Am 6. Juni 2014 jährte sich also zum siebzigsten Mal der Tag der Landung alliierter Streitkräfte in der Normandie in Nordfrankreich. "Operation Overlord", so der Codename der Invasion, läutete die Rückeroberung und Befreiung Westeuropas von der Naziherrschaft ein. Der 6. Juni 1944 ging sodann auch als "der längste Tag" in die Geschichte ein. Erwin Rommel, der Befehlshaber der deutschen Streitkräfte, die mit der Abwehr aller alliierten Landeversuche an der Kanalküste betraut waren, hatte den Tag der Invasion so bezeichnet, wohlwissend um seine Bedeutung für die Kampfhandlungen, die folgen sollten.
Ihm, wie allen anderen Beteiligten, war klar, dass die ersten 24 Stunden entscheidend sein würden. Gelang es den Alliierten, ihre Brückenköpfe zu bilden und zu halten, war die Invasion geglückt - vorerst. Sollte es der Wehrmacht jedoch gelingen, die Invasionsstreitmacht wieder ins Meer zurück zu treiben oder sie an Land aufzureiben, könnte der anglo-amerikanische Angriff auf den deutschen Atlantikwall eine der größten militärischen Katastrophen der Geschichte werden.
Eine wichtige Rolle in der Planung beider Seiten spielten die jeweiligen Luftstreitkräfte. Während auf der einen Seite der "unsinkbare Flugzeugträger" Großbritannien als Basis für eine Luftarmada von unvorstellbarem Ausmaß diente, war auf der anderen Seite die deutsche Luftwaffe nur mehr ein Schatten jener Streitmacht, die nur vier Jahre zuvor in wenigen Wochen über Holland, Belgien und Frankreich hinweggefegt war und einen wesentlichen Beitrag zu den deutschen Siegen im Blitzkrieg geleistet hatte.
Vielen Lesern ist wahrscheinlich jene berühmte Sequenz im Film "Der Längste Tag" bekannt, in der Josef "Pips" Priller, gespielt von Heinz Reincke, mit seinem Rottenflieger den einzigen Angriff der deutschen Luftwaffe auf einen der Invasionsstrände fliegt. Konträr zum Film jedoch, der seitdem diesen Mythos wesentlich geprägt hat, ist die wahre Geschichte des Kriegsgeschehens in der Luft, vor allem was die Rolle der deutschen Luftwaffe betrifft, viel differenzierter.
Bevor ich nun also die zweittägige Air Show Revue passieren lasse, möchte ich das Luftkriegsgeschehen an jenem 6. Juni 1944, sowie die Strategien und Ereignisse, die dahinter stehen, kurz beleuchten.
Wie man eine Invasion nicht vorbereitet – „Seelöwe“ und die Luftschlacht um England
Kaum vier Jahre vor dem "D-Day" war die strategische Situation ein genaues Spiegelbild des Frühsommers 1944. England rüstete sich zur Abwehr einer erwarteten deutschen Invasion und die Planer auf deutscher Seite gingen daran, gemäß der Führerdirektive Nr. 16 vom 10. Juni 1940 die Invasion in Großbritannien vorzubereiten. Einer der wichtigsten Punkte war dabei die Erringung der Lufthoheit über dem Invasionsraum, sowie die Ausschaltung der Royal Air Force, um sie an einer wirkungsvollen Bekämpfung der deutschen Invasionsstreitmacht zu hindern. In der Realität ging man dabei aber äußerst stümperhaft vor, mit bekanntem Resultat.
Es gab keine kohärente Strategie, wie denn die Royal Air Force zu bezwingen sei und die eigene Aufklärung lieferte keine verlässlichen Ergebnisse, um den Erfolg oder Misserfolg der eigenen Bemühungen zu bewerten. Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, alle Fehler, die auf deutscher Seite bei der Luftschlacht um England gemacht wurden, anzuführen. Dazu sei auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen.
