International

Vor 40 Jahren: Absturz der "Concordski" bei Paris

Am 3. September 1973 stürzte eine Tupolev TU-144 während einer Flugvorführung im Rahmen der Paris Airshow in Le Bourget ab. Dabei kamen alle 6 Besatzungsmitglieder und 8 Menschen am Boden, darunter 2 Kinder, ums Leben.

In den 1970er Jahren war der kalte Krieg in vollem Gange, die Ost- und Westmächte versuchten, sich gegenseitig mit immer neuen technologischen Entwicklungen zu übertrumpfen. Nachdem die Concorde ihre Flugvorführung absolviert hatte, war die TU-144, das sowjetische Gegenstück, das aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem britisch-französischen Überschalljet den inoffiziellen Spitznamen "Concordski" trug, an der Reihe. Es handelte sich um die dritte gebaute Maschine und das zweite Serienflugzeug mit der Kennung CCCP-77102.

Tupolev TU-144, CCCP-77102, die Unglücksmaschine von Paris - Foto: Werner Fischdick
Tupolev TU-144, CCCP-77102, die Unglücksmaschine von Paris - Foto: Werner Fischdick

Kommandant der Maschine war Flugkapitän Mikhail Koslov, auf dem Copilotensitz hatte Valery M. Molchanov Platz genommen. Flugingenieur war A. I. Dralin, Navigator G. N. Bazhenov. Außerdem befanden sich noch die Ingenieure V. N. Benderov und B. A. Pervukhin an Bord der Maschine.

Vor rund 250.000 bis 300.000 Zuschauern führte die Besatzung eine beeindruckende Flugschau durch. Bei einem dieser Manöver ging die TU-144 in einen steilen Sturzflug über und zerbrach beim Abfangmanöver aufgrund von Strukturüberlastung schließlich in der Luft. Beim Aufprall starben die 6 Männer an Bord sowie 8 weitere Menschen am Boden.

Mehrere Unfallthesen

Zur Ursache des tödlichen Manövers existieren verschiedene Theorien. Eine besagt, dass die Flugsteuerung manipuliert worden war, um besonders spektakuläre Manöver fliegen zu können. Eine andere geht davon aus, dass sich zu wenig Treibstoff in den Tanks befand, wodurch die Triebwerke temporär ausfielen, was zu dem plötzlichen Sturzflug führte.

Aus heutiger Sicht erscheint es jedoch am wahrscheinlichsten, dass die Besatzung durch die ihr nicht bekannte Anwesenheit einer französischen Mirage III, die Filmaufnahmen von dem sowjetischen Muster machen sollte, erschreckt wurde und die Maschine zur Vermeidung einer Kollision in den Sturzflug brachte. Laut einem Bericht des Journalisten Jan Arwed Richter könnte dabei eine von einem der Ingenieure an Bord bediente Filmkamera zu Boden gefallen sein und die Steuerung blockiert haben.

Aufnahmen des französischen Fernsehens von der Maschine in Le Bourget und vom Absturz - Quelle: YouTube

Als es der Besatzung endlich gelang, die Steuerbarkeit der Maschine wieder herzustellen, war die Flughöhe bereits so niedrig, dass der Kapitän die Maschine beim Abfangmanöver überlastete. Die Anwesenheit der Mirage wurde von französischer Seite zwar jahrzehntelang bestritten, gilt nach jüngsten Erkenntnissen jedoch mittlerweile als gesichert.

Einsatz im zivilen Flugbetrieb

Zwei Jahre später nahm die TU-144 zunächst den Frachtflugbetrieb auf und beförderte im Jahr 1977 erstmals regulär Passagiere auf der Strecke Moskau - Alma Ata (heute Almaty).

Im Mai 1978 musste eine Maschine nachdem ein Feuer an Bord ausgebrochen war, eine Notlandung auf einem Feld durchführen, wobei zwei Besatzungsmitglieder den Tod fanden.

Im Anschluss daran stellte die Sowjetunion den Betrieb der TU-144 nach nur 102 Flügen und etwas mehr als 3.200 beförderten Passagieren wieder ein.

Im Jahr 1985 wurde eine TU-144D eingesetzt um die Besatzung des sowjetischen Buran Raumgleiters zu trainieren und von 1986 bis 1988 kam eine weitere Maschine für Höhentestflüge zum Einsatz.

Zwischen 1995 und 1996 nutzte die NASA die 1981 gebaute TU-144D (CCCP-77114) für Testflüge. Zuvor war die Maschine um rund 350 Millionen Dollar umgebaut worden und hatte dabei auch neue Triebwerke erhalten. Im Zeitraum November 1996 bis Februar 1998 führte dieses Flugzeug weitere 27 Flüge durch. Der bisher letzte TU-144 fand am 14. April 1999 statt. Dieses, nach dem Ende der Sowjetunion auf RA-77114 umregistrierte, Flugzeug stellte im Laufe der Zeit 14 Weltrekorde auf.

TU-144 heute

Von 16 jemals gebauten Exemplaren des sowjetischen Überschalljets existieren heute noch 5 in Museen und 3 weitere in zwei Tupolev-Werken in der ehemaligen Sowjetunion. Im deutschen Technikmuseum Sinsheim ist eine TU-144 neben ihrem französisch-britischen Pendant, der Condorde ausgestellt.

(red / Titelbild: Der Prototyp der TU-144 im Flug - Foto: Wiki Commons)