Allerdings braucht es dafür optimale Rahmenbedingungen und einen Schulterschluss aller Verantwortlichen, damit die bestehenden Angebote weiter ausgebaut und von den Passagieren und Unternehmen auch genutzt werden.
Tektonische Bewegungen
Einen "Tsunami“ und "tektonische Marktverschiebungen“, die sich auf die internationale Luftverkehrswirtschaft zubewegen, prognostizierte Ulrich Schulte-Strathaus, Managing Director von Aviation Strategy & Concepts in Brüssel. Damit meinte er etwa Billigflieger, die Ihren Marktanteil seit 2006 auf 45 Prozent verdoppelt hätten, während traditionelle Fluglinien seit zehn Jahren bei innereuropäischen Verbindungen hohe Verluste geschrieben hätten. Im Allgemeinen haben die Fluglinien in Europa derzeit mit einem enormen Kosten- und Spardruck – nicht zuletzt aufgrund von Auflagen wie der Luftverkehrsabgabe oder dem Emissionshandel – zu kämpfen. Das führt zu Wettbewerbsverzerrungen, starken Sparprogrammen und zur Ausdünnung von Flugstrecken, die auch Verbindungen von und nach Linz trifft. Dennoch zeigten sich die Airline-Repräsentanten beim Luftfahrt-Tag optimistisch, dass sich gerade jetzt für einen Regionalflughafen wie Linz auch neue Chancen bieten. Grundlage dafür sei, dass die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Luftverkehrswirtschaft durch eine Verbesserung der Rahmenbedingungen sichergestellt wird. Dies gelte für den Standort Linz, die Region Oberösterreich, aber auch die gesamte Republik, heißt es in der Mitteilung weiter.
Als entscheidende Voraussetzungen für eine zukunftsfähige Entwicklung der Luftfahrt-Branche identifizierte Ulrich Schulte-Strathaus die Umwelt-, die Wettbewerbs- und die internationale Verkehrspolitik: "Um den gravierenden Veränderungen Rechnung zu tragen, muss die Politik in jedem dieser Felder beherzt tätig werden. Durch eine wettbewerbsneutrale Umweltpolitik könnten wir etwa die Effizienz deutlich erhöhen, für die Airlines Kostensenkungen in Milliardenhöhe erreichen und die CO2-Abgaben
um 12 % reduzieren. Parallel dazu brauchen wir eine Liberalisierung der EU-Luftverkehrsabkommen mit Nutzen für die EU-Fluglinien, insbesondere um gegen die Mega-Carrier im Nahen Osten bestehen zu können.“
Ein Regionalflughafen wie Linz müsse heute mehr denn je auf seine Stärken setzen und
diese im Markt und in der Politik einsetzen. Die Entwicklung in der Airline-Branche belege eindeutig, dass diejenigen, die den Mehrwert, welchen sie für die Region generieren, deutlich machen können, gewinnen. "Das Gleiche gilt auch für den Flughafen Linz. Hier hat man das Ohr am Markt und hier ist man mit der heimischen Industrie bestens verzahnt“, betonte Ulrich Schulte–Strathaus.
Zusätzliche Impulse für den Tourismus-Standort
Schon in seinem Einführungsstatement hatte Universitätsprofessor Friedrich Schneider von der Johannes
Kepler Universität Linz mit Datenmaterial genau diesen Stellenwert des Flughafens für den Wirtschafts- und Industriestandort OÖ unterstrichen. Der Volkswirt forderte Maßnahmen der Stakeholder, um die Anbindung Oberösterreichs für Passagiere und Fluglinien attraktiver zu machen. Gleichzeitig thematisierte Schneider die Flugabgabe und die doppelte Sicherheitsgebühr bei Anschlussflügen über Wien, durch die der Standort Oberösterreich an Attraktivität einbüße.