Am Ende des Sommers 1940 musste man jedoch einsehen, dass man versagt hatte, was die Schaffung von vorteilhaften Bedingungen für eine deutsche Invasion Großbritanniens anlangte.Weder war die Royal Air Force entscheidend geschlagen worden, noch hatte das Bombardement Londons und anderer Großstädte die zivile Moral zerstört und zum Bitten um Frieden geführt. Zuvor schon war das "Unternehmen Seelöwe", wie man die geplante Invasion Großbritanniens genannt hatte, auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Und als der Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 begann, war klar, dass "Seelöwe" nie mehr realisiert werden würde.
Auf deutscher Seite folgerte man sogleich, dass ohne Lufthoheit der Royal Air Force über dem Kontinent nicht an eine erneute Landung englischer Truppen in Frankreich zur Rückeroberung des Kontinents zu denken war. Demgemäß richtete man sich am Boden und in der Luft zur Verteidigung Frankreichs ein und wartete, was passieren würde.
"Pointblank" – der Plan zur Ausschaltung der Luftwaffe
Auch den alliierten Planern war klar, dass die Erringung der Lufthoheit ein wesentliches Kriterium für einen Erfolg jedes Angriffs auf die "Festung Europa" darstellen würde.
Der gescheiterte Angriff auf Dieppe - "Operation Jubilee" - im August 1942 hatte gezeigt, dass die Englische Armee alleine zu schwach war, um erfolgreich an Frankreichs Küste landen zu können. Seit dem Kriegseintritt der Vereinigten Staaten im Dezember 1941 waren nun aber auch immer mehr amerikanische Soldaten in Großbritannien stationiert und viele Flugplätze dienten als Basen für die immer zahlreicher werdenden Bomber und Jäger der 8th und 9th Air Force, die nun gemeinsam mit der britischen Royal Air Force (RAF), Ziele in den besetzten Gebieten, sowie in Deutschland selbst ins Visier nahmen.
Es galt nun, das Vorgehen beider Luftflotten, der englischen wie der amerikanischen, zu koordinieren und abzustimmen, um eben diese Lufthoheit für die alliierte Invasion irgendwann nach 1943 zu erringen. Der Plan, der daraus im Juni 1943 resultierte, hieß "Pointblank Directive". Im Rahmen dieser Direktive sollte die Luftwaffe durch Angriffe auf Flugzeugwerke, Zulieferbetriebe und Infrastrukturziele soweit geschwächt werden, dass sie keine entscheidende Rolle mehr bei der Abwehr der Invasion spielen konnte. Zunächst konnten sich englische und amerikanische Planer jedoch nicht einigen, wie das am besten bewerkstelligen konnte. Während das englische "Bomber Command" am besten im "precise bombing of area targets" war, waren amerikanische Bomber am besten darin, "precise targets" mit "area bombing" zu belegen; beide Methoden führten jedoch nicht zur erhofften Vernichtung der Luftwaffe. Und auch das englische "morale bombing", die Bombardierung ziviler Ziele um den Widerstandswillen der deutschen Bevölkerung zu brechen, hatte nicht die gewünschte Wirkung.
Dass die Luftwaffe 1943 nach wie vor die Luftherrschaft über dem besetzten Europa besaß, stellte sie immer wieder unter Beweis, bei Tag und bei Nacht. Als Beispiel sei hier nur der Doppelangriff auf Schweinfurt und Regensburg im August 1943 genannt, der den Amerikanern schwere Verluste einbrachte und zu einem zeitweisen Stopp der Bombenangriffe führte.
Erst ein Wechsel in der amerikanischen Führung, nun waren die Generäle Spaatz, Quesada und Doolittle für die amerikanische Strategie verantwortlich, machte "Pointlbank" endlich erfolgreich. Man hatte erkannt, dass Angriffe auf wichtige Industriezweige, die nur auf wenige Standorte verteilt waren, wie die Produktionsstätten von synthetischem Öl und Kautschuk weit effektiver waren, als jene auf die mittlerweilen weit verzweigte und teilweise sogar unterirdisch dislozierte Flugzeugproduktion und ihre Zulieferbetriebe.
