Die Ideen für den Flughafen der Zukunft entstehen in Hamburg. Forscher des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie zahlreiche industrielle und universitäre Forschungspartner des Leuchtturmprojekts “Airport 2030″ präsentieren am 27. und 28. November 2013 im Konferenzzentrum des Hamburger Flughafens ihre abschließenden Ergebnisse. Es geht darum, wie der Flughafen von Morgen auf dem Vorfeld und im Terminal leistungsfähiger und effizienter wird, wie das umliegende Verkehrsnetz enger anzubinden ist und welche technologischen Neuheiten auch im Gesamtsystem Luftfahrt ihre Vorteile ausspielen. Immerhin entfallen bei Kurzstreckenflügen bis zu 70 Prozent der Reisezeit auf die Flughafenprozesse sowie den landseitigen Zu- und Abgang. Fliegen soll zukünftig noch ökonomischer, ökologischer und komfortabler werden unter Beibehaltung der gewohnt hohen Luftfahrt-Sicherheitsstandards.
“Das Leuchtturmprojekt Airport 2030 hat vielfältige Ansätze und Konzepte erarbeitet, wie sich das Luftverkehrssystem an der entscheidenden Schnittstelle Flughafen verbessern lässt. Wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen, die der intensive Austausch zwischen dem DLR und den Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft hervorgebracht hat”, freut sich der DLR-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich Wörner. “Es ist ein deutliches Beispiel für die Strategie des DLR, in vielfältigen Partnerschaften den Weg von der Grundlagenforschung hin zu praxisnahen Innovationen zu gehen”, so Wörner weiter.
Spitzencluster “Neues Fliegen”
Mit der Leitung des Projekts ist das DLR-Institut für Lufttransportsysteme maßgeblich am Spitzencluster “Neues Fliegen” beteiligt. Im September 2008 gewann der Luftfahrtstandort Hamburg den Clusterwettbewerb des Ministeriums mit einer Fördersumme von rund 40 Millionen Euro. Nach einer Periode von fünf Jahren läuft die Förderung, die im Rahmen der Spitzencluster Initiative des Bundesministeriums für Bildung- und Forschung (BMBF) gewährt wurde, nun aus. In Hamburg ist das weltweit drittgrößte Netzwerk der zivilen Luftfahrtindustrie beheimatet.
“Hamburg hat sich für das Projekt Airport 2030 als besonders geeigneter Standort herausgestellt”, sagt Michael Eggenschwiler, Vorsitzender der Geschäftsführung am Hamburg Airport. “Als Stadtflughafen haben wir eine besondere Verantwortung gegenüber unserer Nachbarschaft. Diese Situation erfordert große Flexibilität und Innovationen, die wir im Rahmen des Betriebs zeigen müssen. Zu nennen sind hier die Lärmvorschriften oder die Ziele zur Verringerung von Emissionen und Energieverbrauch. Die Forschungsergebnisse werden sicherlich für viele andere Flughäfen hilfreich sein.”
Das Verbundprojekt “Effizienter Flughafen 2030″ vereinigt eine Vielzahl unterschiedlicher Forschungsvorhaben aus den Bereichen Flughafenmanagement und Flugführung. Die Forscher wollen die Bodenprozesse verbessern, um Qualität, Gesamtleistung und Umweltverträglichkeit des Lufttransportsystems insgesamt zu steigern. Der Hamburger Flughafen dient als Beispiel, um Einzelmaßnahmen in der Prozesskette zu optimieren. Airport 2030 bündelt die am Standort Hamburg in der Großforschung, den Hochschulen und der Industrie vorhandenen Kompetenzen im Bereich Flugverkehrsmanagement, Logistik, Flugzeugbau, Systementwicklung und Systemsimulation.