Eindringlich appellierte Landeshauptmann Josef Pühringer beim Luftfahrt-Tag deshalb an die Gäste, das bestehende Angebot des Flughafens Linz, wann immer es geht, zu nützen sei. Gleichzeitig betonte er, dass Oberösterreich nicht nur ein erfolgreiches Wirtschaftsbundesland sei, sondern auch in touristischer Hinsicht Potenzial habe und sich noch stärker als bisher als Marke positionieren müsse. In dieselbe Kerbe schlug auch der Linzer Bürgermeister Franz Dobusch, der darauf hinwies, dass gerade Linz als pulsierende Kulturstadt mit Angeboten wie dem neuen Musiktheater Chancen für die touristische Vermarktung – und damit auch für die Weiterentwicklung des Flughafens – biete. "Im Einzugsbereich des Flughafens Linz bietet die 3-Länder-Region Oberösterreich–Südböhmen–Passauer Land mit Donau und Moldau zahlreiche attraktive Möglichkeiten für den Tourismus, die noch stärker genutzt werden können, ist Gerhard Kunesch, Direktor des blue danube airport linz, überzeugt. So locken neben der Kulturhauptstadt Linz etwa das nahe gelegene Salzkammergut, die Dreiflüsse- Stadt Passau oder das nur wenige Kilometer von der Grenze entfernte tschechische Böhmisch Krumau / Krumlov, dessen historisches Stadtzentrum zum Weltkulturerbe zählt. Eurotours, mit 1,2 Millionen Fluggästen touristischer Top-Player in Österreich, führt derzeit intensive Gespräche mit dem Flughafen Linz und Tourismusverantwortlichen.
Gemeinsam möchte man die Produktentwicklung vorantreiben und aus den vorhandenen touristischen Möglichkeiten marktgerechte Angebote für den Incomingtourismus in Oberösterreich entwickeln. Franz Gredler, Prokurist und Bereichsleiter Business Development bei Eurotours, legte die dafür unverzichtbaren Grundlagen dar: "Erfolgreicher Flugtourismus muss heute gezielt auf Inhalte setzen. Es reicht allerdings nicht aus, diese Highlights auf klassische Art und Weise zu bewerben. Es kommt vielmehr darauf an, auf ausgesuchten Quellmärkten konkrete, vermarktbare Produkte zu promoten und eine langfristig angelegte Strategie zur Verkaufsförderung zu verfolgen“.
Dass ein gemeinsames Vorgehen Früchte trägt, unterstrich auch Ulrike Rabmer-Koller, Vizepräsidentin der Wirtschaftskammer Oberösterreich. Die Aufstockung der Wien-Zubringerdienste von 3 auf nunmehr 5 tägliche Dienste sind erste, sichtbare Ergebnisse der gemeinsamen Herangehensweise von Austrian Airlines, Flughafen und Wirtschaftskammer Oberösterreich. Zudem hat die AUA die Anregungen des Marktes aufgegriffen und ein attraktives Tarif-Modell für die Bundesländer entwickelt.
Airlines entwickeln Strategien gegen den Kostendruck Die Austrian Airlines werden ihrer Rolle als National Carrier nicht nur auf dem Hub-Flughafen Wien, sondern auch auf den Bundesländer-Flughäfen gerecht. Im Verbund mit der Lufthansa ist die AUA derzeit die einzige Netzwerkfluggesellschaft, die Linz mit 69 wöchentlichen Flügen nach Wien, Frankfurt und Düsseldorf verbindet – und von dort aus weiter zu annähernd 250 Destinationen. "Nicht nur den europäischen Hub-Flughäfen, sondern auch den Regionalflughäfen stehen entscheidende Jahre bevor. Durch den Ausbau des intermodalen Verkehrs haben Kunden immer mehr die Wahl und entscheiden sich nach ökonomischen und ökologischen Kriterien. In Zukunft wird man sich immer öfter die Frage stellen müssen, ob (Ultra-)Kurzstrecken noch sinnvoll und verantwortlich betrieben werden können. Bereits heute können die Zubringerflüge nur durch den Netz- und nicht den Streckenertrag wirtschaftlich begründet werden“, präzisiert AUA-Vorstandsdirektor Karsten Benz.
Auch Paul Gregorowitsch, Vorstandsdirektor der Air Berlin, verwies in seinem Statement auf das ständige Spannungsfeld, in dem Fluglinien stehen: "Bei Streckenentscheidungen müssen wir die Kostenstruktur, die Attraktivität des Zielgebietes, das Angebot der Tourismusverbände und die Nachfrage berücksichtigen. Zudem belasten uns externe Faktoren und gefährden ein profitables Wachstum.“ Im Jahr 2012 flog airberlin 196.000 Passagiere von und nach Linz und war mit 31 % Marktanteil führend bei touristischen Flügen. Auch im Sommer 2013 wird Air Berlin einen Airbus A 320 mit 180 Sitzen in Linz positionieren und 23 wöchentliche Abflüge zu neun touristischen Zielen anbieten.