Und nachdem die alliierten Begleitjäger begannen, die Luftwaffe nicht nur in der Luft sondern auch am Boden ins Visier zu nehmen, gab es für die deutschen Piloten kaum mehr Verschnaufpausen, sie waren nirgends mehr sicher. Im Frühsommer 1944 war die Luftwaffe durch einen Mehrfrontenkrieg zermürbt und nur mehr selten in der Lage, alliierten Angriffen wirkungsvoll entgegenzutreten, geschweige denn sie erfolgreich abzuwehren. Nun war es nur mehr eine Frage der Zeit, bis die Invasion beginnen würde.
„…verwunden mein Herz mit eintöniger Mattigkeit“ – Die Invasion beginnt
Mit diesem Vers aus einem Gedicht des französischen Dichters Paul Verlaine wurde die französische Résistance über den Sender Radio Londres der BBC am Abend des 5. Juni darüber informiert, dass der alliierte Angriff in den nächsten 48 Stunden bevorstand.
Zu diesem Zeitpunkt waren die Transportmaschinen und Lastensegler, die die erste Welle der Luftlandetruppen nach Frankreich bringen sollten, bereits am Start oder schon in der Luft.
Auch mehr als 1000 schwere Bomber der englischen Luftwaffe waren in den Stunden vor dem Beginn der Landung der alliierten Truppen im Einsatz, um deutsche Geschützstellungen an der Küste der Normandie zu bombardieren und zusätzliche Verwirrung zu stiften. Sechs davon wurden Opfer deutscher Nachtjäger und somit die ersten alliierten Flugzeuge, die während des D-Day von der deutschen Luftwaffe abgeschossen wurden. Noch glaubte man auf deutscher Seite jedoch, dass die Angriffe in der Normandie nur eine Finte sein, und vom tatsächlichen Angriffsziel am Pas de Calais, wo man seit Jahr und Tag die Invasion erwartet hatte, ablenken sollten.
Da kurz zuvor auf Grund heftiger Luftangriffe auf wichtige Industrieziele im Rahmen vom "Pointblank" auch viele deutsche Jagdmaschinen aus Frankreich abgezogen worden waren, um die Verteidigung des Reichs zu unterstützen, war man sich nicht sicher, wohin diese Einheiten nun erneut verlegen sollten.
Schlimmer noch, der ganze Bodentross dieser Einheiten befand sich irgendwo in Frankreich, Belgien oder Holland, und es würde Tage dauern, bis diese Verbände wieder zusammengeführt waren und effektiv kämpfen würden können. Am 5. Juni standen der für die Verteidigung Frankreichs zuständigen Luftflotte 3 somit nur etwas mehr als 800 Flugzeuge zur Verfügung, wovon nur knapp 500 einsatzbereit waren. Keine 24 Stunden später war diese Zahl auf kaum 300 geschrumpft.
Trotzdem gelang es Jagdmaschinen des Jagdgeschwaders 2 zwischen Mittag und Abend des 6. Juni 18 alliierte Jagdbomber abzuschießen, bei geringen eigenen Verlusten.
Als im Lauf des Tages klar wurde, dass die Invasion wirklich in der Normandie stattfand, wurden nun auch immer mehr Einheiten der Luftwaffe direkt ins Kampfgebiet beordert. Die Luftwaffe warf sich mit allem, was sie zusammenkratzen konnte, der alliierten Armada entgegen.