Im Riesenflieger auf die Langstrecke
Das Ziel bei der zukünftigen Passagierabfertigung ist klar: Möglichst viele Reisende sollen in möglichst kurzer Zeit den Flughafen passieren und Richtung Flugziel starten. Für die interkontinentale Langstrecke stellt sich die Frage nach größeren Luftfahrzeugen, die Passagiere am Flughafen effizient bündeln. Gegenwärtig erfüllt der Airbus A380 als größtes Passagierflugzeug der Welt diese Aufgabe. Für die Zukunft hat das DLR-Institut für Lufttransportsysteme im Rahmen von Airport 2030 untersucht, wie sich ein gegenüber konventionellen Flugzeugen deutlich anders geformter Blended Wing Body (BWB) in die Abläufe am Flughafen einfügt. Bei einem Blended Wing Body sind die Tragflächen fließend in einen breiten flügelartigen Rumpf integriert, der bis zu 750 Passagiere aufnehmen kann. Die Wissenschaftler interessieren sich dafür, inwieweit solch ein deutlich anderes Flugzeug weiter die Start- und Landebahnen, Rollwege und Parkplätze nutzen kann. Durch die höhere Lage der Tragflächen bringt die Abfertigung eines BWB-Flugzeugs einige Änderungen beim Betanken, Enteisen, den Triebwerkschecks und der Gepäckabfertigung mit sich. Allerdings kann die jetzige Infrastruktur weitgehend genutzt werden.
Optimierte Abläufe am Hamburger Flughafen
Ein zentrales Anliegen des Leuchtturmprojekts Airport 2030 ist es, die Steuerung der Bodenverkehrsdienste, des Vorfeldverkehrs und des gesamten Flughafenbetriebs effizienter und sicherer zu gestalten. Dafür nutzen die Forscher eine einmalige Testumgebung: die “Airport Research and Innovation Facility”. Dabei handelt es sich um den Prototypen eines Flughafenleitstands, mit dem die Wissenschaftler in direkter Anbindung an den operativen Betrieb den Bereich Total Airport Management erforschen können. Beim Total Airport Management wird die optimale Verzahnung zwischen Flughafenbetreiber, Fluggesellschaften und Flugsicherung untersucht. Die Deutsche Flugsicherung GmbH, der Flughafen Hamburg und das DLR-Institut für Flugführung arbeiten am Testleitstand Hand in Hand. Ergänzend hat das DLR-Institut für Flughafenwesen und Luftverkehr für den Bereich Terminal eine Smartphone-App für Flug-Passagiere in einer Passagierflusssimulation bewertet, die vom Institut für Telematik der Technischen Universität Hamburg-Harburg entwickelt wurde. Die digitale Bording-Assistenz erleichtert es den Fluggästen, sich auf ihrem Weg vom Check-In über die Sicherheitskontrolle bis zum Gate zurechtzufinden. In Feldtests erprobten die Forscher die digitale Navigation der Passagiere am Hamburger Flughafen ebenso wie Aspekte des Total Airport Managements, etwa eine engere Kopplung der Groundhandling- und Vorfeldarbeitsplätze.
Umweltverträgliche Flughafenprozesse
Weiterhin entwickelte das DLR in Zusammenarbeit mit Siemens ein Computermodell, um die Umwelteinflüsse operativer Entscheidungen im Flugbetrieb detaillierter abschätzen zu können. Gemeinsam mit dem Zentralbereich Umwelt des Hamburger Flughafens arbeiten die Forscher daran, die Abläufe hinsichtlich CO2-Emissionen und Lärmbelastung weiter zu optimieren. Ziel sind Planungssysteme, die die Umwelteinflüsse unmittelbar in die Entscheidungsfindung einbinden. Über die Umweltwirkungen hinaus nahmen die DLR-Forscher für alle im Rahmen von Airport 2030 entwickelten Technologiebereiche eine weitreichende funktionale und monetäre Nutzenbewertung auf Basis von drei verschiedenen Zukunftsszenarien vor. Sie folgten dabei dem Leitmotiv, dass Neuerungen am Flughafen dem gesamten System Luftverkehr dienen sollen.
Umfangreiche Partnerschaft
Am Verbund Airport 2030 beteiligen sich neben dem DLR, das gleichzeitig die Projektleitung inne hat, die Institute für Telematik sowie Verkehrsplanung und Logistik der Technischen Universität Hamburg-Harburg, die Aircraft Design und Systems Group (AERO) der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, das Institut für Technische Informatik Systeme der Universität Hamburg, die Flughafen Hamburg GmbH, die Airbus Operations GmbH, die Siemens AG und das Start-Up Unternehmen mb+Partner. Die effektive Vernetzung der Partner untereinander und mit dem Hamburger Clustermanagement war dabei neben den inhaltlichen Forschungsarbeiten ein wesentliches Ziel der Spitzencluster-Förderung.
(red / DLR / Grafik: DLR)