Uwe Müller, Passage Leiter Vertrieb Deutschland & Verbundmärkte der Lufthansa, betonte am Luftfahrt- Tag die Bedeutung des Regionalverkehrs für einen Netzwerkcarrier am Beispiel der Strecke Linz-Frankfurt. Zwölf Prozent der österreichischen Fluggäste – über 100.000 Passagiere pro Jahr – kommen über den Flughafen Linz, wobei 84 % in Frankfurt umsteigen. Davon fliegen rund 40.000 auf Europa-Strecken, 16.000 über den Nordatlantik und 13.500 nach Fernost weiter. Im Incoming bringt Lufthansa 50.000 Passagiere pro Jahr nach Linz. "Obwohl es im vergangenen Jahr eine fünfprozentige Marktschrumpfung aus Oberösterreich gegeben hat, spielt der Flughafen Linz aufgrund des stark exportorientierten Industriestandortes Oberösterreich für unser interkontinentales Streckennetz eine wichtige Rolle“, betont Uwe Müller.
Die Wirtschaft braucht den Flughafen – und umgekehrt
Joachim Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung Oberösterreich, hakte hier nach und unterstrich ebenfalls die Bedeutung des Flughafens für die produzierende Industrie, die zahlreiche Güter über den Frachtflughafen Linz befördert. Ronald Friedreich, Österreich-Geschäftsführer des Weltmarktführers DHL Global Forwarding, betonte, dass sich nicht nur Fluglinien, sondern auch der
Luftfrachtmarkt in einem schwierigen Umfeld bewege. Alle wesentlichen Handelsrouten verzeichneten im letzten Jahr einen Rückgang, zusätzlich erschweren transportrechtliche Bestimmungen die Prozesse.
Parallel dazu skizzierte er in seinem Statement Strategien, mit denen Fluglinien, Infrastrukturgeber und Luftfrachtspediteure gemeinsam zum Nutzen ihrer Kunden agieren können: "Eine integrierte Luftfracht-Logistik ist ein wichtiger Bestandteil in einer globalen Wertschöpfungskette. Regionalflughäfen können sich hier einen Markt schaffen, besonders im Bereich der Multi-Modalität (Verbindung Luftfahrt-Straße-Bahn-Schifffahrt)“.
Mit einem globalen Netzwerk an Standorten, internationalen Joint Ventures und Partnern gewährleistet das Rieder Flugzeug-Zulieferunternehmen FACC die Erfüllung der qualifiziertesten Kundenanforderungen auf dem anspruchsvollen und weltweiten Markt der Luftfahrtindustrie. Die FACCKomponenten werden in kommerziellen Flugzeugtypen, Business Jets und Helikoptern eingebaut. Die technologischen Fortschritte mindern den Treibstoff-Verbrauch und den Fluglärm für die Anrainer. Dank der erfolgreichen Partnerschaft mit Flugzeugproduzenten wie Airbus und Boeing erwartet FACC auch für die kommenden Jahre kontinuierliches Wachstum. "Zwischen Wirtschaftswachstum und der Luftfahrt gibt es gegenseitige Abhängigkeiten und Parallelen. Umso wichtiger ist es für die Flughafen- Verantwortlichen, gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten für optimale Rahmenbedingungen zu sorgen“, forderte CEO Walter Stephan von FACC im Rahmen des Luftfahrt-Tages am Flughafen Linz.
Die Eigentümervertreter Josef Pühringer (Land Oberösterreich) und Franz Dobusch (Stadt Linz) sowie Manfred Grubauer, Mitglied des Aufsichtsratspräsidiums des Flughafens betonten unisono, dass sich der blue danube airport linz derzeit mit einer neuen Strategie auf die geänderten Rahmenbedingungen einstellt und dass mit Hochdruck an einem entsprechenden Konzept gearbeitet wird, wobei einige wesentliche Etappenziele schon verwirklicht werden konnten. Vielleicht können die Ergebnisse dieses
Prozesses bereits beim nächsten Luftfahrt-Tag von den Experten diskutiert werden.
(red / Flughafen Linz / Österreichischer Luftfahrtverband / Titelbild: Flughafen Linz