Zu wenig, zu spät … die Luftwaffe hat keine Chance
Theoretisch hätte die Luftwaffe der alliierten Armada auch durchaus gefährlich werden können. So standen ihr He-177 und Do-217, ausgerüstet mit Lenkbomben vom Typ Fritz-X und Hs-293 zur Verfügung, die auch einem Schlachtschiff gefährlich werden konnten, wie sie im Jahr zuvor mit der Versenkung des italienischen Schlachtschiffs "Roma" bewiesen hatten. Im Süden Frankreichs lagen Torpedobomberverbände, ausgerüstet mit JU-88, die ebenfalls eine große Bedrohung für die Schifffahrt darstellten. Von der Biscaya verlegte man jene JU-88 Zerstörerverbände zurück die bislang Geleitschutz für die zurückkehrenden U-Boote im Golf von Biskaya geflogen hatten und ebenfalls gut geübt im Angriff auf Seeziele waren.
Und die wenigen, noch in Frankreich verbliebenen Jagdverbände besaßen mit der FW-190A und der Me-109G den alliierten Jagdbombern durchaus ebenbürtige Maschinen. Verbände, ausgerüstet mit diesen Maschinen, sowie weitere Kampfgeschwader mit Ju-188 und Ju-88 verlegten nun also hastig ins Invasionsgebiet und flogen dabei erste, unkoordinierte Einsätze mit wenigen Maschinen.
Dabei wurden sie, wie nicht anders zu erwarten war, von alliierten Jagdmaschinen bedrängt und von der alliierten Schiffsflak unter mörderisches Abwehrfeuer genommen.
Und manchmal auch von eigener Flak – ein beliebter Spott auf deutscher Seite ging sinngemäß so: "Wenn das Flugzeug getarnt ist, ist es ein Engländer. Ist es nicht getarnt, ist es ein Ami. Und wenn das Flugzeug unsichtbar ist, ist es ein Deutsches". Also schoss man auf deutscher Seite auf alles was flog, und erwischte dabei auch das eine oder andere eigene Flugzeug.
Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass die deutschen Luftangriffe am D-Day unkoordiniert und wenig bis gar nicht erfolgreich waren. Die genannten Erfolge der deutschen Jäger waren dabei nur ein Tropfen auf den heißen Stein und bildeten die Ausnahme, nicht die Regel. Sie sollten sich auch in den nächsten Wochen kaum noch wiederholen, im Gegenteil. "Wir hatten die Lufthoheit, ... bis 40cm über dem Boden", diese sarkastische Bemerkung deutscher Jagdflieger, die in der Reichsverteidigung eingesetzt waren, traf bald auch auf ihre Kameraden in Nordfrankreich zu.
Am Ende des 6. Juni hatten allein englische Jäger 13 deutsche Flugzeuge abgeschossen, vor allem in den Nachtstunden. Mindestens 7 davon waren Ju-52 Transportmaschinen, die nun die hastige Verlegung ihrer Mutterverbände in den Invasionsraum unterstützten und ohne Begleitschutz leichte Beute für die alliierten Nachtjäger vom Typ "Mosquito" waren. Aber auch die deutschen Bomber, die ohne Begleitschutz operieren mussten, waren leichte Beute für die alliierten Jäger. Der 6. Juni war aber nur der Beginn der Luftschlacht über den Stränden und Feldern der Normandie, an deren Ende für viele Verbände der Luftwaffe die totale Vernichtung und für viele Piloten auf beiden Seiten der Tod stehen würde.
Als sich der "Longest Day" dann langsam seinem Ende zuneigte und der 7. Juni dämmerte, war klar, dass die Invasion – wenn auch an manchen Stellen, vor allem am "Omaha Beach" nur knapp - erfolgreich war. Die Brückenköpfe an den Stränden waren gebildet, verteidigt und ausgebaut worden und auch die Luftlandeoperationen hatten ihre Ziele, die Sicherung der Flanken, weitestgehend erfüllt. Nun stand jedoch der Ausbruch aus diesen Brückenköpfen bevor, das Kampfgeschehen würde sich in die Bocage verlagern. Beide Seiten wussten, dass die Schlacht zur Befreiung von Frankreich nun erst wirklich begonnen hatte, denn die unübersichtliche Heckenlandschaft der Bocage war leichter zu verteidigen als anzugreifen. Und auf alliierter Seite würden die Luftstreitkräfte eine Hauptlast der kommenden Kämpfe tragen müssen, um den Vorteil, den die Verteidiger hier hatten, auszugleichen … das ist jedoch eine andere Geschichte.
