Starkes Wachstum im Spaniengeschäft
“Im vergangenen Sommer haben wir 648 unterschiedliche Strecken im innerdeutschen und grenzüberschreitenden Low Cost Verkehr gezählt”, sagt Studienleiter Dr. Peter Berster vom DLR-Institut für Flughafenwesen und Luftverkehr. “Dies sind immerhin 13 Strecken mehr als im Sommer 2011.” Neue deutsche Flughäfen kamen nicht zum Low Cost Netz hinzu, allerdings gibt es mehrere neue Zielflughäfen: Ein Beispiel ist Rijeka in Kroatien. “Es zeigt sich eine erste Erholung nach dem Rückgang im letzten Jahr”, unterstreicht Berster.
An Großflughäfen wie Berlin-Tegel erhöhte sich die Anzahl der Low Cost Flugangebote (plus 30 Flüge pro Woche). Der Hauptstadtflughafen ist mit knapp 650 wöchentlichen Flügen die größte Drehscheibe für Low Cost Carrier (LCC) in Deutschland. Ebenso gab es Zuwächse an zahlreichen kleineren Flughäfen wie Hahn oder Memmingen, die im letzten Jahr Verluste hinnehmen mussten. Berlin-Schönefeld, Köln/Bonn, Hamburg, München und Frankfurt verzeichneten einen Rückgang der Low Cost Angebote. Die Zahl innerdeutscher Strecken ging um über acht Prozent zurück. Demgegenüber steht ein starkes Wachstum im Spaniengeschäft, wobei hier ein neuer Rekord sowohl an Flügen (790 Starts pro Woche) als auch an Strecken (96 Verbindungen) erreicht werden konnte. Im ersten Halbjahr 2012 nutzten 29 Millionen Passagiere die Angebote von Low Cost Airlines in Deutschland. Das entspricht einem Marktanteil von rund 30 Prozent (minus drei Prozent zum Vorjahr).
Insgesamt erholte sich die Branche leicht. Die Zahl der Starts kletterte gegenüber 2011 um anderthalb Prozent auf nunmehr 4900 Flüge pro Woche in und ab Deutschland (5400 Starts, Rekord 2010). Die sieben größten Low Cost Carrier (Air Berlin, Germanwings, Ryanair, Easyjet, Intersky, Wizz, flybe) vereinen im Sommer 2012 einen Anteil von 94 Prozent des LCC-Marktes auf sich. Je nach Carrier lagen die über alle Strecken und Buchungszeiten ermittelten Durchschnittspreise zwischen 70 und 120 Euro brutto. Die Preisspanne hat sich erneut angenähert.
Ryanair erweitert Angebot
“Das mit Abstand größte Low Cost Flugangebot ist – trotz eines leichten Rückgangs von zwei Prozent – weiter bei Air Berlin zu finden”, erklärt Peter Berster. “Rund 2300 Starts pro Woche wickelte das Low Cost Segment der Berliner Fluggesellschaft im Juli ab. Darauf folgt Germanwings mit 968 Starts.” Ryanair wächst auf dem deutschen Markt mit einem Plus von zwölf Prozent wieder kräftig. Die irische Fluggesellschaft wickelt nun 672 Starts pro Woche ab, nachdem sie im Jahr 2011 ihr Angebot in Deutschland drastisch reduzierte hatte. Die Anzahl der angebotenen Strecken erhöhte sich sogar um 16 Prozent auf 187 Verbindungen. Das ist ein neuer Rekord (13 Strecken mehr als 2010). Bei der Anzahl der Flüge liegt Ryanair aber noch weit unter dem Höchstwert aus dem Jahr 2010 (damals 832 Starts pro Woche). Ryanair konzentriert sich offenbar auf den Ausbau des Streckennetzes und verzichtet dafür auf eine höhere Anzahl von Flügen auf den einzelnen Verbindungen.
Streckenausbau in Europa setzt sich fort
Ryanair und Easyjet sind weiter die Schwergewichte auf dem europäischen Luftverkehrsmarkt im Segment Low Cost. Mit einem Anteil von über 44 Prozent (plus ein Prozent zum Vorjahr) bieten beide Airlines zusammengerechnet fast die Hälfte aller europäischen Low Cost Flüge an. Mit europaweit über 11700 Starts pro Woche sowie rund 2600 Strecken verfügt Ryanair über das größte Verkehrsangebot. Das Zielland Nummer eins der Low Cost Flieger bleibt Großbritannien. Deutschland war lange das Land mit dem zweithöchsten Low Cost Angebot. Nun liegen Spanien und Italien auf Platz zwei und drei. Deutschland folgt auf dem vierten Platz. Der europäische Flughafen mit den aktuell meisten Low Cost Angeboten ist Barcelona. Zuvor waren es London-Gatwick und London-Stansted. Berlin-Tegel folgt wie in den letzten Jahren auf Platz 15. Inzwischen gibt es Low Cost Angebote in fast 45 europäischen Ländern.
Low Cost und traditioneller Linienflugbetrieb
“In Deutschland haben wir unverändert 20 Fluggesellschaften, die im Low Cost Bereich agieren”, sagt Peter Berster. Die Airlines gestalten ihr Angebot dabei oft sehr unterschiedlich. “Dadurch können wir nur wenige eindeutige Abgrenzungskriterien für das Marktsegment Low Cost definieren: beispielsweise ein niedriger Preis und seine generelle Verfügbarkeit oder ein Direktvertrieb über das Internet”, erläutert Berster. Die Geschäftsmodelle einiger Low Cost Gesellschaften verschmelzen zudem mit denen traditioneller Airlines und erschweren die Zuordnung. Dies trifft besonders auf die Fluggesellschaft Air Berlin zu, die als Hybridcarrier neben dem Low Cost Segment auch traditionellen Linien- und Charterverkehr durchführt und im Frühjahr der Luftfahrtallianz Oneworld beigetreten ist. Das Low Cost Segment der Berliner Fluggesellschaft bleibt weiter erkennbar und somit in den Low Cost Monitor 2/2012 einbezogen. Die genannten Ergebnisse der Studie basieren auf Daten einer Referenzwoche aus dem abgelaufenen Sommerflugplan. Die genannten Passagierangaben beziehen sich auf das erste Halbjahr 2012.
(red / DLR)