Szenario Raketenabschuss
Es wäre nicht das erste Mal in der Geschichte der Luftfahrt, dass ein Verkehrsflugzeug von Militärs abgeschossen worden wäre. Allerdings scheint ein Abschuss als Erklärung für das Verschwinden von MH 370 schon allein deshalb auszuscheiden, weil es mittlerweile als gesichert gilt, dass die Boeing 777 nach dem letzten Radarkontakt noch bis zu sieben Stunden auf westlichem Kurs flog.
Szenario Bombenexplosion
Wäre Flug MH 370 an der letzten bekannten Radarposition durch einen Sprengkörper zum Absturz gebracht worden, hätten die Suchmannschaften selbst unter Berücksichtigung der Strömungen mittlerweile Spuren der Maschine und ihrer Insassen entdecken müssen. Das Fehlen eines Bekennerschreibens macht diese Theorie ebenso unwahrscheinlich wie der Umstand, dass die Maschine – wie schon beim Szenario Raketenabschuss erwähnt - nach dem letzten Radarkontakt noch bis zu sieben Stunden auf westlichem Kurs flog.
Szenario technische Probleme
Alle Systeme in einem modernen Verkehrsflugzeug sind redundant ausgelegt. Das gleichzeitige Versagen derart vieler Einrichtungen, dass die Maschine ohne Notruf plötzlich ins Meer stürzt, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen. Dieser Theorie widerspricht zudem ebenfalls die Tatsache, dass die 9M-MRO nach dem letzten Radarkontakt noch bis zu sieben Stunden auf westlichem Kurs flog, ehe sich ihre Spur (bis jetzt) endgültig verlor. Wären tatsächlich schwere technische Probleme aufgetreten, hätte sich der Jet wohl kaum so lange ohne jedes Notsignal in der Luft halten können.
Szenario Piloten-Selbstmord
In der Vergangenheit kam es bedauerlicherweise wiederholt vor, dass Piloten Selbstmord begingen, in dem sie ihre Flugzeuge gezielt zum Absturz brachten und dabei den Tod aller Menschen an Bord billigend in Kauf nahmen. Dazu sperrten sie ihren Kollegen aus dem Cockpit oder überwältigten ihn physisch, sodass er ihre Pläne nicht vereiteln konnte. Diese Theorie scheint nach dem derzeitigen Kenntnisstand jedoch ebenfalls auszuscheiden, da in allen bisher bekannten Fällen das Flugzeug verhältnismäßig rasch nach der Kontrollübernahme durch den Selbstmörder in den Boden gesteuert wurde. Es wäre für ein Crewmitglied, das auf diese Weise aus dem Leben scheiden möchte, zudem ein nicht kalkulierbares Risiko, sieben Stunden weiterzufliegen,denn in dieser Zeit könnte es der zweite Mann im Cockpit überwältigen, beziehungsweise Unterstützung von Besatzung und Passagieren aus der Kabine anfordern.
Szenario Cyber-Entführung
Die britische Terrorexpertin Sally Leivesly äußerte gegenüber der britischen „Sunday Express“ die Meinung, dass möglicherweise Dritte die Computersysteme der Maschine gehackt und so die Kontrolle übernommen hätten, Austrian Wings berichtete. Mag diese Möglichkeit vielleicht unter Umständen theoretisch auf dem Papier bestehen, so scheint die praktische Umsetzung mehr als fraglich. Zum Einen hätten die Cyber-Entführer sich in mittelbarer Reichweite des Flugzeuges aufhalten müssen um es steuern zu können, zum anderen ist es nicht vorstellbar, dass die Piloten innerhalb von sieben Stunden keinerlei Möglichkeit gefunden hätten, die Kontrolle zurück zu erlangen. Auch mehrere von Austrian Wings konsultierte Verkehrsflugzeugführer bezeichneten die Vorstellung einer Cyber-Entführung sinngemäß als "völligen Schwachsinn". Dieses Szenario gehört damit wohl ins Reich der Phantasie und sollte als obsolet betrachtet werden.
Bleibt als letzte Möglichkeit nur die klassische Entführung des Jets, doch durch wen und zu welchem Zweck? Weder wurde die Boeing 777 für einen Terroranschlag verwendet, noch ist sie nach den derzeit gesichert vorliegenden Informationen gelandet. Auch über Forderungen der Entführer ist nichts bekannt geworden. Über Land wäre der immerhin rund 64 Meter lange Zweistrahler mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zumindest von militärischen Radarstationen erfasst worden.
Das wahrscheinlichste Szenario ist daher ein Absturz des entführten Jets in den Indischen Ozean. Ob einer der Piloten (oder sogar beide) den Jet aktiv entführten oder ob sie von einem (oder mehreren) der Passagiere an Bord dazu gezwungen wurden, den Kurs zu ändern und die Kommunikationssysteme zu deaktivieren, ist zur Stunde noch völlig unklar. Jedenfalls fanden Durchsuchungen der Häuser der Piloten statt und die malaysischen Behörden nehmen Crew und Passagiere nochmals ganz genau unter die Lupe.
Die Suche nach der verschwundenen Maschine geht indes weiter, doch selbst, wenn man sie (oder ihr Wrack) findet (dass die Suchmannschaften Erfolg haben werden, wird vom Verfasser vorausgesetzt, allerdings könnte es noch Tage, Wochen oder sogar Monate dauern), bleibt die Befürchtung, dass man niemals klären wird können, was sich an Bord tatsächlich abgespielt hat. So zeichnet der Cockpit Voice Recorder nämlich nur die jeweils letzten 30 Minuten eines Fluges in Form einer Endlosschleife auf. Nachdem Flug MH 370 allerdings noch gut 7 Stunden nach der Kursänderung in der Luft war, wird sich das Beginn des Rätsels wohl in keinem Fall mehr klären lassen. Und dann besteht immer auch noch die Möglichkeit, dass die Piloten, der oder die Entführer, den Cockpit Voice Recorder ebenfalls aktiv deaktiviert haben, womit den Ermittlern keinerlei verwertbare Aufzeichungen zur Verfügung stünden.
Momentan kann man also nicht mehr tun, als auf einen baldigen Erfolg der Suche nach MH 370 zu hoffen. Denn der Fund der Maschine, von Trümmern der Boeing und/oder Spuren von Insassen wäre die einzige Möglichkeit, wenigstens etwas Licht in das Mysterium dieses Fluges zu bringen.
(red CvD / Titelbild: Die Unglücksmaschine 9M-MRO beim Start - Foto: Ercan Karakas via Wiki Commons)
Hinweis: „Punktlandungen” sind Kommentare einzelner Autoren, die nicht zwingend die Meinung der Austrian Wings-Redaktion wiedergeben.