Szenenwechsel - Duxford, Mai 2014
Heute, 70 Jahre nach den dramatischen Geschehnissen, sind nur mehr wenige der damaligen Protagonisten am Leben, um von ihren Erlebnissen berichten zu können. Auch von den damals zu hunderten und tausenden eingesetzten Flugzeugen existieren nur mehr wenige Exemplare, meist in Museen. Der siebzigste Jahrestag der Invasion brachte jedoch noch eine Zahl dieser Veteranen, sowohl Mensch als auch Maschine, zurück nach Europa, um der Schlacht und ihrer gefallenen Kameraden zu gedenken. In Duxford fand aus diesem Anlass am 24. und 25. Mai 2014 die "D-Day Anniversary Air Show" statt.
D-Day Veteranen am Boden … und in der Luft
Wie schon öfter an dieser Stelle beschrieben ist Duxford nicht nur eine Veranstaltung, die in der Luft stattfindet, sondern auch abseits der Airshow, am Boden, gibt es immer eine Menge zu entdecken, zu sehen und zu erleben. Während in den Zelten diverser Buchverlage und Kunsthändler zahlreiche Veteranen des D-Day damit beschäftigt waren, ihre Erlebnisse einem interessierten und oftmals berührten Publikum zu erzählen und Bücher zu signieren, konnte man zwischen den Hangars in die Geschichte des britischen Airborne Regiments eintauchen.
Es gab historische, sowie aktuelle Ausrüstung, sowie Reenactors in historischen Uniformen zu bestaunen.
Aber auch das moderne Airborne Regiment stellte sich im Rahmen einer Leistungsschau einem interessierten Publikum von 0 bis 100 Jahren vor. Ein AH-64D "Apache" erregte hier viel Aufmerksamkeit, vor allem bei den kleinen Besuchern der Show. Ein zweiter "Apache" war dann auch im Rahmen der Show im Flug zu sehen.
Die eigentlichen Stars der Show waren jedoch, wie üblich, beim Flightline Walk aus der Nähe zu betrachten, bevor man sie dann in ihrem eigentlichen Element, der Luft, bestaunen konnte.
Eröffnet wurde die Show mit einem Tribut an eine Waffengattung, die es nicht mehr gibt, die jedoch einen entscheidenden Beitrag zum Gelingen von "Overlord" geleistet hatte , den Lastenseglern.
Unter dem Eindruck der Erfolge der deutschen Lastensegler im Westefeldzug 1040 und der Eroberung Kretas 1941 befahl Winston Churchill persönlich die Aufstellung einer englischen "Airborne Glider Troop". Ausgerüstet mit englischen "Horsa" sowie amerikanischen "Waco" Seglern spielten die Glider Troops eine wichtige Rolle am 6. Juni 1944 und die Eroberung der Bénouville-Brücke ging in die Geschichte ein. Nachdem diese Brücke von Einheiten der 6. Luftlandedivision, deren Abzeichen ein Pegasus ist, erobert worden war, hieß sie fortan nur mehr "Pegasus Bridge".
Da es heuzutage keine flugfähigen Lastensegler mehr gibt, erinnerte die Vorführung mehrerer ziviler Segler an diese entscheidende Episode des 6. Juni 1944.
