Reportagen

Fotobericht inkl. Videos: Auf russisch-polnischen Flügeln über die Alpen

Ein Flug in der liebevoll "Tante Anouschka" genannten Antonov AN-2, dem größten einmotorigen Doppeldecker der Welt, ist ein Erlebnis, vergleichbar mit einer Reise in der legendären "Tante Ju" oder der DC-3. Martin Oswald flog am 27. Oktober von Innsbruck über die Alpen nach Wiener Neustadt. Hier ist sein Bericht für Austrian Wings.

Classic Wings besitzt mit der Antonov-2 SP-FAH die einzige Maschine dieser Type, die unter einem österreichischem AOC gewerblich betrieben wird. Vom Baujahr (1988) her trifft die Bezeichnung Oldtimer eigentlich nicht zu. Bedenkt man aber, dass der Erstflug des in der Sowjetunion entwickelten Musters bereits 1947 erfolgte und Nachbauten - 1962 nach Polen ausgelagert - praktisch unverändert bis 1992 vorgenommen wurden, wird die Bezeichnung schon viel verständlicher. Neben regelmäßigen Flügen nach Venedig und zum Schloss Hertelendy nach Ungarn, ist die Maschine vor allem auf diversen Flugshows und Flughafenfesten ein gern gesehener Gast.

Erstmalig war die "Tante Anna" heuer beim traditionell am Staatsfeiertag 26. Oktober stattfindenden Flughafenfest Innsbruck geladen. Auf den Überstellungsflügen ab und nach Wr. Neustadt Ost gab es jeweils die Gelegenheit zum Mitfliegen als regulärer Passagier. Für den Hinflug am 25. Oktober waren die 12 Plätze rasch vergeben, daher fiel die Entscheidung auf den Rückflug am 27. Oktober. Wegen der zu dieser Jahreszeit sehr  nebelanfälligen Wettercharakteristik stand die tatsächliche Durchführung beider Flüge aber auf sehr wackeligen Beinen. Im kommerziellen Betrieb ist die An-2 nämlich nur für VFR-Flüge zugelassen, bei IFR-Flügen dürfen keine Passagiere befördert werden.

Das Cockpit der AN-2: Hier ist der unvergleichbare Sound des Sternmotors am deutlichsten wahrnehmbar - Video: Martin Oswald

Nachdem klar war, dass die Anreise am 25. Oktober durch das freundlicherweise erschienene "persönliche Nebelloch" über Wr. Neustadt (O-Ton der Crew) erfolgreich absolviert werden konnte, machte sich der Berichterstatter am 26. Oktober per "Railjet" auf den Weg in die Tiroler Landeshauptstadt. Nachmittags wurde noch das Flughafenfest besucht.

Zum vereinbarten Treffpunkt um 11:00 Uhr des 27. Oktober beim GAC in INN begann die Nebeldecke bereits, sich zu lichten, und auch für Wr. Neustadt Ost war die Prognose vielversprechend. Fast auf die Minute genau um 11:30 hob die SP-FAH mit lediglich vier Fluggästen von der Piste 26 ab und nahm nach einer langgezogenen Linkskurve von rund 180 Grad Kurs in östliche Richtung. Mit Treibstoffreserven für 4,5 Stunden bei berechneten 2,5 Stunden Flugzeit wäre im Falle einer Wetterverschlechterung die Umkehr und Ausweichlandung im garantiert nebelfreien Mariazell problemlos möglich gewesen.

Die Flugroute verlief - langsam steigend bis auf maximal 2.800 Meter Flughöhe - über das Inntal, Kitzbühel, Saalfelden, Bischofshofen, Filzmoos, über das Dachsteinmassiv, südlich des Ausseerlandes, über die Ennstaler Alpen, nördlich des Hochschwab, südlich der Rax, Payerbach, südlich Neunkirchen zum Anflug über Katzelsdorf.

Nach einem kurzen downwind-leg im Süden des Platzes erfolgte die Landung nach einer 180 Grad Rechtskurve in Richtung der Piste 09, jedoch zur Schonung des Fahrwerks auf dem nördlich davon befindlichen Grasstreifen. Das Flugwetter war schlicht und einfach strahlend. Eine Hochdruckbrücke zwischen Südwest- und Zentraleuropa sorgte für Sichtweiten jenseits der 100 Kilometer. Durch den frühen Wintereinbruch ein paar Tage zuvor präsentierten sich die Ostalpen in voller Pracht!

Ein Flug mit der "Tante Anna" ist eine wahre Zeitreise - Video: Martin Oswald

Vor dem folgenden Bildteil möchte ich der freundlichen Crew von Classic Wings meinen besonderen Dank für das herrliche Nostalgie- und Flugerlebnis aussprechen und wünsche ihnen und der "Tante Anna" always happy landings!

