Die heimische Luftverkehrswirtschaft, die 80.000 Arbeitsplätze und 1,8% der österreichischen Wirtschaftsleistung repräsentiert, fordert von der zukünftigen Regierung die Bereinigung von Standortnachteilen. Sie hat dazu einen Forderungskatalog ausgearbeitet und dieser Tage den entsprechenden Ministerien übergeben. An die Adresse des Finanzministeriums ist die Abschaffung der Flugabgabe, vulgo Ticketsteuer, gerichtet. Österreich ist eines der wenigen Länder Europas, in denen es eine Abgabe in dieser Form überhaupt gibt.
„Haben Sie ruhig Mut zu einer österreichischen Entscheidung.“ Unter diesem Motto fand heute eine Pressekonferenz mit Vertretern der Austrian Airlines, NIKI sowie der Arbeitsgruppe österreichischer Verkehrsflughäfen statt, um die gemeinsamen Forderungen der österreichischen Luftverkehrswirtschaft an die künftige Bundesregierung zu präsentieren. Hauptthema war die Ticketsteuer, die nach Angaben der Vertreter den Fluglinien und Flughäfen in Österreich massive Wettbewerbsnachteile bringen würde.
1,1 Million zusätzliche Passagiere, 3.360 zusätzliche Arbeitsplätze
Ungewöhnlich einig zeigten sich die Konkurrenten Austrian Airlines und Air Berlin (der Mutterkonzern von NIKI) am heutigen Vormittag gemeinsam mit Repräsentanten der österreichischen Flughäfen. Dabei wurden die angeblichen Auswirkungen der Luftverkehrsabgabe auf die nationale Wirtschaft dargestellt. Hierbei beruft man sich auf eine Studie des Instituts Oxford Economics, das berechnet hat, dass durch die Abschaffung der Ticketsteuer mit einem Passagierzuwachs von 1,1 Million Passagieren, einem dadurch entstehenden zusätzlichen BIP-Beitrag von 229 Millionen Euro sowie der Schaffung von 3360 Arbeitsplätzen gerechnet werden könne. Wie diese Studie zum genannten Ergebnis gekommen ist, konnte man nicht genau erläutern, lediglich, dass es sich hierbei um eine volkswirtschaftliche Rechnung eines renommierten Instituts handle.
Konkrete Auswirkungen der Luftverkehrsabgabe seien allerdings jetzt schon zu merken. So seien laut Christian Lesjak von NIKI die Schrumpfungsraten dreier Bundesländerflughäfen bereits zweistellig, was den Vortragenden nach unter anderem auf die genannte Abgabe zurückzuführen sei. Auch in der Bundeshauptstadt habe laut AUA-Chef Jaan Albrecht die Ticketsteuer negative Auswirkungen auf den Standort und spricht von einem „Schaden für die Kongresswirtschaft in Wien“.
„Schulterschluss“ zur baldigen Abschaffung
Im internationalen Wettbewerb versuchen die Akteure am Markt ihre Kosten zu senken. Durch die Ticketabgabe sei es zu einem gestiegenen Wettbewerbsdruck für die österreichischen Luftfahrtunternehmen gekommen, meint Julian Jäger, derzeit Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der österreichischen Verkehrsflughäfen.
Jaan Albrecht nennt Holland und Irland als europäische Beispiele, wo die Luftverkehrsabgabe nach einiger Zeit wieder abgeschafft wurde. Eine Abschaffung der Ticketsteuer würde dem Standort Österreich zugute kommen und dem hiesigen Markt einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Deutschland bringen, ist sich Christian Lesjak sicher. Demnach würden insbesondere die angrenzenden Regionalflughäfen durch eine „Abwanderung“ deutscher Passagiere profitieren, meint Lesjak weiter.
Gerhard Kunesch vom blue danube airport Linz beschreibt die Situation aus Sicht der Regionalflughäfen. Demnach sei es für diese durch die Luftverkehrsabgabe noch schwieriger geworden, Kunden zu akquirieren.
Aus diesen Gründen fordern die Vertreter einhellig von der neuen Bundesregierung die Abschaffung der Ticketsteuer, die dem Finanzministerium laut Angaben über 100 Millionen Euro jährlich bringen. Eine Abschaffung der Abgabe würde laut den Vertretern der österreichischen Luftverkehrswirtschaft in Berufung auf die Studie des genannten Instituts Oxford Economics der Republik sogar zusätzliche 6,5 Millionen Euro an direkten wie indirekten Steuereinnahmen bringen.
„Bekenntnis zur Luftfahrt“ eingefordert
Auf die Frage hin, ob manche Regionalflughäfen überhaupt noch eine Existenzberechtigung hätten, meint Flughafendirektor Kunesch, dass die Flughäfen als Infrastruktur der Regionen als wesentlicher Imagefaktor gelten und für Standortentscheidungen von Bedeutung sind, weshalb insbesondere dieser von der Bundesregierung ein politisches Bekenntnis zur Luftfahrt und den Regionalflughäfen einforderte.
Vereinheitlichung der europäischen Luftsicherung und besser Anbindung der Flughäfen an Schienennetz
Aber auch zwei andere Themen stehen im Forderungskatalog der österreichischen Luftverkehrswirtschaft. So wünsche man sich möglichst bald die Umsetzung des „Single European Sky“, also einer einheitlichen Luftraumüberwachung in Europa, und auch eine besser Anbindung der Flughäfen an das Schienennetz. Letzteres steht vor allem im Interesse des Flughafens Wien, der sich für eine internationale Schienenverbindung Richtung Osten interessiert. Konkret nannte Julian Jäger Verbindungen nach Bratislava und Budapest. Die dafür notwendige Realisierung der Götzendorfer Spange sei aber nicht in absehbarer Zeit greifbar. Er rechnet mit einer möglichen Umsetzung frühestens in einem Jahrzehnt.
(red CZ / Alle Fotos: CZ / Austrian Wings Media Crew )