Punktlandung

Der feine Unterschied: "Sicherheits-" versus "Notlandung"

So gut wie jedes Mal, wenn ein Verkehrsflugzeug eine außerplanmäßige Landung durchführt, ist in den (Boulevard-) Medien von einer "dramatischen Notlandung" die Rede. Dass nicht jede Rückkehr zum Boden aufgrund von Schwierigkeiten an Bord gleich eine Notlandung ist, ist den wenigsten Redakteuren bekannt. Manche dürften es zwar wissen, aber auch aus dramaturgischen Gründen bewusst ignorieren. Für Austrian Wings beleuchtet daher ein erfahrener Pilot und Fluglehrer die kleinen aber feinen Unterschiede zwischen einer Sicherheits- und einer Notlandung.

Es ist sicherlich dem heutigen Stand der Technik sowie den gut ausgebildeten Piloten zu verdanken, dass die allermeisten Flüge ohne besondere Vorkommnisse beziehungsweise Zwischenfälle ablaufen. Durch rasches Handeln sowie redundante Systeme werden Störungen im Flugverkehr bereits im Ansatz gelöst. Gelingt dies nicht, kann es jedoch zu einer ungewollten Aneinanderreihung mehrerer Probleme kommen, was dann wiederum zu einer Sicherheits- bzw. Notlandung führen kann. Oftmals werden diese beiden Begrifflichkeiten falsch verwendet sodass sich eine nähere Betrachtungsweise als lohnend erweist.

Sicherheitslandung

Von einer Sicherheitslandung ist dann die Rede, wenn eine Störung eingetreten ist die keiner akuten Notlage entspricht. Eine vorzeitige Landung wird dem Risiko einer möglichen Verschlechterung der Störung vorgezogen. Oftmals genügt also die Annahme, um einen regulären Flug zu unterbrechen. Der Sicherheitsgedanke im Cockpit ist hier natürlich vorherrschend gegenüber eventuellen wirtschaftlichen Überlegungen der Airline.

Treten Störungen, beispielsweise mit einem Hydrauliksystem, auf so wird in erster Linie die Situation und das Ausmaß genauestens überprüft. Neben lösungsorientiertem Handeln sowie der Abarbeitung der relevanten Checklisten ist eine intensivere Beurteilung erforderlich.

Hierbei bedient sich die Cockpit Besatzung einer gängigen Methode um eine optimale Einschätzung der Situation zu gewährleisten. Diese Entscheidungsfindung nennt sich FORDEC, wobei jeder Buchstabe für einen konkreten Schritt steht (Facts, Option, Risks, Decision, Execution und Check). Hat das vorhin genannte Problem mit der Hydraulik Auswirkungen auf weitere Systeme, beziehungsweise ist ein solcher Fall zu erwarten, wird der Flug unterbrochen und es ist von einer Sicherheitslandung die Rede.

Notlandung

Im Gegensatz dazu steht der Begriff der Notlandung. Von dieser ist dann zu sprechen, wenn die Weiterführung eines Fluges nicht mehr möglich ist. Genauso verhält es sich wenn eine Aufrechterhaltung der Sicherheit nicht mehr gegeben ist oder als unzureichend eingestuft wird. Den Piloten wird ein rasches Handeln abverlangt und die nächste sowie geeignete Landemöglichkeit wird ausgewählt.

Fällt bei einem einmotorigen Flugzeug das Triebwerk aus, und ist dessen erneute Inbetriebnahme nicht möglich, so befindet sich der Pilot in einer Flugnotlage und eine Landung wird erzwungen. Auch bei Feuer in der Kabine (siehe auch den Artikel über das"Helderberg"-Unglück, Anmerkung der Redaktion) wird der Sinkflug prompt eingeleitet und der nächste Flughafen angesteuert. Ist das Ansteuern des nächstgelegen Flugplatzes beziehungsweise Flughafens auf Grund technischer Defekte unmöglich geworden, so wird als letzte verbleibende Option freies Gelände respektive Wasser als Landefläche genutzt.

Medizinische Notfälle

Jedoch nicht nur technisches Versagen können Notlandungen auslösen. Immer wieder treten auch medizinische Notfälle an Bord auf. Schwere Verletzungen oder akute Erkrankungen eines Passagiers oder eines Besatzungsmitgliedes können eine Unterbrechung des Fluges herbeiführen. Erleidet ein Fluggast einen Herzinfarkt, so zählt natürlich jede Minute. Dieser medizinische Notfall erhält oberste Priorität bei Anflug- und Landeverfahren.

"Mayday-Call"

Auch bei der Phraseologie des Sprechfunks wird zwischen verschiedenen Dringlichkeiten unterschieden. Wird ein Notfall deklariert so verwendet ein Pilot den Funkspruch "Mayday Mayday Mayday". Dieses international gültige Signal erzeugt die sofortige Aufmerksamkeit und ermöglicht dem Fluglotsen, dem Flugzeug in Not sofort Priorität gegenüber allen anderen sich auf einer Frequenz befindenden Flugverkehrsteilnehmer einzuräumen. Parallel dazu wird der Transponder Code auf 7700 gestellt, um den Lotsen eine zusätzlich rasche visuelle Erfassbarkeit der betroffenen Maschine zu liefern.

"Pan-Call"

Soll hingegen eine Dringlichkeit via Funk zum Ausdruck gebracht werden, so wird drei Mal in Folge "Pan Pan" ausgerufen. Die Maschine selbst befindet sich dann in keiner akuten Notlage sieht jedoch bei sich oder bei anderen Flugzeugen eine alarmierende Lage.

Bereits in der Aus- und Weiterbildung von Piloten und Flugbegleitern wird der Umgang mit Notsituationen trainiert. Auch wenn dies weder Flugbesatzungsmitglieder noch Passagiere erleben möchten, so muss ein gewissenhafter und korrekter Umgang mit Störungen erfolgreich gemeistert werden können.

Text: Hans-Georg Rabacher (Der Autor ist Chief Ground Instructor der Aviation Academy Austria)

Titelbild: Der Autor demonstriert im Simulator das korrekte Vorgehen bei einem Triebwerksbrand - Foto: PA / Austrian Wings Media Crew

Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.