47 Fälle von Ölgeruch meldet die Bundesregierung für 2012 und korrigiert damit ihre Angaben vom Januar 2013. In einer Anfrage (BT-Drs. 17/11995) wird zu diesem Zeitpunkt noch von 32 Fällen ausgegangen. Insgesamt zeigt sich aber ein massiver Anstieg. Standen im Jahr 2010 noch 22 Fälle in Verbindung mit kontaminierter Kabinenluft, waren es 2011 schon mehr als doppelt so viele; nämlich 54. Diese Zahl wird im Jahr 2012 fast um das Vierfache übertroffen: Über 200 Meldungen erfasst das Luftfahrt Bundesamt (LBA) bei der europäischen Datenbank (ECCAIRS). Das ist das Ergebnis einer erneuten Anfrage (BT-Drs. 17/14335) zu Meldungen mit kontaminierter Kabinenluft im Luftverkehr.
Markus Tressel dazu: „Wenn ich noch ein paar Mal mehr nachfrage, kommt das Luftfahrt Bundesamt wahrscheinlich auf noch mehr Fälle. Nicht einmal die Statistiken der Bundesbehörden sind aufeinander abgestimmt. Es ist ganz offensichtlich, dass Verkehrsminister Ramsauer und sein Staatssekretär Mücke diesem Thema überhaupt nicht gewachsen sind.“
Neben dem LBA erfasst auch die Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) Fälle mit kontaminierter Kabinenluft. Nämlich solche, die schwere Störungen oder Unfälle sind. Das sind beispielsweise Fälle, wo Piloten dazu gezwungen sind, Sauerstoffmasken zu benutzen oder wo Kabinenpersonal ausfällt beziehungsweise Passagiere über Gesundheitsbeschwerden klagen und anschließend für längere Zeit im Krankenhaus bleiben. Mittlerweile gab es nach Auskunft der BFU mindestens einen Unfall und mehr als zwanzig schwere Störungen bei eigenen Untersuchungen. Manche Fälle werden aber auch von anderen, ausländischen Behörden untersucht, tauchen hier also nicht auf. Markus Tressel: „Vor allem setzen diese Untersuchungen voraus, dass die Vorkommnisse überhaupt gemeldet und erfasst werden. Und das passiert in den seltensten Fällen. Nicht einmal wenn drei von vier FlugbegleiterInnen starke gesundheitliche Beeinträchtigungen verspüren und nach dem Flug ins Krankenhaus gehen, erfasst die Bundesregierung solche Vorfälle.“
Die Bundesregierung sieht auch sonst keinen Zusammenhang zwischen Zapfluftmechanismus und Problemen mit kontaminierter Kabinenluft - ganz im Gegensatz zu Airlines wie der Lufthansa. Angesichts der Verweise der Bundesregierung auf die europäische Ebene fragt Tressel: „Was will die Bundesregierung eigentlich? Die EASA wäre vor allem dann gefragt, wenn Konstruktionsmängel im Design – wie der Zapfluftmechanismus – behoben werden müssten. Hier sieht die Bundesregierung aber „keine Anhaltspunkte“. Meines Erachtens ist nur deshalb klar: Diese Regierung hat einfach keinen blassen Schimmer, wie das Problem gelöst werden kann.“
Markus Tressel schlägt vor: „Erstens: Es wird höchste Zeit für eine Sicherheitsempfehlung an die EASA durch die BFU. Zweitens: Die EASA und das LBA müssen aktiv werden.Es ist ein systemimmanentes Problem. Einen entsprechenden Maßnahmenkatalog für das weitere Vorgehen haben wir vorgelegt (BT-Drs. 17/7480) - er wurde von der Koalition abgelehnt. Dass die Bundesregierung jetzt ihre eigenen Zahlen überarbeiten muss, passt zu dem völlig unqualifizierten Eindruck, der sich uns bietet, seit wir Grüne uns des Themas angenommen haben. Fliegendes Personal und Passagiere werden – ganz im Gegenteil zu den Gewinnmargen der Industrie – nicht geschützt.“
Keine Vorfälle bei der AUA
Bei der österreichischen Lufthansa-Tochter AUA dürfte man nach eigenen Angaben bisher keinerlei Probleme mit durch Triebwerksöl kontaminierter Kabinenluft gehabt haben.
(red / Markus Tressel / Titelbild: Flugzeugkabine mit Passagieren, Symbolbild - Foto: Austrian Wings Media Crew)