Dem Anlass geschuldet gaben sich nicht weniger als fünf C-47 Skytrains, so die Bezeichnung für die militärischen Verwandten der legendären Douglas DC-3, in Duxford ein Stelldichein. Alle fünf trugen historische Tarnung, komplett mit den charakteristischen "Invasion Stripes", die den alliierten Flak-Kanonieren bei der Unterscheidung ob Freund oder Feind helfen sollten. Eine C-47, die "Whiskey-7" war sogar extra aus Geneseo in den Vereinigten Staaten angereist, um an den Feierlichkeiten in Europa rund um den Jahrestag des D-Day teilzunehmen.
Zwei der fünf anwesenden "Skytrains" sind übrigens sogenannte "combat veterans" des D-Day, sie waren also tatsächlich während der Invasion im Einsatz.
War es schon sehr beeindruckend, diese Maschinen in Formation in der Luft zu sehen, so wurde es besonders emotional, als das Display Team des Parachute Regiments, die "Red Devils" in Gedenken an die Luftlandetruppen des D-Day einen Vorführsprung aus einer der C-47 zeigten und vor dem Publikum am Flugfeld landeten.
Zweifellos war dies der Höhepunkt der Show, doch auch das restliche Flugprogramm konnte sich sehen lassen, wurden doch größtenteils Flugzeuge vorgeführt, die während der Invasion in Diensten der alliierten Luftwaffen standen. Klingende Namen wie Mustang, Spitfire, Flying Fortress oder Hurricane, um nur einige zu nennen, erinnerten aber auch daran, daß diese, heuzutage liebevoll gehegten und gepflegten Maschinen vor 70 Jahren zu einem viel düstereren Zweck verwendet wurden und oftmals für ihre Besatzungen zur Todesfalle wurden.
Auch der deutschen Gegner wurde gedacht und zu diesem Zweck wurden die zwei in England fliegenden spanischen Nachbauten der Bf-109, die "Buchons" in einer stilisierten Luftkampfsequenz gegen eine Hurricane und mehrere Spitfires gezeigt.
Spitfires spielten kurz nach der Invasion aber auch in einer der der komischten Episoden des Luftkriegs eine entscheidende Rolle – als Biertransporter. Als nämlich in den Wochen nach der Invasion das Verlangen einiger englischer Einheiten nach gutem, starken englischen Bier immer größer wurde, in Frankreich aber nur Leichtbier lokal zu akquirieren war, war es an Spitfires, Nachschub in Fässern anstelle der normalerweise verwendeten Zusatztanks anzuliefern. (mehr zu dieser Episode findet man auch hier). Übrigens kamen die Deutschen schon 1943 auf der Krim auf eine ähnliche Idee und verwendeten damals eine Me-109G als "Bierbomber".
Neben der Spitfire spielte die Hawker "Typhoon" während der Kämpfe in Frankreich eine entscheidende Rolle als Jagdbomber. Die mit Raketen ausgerüsteten "Tiffies" erwiesen sich als gefährliche Panzerjäger und wurden von den deutschen Panzerbesatzungen gefürchtet. Sie schränkten die Beweglichkeit deutscher Panzerverbände bei Tag entscheidend ein und verhinderten so, zusammen mit ihren amerikanischen Pendants, den P-47 „Thunderbolts“, die zeitnahe Heranführung der in Reserve gehaltenen deutschen Panzer, was sich für das Gelingen der Invasion als einer der entscheidenden Faktoren herausstellen sollte.
