Mit rund 30 Minuten Verspätung startete am Sonntag, den 3. Juli 1983, der Airbus A300B2-203 (EP-IBU) der staatlichen Iran Air vom Flughafen Bandar Abbas zu einem 28-minütigen Flug nach Dubai. Es war 10:17 Uhr Lokalzeit. An Bord befanden sich 275 Passagiere und 15 Besatzungsmitglieder, die unter dem Kommando von Kapitän Mohsen Rezaian standen. Start und Steigflug verliefen ereignislos, doch in den Gewässern unter dem Jet tobte ein Gefecht zwischen dem US-Kriegsschiff "Vincennes" und iranischen Schnellbooten.
Obwohl der Airbus einen zivilen Transpondercode verwendete und damit eindeutig als Passagierflugzeug identifizierbar war, meldete ein Teil der Computersysteme auf dem US-Kriegsschiff, dass es sich um eine F-14 er iranische Luftwaffe handle.
Die Besatzung der "Vincennes" versuchte daraufhin mehrfach auf militärischen Funkfrequenzen Kontakt mit dem vermeintlichen Angreifer aufzunehmen, was nicht gelingen konnte, da der A300 diese Frequenzen gar nicht empfangen konnte. Schließlich sendeten die Funker der "Vincennes" auch drei Funksprüche auf der internationalen Notfrequenz 121,5 MHz an das "unbekannte iranische Flugzeug", gaben dabei jedoch eine zu hohe Geschwindigkeit des Radarkontakts an, weshalb sich die Männer im Cockpit von Iran Air 655 nicht angesprochen fühlten.
Obwohl sich der Airbus weiter im Steigflug befand, meldete ein Waffenoffizier an Bord des Schiffes plötzlich, dass das vermeintlich feindliche Flugzeug in den Sinkflug übergegangen sei, was von den Männern in der Kommandozentrale des Schiffes als Angriff interpretiert wurde.
Der Kapitän der "Vincennes", William C. Rogers III. gab, ohne diese wichtige Information zu verifizieren, den Feuerbefehl und ließ zwei Flugabwehrraketen vom Typ SM-2 auf den Jet abfeuern - das Todesurteil für Flug 655.
Wenige Sekunden später wurde der Airbus A300B2 tödlich getroffen, in Stücke gerissen und stürzte ins Meer. Keiner der Menschen an Bord hatte auch nur die geringste Überlebenschance.
Der Abschuss löste Proteste in der gesamten Welt aus, der Iran sprach wörtlich von einem "barbarischen Akt", wobei bei dieser Rhetorik natürlich der politische Hintergrund eine Rolle spielte.
Obwohl selbst eine interne Untersuchung der US-Streitkräfte zu dem Schluss kam, dass ein "fehlerhaftes Computersystem an Bord der Vincennes", "falsche nachrichtendienstliche Informationen" sowie "zumindest fragwürdige Entscheidungsfindung in der Operationszentrale der USS Vincennes" zu dem Abschuss geführt hatten, wurde Kapitän Rogers mit dem Orden "Legion-of-Merit" ausgezeichnet, weil er "außergewöhnliche Pflichterfüllung im Einsatz" gezeigt habe. Andere am Abschuss beteiligte Offiziere der Vincennes wurden befördert.
Die US-Regierung verweigert bis heute jede Entschuldigung für den Abschuss von Iran Air 655, erklärte aber 1996, zumindest den Verlust der Menschenleben zu "bedauern". Außerdem wurden Entschädigungszahlen in Höhe von mehr als 130 Millionen US-Dollar geleistet.
Verbindung zu Lockerbie
Nach dem Abschuss von Iran Air 655 kündigte der Iran blutige Rache an - und rund ein halbes Jahr späterexplodierte an Bord von Pan Am 103 über Lockerbie eine Bombe, 270 Menschen starben. Obwohl anfänglicheSpuren unter anderem in Richtung Iran geführt haben sollen, wurde später lediglich ein einzelner libyscher Geheimagent wegen des Anschlags verurteilt.
(red / Titelbild: Airbus A300 von Iran Air wie er auf Flug 655 eingesetzt wurde - Grafik: Wiki Commons)