Österreich

Wien soll Kompetenzzentrum für Luftverkehrs-Infrastruktur werden

AIRIC als künftiger "One-Stop-Shop" für Luftverkehrs-Infrastruktur - Foto: M. Klein / Austrian Wings
AIRIC als künftiger "One-Stop-Shop" für Luftverkehrs-Infrastruktur - Foto: M. Klein / Austrian Wings

Die Pläne der Plattform AIRIC - Aviation Infrastructure Research & Innovation Centre - sind ehrgeizig: Wien soll als Wissenschaftsstandort zum Kompetenzzentrum für wesentliche infrastrukturelle Fragen im Luftfahrtsektor avancieren.

Austrian Wings hat sich bei der Präsentation der neuen Initiative umgehört und mit ihren Vertretern über aktuelle Problematik, Zukunftsvisionen und das "Skylink-Debakel" gesprochen.

Unter dem Motto "High-Tech Solutions for Aviation Infrastructure Management" wird AIRIC seine Tätigkeit aufnehmen und ausweiten. Wien als Zentrum für strategische Luftfahrt-Innovation ist für Chairman Mag. Wolfgang Edelmann eine logische Standortwahl - so war man in der österreichischen Bundeshauptstadt bei gewissen branchenrelevanten Themen schon des öfteren seiner Zeit voraus: "Der Börsengang der Flughafen Wien AG 1989 als damals erst zweites derartiges Ereignis weltweit, oder die Ausgliederung der Austro Control aus dem Ministerium", zählt Edelmann spontan zwei Beispiele auf.

Funktionierender Luftverkehr sei schließlich ein essentieller Faktor für jede Großstadt, ist man bei AIRIC überzeugt. Und natürlich passieren in dieser Branche immer wieder "gravierende Fehler", die es erfordern, "nach verbesserten Instrumenten zu suchen", betont der Vorsitzende. Nichts desto trotz habe die Branche ein besseres Image, als man gemeinhin annehmen möchte, und gerade die heimischen Luftfahrtunternehmen könnten international einen hohes Qualitätsimage vorweisen, lobt Edelmann.

AIRIC-Chairman Wolfgang Edelmann (ganz links), Alexander Van der Bellen (Mitte) und Karl Fröschl (rechts) - Foto: M. Klein / Austrian Wings
AIRIC-Chairman Wolfgang Edelmann (ganz links), Alexander Van der Bellen (Mitte) und Karl Fröschl (rechts) - Foto: M. Klein / Austrian Wings

Gesucht: Innovative Lösungen und Know-How-Transfer

Das AIRIC-Infrastrukturmanagement umfasst die Bereiche Flughäfen, Luftverkehrsüberwachung und verwandte Infrastruktur-Dienstleister. Dies allerdings konsequent am Boden, denn genau dort ortet AIRIC deutlichen Nachholbedarf. Beispielsweise handle es sich schließlich bei Flughäfen um sehr komplexe Systeme, die man zu unterschätzen neigt: "Kritische Engpässe können tödlich für das Gesamtsystem sein", weiß der AIRIC Chairman. Schließlich müssen Kapazitäten stets korrekt bemessen und nötige Anpassungen vorgenommen werden. Der Ausbau von Flughäfen, notwendig durch das seit Anbeginn des Luftverkehrs stets vorhandene Wachstum, habe während eines weiterhin reibungslosen laufenden Betriebs erfolgen. Und dann spielt auch der "Faktor Öffentlichkeit" eine nicht unwesentliche Rolle, was beispielsweise Flughafenentwicklung anbelangt; Pro und Contra Argumente treffen regelmäßig aufeinander. Aber: "Es gibt nicht alles an Instrumentarien, die benötigt würden. Es existiert hoher Bedarf an Instrumenten zur strategischen Führung", erklärt Edelmann.

Die hierfür zu schaffende Plattform soll die Entwicklung innovativer Lösungen sowie den nötigen Know-How-Transfer zu deren Verbreitung ermöglichen. AIRIC möchte keine Grundlagenforschung betreiben, sondern angewandte Forschung in die erforderlichen Wirtschaftsbereiche transferieren. Auch die dazu nötigen Kooperationen gilt es aufzubauen, so sollen Unternehmen und Wissenschaft effizient zusammenarbeiten und auch Behördenvertreter als Repräsentanten der Öffentlichkeit schon von Anfang an in Entscheidungsfindungen mit eingebunden werden. Und am Ende der Entwicklung sollen jeweils global verwertbare Lizenzprodukte stehen.

Als Beispiel führt Edelmann die Praxis der Slotvergabe an und weist auf fehlende Lösungen zu einer flexiblen Gestaltung dieser Thematik hin. Vorbestehende Kundenwünsche der Airlines seien zu 80 bis 90 Prozent bereits fixiert und werden den mittlerweile vorherrschenden Markterfordernissen nicht mehr gerecht. Neue Technologien sollen helfen, die seit den 1970/80er-Jahren bestehenden Grundlagen endlich gezielt zu optimieren.

