Österreich

Personalmangel: AUA sollen mindestens 100 Flugbegleiter fehlen

  • Crewmangel soll jeden zweiten Tag zu Flugausfall führen
  • AUA-Flugbegleiter mit befristeten Verträgen verdienen weniger als Zugbegleiter
  • Ein Sprecher: "Ja, es gibt Herausforderungen. Aber wir befördern pro Jahr mehr als 11 Millionen Passagiere mit einer Zuverlässigkeitsrate von fast 100 Prozent"
  • Piloten KV-Verhandlungen könnten noch im März beginnen

Dass die österreichische Lufthansa-Tochter AUA unter Personalmangel leidet ist bekannt, wie zuletzt auch Bordbetriebsrat Karl Minhard in einem Austrian Wings Videointerviewbestätigte. Doch die Probleme könnten gravierender sein als bisher angenommen. Das behaupten jedenfalls Flugbegleiter gegenüber unserer Redaktion. AUA-Sprecher Peter Thier erklärte auf Anfrage lediglich, es gebe "Herausforderungen auf dem Sanierungsweg", man wolle jedoch keine "personalplanerische Diskussion" in der Öffentlichkeit führen.

Angehörige des AUA-Bordpersonals werfen dem Management vor, dass bis zu 100 Flugbegleiter fehlen würden, und zwar selbst dann, wenn man das derzeitige Plansoll erreichen sollte.

Zu wenig geeignete Bewerber

Doch daran sei momentan gar nicht zu denken, da es zu wenig geeignete Bewerber gebe. Viele Interessierte dürften dem Vernehmen nach nämlich im Vorfeld durch die bereits in der Vergangenheit von Mitarbeitern kritisierten Arbeitsbedingungen abgeschreckt werden. So sind die Verträge für Neueinsteiger als Flugbegleiter nur auf drei Jahre befristet, das Vollzeitgehalt (exkl. Zulagen) liegt bei 19.530 Euro brutto im Jahr, was bei 14 Gehältern einem monatlichen Durchschnittslohn von 1.395 Euro brutto entspricht. Damit käme man monatlich auf rund 1.100 Euro netto, wobei - je nach Dienstplaneinteilung - entsprechende Zulagen ausbezahlt werden.

Zugbegleiter verdienen mehr

Damit verdienen AUA-Flugbegleiter zu Beginn ihrer Karriere um über 300 Euro brutto weniger als beispielsweise Zugbegleiter bei der Westbahn. Deren "Bruttogrundentgelt" beträgt nämlich laut Stellenausschreibung  1.700 Euro (entspricht circa 1.250 Euro netto/Monat), wobei die Zugbegleiter ebenfalls diverse Zuschläge für Spät- und Wochenenddienste erhalten.

Angespannte Personalsituation - jeden zweiten Tag eine Flugstreichung?

Um den Flugbetrieb angesichts der aktuellen Personalsituation aufrecht zu erhalten, würden fast alle Flüge nur noch mit der gesetzlich erforderlichen Mindestbesatzung in der Kabine durchgeführt, wodurch es aufgrund der gestiegenen Arbeitsbelastung zu Einbußen bei der Servicequalität komme, so der Vorwurf. Außerdem würden auch Flugbegleitern regelmäßig dienstfreie Tage "abgekauft".

"Wenn wir wirklich einmal nur noch alle Dienst nach Vorschrift machen, würde der Vorstand schön dumm aus der Wäsche schauen", meint eine Flugbegleiterin mit mehr als 10 Jahren Berufserfahrung.

Ebenfalls sehr prekär sei die Situation bei den Piloten. Hier sprach der Bordbetriebsrat öffentlich davon, dass mindestens 25 Flugzeugführer fehlen.

Heuer seien, so die gegenüber unserer Redaktion kolportierte Message, bereits über 30 Flüge wegen "Lack of Crew" gestrichen worden, das wäre statistisch gesehen etwa jeden zweiten Tag seit Jahresbeginn ein ausgefallener Flug.

AUA bestätigt Zahlen nicht, spricht aber von "Herausforderungen"

AUA-Sprecher Peter Thier ging auf Anfrage im Detail nicht auf die Vorwürfe und kolportierten Zahlen ein, erklärte lediglich: "Ja, es gibt Herausforderungen auf dem Sanierungsweg."

Und weiter: "Austrian führt jährlich über 100.000 Flüge durch und bringt dabei mehr als 11 Millionen Passagiere mit einer Zuverlässigkeitsrate von nahezu 100 Prozent an ihr Ziel. Die Professionalität unserer Piloten und Flugbegleiter ist ein wesentlicher Grund für diese Performance."

Die zu bewältigenden "Herausforderungen" wolle man aber "intern" und nicht vor den Augen der Öffentlichkeit besprechen.

Verhandlungen über Piloten-KV starten

Noch im März will das Management der AUA mit den Piloten über einen neuen Kollektivvertrag verhandeln, ungeachtet der noch laufenden Gerichtsverfahren. Allerdings rechnen Branchenkenner nicht mit einer Einigung vor Abschluss der Verfahren, ein Umstand, den auch AUA-Boss Jaan Albrecht selbst jüngst in einem Schreiben an die Mitarbeiter einräumte.

Das erste Urteil darüber, ob der AUA-KV nach dem Betriebsübergang auf Tyrolean weiter gilt oder nicht, erwartet die Gewerkschaft nach eigenen Angaben "im März oder April". Außerdem muss das Arbeits- und Sozialgericht noch darüber entscheiden, ob der Betriebsübergang vom Juli 2012 überhaupt rechtskonform war. Fällt die Entscheidung zugunsten der Arbeitnehmer aus, müsste die AUA den Betriebsübergang im schlimmsten Fall rückabwickeln, was einem finanziellen Horrorszenario gleichkäme.

Die Gewerkschaft schlägt außerdem vor, langfristig einen Branchen-KV zu implementieren, was seitens des AUA-Managements grundsätzlich begrüßt wird. Dies würde der AUA nämlich Wettbewerbsvorteile bescheren, da dann auch Mitbewerber wie die Air Berlin Tochter NIKI gezwungen wären, Anstellungsverhältnisse gemäß dem KV zu schaffen. Dort arbeitet gegenwärtig der Großteil der Piloten und Flugbegleiter in Leiharbeitsverhältnissen.

(red / Titelbild: Flugbegleiter und Piloten der AUA / Tyrolean, Symbolbild - Foto: AUA)