Leider existieren kein flugfähiges Exemplare der originalen "Typhoon" mehr, doch entsandte die RAF ihren modernen Namensvetter, einen Eurofighter "Typhoon" der 29 Squadron aus Coningsby zu Ehren seines historischen Vorfahren, natürlich ebenso in einer Sonderlackierung mit „Invasion Stripes“ und einem Squadron-Code einer "Typhoon"-Einheit. Zunächst in Formation mit der Spitfire PR XIX des "Battle of Britain Memorial Flight" und danach als Solo-Display war der "Tiffie" ein weiterer Höhepunkt der Show. Die Spitfire des "BBMF", ein Fotoaufklärer, erinnerte zugleich an den wesentlichen Beitrag, den die alliierten Aufklärer zum Gelingen der Invasion leisteten. In den Wochen und Monaten vor der Landung flogen Spitfires der sogennanten "Photo Reconnaissance Units", unterstützt von ihren amerikanischen Kollegen der "Tactical Reconnaissance Squadrons" in ihren Lightnings und Mustangs getreu ihrem Motto "alone, unarmed, unafraid" viele tausend Einsätze und dokumentierten dabei die Landungsstrände sowie deren Hinterland bis ins kleinste Detail. Dies war eine große Hilfe für die anglo-amerikanischen Planer, die über ein äußerst präzises Bild der Vorbereitungen auf deutscher Seite verfügten.
Der englische Eurofighter war jedoch nicht der einzige Jet, der zu bestaunen war. Zu Ehren der frei-französischen Piloten, die in der RAF für die Befreiung ihrer Heimat gekämpft haben, war die Patrouille de France gekommen und beeindruckte mit ihrem Programm das Publikum.
Sehr viel ruhiger ging es beim Display zweier Maschinen von statten, die ebenso eine entscheidende Rolle in den damaligen Kämpfen spielten, die aber heute weitestgehend im Schatten ihrer größeren Cousins, der Jagdmaschinen und Jagdbomber stehen.
Eine Piper Cub und eine Auster, zwei Artilleriebeobachtungsflugzeuge, bewiesen, daß Aussehen manchmal irreführend sein kann. Waren es doch gerade kleine, zerbrechliche Maschinen wie diese, die in der Lage waren, Artillerieschläge präzise ins Ziel zu dirigieren und so entscheidend ins Schlachtgeschehen eingreifen zu können.
Als moderner Nachfolger in den Reihen der "Army Aviation" kommt der bereits erwähnte und auch im Static zu bewundernde AH-64D „Apache“ zum Einsatz. Er zeigte in seiner Vorführung an aktuell verwendete Kampftaktiken angelehnte Manöver und bewies dabei, dass er ein ganz anderes Kaliber ist, als die zwei grazilen Einmots, die nach dem Krieg zu Legenden in der Privatluftfahrt wurden.
Bei all den Vorführungen, Veranstaltungen und interessanten geschichtlichen Fakten, die der Kommentator zu berichten wusste, vergingen beide Tage in Duxford wieder wie im Flug, und natürlich viel zu schnell. Das nächste Großereignis steht jedoch bereits vor der Tür, die "Flying Legends" werden auch dieses Jahr wieder Zig-Tausende Besucher an beiden Tagen auf das Museumsgelände locken. Auch die heimischen "Flying Bulls" entsenden dieses Jahr ihre "Lightning", die "Corsair" und die "Mitchell", ein Trio, auf das sich das englische Fachpublikum bereits sehr freut, wie ich einigen Gesprächen im Pressezelt entnehmen konnte. Sollte jemand nun kurz entschlossen nach Duxford pilgern wollen, am 12. und 13. Juli findet die diesjährige "Flying Legends" statt. Mehr Informationen und eine vorläufige Liste der teilnehmenden Flugzeuge zum Download findet man unter http://fighter-collection.com/cft/flying-legends-2014/ .
Für geschichtlich Interessierte zum Thema "Invasion in der Normandie" empfehle ich die Lektüre folgender Bücher und Artikel:
L. Douglas Keeney – "The Pointblank Directive"
Anthony Beevor – "D-Day: The Battle for Normandy"
Paul Kennedy - "Die Casablanca Strategie-Wie die Alliierten den Krieg gewannen"
Thomas Withington – "Aerial Interdiction" in "Military History Monthly July 2014"
Chris Goss – "Countering Overlord" in "Flypast Juni 2014"
Und wer Videos bevorzugt, wird hier fündig:
https://www.youtube.com/watch?v=xtiqIK3GAPU
Text und Fotos: Phil Weber