zum Thema "Kontaminierte Kabinenluft"
Global Cabin Air Quality Executive
Auflistung bekannter Vorfälle seit 1983
Blog des ehemaligen Flugkapitäns Andreas Tittelbacher
Bericht auf "Umweltrundschau.de" zum Thema
(red CvD, NE, Aig)