Fotoimpressionen von der Reise über die Alpen:

Während des Rollens verlässt eine Q400 der AUA Innsbruck auf der Piste 08.
Während des Rollens verlässt eine Q400 der AUA Innsbruck auf der Piste 08.
Zur Hälfte der 180-Grad-Linkskurve wird das Massiv des Rosskogels sichtbar.
Zur Hälfte der 180-Grad-Linkskurve wird das Massiv des Rosskogels sichtbar.
Erst aus der Luft wird bewusst, wieviel Platz der Innsbrucker Hauptbahnhof einnimmt.
Erst aus der Luft wird bewusst, wie viel Platz der Innsbrucker Hauptbahnhof einnimmt.
Blick zum Achensee.
Blick zum Achensee.
Das "Glascockpit" der AN-2: Selten hat ein Arbeitsplatz so ein Panorama zu bieten!
Das "Glascockpit" der AN-2: Selten hat ein Arbeitsplatz so ein Panorama zu bieten!
Über Brixen im Thale mit Blick zum Wilden Kaiser.
Über Brixen im Thale mit Blick zum Wilden Kaiser.
Wir wechseln die Flugzeugseite und blicken gegen Süden über den Zeller See auf die Glocknergruppe.
Wir wechseln die Flugzeugseite und blicken gegen Süden über den Zeller See auf die Glocknergruppe.
Fast zum Greifen nah: der Gletscher des Dachsteins.
Fast zum Greifen nah: der Gletscher des Dachsteins.
"Russisches Inflight Entertainment":  In der Passagierkabine zeigen Instrumente Höhe und Geschwindigkeit an - und zwar nach russischen Gepflogenheiten in metrischen Maßen. 190 km/h in knapp 2.800 m Höhe.
"Russisches Inflight Entertainment": In der Passagierkabine zeigen Instrumente Höhe und Geschwindigkeit an - und zwar nach russischen Gepflogenheiten in metrischen Maßen. 190 km/h in knapp 2.800 Meter Höhe.
Bei vier Passagieren ist in der zwölfsitzigen An-2 volle Bewegungsfreiheit garantiert. Auf jeden Positionswechsel eines Passagiers innerhalb des Flugzeuges muss die Crew mit Steuereingaben oder Nachtrimmen reagieren, um die Höhe zu halten.
Bei vier Passagieren ist in der zwölfsitzigen An-2 volle Bewegungsfreiheit garantiert. Auf jeden Positionswechsel eines Passagiers innerhalb des Flugzeuges muss die Crew mit Steuereingaben oder Nachtrimmen reagieren, um die Höhe zu halten.
Deutlich weniger Schnee in den niederösterreichischen Alpen: Als erster bekommt immer der markante Ötscher das winterliche Weiß ab. Rechts davon die noch grüne Gemeindealpe.
Deutlich weniger Schnee in den niederösterreichischen Alpen: Als erster bekommt immer der markante Ötscher das winterliche Weiß ab. Rechts davon die noch grüne Gemeindealpe.
Rax Seilbahn Bergstation Schneeberg: Bereits im leichten Sinkflug vorbei an der Bergstation der Rax-Seilbahn, rechts drängt sich der Schneeberg ins Bild.
Rax Seilbahn Bergstation Schneeberg: Bereits im leichten Sinkflug vorbei ander Bergstation der Rax-Seilbahn, rechts drängt sich der Schneeberg insBild.
Wr Neustadt Anflug: Blick durch die liebevoll mit Vorhängen versehenen Bullaugen-Fenster auf den Flugplatz Wr. Neustadt Ost beim Eindrehen zur Piste 09.
Wr Neustadt Anflug: Blick durch die liebevoll mit Vorhängen versehenenBullaugen-Fenster auf den Flugplatz Wr. Neustadt Ost beim Eindrehen zurPiste 09.
Rascher Sinkflug zur Graslandung. Nicht nur die beiden ÖAMTC-Helikopter genießen die Sonne.
Rascher Sinkflug zur Graslandung. Nicht nur die beiden ÖAMTC-Helikopter genießen die Sonne.
Dank Spornradfahrwerk rollte die SP-FAH aus eigener Kraft bis in diese Position. Nach dem Aussteigen der Passagiere wird sie im links erkennbaren Hangar untergestellt.
Dank Spornradfahrwerk rollte die SP-FAH aus eigener Kraft bis in diese Position. Nach dem Aussteigen der Passagiere wird sie im links erkennbaren Hangar untergestellt.
Solide sowjetrussische Konstrukteursarbeit ...
Solide sowjetrussische Konstrukteursarbeit ...

Titelbild: Die AN-2 auf dem Flughafen Innsbruck
Text, Fotos und Videos: Martin Oswald