Dass ein Händler seine Produkte zum Einkaufspreis auspreist, würde wohl kaum ein Konsument ernsthaft erwarten - egal, ob es sich um ein Päckchen Milch im Supermarkt oder einen Bohrhammer im Baumarkt handelt. Noch kurioser wäre es aber, wenn eine solche Vorgehensweise zur gängigen Praxis würde, denn jeder, der über einen Funken Hausverstand verfügt und die einfachsten Regeln der Grundrechnungsarten beherrscht, weiß: natürlich kann das nicht funktionieren. Schließlich muss der Händler ja auch seine eigenen Kosten decken - Filialen, Personal, und vieles mehr. Was müsste also geschehen, wenn der Produktpreis nicht mehr die Gewinnmarge des Händlers direkt beinhaltet? Es müsste der Umweg über eine separate Gebühr erfolgen. Umgemünzt auf das Supermarktbeispiel hieße das: An den Regalen sehen Sie als Konsument den jeweiligen Einkaufspreis des Ladeninhabers, und an der Kasse kommt unterm Strich eine Gebühr hinzu, die der Marktbetreiber gezwungenermaßen deshalb einheben muss, weil er schließlich seine anfallenden Kosten decken muss - und am Ende des Tages natürlich auch von irgend etwas leben möchte.
Servicegebühr im Supermarkt? Würde dies ernsthaft jemand für möglich halten?
Das Reisebüro als "Flug-Supermarkt"
Kurioserweise ist die Situation beim Flugticketverkauf eine recht ähnliche. Mag das eingangs gewählte Beispiel für die Touristikbranche natürlich nicht ganz so zutreffen, zeigt es aber anschaulich, was zum Tragen kommt, wenn ein Kunde - wie dies seit vielen Jahrzehnten üblich ist - in einem Reisebüro sein Flugticket erwirbt. Wohlgemerkt, kein Pauschal-Arrangement inklusive Hotelaufenthalt, Transfers u.d.gl., sondern ausschließlich den Flugschein.
Bis vor etwa zehn Jahren konnte man sein Ticket im Reisebüro kaufen, bezahlte den Preis - üblicherweise bei jedem Anbieter den selben für das jeweilige Ticket - und fertig. Bis einige Airlines, allen voran die Lufthansa - mittlerweile Mutterkonzern der heimischen AUA - auf das sogenannte "Nettopreis-Modell" umstellten. Im Klartext heißt das: Wurde zuvor von der Airline für jedes verkaufte Ticket an das jeweilige Reisebüro eine Provision ausbezahlt (bis 2001: 9 %, danach bis 2004: 7 %), entfiel diese ab 2005 gänzlich. Die Händler, also die Reisebüros, sahen keinen Cent mehr von der Airline dafür, dass sie deren Tickets an den Mann (oder die Frau) gebracht hatten. Mit dieser neuen Praxis verlangten die Airlines also gleichsam, dass ihre Vertriebspartner deren Dienstleistung beim Ticketverkauf zum Nulltarif zu erbringen hatten - oder sich ihren eigenen Gewinn auf andere Weise erwirtschaften mussten.
Verständlicherweise lief die Reisebürobranche dagegen Sturm. Entsprechende Verhandlungen gibt es auch heute noch, wie Dr. Josef Peterleithner, Konzernsprecher von TUI Austria, gegenüber Austrian Wings betont. Der Österreichische Reiseverband (ÖRV) ließ auch eine juristische Prüfung durchführen - deren Ergebnis "leider negativ ausging", so ÖRV-Generalsekretär Dr. Walter Säckl.
Als Folge entwickelte sich rasch das Modell der "Servicepauschalen" - und für den Endkunden entfiel damit vielfach ein erhebliches Stück Transparenz, denn damit präsentierten sich die Flugticketpreise nicht mehr einheitlich. Neben dem von der Airline festgelegten Flugpreis kommt eine zusätzliche vom Reisebüro separat verrechnete Gebühr hinzu, welche die Serviceleistung abgelten soll. Im Regelfall sind diese Zusatzkosten abhängig vom Ticketpreis gestaffelt und werden vom jeweiligen Reisebürounternehmen individuell festgelegt.
