Die Wissenschaftler legen dabei ein besonderes Augenmerk auf die langlebigen Kondensstreifen-Zirren des Luftverkehrs. Inwieweit sich die Eigenschaften dieser künstlichen Wolken von den natürlichen Zirren unterscheiden, ist bislang ungeklärt. “Neue Erkenntnisse zeigen, dass die wärmende Klimawirkung von Kondensstreifen-Zirren möglicherweise stärker ist, als die durch den Kohlendioxidausstoß des Luftverkehrs”, erklärt Kampagnenleiterin Prof. Dr. Christiane Voigt, Wissenschafterin am DLR-Institut für Physik der Atmosphäre und an der Universität Mainz. Lokal gibt es jedoch massive Unterschiede. “Mit HALO werden wir umfassende Messdaten sammeln, um Modellergebnisse besser zu untermauern und bestehende Unsicherheiten zu reduzieren”, so Voigt weiter.
Drei Tonnen hochmoderne Messtechnik an Bord
Eine innovative Intrumentierung unterstützt die Atmosphärenforscher an Bord von HALO bei ihrer Arbeit. “Seit mehreren Jahren haben wir in Vorbereitung für ML-CIRRUS neue Messmethoden entwickelt, um die Eigenschaften von Zirren und Kondensstreifen sehr genau zu erfassen”, berichtet Dr. Andreas Minikin vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre, der gemeinsam mit Christiane Voigt die Forschungskampagne leitet. “Aktuell fliegt HALO mit einer der modernsten Wolken-Instrumentierungen weltweit: Insgesamt sind das knapp drei Tonnen experimentelle Nutzlast.” Die Ausrüstung des Forschungsflugzeugs umfasst neben dem Lidar, einem Laser-Experiment zur Fernerkundung von Wolken, neun verschiedene Wolkensonden, die direkt unter den Tragflächen montiert sind sowie eine komplexe Aerosol-, Wasserdampf- und Spurengasinstrumentierung in der Kabine.
Wie ein wärmender Schal
Dünne Zirren und Kondensstreifen können regelmäßig bei klarem Wetter am Himmel beobachtet werden: Sie legen sich wie ein wärmender Schal um die Erde. Wie stark die Erwärmung tatsächlich ausfällt ist Gegenstand der aktuellen Forschung und hängt von vielen Parametern wie der Größe und Anzahl der Eiskristalle in den Wolken, der Höhe der Wolken und ihrer Lebensdauer ab. Außerdem beeinflusst die Form der Eispartikel ihre Strahlungswirkung: “Ein regelrechter Zoo von Säulchen, Plättchen und komplizierter verästelter Eiskristalle erwartet unsere Instrumente”, verrät Voigt. Unter bestimmten Bedingungen können die Eiswolken sogar kühlen. Um diese vielseitigen Klimawirkungen von Zirren und Kondensstreifen besser zu verstehen, benötigen die Wissenschaftler genaue Daten über die Anzahl, Form und Größe der Eiskristalle, die von einem Tausendstel Millimeter bis zu mehreren Millimetern variiert. HALO verfügt daher über verschiedene, komplementäre Messinstrumente. Die gesammelten Wolkeninformationen fügen sich am Ende wie in einem Puzzle zu einem Gesamtbild. Im Anschluss an die Wolkenmessungen mit dem Forschungsflugzeug HALO vergleichen die Wissenschaftler die Ergebnisse mit Messreihen von Fernerkundungsstationen am Boden und überprüfen globale Satellitendaten. Die Messergebnisse dienen als Grundlage für detaillierte Prozessmodelle und somit der Verbesserung globaler Klimavorhersagen.
Die umfassende Wolken-Messkampagne deutscher Atmosphärenforscher wird unter Federführung des DLR gemeinsam mit den Universitäten in Mainz, Leipzig, Frankfurt, Heidelberg, der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU), sowie dem Forschungszentrum Jülich, dem Karlsruher Institut für Technologie, dem Leibniz-Institut für Troposphärenforschung in Leipzig, der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, dem Max-Planck Institut für Chemie und der Eidgenössisch-Technischen Hochschule in Zürich durchgeführt. Die DLR-Einrichtung Flugexperimente ist für den Betrieb des Forschungsflugzeugs HALO, einer umgebauten und stark modifizierten Gulfstream G550, verantwortlich. “HALO ist weltweit eines der modernsten Messflugzeuge in der Atmosphärenforschung”, sagt der Leiter des DLR-Flugbetriebs Oliver Brieger. “Bis 2018 sind mit HALO acht weitere große wissenschaftliche Missionen geplant.”
Über HALO
Das Forschungsflugzeug HALO ist eine Gemeinschaftsinitiative deutscher Umwelt- und Klimaforschungseinrichtungen. Gefördert wird HALO durch Zuwendungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft (MPG), der Leibniz-Gemeinschaft, des Freistaates Bayern, des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), des Deutschen GeoForschungsZentrums GFZ, des Forschungszentrums Jülich und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR).
(red / DLR / Titelbild: Verkehrsflugzeug mit Kondensstreifen, Symbolbild - Foto: Austrian Wings Media Crew