Verschmelzen der Geschäftsmodelle
Wie schon im letzten Jahr bedienen in diesem Frühjahr 20 Fluggesellschaften, die im Low Cost Verkehr tätig sind, den deutschen Markt. Die im Low Cost Bereich tätigen Airlines gestalten ihr Angebot zum Teil sehr unterschiedlich. Auf Grund dieser Inhomogenität lassen sich nur wenige eindeutige Abgrenzungskriterien für das Marktsegment Low Cost definieren wie zum Beispiel ein niedriger Preis und ihre generelle Verfügbarkeit oder ein Direktvertrieb über das Internet. “Zudem verschmelzen die Geschäftsmodelle einiger Gesellschaften durch Annäherung von Low Cost- und traditionellen Linienfluggesellschaften und erschweren somit eine eindeutige Zuordnung. Dies trifft besonders auf die Fluggesellschaft Air Berlin zu, die als Hybridcarrier neben dem Low Cost Segment auch traditionellen Linien- und Charterverkehr durchführt. Es besteht deshalb in einigen Fällen ein gewisser Ermessensspielraum in der Zuordnung einer Luftverkehrsgesellschaft zum LCC Segment”, erklärt Studienleiter Dr. Peter Berster vom DLR-Institut für Flughafenwesen und Luftverkehr. Die Ergebnisse des Low Cost Monitors 2012 basieren auf Daten einer Referenzwoche aus dem Winterflugplan 2012. Die Passagierangaben beziehen sich auf das gesamte Jahr 2011.
10,5 Prozent weniger Strecken im Angebot
Insgesamt wurden im Frühjahr dieses Jahres 454 unterschiedliche Strecken im innerdeutschen und grenzüberschreitenden Verkehr bedient. Dies sind rund 50 Strecken (minus 10,5 Prozent) weniger als im Frühjahr des letzten Jahres und sogar 12 Prozent weniger wie im Krisenjahr 2009. Neue deutsche Flughäfen kamen nicht zum Low Cost Netz dazu und auch neue Zielflughäfen gibt es nur wenige (z.B. Plowdiw in Bulgarien). Leichte Zuwächse gab es nur an wenigen Flughäfen wie beispielsweise in Berlin-Tegel mit einer Steigerung von acht Flügen pro Woche, Rückgänge jedoch an zahlreichen Flughäfen wie Köln/Bonn mit rund zwölf Prozent weniger Starts, Niederrhein (minus 42 Prozent beziehungsweise über 70 Flüge), oder Hahn (minus 32 Prozent beziehungsweise über 60 Flüge). Ein solcher Verlust ist für Flughäfen mit einem hohen Low Cost Anteil besonders gravierend. Mit einem Anteil von über 90 Prozent am Linienverkehr werden an den Flughäfen Niederrhein, Lübeck, Memmingen, Karlsruhe/Baden-Baden und Hahn fast ausschließlich Low Cost Verkehre durchgeführt.
Hoher Angebotsrückgang im Low Cost Verkehr, stärkster Rückgang bei Ryanair
“Gemessen an der Zahl der Starts im Januar stellt das Low Cost Segment von Air Berlin – trotz eines starken Rückgangs von 12,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – das mit Abstand größte Low Cost Angebot aller Low Cost Carrier in Deutschland dar. Dieses Segment von Air Berlin wickelt dabei 1650 Starts in einer Woche ab, darauf folgt Germanwings mit 715 Starts”, erklärt Peter Berster. Der stärkste Rückgang ist bei Ryanair zu verzeichnen, die fast 40 Prozent ihrer Flugangebote aus Deutschland abgezogen hat. Das gesamte Flugangebot der Low Cost Carrier reduzierte sich seit Einführung der neuen Luftverkehrssteuer in Deutschland im letzten Jahr um 14 Prozent. Insgesamt vereinen die sieben größten Low Cost Carrier (Air Berlin, Germanwings, Ryanair, Easyjet, Intersky, Wizz, flybe) in diesem Frühjahr 95 Prozent des LCC Marktes auf sich.