Schulbank für die Manager

Um das notwendige Know-How auch "an den Mann zu bringen", brauche es zudem eine gezielt fundierte Ausbildung des Managements. "Wenn Sie heute Flughafenmanager werden wollen, müssen Sie erst einmal nach Montreal fliegen, um lernen zu können", kritisiert der AIRIC-Vorstand. Lokal vorhandene Angebote seien nicht harmonisiert und ließen zudem große Managementbereiche völlig offen. AIRIC möchte speziell in diesem Bereich ansetzen und Verbesserungen bei der Ausbildung von Luftverkehrs-Infrastrukturmanagern herbeiführen. Besonders im Hinblick auf kooperative Informationsnutzung und die Einführung von Wissensmanagement als unternehmerische Funktion ortet Edelmann große Lücken. Seine Vision ist ein "One-Stop-Shop für Airports und Luftraumkontrolle" durch konsequente interdisziplinäre Spezialisierung auf das Management im Bodenbereich der Luftfahrt-Infrastruktur mit geographischem Fokus auf Österreich, Schweiz und Deutschland, sowie "Richtung Osten".

Alexander Van der Bellen sieht grünes Licht für ein erfolgreiches Projekt - Foto: M. Klein / Austrian Wings
Alexander Van der Bellen sieht grünes Licht für ein erfolgreiches Projekt - Foto: M. Klein / Austrian Wings

Projektkommentator Prof. Dr. Alexander Van der Bellen führt angesichts der ehrgeizigen Ziele von AIRIC aus: "Es war mir zunächst gar nicht bewusst, welches Konglomerat an unterschiedlichen Unternehmen etwa ein Flughafen darstellt!" Es habe ihn neugierig gemacht, welche "interessanten Forschungsfragen" aus den Bereichen der angewandten Mathematik, Informatik, Operations Research oder Finanzierung sich jeweils stellen. Außerdem gehe es um die Schaffung von Strategien für besondere Ereignisse, die man kaum erwartet, im Eintrittsfall aber massive Probleme verursachen, verweist Van der Bellen etwa auf den Ausbruch des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull vor zwei Jahren, der den gesamten europäischen Luftverkehr mit einem Schlag lahmzulegen vermochte.

Auf dem Weg zum "Centre of Excellence"

Die Zukunft von AIRIC sieht innerhalb der kommenden drei Jahre 30 bis 50 Arbeitsplätze vor. Organisatorische Maßnahmen für die Plattform sind zwischenzeitlich getroffen, aktuell werden maßgebliche Mitglieder - unter ihnen etwa die Flughafen Wien AG sowie Austro Control - selektiert. Ziel dieser "Phase 1" ist die Festlegung einer Strategie, welche Innovationen vorrangig behandelt werden sollen. Anschließend, in "Phase 2" soll die Durchführung konkreter Forschungsprojekte erfolgen und diese "in Produktionsnähe bringen". Die darauf aufbauende "Phase 3" lässt, so AIRIC, eine Aufwertung des Kompetenzstandorts Wien erwarten; die Vernetzung aller dann vorhandenen Wissensträger soll die Schaffung eines innovativen, starken Ausbildungsprogramms sicherstellen. Letzten Endes möchte man es damit in "Phase 4" zu einem "Centre of Excellence" in Europa bringen.

Alexander Van der Bellen sieht im Erfolgsfall einen "Dienstleistungsexport aus Wien" an einer Schnittstelle zwischen Forschung und Wirtschaft, und will sich bei Bedarf als "Türöffner zur Stadt Wien" zur Verfügung stellen, sollte AIRIC Unterstützung seitens der Bundeshauptstadt benötigen. Und Prof. Mag. Dr. Karl Fröschl von der Universität Wien sieht in der Initiative überhaupt eine "Wiener Melange" par excellence: "Man muss die Cleverness haben, das, was in Wien und näherer Umgebung passiert, zukunftsorientiert zusammenzumischen!"

Abschließend nimmt Wolfgang Edelmann die Antwort auf eine ungestellte Frage vorweg: "Ich kann Ihnen nicht sagen, ob es mit unserer Beteiligung gelungen wäre, den Flughafen Berlin planmäßig zu eröffnen!" Deshalb wollte es Austrian Wings genauer wissen: hätte eine Plattform wie AIRIC es vermocht, das heimische Skylink-Debakel zu verhindern? Dazu Edelmann: "Ja. Beim Skylink sind unglückliche Zustände zusammengekommen, die zwar nicht alle durch Planungsverbesserung lösbar gewesen wären - aber ein paar davon hätten wir sicherlich vermeiden können!"

Text: G. Aigner
Fotos: M. Klein