Echtes Geld für virtuelles "Service"
Mittlerweile ist auch der Online-Ticketkauf gang und gäbe. Doch wer denkt, dass er bei direkter Buchung über die Website seiner gewählten Fluggesellschaft ohne "Servicegebühren" oder ähnliche Zuschläge davonkommt, irrt.
Bei einer Anfang August in einem Wiener Reisebüro angefragten Flugverbindung mit Austrian Airlines (Tyrolean Airways) wurde uns für den preisgünstigsten Flug von Wien nach New York und retour (Reisedatum Anfang November) eine Gesamtsumme von € 605,08 genannt. Darin enthalten: € 83,00 Servicegebühr, die durch das Reisebüro selbst verrechnet wird.
Bei Buchung derselben Flugverbindung via AUA-Website würden € 527,08 fällig. Selber Flugpreis, selbe Taxen, doch auch hier haben sich immerhin € 10,00 hinzugesellt, welche die Fluggesellschaft - ähnlich dem Reisebüro - als "Bearbeitungsentgelt" ausweist.
"Welche Bearbeitung?", fragen viele Konsumenten zurecht. Bei der Buchung via Internet entfällt vollständig die kompetente, persönliche Beratung durch einen touristisch geschulten und erfahrenen Mitarbeiter, auch alternative Flugverbindungen - etwa durch andere Gesellschaften - müsste der Verbraucher selbst eruieren, prüfen und vergleichen. Doch bei diesem 10-Euro-Aufschlag, der beim Reisebüro-Vergleich zunächst vielleicht sogar günstig anmuten mag, bleibt es nicht unbedingt. Denn dieses "Bearbeitungsentgelt" richtet sich unter anderem nach der Zahlungsart. Bei Barzahlung fallen beispielsweise sofort € 45,00 zusätzliche Kosten an - genau so viel wird übrigens in Rechnung gestellt, wenn man direkt bei der AUA telefonisch oder im Stadt- bzw. Flughafenbüro bucht.
So kann auch die direkte und mitunter unpersönliche Online-Buchung bei der Airline € 562,08 kosten - gegenüber dem Reisebüro bliebe dann eine Preisersparnis von 7 %.
Ohne Aufschlag kommt, bei unserem AUA-Flugbeispiel, nur davon, wer den elektronischen Bezahldienst "Sofortüberweisung.de" nützt, für den jedoch eine gesonderte Registrierung erforderlich wird, und den sowohl Internet-Sicherheitsexperten als auch Verbraucherschützer mehrfach auf Grund von Datenschutzauffälligkeiten kritisiert haben. Zudem ist auch nicht jedem Endkunden wohl bei dem Gedanken, seine Bankdaten einem Drittanbieter preiszugeben.
Online-Entgeltübersicht: Nur wer gut suchet, der findet...
Während in den meisten Reisebüros die Auflistung anfallender Serviceentgelte gut sichtbar per Aushang kommuniziert wird, wissen diverse Airlines diese Informationen gut zu verstecken. Auf der AUA-Website ist es zum Beispiel gar nicht so einfach, den entsprechenden Bereich zu finden. Der Nutzer muss hierfür unter dem Menüpunkt "Info & Service - Austrian in Österreich" nochmals in die Erweiterung "Alle 9 Themen anzeigen" klicken, ehe das gesuchte Thema "Bearbeitungsentgelte" überhaupt aufscheint.
Nicht besser gestaltet sich die Platzierung solcher Entgeltinformationen bei Lufthansa - auch beim "Kranich" gleicht die Suche nach derartigen Website-Inhalten streckenweise der sprichwörtlichen Nadel im Heuhaufen.
AUA: Servicegebühr für "interne Aufwände"
Wir haben bei Austrian Airlines angefragt, für welche konkreten Leistungen dieses Internet-"Bearbeitungsentgelt", das die Airline über ihren eigenen, vollautomatisierten Vertriebskanal aufschlägt, zur Verrechnung kommt. AUA versprach zunächst, diese Informationen prompt bereitzustellen, jedoch erreichte uns bis Redaktionsschluss dieses Beitrags keine derartige Auskunft. Nun erklärte Pressesprecher Wilhelm Baldia nachträglich, dass die Servicegebühr "interne Aufwände wie zum Beispiel die Betreuung von IT Systemen, von Buchungssystemen oder der Website" abdecke.
