Es gehe einerseits um Wachstum, andererseits aber auch um einen respektvollen Umgang mit jenen, die Bedenken gegenüber dem Projekt haben.
Allerdings sei auch klar, dass ein derart großes Infrastrukturprojekt, das immer eine Güterabwegung notwendig mache, nicht „schmerzfrei“ über die Bühne gehen könne.
Anders als in Frankfurt, wo es massive Probleme seit Inbetriebnahme der neuen Landebahn gibt, oder München, hier wurde eine dritte Piste vorerst durch einen Bürgerentscheid gestoppt, habe man in Wien alle beteiligten Parteien von Anfang an in einen Dialog eingebunden. Ofner: „Das ist wohl europaweit einzigartig.“ Auch künftig wolle man am VIE auf den Dialog mit Anrainern setzen.
So werde die neue 11/29 insgesamt 2,4 Kilometer parallel zur alten Piste errichtet, damit die Anflüge möglichst nicht über dicht besiedeltes Gebiet führen. Außerdem werde es keine Nutzung der dritten Piste in der Zeit von 22:30 bis 06:00 Uhr geben. Zudem dürften nur Flugzeuge, die für den so genannten „Curved Approach“ zugelassen sind, die neue Piste anfliegen. Jäger: „Bei einem konventionellen Anflug muss die Maschine die letzten 18 Kilometer zur Piste stabilisiert in Verlängerung der Pistenlängsachse anfliegen, beim Curved Approach reduziert sich dieser Wert auf 5 Kilometer.“
Ebenfalls auf freiwilliger Basis habe der VIE in den vergangenen Jahren 50 Millionen Euro in Lärmschutzfenster für 2.600 Haushalte in den Anrainergemeinden investiert. Zwischen 21 Uhr und 7 Uhr gibt es – mit Ausnahme wetterbedingter Spezialfälle – keine Westanflüge über das Stadtgebiet.
„Man sieht, der Flughafen bemüht sich, alles Erdenkliche zu tun, um die Anrainer zu entlasten.“
Wie viel die dritte Piste schließlich kosten werde, könne man derzeit noch nicht sagen. „Wir rechnen damit, dass uns die UVP am Freitag zugestellt wird. Das dürften so 700 bis 800 Seiten sein, dazu kommen noch einmal ein paar tausend Seiten Anhänge.“
Erst, wenn man alles gelesen und geprüft habe, könne man eine erneute und seriöse Kalkulation abgeben. Voraussichtlich im Herbst werde es soweit sein. „Wir rechnen natürlich mit einigen Auflagen zum (Lärm-) Schutz der Anrainer, die einen wesentlichen Teil der Gesamtkosten ausmachen werden.“
Würde er jetzt eine Zahl nennen, so Ofner in Anspielung auf das Skylink Debakel, „wird man die einfach nicht mehr los. Deshalb tue ich das heute nicht, das wäre unseriös.“
Für heuer rechnet der Flughafen damit, dass die 22 Millionen Marke bei den Passagieren überschritten wird. Bis 2020 soll diese Zahl weiter um eine Million Reisende pro Jahr anwachsen. „Eine Million Passagiere mehr bedeutet 1.000 zusätzliche Arbeitsplätze am Airport, dazu kommen noch einmal 1.000 Arbeitsplätze an anderer Stelle, die mittelbar damit verknüpft sind.“
Mehr als 9.000 ausländische Unternehmen betreiben laut Ofner Standorte in Österreich, mehr als 16.000 heimische Firmen hätten in Europa, hier vornehmlich in Südost- und Zentraleuropa, investiert. Diese Unternehmen hätten deshalb ihre Osteuropazentralen in Wien, weil es von hier aus gute Flugverbindungen in diese Märkte gebe.
Ofner unterstrich auch die Bedeutung des Flughafens für den Wien Tourismus. Im Jahr 2011 besuchten 5 Millionen Menschen die österreichische Hauptstadt, mehr als die Hälfte davon seien mit dem Flugzeug gekommen.
Sein Kollege Julian Jäger erläuterte, dass Wien zwar physisch gesehen über zwei Pisten verfüge, diese jedoch nicht voll nutzen könne. „Rein rechnerisch haben wir dadurch, dass sich die Bahnen kreuzen, nur 1,6 Pisten zur Verfügung.“
Deshalb sei die Anzahl der Flugbewegungen am VIE derzeit auf 72 pro Stunde begrenzt. In Spitzenzeiten zwischen 07:30 bis 10:00 Uhr, 16:00 bis 17:30 Uhr sowie 19:00 bis 21:00 Uhr, stoße man bereits jetzt an die Kapazitätsgrenzen. Mit der dritten Piste seien dann 90 bis 95 Flugbewegungen pro Stunde möglich.
Auch auf das von einzelnen politischen Vertretern wiederholt kolportierte Thema, den Flughafen Bratislava/Pressburg als dritte Piste für Wien zu nutzen, ging Jäger ein.
„Das wäre keine Alternative. Wir haben in Wien derzeit Mindestumsteigezeiten von 25 bis 30 Minuten für Anschlusspassagiere. Das wäre mit einem Transfer nach Bratislava nicht machbar, da würden wir bei rund 90 Minuten liegen, was international jenseits jeder Konkurrenzfähigkeit wäre", so der VIE-Vorstand.
Zudem wäre es für die beiden wichtigsten Airlines, AUA und NIKI, wirtschaftlich nicht zu vertreten, ihren Flugbetrieb auf Wien und Bratislava aufzuteilen. „Die AUA hat das vor ein paar Jahren schon einmal versucht und rasch wieder davon Abstand genommen, weil es sich nicht rentiert hat.“
Sowohl Jäger als auch Ofner gehen davon aus, dass es Einsprüche gegen den Beschluss geben wird. Diese müssten abgearbeitet werden, bevor ein endgültiger positiver Baubescheid vorgelegt werden kann. „2014, 2015 könnte es soweit sein. Dann müssen wir ein bis zwei Jahre Planungszeit rechnen, der frühestmögliche Baubeginn für die dritte Piste wäre das Jahr 2016, die Fertigstellung könnte dann 2020/21 erfolgen."
Gleichzeitig schränkte der Flughafen ein, dass das Projekt durchaus noch nicht fix sei. „Es muss sich wirtschaftlich rechnen, nur dann ist das Projekt vertretbar. Allerdings gehen wir zum derzeitigen Stand davon aus, dass der Flugverkehr wie prognostiziert wächst.“
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(red)