Vancouver zählt neben Wien laut Studien seit Jahren zu einer der lebenswertesten Städte weltweit. Als ich im Dezember 2012 abends in Vancouver bei 2 Grad Celsius und ordentlichem Pazifikwind gelandet bin, war ich mir dessen nicht so sicher. Spätestens als ich nach meiner Ankunft einen Flug mit Harbour Air gebucht habe, war ich jedoch überzeugt: Vancouver ist eine Traumstadt, die mit Harbour Air über die weltweit größte Wasserflugzeuglinie verfügt.
Großstadtmetropole und Flughafen am Wasser? Willkommen bei Harbour Air! Die atemberaubende Skyline Vancouvers spiegelt das pulsierende Zentrum der Stadt wider. Nebenan befindet sich Stanley Park, eine Erholungsoase für die Stadtbewohner. Ein Veranstaltungszentrum und Hochhäuser aus Stahl und Glas, Straßenverkehr und Menschenmassen.
Mittendrin? Motorengeräusche, die mir als Flugzeugbegeisterte mehr als vertraut sind. Neugierig verfolge ich diese und finde mich vor dem Terminal der Wasserflugzeuglinie Harbour Air wieder.
Kanadische Freundlichkeit auf Anhieb
„Hey, how’s it going?“ fragt mich eine freundliche Stimme am Check-In. Ich, munter früh morgens wegen meinem Jetlag, antworte „I’m good, thanks!“ Eine Stunde später hebe ich in einer DHC-3 Otter ab. Nach dem Start fliegen wir über den Stanley Park zu den Hausbergen Vancouvers (Grouse Mountain, Seymour Mountain und Cypress Mountain). Dass die Kanadier als äußerst freundlich beschrieben werden, erweist sich als zu geltendes Stereotyp, als mich der Pilot Darren in der ersten Reihe mitfliegen lässt.
Ohne Weiteres erlaubt er mir, zu fotografieren und antwortet ausführlich auf meine Fragen. Die Fliegerei am Pazifik kann tückisch sein. Speziell in den Wintermonaten liegt morgens ein dicker Nebel über dem Wasser, der sich nur zäh auflöst. „Yeah, fog is playing with us a lot“ bemerkt Darren, der zuvor im Norden Kanadas, in Yellowknife, als Pilot tätig war und auf einige tausende Flugstunden zurückblicken kann.
Anschließend drehen wir Richtung Pazifikküste, ehe wir an Höhe verlieren und uns zu English Bay wenden und vor der ergreifenden Skyline Vancouvers landen.
Alles startete mit zwei "Biber" und Forstwirtschaft
Harbour Air, gegründet 1982, mit dem Ziel, der Forstwirtschaft zu dienen, fliegt heute neben Whistler auch Inseln wie die Gulf Islands und Vancouver Island, die größte Pazifikinsel, an. Über 50 Flugzeuge zählen zur stolzen Flotte von Harbour Air, darunter circa 20 Biber und 20 Otter (siehe Fotos). Panoramarundflüge und Charter gehören zum Tagesgeschäft. Neben diesen oft von Touristen genutzten Flügen bietet Harbour Air eine Verbindung nach Richmond an, wo sich der internationale Flughafen Vancouvers befindet. Das Unternehmen operiert von Vancouver aus ganzjährig dank mildem Klima. Whistler wird nur im Sommer angeflogen, da eine Landung auf dem Green Lake wegen winterlichen Verhältnissen nicht möglich ist.
Plan nach Wetter und Saison
Die saisonale Routine bei Harbour Air führt dazu, dass im Sommer mehr Personal benötigt wird als im Winter. Nach Ende der Hochsaison werden aufgrund geringer Flugbuchungen einige Mitarbeiter entlassen, aber gebeten, im Frühling zurückzukommen. Es war für mich eine Freude, Marina auf einem Flug in einer Beaver von Whistler nach Vancouver kennenzulernen. Marina ist neben 70 Männern eine der zwei Pilotinnen, die seit der Gründung von Harbour Air für die Fluglinie tätig sind.
Das Management von Harbour Air hat große Augen gemacht, als sie von Marinas fliegerischen Kenntnissen erfahren haben. Sie konnte 2.000 Flugstunden nachweisen und beeindruckte mit außergewöhnlichen Flugerlebnissen.
So war sie beispielsweise mit Buschfeuer in Ontario konfrontiert. Was aussah wie Regen, war Asche, die auf dem Fenster ihres Cockpits klebte. Sie flog damals und auch heute bei Harbour Air nach VFR, den Sichtflugregeln. Gerade bei einem voll gebuchten Flug ist der Druck groß, die Entscheidung „Fliegen – ja oder nein?“ zu fällen.
Umdrehen zu müssen nach dem Start, weil das Wetter nicht mitspielt, könne schon passieren. Froh sei sie dann, wenn beim Ausgangspunkt - Coal Harbour - die Sicht gleich gut geblieben ist und sie ohne Probleme landen kann.
Wasserflugzeug als Transportmöglichkeit
Wasserflugzeuge nehmen nicht nur in Vancouver einen wichtigen Stellenwert im Transportwesen ein. In ganz Kanada sind DHC - Beaver und DHC - Otter auf Schwimmern unterwegs. Gerade die Beaver wird von Piloten geliebt. 1967 wurde die Produktion eingestellt - von den ursprünglich 1600 produzierten Beaver sind noch einige Hundert intakt und in Verwendung. Insbesondere in abgelegenen Regionen, stellen die Beaver die einzig praktische Transportmöglichkeit für Einwohner dar. In den schönen und großen Weiten Kanadas.
Über die Autorin
Anna Hecht ist seit vielen Jahren von der Leidenschaft für die Luftfahrt gefesselt. Nach Abschluss des Publizistik- und Kommunikationswissenschaftsstudium an der Universität Wien beschloss sie, ihre Englischkenntnisse zu verbessern und beantragte ein Visum für Kanada. Seit mehr als 9 Monaten ist Vancouver ihre inzwischen liebgewonnene zweite Heimat, wie sie selbst sagt.
Text & Fotos: Anna Hecht
Titelbild: Vancouver Downtown, Coal Harbour. Stanley Park, North Vancouver und die Hausberge sind im Hintergrund sichtbar.