Eine langjährig erfahrene, ehemalige Supervisorin aus dem Airline-Kundenservicecenter berichtet aus ihrer eigenen Dienstpraxis: "Wenn Kunden gelegentlich nach der Zweckwidmung dieser Servicegebühr fragten, hatten wir fix vorgegebene Formulierungen, mit denen wir antworten mussten. Der Großteil davon ist für mich bis heute nicht wirklich nachvollziehbar." Tatsächlich scheinen derartige Zusatzgebühren hoch im Kurs zu stehen und vielen Unternehmen ein beträchtliches Körberlgeld zu bescheren - so ist es ja auch seit einiger Zeit im Telekommunikationsbereich gang und gäbe, von den Kunden jährliche Pauschal-Servicegebühren einzuheben, für die der tatsächliche Gegenwert vielfach nicht klar ersichtlich ist.
Dass manchen Insidern überdies vorkommt, selbst Reisebüros würden bei der Transparenz rund um Flugbuchungen zunehmend an der kurzen Leine gehalten, mag auch daher rühren, dass beispielsweise diverse AUA-, Lufthansa- oder SWISS-Tarife erst gar nicht automatisch in die Buchungssysteme einspielt werden - es sei denn, der jeweilige Reisebürobetreiber löhnt nochmals eine separate Gebühr um sicherzustellen, dass sämtliche Flugangebote in den branchentypisch genützten Portalen wie "Amadeus" oder "Galileo" aufscheinen.
Reisebüros: Der Vergleich macht sicher!
Spielen die Reisebüros beim bloßen Flugticketverkauf überhaupt noch eine Rolle? "Der Anteil der 'Tickets only' ist rückläufig", bilanziert TUI-Sprecher Peterleithner, stellt jedoch fest, dass insbesondere bei zusammengestellten Reisen - branchenintern "Bausteinreisen" genannt - dieses Segment einen wesentlichen Stellenwert einnimmt. Zudem punkten die Reisebüros mit hochwertiger Beratungsleistung - ein deutlicher Mehrwert gegenüber der eigenständigen Onlinebuchung, vor allem, wenn es um rasche Vergleiche unterschiedlicher Airlineangebote geht. Und nicht zuletzt ist auch das Bedürfnis der Kunden nach mehr Sicherheit im Fall der Fälle gestiegen, wofür mehrere Ereignisse der zurückliegenden Jahre mitverantwortlich sind, wie etwa die Aschewolke oder die Nordafrika-Krise. Der direkte Ansprechpartner im Reisebüro wird hier von vielen als unschätzbarer Vorteil angesehen.
"In den meisten Fällen geht es dem Kunden um den Endpreis nach erfolgter Beratung", ist man bei TUI überzeugt. Einzelne Posten würden kaum isoliert betrachtet. Natürlich haben sich manche Kunden schon vor dem Besuch im Reisebüro via Internet über den Flugpreis informiert, räumt Peterleithner ein, doch im Regelfall würden die Kunden die Mehrleistung des Büros und den damit verbundenen Aufschlag anerkennen. Und überdies wissen unzählige Geschäftsreisende die Leistung "ihres" Reisebüros zu schätzen. ÖRV-Generalsekretär Säckl geht davon aus, dass satte 90 % der "Ticket only"-Verkäufe in Reisebüroniederlassungen dem Segment "Business Travel" zuzuordnen sind, während der typische Konsument eher die besonders billigen Flugtickets häufiger via Internet bei der Airline direkt kauft. Aber auch im Freizeitbereich würden die "hochwertigen Tickets nach wie vor im Reisebüro gebucht", so Säckl.
Nicht zuletzt berichten auch zahlreiche Reisebüroangestellte gegenüber Austrian Wings, es komme regelmäßig vor, dass Kunden ein Flugangebot zunächst eigenständig via Internet buchen, aber dann bei auftretenden Schwierigkeiten unterschiedlichster Natur sich an ein Reisebüro wenden. "Wir helfen dann natürlich im Rahmen unserer Möglichkeiten, wo wir können", so ein Touristik-Experte. Obwohl das "Service"-Entgelt zuvor jemand ganz anderer kassiert hatte...
(red HAe, AG)
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