Marktanteil der Low Cost Carrier sinkt bei der Luftverkehrsnachfrage um 2 Prozentpunkte
Im Jahr 2011 nutzten auf den 26 internationalen und regionalen Verkehrsflughäfen über 64 Millionen Passagiere die Angebote von Low Cost Airlines für ihre Flugreisen. Bei einem lokalen Gesamtpassagieraufkommen von fast 200 Millionen Passagieren auf den betrachteten Verkehrsflughäfen beträgt der Marktanteil des LCC Segments somit rund 32 Prozent. Dies bedeutet einen Rückgang um 2 Prozentpunkte gegenüber dem letzten Jahr. Insgesamt hatten die Berliner Flughäfen zusammengenommen mit fast 14 Millionen Passagieren im Low Cost Verkehr das höchste Aufkommen aller Flughäfen in Deutschland.
Annäherung bei den Flugpreisen
Die Durchschnittspreise der bedeutendsten Low Cost Anbieter auf dem deutschen Markt variieren untereinander und in Abhängigkeit vom Vorausbuchungszeitraum. So wurden in einer etwa zehnprozentigen Stichprobe aller Low Cost Strecken Deutschlands die Flugpreise für verschiedene Zeitpunkte ermittelt. “Die über alle Strecken und Buchungszeitpunkte ermittelten Durchschnittspreise für einen Flug variieren je nach Carrier im Frühjahr 2012 zwischen rund 40 Euro und 80 Euro bei den Nettopreisen und zwischen 60 Euro und 150 Euro bei den Bruttopreisen. Während die Durchschnittspreise bei den preiswerteren Low Cost Carriern leicht angestiegen sind, gibt es teilweise einen Rückgang bei den etwas teuren Low Cost Carriern, so dass sich die Preisspanne geringfügig angenähert hat”, sagt Berster.
Rückgang in Deutschland nach Einführung der Luftverkehrssteuer
Bei einer Betrachtung des gesamten europäischen Markts zeigt sich die Bedeutung der beiden Marktführer Ryanair und Easyjet, die zusammen mit über 43 Prozent fast die Hälfte aller Low Cost Flüge in Europa anbieten: Mit über 7300 Starts sowie rund 1500 Strecken verfügt Ryanair über das größte Verkehrsangebot. Das Zielland Nummer eins bei den Low Cost Carriern bleibt Großbritannien, das mit weitem Abstand mit über 7000 Starts pro Woche die meisten Flüge aufweist. Während lange Zeit Deutschland das Land mit dem zweithöchsten Angebot an Low Cost Flügen war, ist es seit Einführung der Luftverkehrssteuer 2011 auf den vierten Platz abgerutscht und liegt nun hinter Italien und Spanien. Dabei ist London-Gatwick der Flughafen mit dem größten Aufkommen an Low Cost Flügen in Europa, noch vor Barcelona und Dublin. Nach den Rückgängen in Berlin-Schönefeld und Köln/Bonn ist Berlin-Tegel mit dem größten deutschen Low Cost Flugangebot im europäischen Vergleich auf Rang 15, gefolgt von Köln/Bonn auf Platz 17 und Berlin-Schönefeld auf Rang 19. Im Europaverkehr stagniert der Anteil des Low Cost Carrier Marktes von rund 26 Prozent bei den Flugangeboten im Vergleich zum letzten Jahr. Inzwischen gibt es Low Cost Angebote in über 40 Ländern Europas, dabei werden auch die Grenzen nach Nordafrika und Asien überschritten. Insgesamt ist in Europa im Gegensatz zu Deutschland mit 2 Prozent noch ein geringes Streckenwachstum zu erkennen, allerdings gibt es auch hier einen Rückgang bei der Anzahl der Flüge, der mit rund 3 Prozent jedoch wesentlich geringer ausfällt als in Deutschland.
(red / DLR)